FEINMESS DRESDEN Bonotar 1:4,5/105 mm Ersteindruck

Anfang der 1950er fragte das Welta-Kamerawerk in Freital auf Lieferung eines Normalobjektivs für die 6x9 Mittelformatrollfilmkameras Belfoca 1 und 2. Feinmess nahm den Auftrag an und ließ durch Richard Hummel von der Ihagee ein optisches Rechenbüro einrichten, das Claus Lieberwirth im August 1953 zur Rechnung des Objektivs übernahm.

Das Bonotar ist ein dreilinsiges Objektiv für Fotokameras. Seine Grundkonstruktion folgt dem Cooke-Triplet. Feinmess Dresden ging 1946 aus den Resten der Demontage und der Enteignung des feinmechanischen Werkes Gustav Heyde KG hervor.

Ab 1954 wurde das Bonotar produziert, als vergütetes Objektiv mit einer Brennweite von 105 mm und einer maximalen Blendenöffnung von 4,5. Vom Bonotar wurden rund 20.000 Exemplare in Frontlinseneinstellung in angelieferten Zentralverschlüssen verbaut.

Die Nachfrage nach 6x9cm Rollfilm-Faltkameras ging in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre zurück, weil sie aus der Mode gekommen waren. Daraufhin wurde das Bonotar auf der Frühjahrsmesse 1956 in einer einfachen Schneckengangfassung mit Normalblende vorgestellt. Damit war ein neuer Absatzmarkt erschlossen: Die im Laufe der 1950er Jahre immer größer werdende Riege der Kleinbild-Amateure mit einer eigenen Spiegelreflexkamera. 14.000 Exemplare wurden mit M42-Schraubanschluss produziert, 4.000 Exemplare mit Exakta-Bajonett. Wie das hier vorgestellte Exemplar. 1960 wurde die Produktion des Bonotars eingestellt.

Quellen:

Beispielfoto

Beispielfotos auf der Vollformat Nikon Z6

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Vom Stativ aus, adaptiert auf der spiegellosen 16 Megapixel Fuji X-E1, liefert das 4,5/10,5 cm eine wirklich sehr gute Leistung. Natürlich wurde auf f/11 abgeblendet. Mehr davon gibt es 2021 dann im Vollformat! Siehe oben …

Das quadratsiche Foto lässt das Bokeh und die Möglichkeiten des Dreilinsers erahnen. Und das Bild dadrunter: Out of the Nikon Z6. Ein tolles 105er — auch im Vollformat!

Ralf Jannke, November/Dezember 2020, Frühjahr 2021

 

Kommentare (1)

  • S.R.
    S.R.
    am 16.06.2021
    Eine schöne Vorstellung eines schönen Objektives. Auch ich benutze es gern an einer Kamera mit APSC-Sensor.
    Sicher kann die einfache optische Formulierung in Hinblick auf Schärfe nicht ganz mit dem zeitgenössigen 100er Orestor mithalten. Dafür zeigt es auch bei harten Kontrasten praktisch keine Farbsäume.

    Alle 3 mir in die Hände gefallenen Exemplare wiesen Spuren der Benutzung auf. Das heißt, die Vorbesitzer haben sie an ihre Kamera geschraubt und nicht im Schrank verstauben lassen.
    Die 10 Blendenlamellen waren nach über 60 Jahren mit einem klebrigen Film aus flüchtigen Bestandteilen der Schmierung und Staub überzogen. Die Verstellung der Blende ging schwer und die Lamellen wölbten sich. Hier half nur zerlegen, reinigen, Gehäuse aufarbeiten, Linsen putzen und Fokus-Schnecke neu fetten. Mit etwas Geschick und Erfahrung ist das an einem verregneten Sonntag Nachmittag erledigt. Danach hält man ein schönes Stück sächsischer Industriekultur in Händen, das auch noch heute seinen Zweck erfüllt und an der Digitalkamera überzeugende Resultate abliefert.
    In Foren liest man, wegen der tief liegenden Flontlinse bräuchte man keine Gegenlichtblende. Das schreiben Leute, die dies vermutlich nicht getestet haben. Meine Erfahrung sagt, der Kontrast steigt deutlich, wenn man z.B. mit der Hand die Frontlinse abschattet.

    Viele Grüße
    S.

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