Nikon Z5 Revuenon 1,4/55 Reparatur und Nutzung C. Zahn

In diesem Erfahrungsbericht verwende ich ein etwa 45 Jahre altes manuell zu fokussierendes Objektiv mit M42-Gewinde an einer spiegellosen Vollformat-Systemkamera, der Nikon Z5 mit 24 Megapixeln.

Foto Quelle war jahrzehntelang nach eigenen Angaben der größte Fotoartikelhändler in der BRD, dicht gefolgt vom Konkurrenten Foto Porst. Beide importierten von etwa 1960 bis ca. 1995 von japanischen Herstellern wie Cosina, Chinon, Tokina, Komura, Makinon, Petri, Miranda, Tomioka usw. Fotoartikel und vertrieben sie unter ihrem eigenen Namen, ohne dem Konsumenten den wahren Hersteller mitzuteilen. Manchmal konnte man es am Aussehen der Kameras und Objektive erkennen, das Herkunftsland „Japan“ war meist eingraviert und der „JCII“-Aufkleber wurde selten entfernt bzw. nicht mitbestellt.

Auto Revuenon MC 1:1,4 f=55mm

Das gezeigte mehrfachvergütete Objektiv wurde von 1977 bis 1980 gebaut. Von 1970 bis 1977 wurde es mit genarbtem Kunstleder am Fokusring statt der Gummierung mit Griffmulden verkauft. Optisch dürfte es bis auf die Vergütung gleich mit dem hier gezeigtem Exemplar sein. Hersteller war Cosina, auch das Cosinon 1,4/50 bzw. 1,4/55 hat die typisch vollkommen plane Hinterlinse. Üblicherweise haben die lichtstarken 1,4/450er aus Japan und Deutschland eine nach außen gewölbte Rücklinse, so daß das Cosinon an der Hinterlinse leicht erkennbar ist, auch wenn das Aussehen der Fassung je nach Vertrieb anders gestaltet wurde, denn Cosina hat das Objektiv für etliche andere Firmen „gelabelt“, neben Foto Quelle verkaufte z. B. Porst, Agfa, Ricoh, usw. ein 1,4/50 bzw. 55 mit planer Hinterlinse.

Etwa 1980 lief die M42-Version aus und die meisten „Vertreiber“ ließen danach das Objektiv mit Pentax-K-Bajonett herstellen.

Der breite und mit Gummi überzogene Entfernungsring (mit Griffmulden) läuft weder zu leicht noch zu stramm (erstaunlich ob der Tatsache, daß Teile des Schmiermittels bei meinem Exemplar auf die Blende geraten sind), der Einstellweg ist mit etwa 300° sehr lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,5 Metern recht kurz. Die Blende rastet halbstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 55mm eingeschraubt.

Wie viele japanische Doppelgauß-Konstruktionen hat das Revuenon 7 Elemente in 6 Gruppen, die hinterste Linse ist völlig plan. Das Objektiv hat einen Durchmesser von 65 mm, eine Baulänge ab Auflage von 48 mm und wiegt 275 Gramm. Beim Nahfokussieren wird es ca. 8 mm länger.

Das gesamte Objektiv macht einen wertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall gefertigt und recht schwer. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.

Das Objektiv ist heutzutage teilweise nicht mehr günstig zu bekommen, je nach Zustand und Lieferumfang liegt es zwischen 20 und 80 Euro. Vor dem Aufkommen der Vollformat-Systemkameras war es erheblich günstiger zu bekommen, es kostete um 2008 meist weniger als 10 Euro! Inzwischen gilt es als einer der inzwischen vielen „Geheimtipps“ für Fans lichtstarker Normalobjektive, es ist immer noch weitaus günstiger als ein 1,4/50 Zeiss Planar mit Contax- oder Rollei-QBM-Bajonett oder ein Summilux 1,4/50 mit Leica-R-Anschluß. Diese Objektive übersteigen die 200 Euro fast immer und können in gutem Zustand auch über 400 Euro erzielen!

Im Internet kursieren viele Gerüchte, das Revuenon / Cosinon 1,4/ 55 sei ein „legendäres Tomioka“. Es wird bei Auktionen oftmals mit Hersteller „Tomioka“ oder „Tomioka-Bokeh“ gekennzeichnet, was aber leider nur eine „urbane Legende“ und darum falsch ist und Käufer zu höheren Geboten verleitet, weil es ein legendäres Tomioka-Objektiv gibt, das hervorragende Abbildungs-Leistungen haben soll. Tomioka war in den 1970ern ein Tochterunternehmen von Yashica und stellte das 1,2/55 auch für Revue her, dann aber immer mit „Tomioka Revuenon“ graviert. Es sind auch Exemplare mit „Cosinon Tomioka“-Gravur bekannt. Und das 1,4/55, das als Tomioka gelabelt wurde und heute ab und zu auf Verkaufsplattformen angeboten wird, ist mit ziemlicher Sicherheit eine Auftragsproduktion von Cosina, damit Tomoika auch ein preiswerteres etwas lichtschwächeres Objektiv im Vertriebsprogramm haben konnte.

Reparatur

Das gezeigte Exemplar hatte eine „sticky iris“, also verklebte Blendenlamellen. Das Schmierfett des Schneckenganges der Entfernungsverstellung hat sich im Lauf der Jahrzehnte in zwei Komponenten getrennt, die flüssige Komponente ist auf die Lamellen gelangt und hat diese „verklebt“, so daß sich die Blende nicht mehr schließen ließ. Glücklicherweise läßt sich das Objektiv recht einfach zerlegen, allerdings sind dazu Spezialwerkzeuge erforderlich, mit Schraubenziehern allein kann man nicht an die Blende gelangen, zum Lösen der hinteren Objektivbaugruppe beispielsweise wird ein verstellbarer Spitzschlüssel benötigt. Und daß die Werkzeuge nicht „Baumarktqualität“ aufweisen dürfen, sondern „Uhrmacherqualität“, dürfte klar sein, eine „rundgedrehte“ Schraube, deren Schlitz defekt ist, verhindert das weitere Zerlegen. Im Zweifelsfall also lieber „Finger weg“ als „Kaputtreparieren“.

Die Reinigung erfordert mehrere Durchgänge, da wenige Stunden oder Tage nach einer vermeintlich erfolgreichen Ölbeseitigung neues flüssiges Schmiermittel auf die Blende gelangt und diese erneut verkleistert. Es erfordert entweder eine völlige Demontage des Blendenmechanismus (was erheblich komplex ist, denn zerlegt kann die Blendenmechanik leicht werden, der Zusammenbau ist jedoch ziemlich komplex) oder mehrere Reinigungsvorgänge wie der nachfolgend beschriebene im Abstand mehrerer Tage oder Wochen, bis die „Ölquelle“ im Objektiv endlich versiegt ist.

Um an die hintere Seite des Blendenmechanismus zu gelangen, muß zuerst ein mit drei winzigen Gewindestiften (seitlich unter 120°-Teilung eingedreht) gelöst werden. Darunter befindet sich der Ring für die Umschaltung zwischen automatischer oder manueller Springblende, der einfach abgehoben wird. Die Rastkugel ist unverlierbar im Gehäuse montiert. Danach kann der Blendenring abgehoben werden. Dessen Rastkugel ist nicht fixiert, sie wird nur durch etwas Fett in ihrem Loch gehalten. Sollte sie herausspringen, ist sie meist unauffindbar, denn die winzige Stahlkugel springt schnell und weit, und aufgrund ihrer „Größe“ kann man sie nur sehr schwer wiederfinden. Im Modellbauhandel finden sich 2mm-Kugeln für den Selbstbau von Kugellagern ö. Ä., diese passen und werden meist im Zehnerpack für knapp einen Euro verkauft. Die hintere Linsengruppe kann komplett aus der Fassung geschraubt werden, auch die spätere Remontage ist einfach: hineingehen und leicht festziehen, dann stimmt die optische Lage wieder.

Die Demontage der Vorderlinse ist erheblich aufwendiger, ich habe mir das „gespart“. Zunächst kann der Beschriftungsring zusammen mit seinem Haltering herausgedreht werden (mit 3 Gewindestiften unter 120°-Teilung gesichert), danach kann eventuell die gesamte vordere Linsengruppe herausgedreht werden (zwei winzige Schlitze in einer Ringnut erfordern Spezialwerkzeug). Allerdings fand ich einen Demontagebericht im Internet, der nahelegt, daß zumindest bei der späteren Version mit Pentax-K-Bajonett der Entfernungsring herausgedreht werden muß, weil erst dann weitere seitliche Klemmschrauben erreichbar sind, die für die Demontage der vorderen Linsengruppe zu lösen sind.

Die eigentliche Reinigung erfordern zunächst das Schließen der Blende durch Bewegen des seitlich sichtbaren Stifts und Benetzen der Lamellen mit Isopropanol, Nicht zuviel Alkohol nutzen, denn dann tropft er nach unten an Stellen, wo er nicht hinsoll. Nun die Blende ein oder zweimal manuell Öffnen und Schließen, danach mit Wattestäbchen das Öl-Alkoholgemisch aufnehmen. Den Vorgang mehrfach wiederholen, bis sich die Blende wieder allein durch die Federkraft schließt. Nun keinesfalls wieder sofort zusammenbauen, sondern einige Stunden warten, bis die Reste des Alkohols verdunstet sind. Außerdem wird man feststellen, daß dann sofort ein zweiter Reinigungsdurchlauf erforderlich ist, weil neues Öl „auftauchte“. Erst nach mehreren Reinigungen ist das meiste Öl aus der von innen nicht erreichbaren äußeren Blendenmechanik entfernt, daß das Objektiv dauerhaft „ölfrei“ sein wird.

Natürlich ist es schneller, den gesamten Blendenmechanismus auszubauen und in einem Alkoholbad zu reinigen, aber die Montage eines zerlegten Blendenantriebs ist keinesfalls trivial und erfordert feinmechanisches Geschick, um die winzigen Teile wieder funktionsfähig zusammenzubauen.

Beispielfotos

Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik und Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 1,4 bzw. 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten, chromatische Aberrationen sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.

Fazit

Das Objektiv ist erwartungsgemäß bei Offenblende „weich“ und überstrahlt heftig, ab 1:2,8 ist die Schärfe gut, bei Arbeitsblende 5,6-8 ist es wie fast jedes japanische Doppelgauß-Normalobjektiv ausgezeichnet, aber dafür kann man auch die leichteren und oftmals preiswerteren Varianten mit Offenblende 1:1,7/1,8/1,9 nehmen. Das Bokeh bei Offenblende erscheint mir gut, keinesfalls unruhig und störend. Auch bei Arbeitsblende ist es recht streulichtempfindlich, Abschatten mit der Hand kann trotz eNutzung einer Streulichtblende erforderlich sein.

Allerdings ist dem Objektiv anzumerken, daß es ein recht preiswertes OEM-Produkt ist. Mein 1,4/50 Zeiss Planar für die Contax ist bei Offenblende besser als das Cosinon/Revuenon. Allerdings war es in den 1980ern erheblich teuerer und auch heute muß man beim Gebrauchtkauf mehr „berappen“ als beim Kauf eines Revues.

Christian Zahn, September/Oktober 2024

 

 

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