Rodenstock Rodagon 80mm Vergößerungsobjektiv an der Nikon Z5

In diesem Kurzbericht geht es um die Benutzung von einem etwa 20-40 Jahre alten Vergrößerungs-Objektiv an der Nikon Z5, einer spiegellosen Systemkamera mit 24 Megapixeln und eingebautem Bildstabilisator.

Rodenstock wurde 1877 in Würzburg gegründet und fertigte im Lauf der Jahre neben Objektiven auch Brillen und Brillengläser, erhielt z. B 1880 das erste Patent auf ein Brillengestell mit Ohrenbügeln und zwei Gläsern. Inzwischen ist das frühere Familienunternehmen von Besitzer zu Besitzer weitergereicht worden und die Brillenproduzent sowie der Hersteller von Optiken und Linsen gehen getrennte Wege, es dürfen beide Unternehmen den eingeführten Namen weiterhin als Markenzeichen führen.

Vergrößerungsobjektive baut Rodenstock schon seit langem, es gibt einfachere vierlinsige Rogonare, die besseren sechslinsigen Rodagone und die zusätzlich apochromatisch korrigierten Spitzenobjektive APO-Rodagon. Seit wann genau das Rodagon 4/80 gebaut wurde, ist mir nicht bekannt, es dürfte anhand des äußeren Designs in den 1980ern erschienen sein, da Teile der Fassung aus Hochleistungskunststoffen bestehen.

Ein Hinweis: Es gab noch viele andere Rodagone, die 50er waren für Kleinbildanwendungen gedacht, es gab 28 und 35mm für KB-Halbformat bzw. quadratisches Kleinbild, 60, 80 und 105 mm für Mittelformat, 135 und 150 für Großformat bis 4x5 Zoll.

Zweiter Hinweis: Vergrößerungsobjektive sind für einen Abbildungsmaßstab von 1:5 bis 1:10 gerechnet, das gezeigte 80er vermutlich für 1:5 (laut Datenblatt sinnvoller Maßstab 1:2 bis 1:10). Das bedeutet, daß das 6x7cm Negativ 5fach linear vergrößert werden kann, um das Objektiv optimal zu nutzen, also auf 30x35 cm (in der Praxis auf ein Blatt Fotopapier 30x40 cm). Bei abweichenden Abbildungsmaßstäben sinkt die Schärfe in den Bildecken bei Offenblende, weil die Bildfeldwölbung des Objektivs bei 1:5 auskorrigiert ist und bei anderen Maßstäben abweicht.

Bildfeldwölbung bedeutet, daß ein planes (ebenes) Objekt nicht auf einer planen Bildebene abgebildet wird, sondern auf dem Ausschnitt einer mehr oder minder großen Kugel. Eine einzelne Linse hat keine plane Bildfeldebene, darum wurde der Film in einfachen Boxkameras nicht gerade, sondern gewölbt belichtet, um den Film möglichst in der Zone der besten Bildschärfe zu positionieren.

Bei Änderung des Abbildungsmaßstabes ändert sich auch bei hochkorrigierten Objektiven aus vielen einzelnen Elementen die Bildfeldwölbung, so daß bei Offenblende die Bildecken durch die Bildfeldwölbung bereits leicht außerhalb der Schärfenebene liegen. Bei teuren Weitwinkel-Aufnahmeobjektiven wird mit „Floating Elements“ die Bildfeldwölbung beim Nachfokussieren anders korrigiert als beim Fernfokussieren, damit die Bildfeldwölbung bei allen Motiventfernungen möglichst gering bleibt.

Prinzipbedingt geht das bei Vergrößerungsobjektiven nicht, das Objektiv hat keine eigene Fokussierung, diese wird durch einen in der Länge veränderlichen Balgen des Vergrößere realisiert. Darum sollte man beim Vergrößern das Objektiv immer um zwei Blenden schließen, dadurch wird die Blldfeldwölbung erheblich verringert und die Beugungsunschärfe ist noch nicht erkennbar. Alle mir bekannten Vergrößerungsobjektive haben um zwei Stufen abgeblendete ihre beste Abbildungsleistung, die Offenblende dient nur zum Einrichten des Negativs, der Bildbühne und des Scharfstellen des Negativs, mit Offenblende vergrößert habe ich früher nur bei extrem großen Abzügen, bei denen die Belichtung abgeblendet unerträglich lange gedauert hätte.

Wird ein Vergrößerungsobjektiv als Aufnahmeobjektiv verwendet, so gilt der optimale Abbildungsmaßstab weiterhin. Also: Das 80er Rodagon hat bei Offenblende die besten Abbildungseigenschaften, wenn an der Kleinbild-Vollformatkamera Nikon Z5 ein 12x18 cm großes Motiv fotografiert wird. Bei der Benutzung als Aufnahmeobjektiv für unendlich entfernte Objekte (wie ich es in den Bildbeispielen getan habe), sollte möglichst nicht mit Offenblende gearbeitet werden, sondern auf 1:8 bis 1:11 abgeblendet.

Ein wichtiger Hinweis: zum leichteren Arbeiten in der Dunkelkammer bei wenig Licht hat das Rodagon eine beleuchtete Blendenskala, mittels eines Kunststoff-Lichtleiters wird das Licht des Vergrößungsgerätes durch die Blendenskala geleitet und erhellt diese, so daß die Blendenzahlen gut ablesbar sind. Beim Einsatz als Aufnahmeobjektiv muß diese Skala abgedeckt werden, da ansonsten Fremdlicht auf den Bildsensor gerät und das Bild verschleiert. Ein kurzer Streifen schwarzes Isolierband hat sich bei mir bewährt. Sollte er unterwegs abfallen, eine Rolle Isolierband und eine Schere sorgen „On Location“ für schnellen Ersatz.

Leider muß man sich beim Verändern der Objektivblende an den Rasten der Skala orientieren, denn sehen kann man die Skala nicht mehr.

Einstellschnecke zum Scharfstellen

Vergrößerungsobjektive haben wie erwähnt keine eigene Fokus-Schnecke. International haben sich alle Hersteller auf das Leica-Gewinde M39 als Befestigungsgewinde geeinigt, so daß nur eine Einstellschnecke mit M39 Gewinde erworben werden muß, um das Vergrößerungsobjektiv an einer digitalen Systemkamera scharfstellen zu können. Von der chinesischen Zubehörindustrie gibt es das in unzähligen Varianten, man suche möglichst nach der englischen Bezeichnung „Helicoid“, um bei den Verkaufsportalen fündig zu werden. Gebraucht gibt es so etwas z. B. als „Zörk Mini Makro-Schnecke“.

Für meine Z5 habe ich nach einem Adapter mit M42 objektivseitig und M39 Kameraseitig gesucht, der einen Auszug von ca. 15 bis 30 mm ermöglicht. Die Differenz zum wirklichen Auflagemaß von 74,5mm (laut Linos/Rodenstock Datenblatt) erreiche ich durch Zwischensetzen von M42-Zwischenringen, die in meinem Fundus vorhanden sind.

Das Nikon-Z-Auflagemaß beträgt 16mm, somit muß für unendlich eine Differenz von 58,5mm überbrückt werden. Meine Einstellschnecke hat minimal 17mm, somit verbleiben 41,5mm Differenz. Der Adapter M39-auf-Leica-M ist 1mm dick, somit sind noch 40,5mm nötig. Der Adapter Nikon-Z-auf-Leica-M ist 12mm stark, somit sind effektiv 28,5mm zu überbrücken. Das kann ich mit einem 32mm Zwischenring nicht überbrücken, er ist 3,5mm zu lang.

Somit nutze ich folgendes: der Adapter Leica-M-auf-Z hat 12mm, der Adapter M39-auf-Leica-M 1mm, die Einstellschnecke muß ich auf ca. 19mm einstellen und zwei M42-Zwischenringe gekoppelt haben 10+16=26mm. In Summe also 58mm, somit kann ich über Unendlich hinaus fokussieren und weit in den Nahbereich hinein.

Weil mein Adapter ein objektivseitiges M42-Gewinde hat, befestige ich das Objektiv mit Hilfe eines Adapterringes M42-M39. Das objektivseitige M39-Gewinde drehe ich in einen Adapter M39-auf-Leica-M-Bajonett, diesen wiederum in einen Adapter Leica-M-auf-Nikon-Z. Zwar ist das eine „wilde“ Mehrfachadaptierung, aber so bin ich universeller und kann auch andere Objektive und andere Kameras adaptieren, statt eine Schnecke fest mit dem Rodagon nur mit der Z5 nutzen zu können.

​​​​​​​Rodagon 4/80mm

Wie erwähnt kenne ich den Herstellzeitraum nicht. Die Produktion ist laut der aktuellen Webseite von Rodenstock Photo nicht eingestellt, aber vermutlich erfolgt die Fertigung nur auftragsbezogen. Die Rodagone werden unter der Rubrik „Objektive für Dokumentenscanning“ angeboten, daß es sich um Vergrößerungsobjektive handelt, wird nicht erwähnt. Der Katalog mit allen Rodagonen von 28 bis 150mm ist als PDF herunterladbar, aber die Verfügbarkeit der einzelnen Objektive muß erfragt werden.

Das Objektiv ist 45 mm lang, hat einen Durchmesser von 50 mm und wiegt 140 Gramm. Das Objektiv ist aus Metall und Hochleistungskunstoffen gefertigt, sein optischer Aufbau ist ein modifizierter Doppelgauß-Typ, es hat 6 Elemente in 4 Gruppen. Der Kunststoff wird nur für außen sichtbare Teile verwendet, der innere Aufbau besteht größtenteils aus Metall.

Das Filtergewinde hat 40,5 mm, es rotiert beim Scharfstellen nicht mit, die Streulichtblende wird eingeschraubt. Natürlich ist die gezeigte nicht original, denn bei Vergrößerungsobjektiven dient das Filtergewinde zum Einschrauben von Farb- oder Effektfiltern für die Dunkelkammerarbeit, darum bot Rodenstock keine Streulichtblende an.

Der Blendenring rastet in halben Blendenstufen, Zwischenwerte sind problemlos möglich, weil die Rastung abgestellt werden kann. Es sind 5 Lamellen vorhanden. Eine Vorwahlblende ermöglicht schnelles Öffnen der Blende und bequemes Wiedereinstellen der Vorwahlblende. Die Vorwahl funktioniert durch Anheben des Blendenrings und Verdrehend nur des Verstellrings, ohne die eigentliche Blende zu bewegen. Nach Loslassen rastet der Ring wieder ein und kann danach nur noch zwischen Offen- und Arbeitsblende gedreht werden.

Verzeichnung ist praktisch nicht vorhanden, Vergrößerungsobjektive werden bei der Berechnung darauf abgestimmt, das Negativ möglichst nicht durch Vignettierung, Verzeichnung oder Aberrationen zu verschlechtern.

Im Lieferumfang ist eine zweiteilige Aufbewahrungsdose enthalten, die das Objektiv im unbenutzten Zustand vor Staub schützt. Trotzdem sollte man die nicht benötigten Vergrößerungsobjektive aufgrund der recht hohen Luftfeuchtigkeit nicht in der Dunkelkammer aufbewahren, sie können sonst schneller Glaspilz bekommen als außerhalb der DuKa gelagert.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden freihand bei Arbeitsblende und Zeit- sowie ASA-Automatik und mit eingeschaltetem Kamera-Bildstabilisator, gewählt wurde Blende 2,8 bzw. 8, gespeichert wurde als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben sowie Lichter / Schatten wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte einmontiert.

Das Objektiv liefert wie zu erwarten bei unendlichen Motiven und Offenblende an den Bildecken keine gute Schärfeleistung (wie erwähnt ist die Bildfeldwölbung für einen Abbildungsmaßstab 1:5 korrigiert und nicht für weiter entfernte Motive), und das, obwohl der Bildkreis für 6x7cm gerechnet ist und die Z5 nur einen kleinen 24x36mm-Ausschnitt nutzt. Das Rodagon sollte bei der Anfertigung von Fotos entfernter Motive auf 1:8 bis 1:11 abgeblendet werden, stärkeres Abblenden ist nicht empfehlenswert, zwar steigt die Tiefenschärfe, aber die Beugung läßt das Bild in der Gesamtheit wieder weicher werden.

Die UVP bei Markteinführung des Objektives ist mir nicht bekannt, jedoch ist es im Jahr 2023 noch zu kaufen. Der Vergrößerer-Hersteller Kaiser Fototechnik z. B. listet es für 649 Euro, der Versandhänder Foto Brenner nennt eine Lieferfrist von ca. 5-21 Tagen. Der aktuelle Zeitwert ist auf ca. 50-150 Euro je nach Zustand und Lieferumfang einzuschätzen.

Das gezeigte Exemplar erwarb ich im Jahr 2001 gebraucht, um meine Mittelformatnegative zu vergrößern. Laut Erinnerung kaufte ich es von einem Gebrauchthändler und es kostete etwa 250 DM. Allerdings ersetzte ich es bald durch ein Schneider Kreuznach Componon S mit 100mm und der Möglichkeit, auch 6x9 cm Negative zu vergrößern, da der Bildkreis des Rodagon 80mm dafür zu klein ist. Nach Aufgabe meiner Positiv-Dunkelkammer habe ich das Schneider-Objektiv wieder verkauft, weil es fast neuwertig war, das Rodagon habe ich hingegen behalten, so daß ich es heute für Aufnahmezwecke nutzen kann.

Fazit

Das Rodagon 4/80mm läßt sich mit Hilfe einer Einstellschnecke als Aufnahmeobjektiv an aktuellen spiegellosen Systemkameras verwenden, an der Z5 ist auf 1:8 abgeblendet wie fast jedes meiner 6-linsigen Normalobjektive gut benutzbar, das Abkleben der Blendenskala darf aber nicht vergessen werden, da es ansonsten zu mehr oder minder starkem Streulicht kommt, was das Bild flau macht.

Christian Zahn

 

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