Rollei d30flex – 1998

Déjà-vu (französisch schon (mal) gesehen)…

… ging mir beim Anblick der gerade erworbenen Rarität Rollei d30flex durch den Kopf.

Vom Bauprinzip hat ein Modell der einzigen „Made-in-Germany“ gefertigten Rollei DSLR-Linie nichts mit der 2002 vorgestellten Sony Mavica MVC-CD250 zu tun. Da oben stehen eine richtige digitale Spiegelreflexkamera und eine durchaus spezielle Sony Konsumer-Digitalkamera nebeneinander. Die Sony speichert ihre Fotos auf eine Mini-CD. Die Rollei d30flex kam erst 2000 in den Verkauf.

Aber dieses rundliche Aussehen…

Bei der Sony erklärt es sich einfach durchs Speichermedium CD, aber was hat Rollei zu seiner Bauweise bewogen? Von den Abmessungen sind die Kameras sehr ähnlich. Die Sony misst 143 x 92 x 89 mm, die Rollei 151 x 102 x 106 mm.

Rollei d30flex

Die Rollei dflex Linie

In der zweiten Jahreshälfte 2015 bis Ostern 2016 entstand mein erster großer Praxisbericht über mehrere Rollei-Digitalkameras.

Bis zum Sommer 2018 folgten weitere Praxisberichte zu anderen Rollei-Digitalkameras. All diesen bis dahin vorgestellten Kameras ist etwas gemein. Bis auf den Aufdruck "Rollei" ist an diesen Kameras nichts von Rollei! Es sind lediglich Details, ja nur eine Farbe ein öfter wiederkehrendes typisches "Rolleigrün". Das kann ein grüner Punkt auf dem Auslöser oder der Power-Schalter sein, oder die Abdeck-Kappe, die auf dem Blitzschuh sitzt. Die für eine gigantische Summer angebotenen Rolleiflex SLR-Prototypen zeigen genau das gleiche Grün! Wer mehr darüber weiß, kann gerne einen Kommentar schicken!

Die wichtigste Rollei-Kameras überhaupt fehlte aber bis Jahresende 2018/Anfang 2019

Die Rede ist von tatsächlich in Deutschland gefertigten - Made in Germany (!) - digitalen Spiegelreflexkameras von Rollei. Davon hatte ich bis Ende 2018 nur ein unbedeutendes "Bruchstück". Auf der Verpackung des für die Rollei d-flex-Linie vorgesehenen Blitzgeräts f 28 ist eine Rollei der d-flex-Linie abgebildet. Die Rollei d-flex-Linie besteht aus den Modellen: d7flex, d7metric, d24flex (soll nie auf den Markt gekommen sein!), d30flex – allesamt nur 1,3 MP Auflösung – und der 5 Megapixel d530 flex, die auf der Photokina 2002 vorgestellt wurde. 

Von den genannten Rollei DSLRs ging mir jetzt eine Rollei d30flex ins Netz

Die Rollei d30flex stellt eine hochinteressante Sammel-Digitalkamera dar, die ich lange gesucht habe Nie bin ich bei aller Seltenheit der einzigen in Deutschland gefertigten DSLR aber auf Preisvorstellungen von 500 oder gar 1000 Euro eingegangen. Das jetzt erworbene Exemplar lag bei immer noch zu hohen 200 Euro. Dabei habe ich die Nerven viel zu früh verloren ;-) Denn nur wenige Tage später wurde eine zweite Rollei d30flex für 62 Euro an Bord genommen! OK, ein nur ein kleines Luxusproblem ;-) Das zweite Exemplar wurde gleich an den Seiten-Admin weitergereicht, der die Rollei nach seinen Berechnungen übrigens noch tiefer auf 42 Euro Sammelwert taxiert…

Mitunter wurden Rollei d-flexen quasi im Dutzend von Polizei und Zoll zu noch tieferen Spottpreisen ausgemustert. Die deutschen Behörden waren wohl seinerzeit angehalten "Made in Germany" anzuschaffen… Und Kameras aus diesen Quellen werden dann versuchsweise zu völlig überhöhten Preisen angeboten. Und gerne auch mit Bemerkungen wie: „Verkaufe ich die Kamera vorsichtshalber als defekt…“. Selbst bei Kameras, wo wie bei der Rollei der Erwerb von 1,5 Volt Batterien vom Discounter ausreicht, um festzustellen, ob die Kamera überhaupt noch lebt – unseriös!

Den Rollei DSLRs war kein großer Erfolg beschieden

Das lag vielleicht weniger an den Kosten der in Deutschland produzierten Kamera, als viel mehr an der Nichtverfügbarkeit. 1998 wurden die Modelle auf der Photokina vorgestellt, um erst über ein Jahr später Weihnachten 1999 in den Handel zu kommen. Gelistet hat digitalkamera.de diese Kameras sogar erst 2000. Und zu diesem Zeitpunkt war für eine DSLR mit 1,3 MP Auflösung, nicht wechselbarem Objektiv und fester ISO 100 Sensorempfindlichkeit und Fotospeicherung in einem sperrigen Rohdatenformat kein Blumentopf mehr zu gewinnen! Die fehlende Möglichkeit als JPEG zu speichern wurde mit der besonderen Eigenschaft, Rohdateien als fälschungssicher zu deklarieren verkauft. Die Nikon D1 von 1999 löste 2,7 MP auf, die Canon D30 2000 3 MP und die Fujifim FinePix S1 Pro von 2000 sogar 6 MP. Alles Kameras, die JPEG UND "fälschungssichere" Rohdateien boten… Und das bei Sensor-Empfindlichkeiten bis ISO 1600 (D1 ISO 3200/6400). Entsprechend fielen auch Bewertungen der Fachpresse für die Rollei d30flex aus:

„digifoto“: „Was die Bildqualität angeht, kann man ganz klar sagen: in Anbetracht der 1,3 Megapixel Auflösung ist sie klasse.“ So kann man Unzulänglichkeit auch schönschreiben ;-)

„PUBLISHING PRAXIS“: 3 von 6 Punkten („brauchbar“), „Die Qualität leidet unter der zu niedrigen Auflösung, die mit 1,3 Megapixel nicht mehr zeitgemäß ist .

„PixelGuide“: „brauchbar+“

Hintere Rollei d30flex Kommandozentrale

Seriös, wichtig, wissenschaftlich?

Ich möchte nicht wissen, was dieser Original Rollei Alu-Koffer mal gekostet hat… Leider hielt der Inhalt wie oben beschrieben nicht mit der Verpackung stand. Warum hatte man zum Start der Rollei d30flex nicht wenigstens zu einem 1.600 x 1.200 Bildpunkte 2 Megapixelsensor gegriffen? Ein interessantes Detail ist am Rollei-Zoomobjektiv zu erkennen: Ohne Bedienungsanleitung hätte ich die ausziehbare Gegenlichtblende nie entdeckt!

Der Koffer samt Inhalt kam vermutlich zum Einsatz, wenn es um Vermessungs- und Darstellungsverfahren an kriminalpolizeilichen Tatorten ging. Das so genannte Rollei-Metric-Verfahren hat Wikipedia ausführlich beschrieben. Das dürfte auch die Verbreitung der Rollei dflex-Kameras in (deutschen) Polizeieinsätzen erklären!

Die Streuscheibe für den Blitz "hängt" nur zu Demonstration so schief. Entweder ist die Scheibe am unteren oder oberen Anschlag für die Benutzung verriegelt. Speicherkarteneinschub für fast alles von PCMCIA-Festplatten-/Fest-Speicherkartengröße und per PCMCIA-Adapter einsetzbaren CompactFlash (*) oder auch SmartMediakarten, die es nur bis 128 MB Fassungsvermögen gibt.

(*) Getestet mit 64/128/256/512 MB Volumen. Auf die 512 MB CF passen 283 Rollei d30flex Rohdateien…

Fotografier-Vorbereitungen

Nach vergeblicher Suche der Original Rolleisoftware habe ich damit nicht weiter Zeit vergeudet

Glücklicherweise ist nicht nur die fehlende Rollei-Rohdatensoftware in der Lage die *.RDC Dateien zu dekodieren. Neben dem nur für Mac OS verfügbaren GraphicConverter kann auch die auf allen Systemen laufende Freeware XnConvert die Rollei Rohdaten komprimiert als JPEG oder unkompimiert als TIFF sowie zahlreiche andere Grafikformate konvertieren.

Was ich nicht wusste, zwischen der Mac OS X (Unix) XnConvert- und der Windows-Version besteht ein entscheidender Unterschied

Während die Mac OS X Version aus den Rollei-Rohdaten 1.300 x 1030 Bildpunkte 1,3 Megapixelfotos rechnet, schafft die Windows-Version aus unerklärlichen Gründen nur 650 x 515 Pixel Bildchen. Das braucht aber keinen Windows-Anhänger zu grämen, denn die Software aus gleichem Haus XnView für Windows erzeugt 1.300 x 1.030 Pixel Fotos.

Versuchsweise durch XnConvert erzeugte RAWs konnten allerdings weder Adobe Lightroom, noch die Freeware Rohdatenentwickler RawTherapee oder darktable etwas anfangen. Das genügte an Vorwissen zur Vorbereitung zu einem kleinen Rundgang.

Rollei d30flex *.RDC Rohdateien konvertiert mit XnConvert für Mac OS X

Rollei d30flex *.RDC Rohdateien konvertiert mit XnView für Windows

Beispielfotos, aufgenommen mit der Rollei d30flex, 1,3 Megapixel Auflösung

Qualitätseindruck? Geht so… Mehr nicht!

Bevor ich jetzt "vom Leder ziehe":

Ich will/kann nicht ausschließen, dass es an der behelfsweisen "Entwicklung" der Rollei-Rohdateien durch XnConvert liegt. Die erzeugten TIFF-Dateien benötigten einige Photoshop-Hilfe, um vorstellbar zu werden. Ob das die Rollei-Software wirklich so viel besser konnte/kann? Die Aufnahmen in die Sonne brachten die komplette Sensorzeile zum Überlaufen. Die Farben waren bei einigen Aufnahmen völlig daneben. Bitte beachten Sie das einmontierte kleine Foto, das die Holzschuppentür zeigt, wie die d30flex das Motiv aufgenommen hat: katastrophal. Und alles bei Tageslicht und in einer allenfalls mäßigen Schärfe, die per Photoshop aufgepeppt werden muss. Eigentlich musste jede Aufnahme kontrast-/farbkorrigiert werden. Wenn ich mich da an die 1,3 MP-Fotos/Dateien an meine Kodak/Canon EOS 1n/DCS3c erinnere, die sich interpoliert DIN A3 groß ausgeben ließen...

Das Hantieren mit GraphicConverter 9 (nur für Mac OS X) hatte den Vorteil mit einer Software dekodieren und nachbearbeiten zu können. Das Ergebnis war aber auch nicht besser, weshalb ich hier auf GraphicConverter-Screenshots verzichte.

Ich werde diese und die noch entstehenden Rolle d30flex-Dateien selbstverständlich archivieren. Für den Fall, dass ich irgendwann an die Original Rollei-Software komme. In diesem Fall gibt es ein Update!

Deshalb ein Aufruf, eine Bitte an unsere geschätzten Leser

Wer kann, möchte eine Kopie der Original Rollei dflex Rohdatensoftware zur Verfügung stellen?

Rollei d30flex: Keine wirkliche Chance gegen diese Gegner…

Rollei d30flex-Nutzwert

Während die 2 Megapixel Kodak/Canon EOS 1N DCS 520 und Kodak/Nikon F5 DCS620(x) und die dazugehörenden 6 Megapixel-Pendants DCS560 und DCS660/760 aus den Ende 1990er Jahren dank voller Integrierung in die jeweiligen Objektiv-Systeme und bis ISO 400/1600/4000 empfindlichen Sensoren auch heute noch einen praktischen Nutzen mitbringen, bleibt der Rollei d30flex mit ihrer niedrigen Auflösung und ISO 100 Empfindlichkeit, dem fest verbauten Zoom und dem nur schwer zu dekodierenden Rohdatenformat nur ein Mauerblümchendasein.

Die 5 Megapixel ROLLEI d530flex kam 2002 viel zu spät

Mit dem Namen der weltbekannten zweiäugigen 6x6 Rolleiflex aus den 1950er/1950er Jahren versehen, konnten möglicherweise ein paar ältere Interessenten für eine digitale Rolleiflex angesprochen werden, die sich an die großartige, zweiäugige 6x6 Rolleiflex erinnerten.

„Digitalkamera.de, die älteste und erste Interneseite Deutschlands, die sich mit digitaler Fotografie befasst. textete: "Die bewegte Geschichte der Rollei d“.

Dort kann man alle Details der d-flex-Serie nachlesen. Und auch die Erklärung für wissenschaftliche und erkennungsdienstliche Einsätze spezieller Rollei d-flex-Modelle finden. Denn die Kameras waren auch für Fotografen aus den Bereichen Mess- und Registrierwesen interessant. In der terrestrischen Vermessungstechnik wurden schon seit Mitte der 80er Jahre Rollei "metric"-Kameras für analoges Filmmaterial eingesetzt. In dieser Photogrammetrie genannten Aufnahmetechnik werden Objekte aus verschiedenen Perspektiven durch Fotografieren räumlich erfasst. Mit Hilfe von ausgewählten Punkten lässt sich alles zu einem so genannten räumlichen Netz verknüpfen und jederzeit zu einem späteren Zeitpunkt durch erneutes Abfotografieren rekonstruieren. Nach meinem Verständnis können so spätere Veränderungen (an Bauwerken und Tatorten) besser dokumentiert werden.

Die Rollei d7 metric mit 1:2,8/7 mm D-Apogon HFT (umgerechnet 28 mm KB-Brennweite) kam beispielsweise auch in der fotografischen Beweisaufnahme (z. B. bei Verkehrsunfällen) zum Einsatz. Für erkennungsdienstliche Einsätze lieferte Rollei Mitte 2002 spezielle d-flex-Modelle an die sächsische Polizei aus. Unbedingt besuchen sollte man auch Jan Böttchers Museum. Dort sind neben den Rollei d-flex DSLRs auch Dummies und dergl. zu sehen.

Aber bis auf die Spezialanwendungen war es einfach zu wenig, was Rollei da da bot. Verglichen mit der 1998 schon zu kaufenden, gleich auflösenden 1,4 Megapixel Olympus Camedia C-1400 (XL). Oder 2000, als die d30flex dann endlich verfügbar war, hatte sie keine Chance gegen die Olympus E-10, die bei gleicher Sensorgröße 4 Megapixel auflöst, ein doppelt so lichtstarkes Zoom längerer Endbrennweite mitbringt und ISO 80, 160 und 320 bietet.

Ganz katastrophal fiel dann der Vergleich gegen Canons erste selbstproduzierte 3 Megapixel EOS D30 aus. Gegen die ins EOS-System integrierte Canon-DSLR war die Rollei d30flex noch chancenloser.

Was aber kein Grund war, diese seltene digitale Rollei Spiegelreflexkamera nicht in die Sammlung aufzunehmen! Aber die d30flex bleibt eine reine Sammelkamera ohne Gebrauchswert.

Ralf Jannke, Jahreswechsel 2018/2019

 

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