Vivitar 1,4/50mm PK an Z5 und Reparaturbericht

In diesem Erfahrungsbericht geht es um ein etwa 40 Jahre altes Manuellfokusobjektive adaptiert an die spiegellose 24-Megapixel-Systemkamera Nikon Z5 sowie die Reparatur der verklebten Blende.

Das Objektiv wurde von Cosina mit Anschlüssen für verschiedene manuelle Spiegelreflexkamerasysteme gefertigt und von Vivitar weltweit verkauft. Das gezeigte Exemplar hat einen Anschluß für das weitverbreitete Pentax-K-Bajonett.

Vivitar wurde 1938 als Ponder und Best, Inc., in Hollywood, USA gegründet und vertrieb zunächst vor allem deutsche Fotoartikel in der Region. 1945 wurde P&B offizieller Rollei-Vertrieb an der US-Westküste und verkaufte auch die ersten japanischen Objektive und Kameras. Als Ponder&Best 1963 die Vertriebsrechte von Rollei abgeben mußte, suchte sich das Unternehmen ein neues Standbein, indem man unter dem Markennamen „Vivitar“ japanische Spiegelreflexobjektive in Japan als OEM-Produktion in Auftragsfertigung herstellen ließ und weltweit verkaufte. Dabei handelte es sich anfangs um vom Lieferanten entwickelte Objektivrechnungen, später hatten Vivitar-Objektive amerikanische Rechnungen als Grundlage, die vom Lieferanten in reiner Lohnfertigung gebaut wurden. 1979 wurde Ponder&Best in Vivitar Inc. umfirmiert.

Vivitar entwarf auch andere Fotogeräte, z. B. einen Farbvergrößerer mit einer „Lightpipe“, einem Lichtleiter, der die Wärmestrahlung der Halogenlampe von Negativ fernhielt. Ab etwa 1980 gab es sehr viele gute Objektive von Mitbewerbern am Markt, so daß Vivitars Marktanteil allmählich sank und spätestens mit dem Aufkommen der Autofokus-Objektive begann der Abstieg. 1986 wurde das Unternehmen an den Konkurrenten Hanimex aus Australien verkauft, danach wechselten die Besitzer schnell und oft. Seit 2008 ist Vivitar nur noch ein Markenname der Sakar International und kein eigenständiges Unternehmen mehr.

Vivitar hat im Lauf der Zeit von fast allen japanischen und fernöstlichen Objektivherstellern zugekauft und unter dem Eigennamen verkauft, zu den Lieferanten zählten Olympus, Petri, Mamiya, Komura, Kiron, Komine, Cosina, Chinon, Tokina, Makina, Samyang und etliche weitere.

Legendär sind die Wechselobjektive der ab etwa 1970 hergestellten „Vivitar Serie 1“, deren optische Qualität den Objektiven der Kameraherstellern nahekamen oder diese teilweise sogar übertraf.

Objektive aus dem Zeitraum etwa 1970 bis ca. 1990 lassen einen Rückschluss auf den wahren Hersteller zu, die ersten Stellen der Seriennummer codieren den Lieferanten. In der Olypedia findet sich eine Liste zur Aufschlüsselung. (Link:https://olypedia.de/index.php?title=Vivitar#Zuordnung_der_OEM-Hersteller_anhand_der_Seriennummer)

Vivitar VMC 50mm 1:1,4 Auto

Laut Seriennummer wurde das Objektiv von Cosina gefertigt und stammt wahrscheinlich vom Anfang der 1980er Jahre, beruht aber vermutlich auf einer wesentlich älteren Cosina-Rechnung. Es hat vermutlich 6 Elemente. „VMC“ ist der Hinweis auf „Vivitar Multi Coated“, die Mehrschicht-Vergütung des Objektivs. Das gezeigte Objektiv hat ein Pentax-K-Bajonett. Mein Exemplar hatte eine „Sticky Aperture“, also offen hängengebliebene Blendenlamellen.

Der geriffeltem Gummi ausgelegte Entfernungsring läuft inzwischen viel zu leicht, da das Schmiermittel wegdiffundiert ist. Der Einstellweg ist mit etwa 200° recht lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,5 Metern in Ordnung. Die Blende rastet ganzstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 49mm eingeschraubt.

Das Objektiv hat einen Durchmesser von 63 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 39 mm und wiegt 235 Gramm. Beim Nahfokussieren wird es ca. 7 mm länger.

Das gesamte Objektiv macht einen recht wertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall gefertigt, aber relativ leicht für die Lichtstärke. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.

Vivitar VMC 50mm 1:1,4 Auto Reparatur

Ich fischte mein Exemplar aus der Grabbelkiste für kostenlose Tauschobjekte bei einem Fototreffen. Die Blendenlamellen waren in der offenen Stellung hängengeblieben, ein Vorbesitzer hatte sich an der Reparatur versucht und war wohl gescheitert. Nachfolgend beschreibe ich die Reinigung der Blende.

Der Schneckengang der Entfernungseinstellung besteht aus zwei Metallteilen, die mit einem feinem Gewinde ineinander laufen. Damit dieses leichtgängig ist, muß bei der Fertigung etwas Spiel eingeplant werden, allerdings ist die Verstellung dann zu leichtgängig. Mit einem passendem Fett wird der genau richtige seidenweiche Lauf der Verstellung realisiert.

Allerdings besteht dieses Fett aus mehreren Komponenten, die sich im Laufe der Zeit wieder in flüssige und feste Substanzen trennen. Die flüssigen Öle suchen sich dann einen Weg im Objektiv und erreichen über kurz oder lang die Blendenlamellen, die sie dann verkleben. Meist bleibt die Blende in geöffneter Stellung hängen, weil die Überdeckung der Lamellen dann am größten ist, somit die Klebkraft ebenfalls. Die Feder des Blendenmechanismus schafft es dann nicht mehr, die Lamellen zu schließen.

Das Objektiv kann eigentlich recht einfach zerlegt werden, der Blendenantrieb darf zur Reinigung in der Fassung verbleiben und muß nicht demontiert werden.

Jedoch ist das Entfernen der Vorderglieder etwas umständlich, da Cosina den Beschriftungsring in das Filtergewinde eingeschraubt hat und es keine Nuten zum Herausdrehen gibt.

Ein kleiner Hinweis: bei allen Schritten sollte man Fotos anfertigen, damit beim Zusammenbau nichts verkehrt montiert wird. Auch hat es sich bewährt, Ringe o. Ä. mit Bleistiftstrichen so zu markieren, das die exakte Position leicht wiederhergestellt werden kann.

Der Namensring kann herausgedreht werden, in dem mit einem passendem rundem Hartgummistück gleichzeitig gedrückt und gedreht wird, dabei sollte das Gummi nicht zu glatt sein, damit es genug Reibung hat, um den Ring mitzunehmen. Der Vorbesitzer hat versucht, den Ring mit einem Zirkel o. Ä. herauszudrehen, ist dabei aber gescheitert, wie an den Kratzspuren erkennbar ist, die teilweise die aufgedruckte Beschriftung beschädigt haben. Dabei wurde der Ring so fest angedrückt, daß ich ihn mit meinem Gummistücken nicht herausbekam, somit habe ich die Reinigung nur von der Rückseite durchführen können.

Das Objektivbajonett ist an der eigentliche Fassung mit vier Schrauben befestigt, um diese herauszudrehen, wird ein passender kleiner Schraubendreher (z. B. Uhrmacher- oder Feinmechanikerwerkzeug) benötigt. Wichtig: den Schraubendrehen beim Lösen fest in die Schraube hineindrücken, ansonsten kann der winzige Kreuzschlitz so beschädigt werden, daß die Schraube nicht mehr entfernt werden kann. Auch muß der Kreuzschlitz von Schraube und Werkzeug exakt zu einander passen, ansonsten kann die Schraube ebenfalls allzuleicht beschädigt werden.

Nach dem Schraubenlösen kann das Bajonett leicht abgenommen werden, darunter sitzt der Blendenring, bei dessen Abnehmen auf die Rastung geachtet werden muß. Oft ist es eine winzige Kugel, die allzugern wegspringt und somit unauffindbar verloren ist. Beim gezeigten Exemplar ist ein gefederter Stift eingebaut, der diese Gefahr nicht hat.

Unter dem Blendenring ist noch ein weiteres Metallteil eingelegt, die die Übertragung zwischen Blendenring und Blendenantrieb bewirkt. Auch dieses wird einfach hochgehoben.

Jetzt kann die gesamte hintere Linsengruppe herausgedreht werden, in dem in die äußeren Nuten ein geeignetes Werkzeug eingesetzt wird.

Jetzt kann der Blendenantriebsmechanismus von Hand betätigt werden und die Lamellen schließen sich und liegen von einer Seite frei. Ich habe die Lamellen mit Isopropanol vom Öl befreit, indem ich sie mehrmals mit Alkohol „geflutet“ und dann bewegt habe, um das rückseitige Öl ebenfalls zu beseitigen. Dabei helfen fusselfreie Wattestäbchen, die auch zum Aufnehmen des Öl-Alkoholgemisches dienen.

Nach mehrfachem Putzen der Lamellen lassen sich diese wieder einwandfrei verwenden, danach muß kontrolliert werden, daß keine Wartefusseln und Ölspuren auf der Rückseite des Vorderglieds vorhanden sind.

Das Objektiv kann dann in umgekehrter Reihenfolge wieder montiert werden und sollte an spiegellosen Systemkameras, aber auch an analogen SLRs mit Springblende wieder funktionieren.

Beispielfotos Vivitar

Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.

Fazit

Das Objektiv verzeichnet für ein 50mm-Objektiv recht deutlich, bei den meisten Motiven dürfte es aber nicht stören.

Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende über fast die gesamte Bildfläche erwartungsgemäß unscharf, Abblenden auf 5,6-11 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen chromatischen Aberrationen verschwinden ab Blende 2,8-4 fast völlig.

Das Objektiv ist heutzutage nur recht selten zu bekommen, eine Preiseinschätzung ist darum nur schwer möglich.

Das Vivitar bildet bei Offenblende sehr weich ab, ab etwa 5,6-8 wird es gut, aber nicht sehr gut. Ich werde es an der Z5 nicht mehr benutzen, weil mir optisch bessere Objektive mit dieser Brennweite und Lichtstärke zur Verfügung stehen, z. B. das Chinon/Revuenon 1,4/50 oder das 1,4/50 Carl Zeiss Planar.

Christian Zahn

 

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