Rollei QBM-Objektive an Nikon Z5
In diesem Erfahrungsbericht geht es um zwei etwa 40-50 Jahre alte Manuellfokusobjektive adaptiert an die spiegellose 24-Megapixel-Systemkamera Nikon Z5.
Die Objektive stammen etwa aus den Jahren 1970 bis 1983, sie wurden von Rollei produziert bzw. importiert.
Die Geschichte von Rollei ist zu lang, um sie hier ausführlich zu beschreiben, wer möchte, kann die Rollei-Historie detailliert in der Wikipedia nachlesen. Hier zähle ich nur die meiner Meinung nach wichtigsten Firmendetails auf:
Rollei wurde 1920 von zwei ehemaligen Voigtländer-Mitarbeitern in Braunschweig als Franke und Heidecke, Werkstatt für Feinmechanik und Optik, gegründet. Erstes Produkt war eine Kamera für die damals beliebten Stereo-Fotos, das Stereo-Heidoskop. 1927 stellte die Firma die erste zweiäugige Spiegelreflexkamera für Rollfilm vor, die Rolleiflex. Bei diesem Kameratyp gibt es zwei Objektive, mit dem einen wird der Film belichtet, das zweite wird über einen Spiegel auf eine Mattscheibe umgelenkt, auf die der Fotograf von oben herabsieht. Die Roelleiflex begründete eine eigene Kameraklasse, die bald danach von unzähligen deutschen und nach dem zweiten Weltkrieg auch von japanischen Firmen kopiert wurde. (Und noch länger als chinesische Seagull, R. Jannke) Einziger großer Nachteil dieses Kameratyps ist die Tatsache, das das Mattscheibenbild zwar aufrecht steht, aber seitenverkehrt ist.
Bis etwa 1955/57 war Rollei trotz der vielen Kopien der ungeschlagene Marktführer im Mittelformat-Kamerasegment, von der Rolleiflex und der preiswerteren Rolleicord entstanden im Lauf der Zeit mehrere Millionen Exemplare. Mitte der 1950er Jahre begann sich aber der Kleinbildfilm bei Reportern, Berufsfotografen und ambitionierten Amateuren durchzusetzen und der Marktanteil von Rollei sank. Erst die von Heinz Waaske noch bei Wirgin, Wiesbaden (Edixa-Werke) entwickelte Rollei 35 konnte als damals kleinste und leichteste Kleinbild-Sucherkamera wieder Marktanteile zurückholen und war ab 1966 die umsatz- und gewinnstärkste Rolleikamera.
Die Kleinbild-Spiegelreflex hingegen vernachlässigte die inzwischen zu „Rollei-Werke Franke und Heidecke“ umfirmierte Firma, erst viel zu spät brachte sie 1970 eine eigene KB-Spiegelreflex heraus, die SL35 mit dem selbstentwickeltem QBM-Bajonett (Quick Bajonett Mount), das zu keinem anderem Bajonett am Markt kompatibel war.
Obwohl Rollei Anfang der 1970er Jahre bereits finanziell nicht mehr gut aufgestellt war, übernahm man 1971 das Braunschweiger Voigtländer-Werk von Zeiss-Icon und fertigte von nun an eigene Objektive, statt sie von Zeiss zuzukaufen. Außerdem baute sich Rollei in Singapur ein Werk auf, in das die Produktion der Objektive und Kameras ausgelagert wurde, um Lohnkosten zu sparen. Leider erwiesen sich beide Investitionen als nicht gewinnträchtig, so daß z. B. im Jahr 1974 enorme 37 Million DM Verlust „eingefahren“ wurden. 1978 gehörte Rollei faktisch den kreditgebenden Banken, die die Firma schließlich 1981 an den Fotogeschäfte-Besitzer Porst verkaufte. Auch er konnte den Betrieb nicht sanieren, so erfolgte bereits Mitte 1981 der erste Konkurs.
Nach einer Zwischenspiel eines englischen Besitzers übernahm 1987 Heinrich Manderman das Werk, dem damals bereits Beroflex, Schneider Kreuznach, Exakta und Miranda gehörten. Die Rechte an Voigtländer gingen dabei an die alfo/Ringfoto-Gruppe, die seit 1999 sehr erfolgreich Cosina-Kameras und -Objektive unter dem Markennamen „Voigtländer“ vertreibt.
Rollei stellte auch Diaprojektoren her, sie hatten als Alleinstellungsmektmal die Überblendprojektion mit nur einem Diamagazin, was eine aufwendige mechanische und elektronische Steuerung erforderte, so daß erst die zweite Generation eine störungsfreie Projektion ermöglichte.
Die Autofokus-Ära „verschlief“ Rollei komplett, ihre Kameras wurden weiterhin manuell scharfgestellt. Die Rolleimat AF, eine Autofokus-Kleinbild-Sucherkamera von 1980, wurde von Konica zugekauft und nur zwei Jahre lang angeboten.
Auch die Rollei-Digitalkameras, die ab etwa 1997 vertrieben wurden, waren bis auf eine Ausnahme lediglich Auftragsproduktionen aus Fernost. Ralf Jannke hat die 2200 DM teure Rollei d30flex von 1999 mit 1,3 Megapixeln hier bereits vorgestellt. Diese Kamera dürfte ihre Entwicklungskosten niemals hereingebracht haben!
2004 teilte sich Rollei auf, die Mittelformat-Kameras sowie die Rollei 35 produzierte nun die Rollei Fototechnik GmbH in manufakturähnlicher Kleinserienproduktion, die fernöstlichen Importkameras wurden von der Rollei GmbH vertrieben. Beide Gesellschaften gingen bald insolvent, 2009 übernahm die DHW Fototechnik GmbH die Kameraproduktion, um 2014 seinerseits insolvent zu werden. 2007 übernahm die RCP Technik GmbH & Co KG die Rollei-Namensrechte und firmierte 2015 zur Rollei GmbH & Co KG um. Diese Firma vertreibt noch heute Consumerprodukte unter dem Rollei-Label, z. B. Stative, Filter, Digitalkameras uvm.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Rollei-Historie die Geschichte der deutschen Kamera-Industrie mit ihren Höhen und Tiefen gut abbildet, der Blüte bis etwa 1960 folgte der allmähliche Niedergang.
Rolleinar-MC 1:2,8 f=28mm
Das Objektiv wurde 1977 bis 1983 verkauft, es ist von Mamiya gerechnet und gefertigt worden. Es ist ein mit QBM-Bajonett versehenes Objektiv, das ursprünglich für die Mamya-Kleinbildspiegelreflexkameras entwickelt wurde. Es hat 7 Elemente in sieben Gruppen, ist „MC“=Multicoated und laut Gravur „Rollei Lens made in Japan“.
Von dieser Brennweite hat Rollei zwei Versionen verkauft, die gezeigte ist die ältere Variante.
Der recht schmale und mit geriffeltem Gummi ausgelegte Entfernungsring läuft inzwischen etwas schwergängig, der Einstellweg ist mit etwa 330° erfreulich lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,3 Metern sehr kurz. Die Blende rastet stufig, es sind nur 5 Lamellen eingebaut. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 58mm eingeschraubt.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 63 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 45 mm und wiegt 230 Gramm. Beim Nahfokussieren wird es ca. 4 mm länger.
Das gesamte Objektiv macht einen recht wertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall gefertigt. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.
Das Objektiv verzeichnet nur sehr gering, in der Praxis fällt dieser Abbildungsfehler nicht auf.
Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende über das gesamte Bild unscharf, in den Ecken stärker als in der Mitte, Abblenden auf 8 steigert die Schärfe der Bildmitte, die Bildränder und -Ecken werden jedoch auch bei Blende 16 nicht scharf. Die bei Offenblende vorhandenen sehr geringen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 4 völlig.
Das Objektiv ist heutzutage teilweise recht günstig zu bekommen, teilweise jedoch auch sehr teuer. Je nach Zustand, Lieferumfang, Bauversion und Käuferlaune liegt es zwischen 25 und 120 Euro. Die höheren Verkaufspreise sind nur in sammlungswürdigem Zustand „Near Mint“ und mit OVP zu erzielen, die meisten Exemplare erzielen etwa 25-50 Euro. Ich „ergatterte“ mein Exemplar auf einem Dorffest mit Flohmarkt; weil weder Front- noch Rückdeckel dabei waren, gab sich der Verkäufer mit 15 Euro zufrieden. Der gezeigte Rückdeckel wurde von mir mit Hilfe eines 3D-Druckers selbstgefertigt, da es keine preiswerten China-QBM-Deckel zu kaufen gibt.
Voigtländer Color Ultron 1,8/50
Das gezeigte Objektiv wurde im Rollei-Werk Singapur hergestellt, es basiert auf einer alten und damals bereits lizenzfreien Planar-Rechnung von Zeiss, die Rollei mit dem Erwerb der Voigtländerwerke erhielt. Es wurde optisch gleichwertig und mechanisch leicht verändert auch als Rollei Planar HFT verkauft worden, war dann aus Marketinggründen teuerer als die Voigtländer-Version. „HFT“ steht für „High Fidelity Transfer“ und meint die Mehrschichtvergütung.
Der gerändelte und recht schmale Entfernungsring läuft inzwischen etwas zu stramm. Der Einstellweg ist mit etwa 240° recht lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,45 in Ordnung. Die Blende rastet ganzstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Das nicht mitdrehende Filtergewinde beträgt 49mm.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 62 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 38 mm und wiegt 190 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 8 mm langer. Die Streulichtblende wird in das Filtergewinde eingeschraubt.
Das gesamte Objektiv macht einen recht hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall und ziemlich schwer. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.
Das Objektiv verzeichnet nur gering sichtbar. Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende erwartungsgemäß unscharf, Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Schon bei Offenblende sind keine chromatischen Aberrationen erkennbar.
Das Voigtänder-Objektiv ist heutzutage teilweise recht günstig zu bekommen, teilweise jedoch auch sehr teuer. Je nach Zustand und Lieferumfang liegt es zwischen 50 und 100 Euro, das Rollei-Planar kostet um 30-50 Euro, davon wurden erheblich mehr Exemplare gebaut, was für ein größeres Angebot sorgt.
Die gezeigten Rückdeckel wurde von mir mit Hilfe eines 3D-Druckers selbstgefertigt, da es keine preiswerten China-QBM-Deckel zu kaufen gibt.
Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.
Da mir kein Adapter QBM-Nikon-Z zur Verfügung steht, half ich mir mit einer doppelten Adaptierung: QBM-EOS und EOS-Nikon-Z, was recht gut funktioniert. Einziger Nachteil: das QBM-Bajonett findet im Canon-EOS-Bajonett nur Platz, wenn das Objektiv ca. 45° verdreht eingesetzt wird, darum ist die Fokusmarkierung und die Blendenposition an der Nikon Z5 nicht „oben“ sondern etwas verdreht.
Fazit
Das Rolleinar-28mm-Weitwinkel-Objektiv werde ich an der Z5 nicht mehr benutzen, sondern nur noch an einer analogen Spiegelreflexkamera auf SW-Film, da dort die unscharfen Bildecken wesentlich weniger ausgeprägt sind. Wer das Rolleiner an einer spiegellosen Systemkamera mit APS-Sensor verwendet, blendet die unscharfen Bildecken aus und wird bei Blende 8 gute Ergebnisse erzielen können, hat allerdings den Bildwinkel eines KB-42mm-Objektivs.
Das Color Ultron werde ich nur noch mit KB-Film verwenden, ich habe für diese Brennweite unzählige andere manuelle Objektive, die keine doppelte Adaptierung an der Z5 erfordern.
Christian Zahn
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 30.01.2023 |
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