Helios-44 2/58 – Russischer Nachbau des Carl Zeiss Biotar 2/58 mm
Nicht besonders elegant, diese "zerklüftete" Kombination aus Nikon Z6, M42-/Nikon Z-Bajonett Adapter und dem 2/58 mm Helios. Die simple Vorwahlblende lernt man bei dieser Kombination schnell schätzen. Mehr dazu weiter unten …
Normalobjektiv Langweilerparade ;-)
Man kann mt einem Normalobjektiv tatsächlich Fotos aufnehmen ;-)
Viele "Lichtbildner" empfinden das 50 mm Normalobjektiv als langweilig. Weil die Fotos damit eben so normal sind ;-) Was aber nicht zwangsläufig langweilig sein muss. Über die Jahre haben sich bei mir etliche Exemplare dieser Objektiv-Gattung angesammelt, ohne dafür Unsummen investiert zu haben. Zwei Beispiele: das kleinste oben abgebildete Objektiv, das dreilinsige Meyer-Optik Görlitz Trioplan 1:2,9/50 V kam zusammen mit einer Praktica für 10 Euro aus einer Antik-Scheune. Das NIKON LENS SERIE E 50mm 1:1.8 lag für 5 Euro auf einem Flohmarkt …
Wikipedia schreibt zum Normalobjektiv: "Als Normalobjektive gelten in der Fotografie Objektive mit einer Brennweite, die etwa der Diagonalen des Aufnahme-Bildformats entspricht (Normalbrennweite). Damit ergibt sich unabhängig vom Aufnahmeformat rechnerisch ein Bildwinkel von etwa 53 Grad.
Beim 24 x 36 mm Kleinbildformat (KB) oder gleich großen Vollformat-Bildsensoren beträgt die Bilddiagonale 43,3 mm. Das Normalobjektiv müsste also streng genommen 43 mm Brennweite haben. Die Mehrheit an Normalobjektiven dürfte 50 mm Brennweite haben. Man kann alles zwischen 40 und 60 mm Brennweite als Normalobjektiv bezeichnen. Analoge KB-Sucherkameras gingen sogar runter bis 38 mm Brennweite, um dem Anwender durch die etwas größere Schärfentiefe gegenüber 50 mm Brennweite zu mehr annehmbar scharfen Fotos zu verhelfen, wenn die Entfernung im Messsucher oder am Objektiv falsch eingestellt wurde. Ein Grund, dass viele derartige Analogkameras 45 mm Objektive haben.
Die untere Reihe zeigt eine kleine Auswahl Normalobjektive unterschiedlicher Brennweiten:
GN Auto Nikkor 1:2.8 f=45 mm, NIKON LENS SERIES E 50mm 1:1.8, MINOLTA AUTO ROKKOR - PF 1:2 f=53mm, NIKKOR 55mm 1:1.2, HELIOS 44 2/58
Das SMC PENTAX-M ZOOM 1:2.8-4 40-80mm beginnt bei 40 mm Brennweite, das Zoom-NIKKOR 1:3,5 f=43mm - 86mm beginnt genau mit der theoretischen KB-Normalobjektivbrennweite 43 mm.
Mit der zweiten Objektivreihe von oben sind die Festbrennweiten aber noch längst nicht ausgeschöpft! Ohne Anspruch auf Vollständigkeit gibt es unter anderem noch ein „Kamera - Anstalt - Vaduz Kilfitt - Makro - Kilar 1:3.5/4cm“ – ja es heißt wirklich so –, das Sigma 56mm F1,4 DC DN und das Konica Hexanon AR 57 mm 1:1.2. Abgeschlossen wird die Reihe durch die 60 mm Mikro (Makro) Nikkore.
Wer kann Beispiele für Normalobjektive mit 51, 52, 54 und 59 oder 65 mm nennen? Ich glaube, die gibt es nicht.
Nach einem Objektiv mit „Seifenblasen-Bokeh“ (Meyer-Optik Görlitz Trioplan 2,9/50 mm) jetzt das in der Überschrift stehende Helios-44 2/58, das ein so genanntes "Swirly-Bokeh“ (etwa vewirbeltes/Wirbel-Bokeh) bieten soll.
Bokeh?
Wikipedia schreibt unter anderem: „Bokeh (…) ist ein in der Fotografie verwendeter Begriff für die Qualität (des) Unschärfebereichs.“ Der Begriff leitet sich vom japanischen „Bokeru“ ab, was blur (unscharf, verschwommen) oder haziness (Dunstigkeit, Verschwommenheit) bedeutet. Das Bokeh beschreibt die Art und Weise, in der unscharfe Bereiche eines Bildes je nach Blende, Anzahl der Blendenlamellen (*) und Brennweite vor und hinter dem fokussierten Motiv von einem Objektiv wiedergegeben werden. (*) Ist die beim Abblenden durch die Lamellen gebildete Öffnung „eckig“ oder annähernd rund?
Negativbeispiel für ein schlechtes Bokeh sind die unübersehbaren Kringel eines Spiegelobjektivs. Die bei Gegenlichtaufnahmen am Anfang sehr interessant aussehen können, nach einiger Zeit und bei anderen Motiven aber nur eine unschöne Unruhe in den Hintergrund bringen.
Das Bokeh kann zwischen unscharfem Vordergrund und unscharfem Hintergrund deutlich verschieden ausfallen. Je nach benutztem Objektiv bilden sich hierbei in den Bereichen, die außerhalb des Schärfepunkts liegen, helle Lichtphänomene, die die Form von Ringen, Kreisen, Ellipsen usw. aufweisen. Häufig geht eine angenehme Wiedergabe des Hintergrunds mit einer unschönen des Vordergrunds einher und umgekehrt. Bokeh ist eine ausgesprochen subjektive Qualität, die schwer zu messen ist und kontrovers diskutiert wird.“ Eins ist aber ziemlich sicher: Ein langweiliges Foto wird durch ein schönes oder besonderes Bokeh nicht besser.
Dieses Bokeh treibt seltsame Blüten bis hin zum Preiswucher
Mit Dreieck Bokeh, King of Bokeh, Nice Bokeh, Bubble Bokeh, Bokeh Monster, Star Shaped Bokeh, Square Bokeh, Swirly Monster Bokeh und so weiter und so weiter werden Objektive offeriert – zu entsprechenden Preisen. Auf die Spitze treiben es neu produzierte Nachbauten beispielsweise des dreilinsigen Meyer-Optik Görlitz Trioplan 2,9/50 mm (bis 1963 gebaut). Für den Nachbau des 50 mm Trioplans und ein ebenfalls dreilinsiges neu produziertes 2,8/100 mm Trioplan werden Größenordnung 900 Euro Neupreis aufgerufen. Mein 50 mm Meyer Trioplan mit M42 Schraubanschluss steckte auf einer Praktica IVb und kam für 10 Euro aus einem Secondhand-Scheuenverkauf – pilzfrei! Vom Flohmarkt gesellte sich für 4 Euro noch ein dreilinsiges E. Ludwig Meritar 2,9/50 mm mit Exakta-Bajonett dazu. Für das ebenfalls dreilinsige FEINMESS DRESDEN Bonotar 1:4,5/105 mm V mit Exakta-Bajonett habe ich 40 Euro gegeben.
Jetzt also ein HELIOS-44 2/58 – das eine "komische" Brennweite und eine berühmte Vorlage hat!
Beispielsweise das 1977 vorgestellte 1,2/58 mm Noct Nikkor, was jenseits der 3000 Euro gehandelt wird, das 1,2/58 mm Minolta (4-500 Euro) und das in jeder Hinsicht wahnsinnige (Preis Größenordnung 8500 Euro) 0,95/58 mm Noct Nikkor mit Z-Bajonett haben diese "komische" Brennweite von 58 mm.
Die Vorlage für das HELIOS-44 2/58, das es in verschiedenen Varianten gibt, lieferte das Carl Zeiss Biotar 2/58 mm, bestehend aus 6 Linsen in 4 Gruppen. 1927 errechnete Zeiss-Konstrukteur Willi Merté das erste Biotar für Kinofilm, 18 x 24 mm auf perforiertem 35 mm Kleinbildfilm. In den 1930er Jahren rechnete Merté dann das populäre 1:2/58 mm Biotar.
Dieser Entwurf des Carl Zeiss Biotars musste nach dem zweiten Weltkrieg als Reparationsleistung an die Sovietunion abgegeben werden. KMZ, MMZ und Jupiter produzierten das Helios 44 auf Basis des 2/58 mm Biotars von 1958 bis 1992. Es gab einfach und mehrfach vergütete Versionen.
Namens-Kodierung
Helios-44X-N, wobei X der Index für das Objektiv-Bajonett/Schraubgewinde sein soll: M für M42 Schraub, K for Pentax K Bajonett. N soll für die Auflösung stehen; 2, 3, 4, 5, 6, 7. Je höher die Zahl, desto höher soll die optische Auflösung des Helios sein – theoretisch.
Mein Exemplar heißt einfach nur Helios-44. Hersteller ist Zenit. Das 58er gab es mit M42 und M39 Schraubanschluss, was zum Start für Verdruss sorgte, denn bei der ersten Montage auf den M39-/Nikon Z-Adapter gab es totale Unschärfe. Eine kurze Recherche im Internet brachte die Lösung. Wer lesen kann ist klar im Vorteil ;-) M39 ist nicht gleich M39! Die russische Zenit Spiegelreflexkamera gab es tatsächlich mit M39 und M42 Objektiv-Schraubanschluss!
Darauf hatte ich blauäugiges Greenhorn nicht geachtet! Ein Ratschlag im Internet, das Helios behelfsmäßig in den vorhandenen M42-/Nikon Z-Adpapter zu setzen, brachte auf Anhieb eine scharfe Abbildung. Es gibt M39-/M42-Adapter, der unverzüglich bestallt wurde. Das Resultat ist am Anfang des Beitrags zu besichtigen.
Das 2/58 mm ist aus sechs Linsen in vier Gruppen aufgebaut und lässt sich bis f/16 abblenden. Die Blende besteht aus 6 Lamellen. Filtergewinde 49 mm, Naheinstellgrenze 0,5 m. Das Objektiv wiegt 270 g. Erwähnung verdient das so genannte Auflagemaß von 45,46 mm. Dazu gleich noch etwas.
Vor dem ersten Einsatz musste das schwergängige Objektiv, genauer der Entfernungsring leichtgängiger gemacht werden. Als erste Erleichterung hat sich nach mehreren Versuchen so genanntes „Dampföl“ aus dem Modelleisenbahnbau als geeignet erwiesen, das als „Reinigungsöl für Motoren und Getriebe und Schienenreinigungsöl“ bezeichnet wird. Ich bin damit aber noch nicht zufrieden. Wobei das Helios-44 im Frühling/Sommer bei höheren Außentemperaturen sicher leichtgängiger laufen wird.
Unser Mitstreiter Christian Zahn hat das Helios bereits gewürdigt! Wichtig in seinem Praxisbeitrag diese Passage: „Diese Kamera hat ein sehr exotisches Objektivgewinde: Leica-Gewinde M39, jedoch mit Auflagemaß 45,2 mm, um Platz für den Spiegel zu bekommen. Ein Adapterring von M39 auf M42 ermöglicht die Benutzung an M42-Kameras bzw. M42-Adaptern. Dabei ist aber zu beachten, dass M42 ein Auflagemaß von 45,46 mm hat – siehe oben. Liest sich nach nichts, diese Differenz von 0,26 Millimeter, hat aber als Konsequenz, dass das Objektiv in M39-Ausführung nicht auf Unendlich fokussiert werden kann. Zumindest nicht bei Offenblende. Abblenden auf f/8 schafft genug Schärfentiefe, um auch bei Unendlich genügend Abbildungsschärfe zu haben.
Aber es ist nicht das Ziel mit dem Helios-44 "normale" Fotos zu machen. Um das sog. Swirly Bokeh aufzuspüren, wird es sicher im Bereich Offenblende f/2 bis maximal f/4 bleiben, um unscharfe Hintergründe zu produzieren. Und die nicht im Unendlichen! Beim Swirly-Bokeh handelt es sich eigentlich um einen optischen Fehler, den man bei modernen Linsen natürlich nicht mehr findet. Was den Reiz des Helios-44 ausmacht. Mit der Vorwahlblende ist das 2/58 mm viel komfortabler zu bedienen als das hier schon gezeigte Jupiter-8, 2/50 mm, der russische Nachbau des Zeiss Sonnars.
Das deutet für mich aber auf Frühling hin, mit frischem, leuchtendem Grün. Keine der aktuell grauen, farblosen Wintertage. Also noch etwas warten …
Zu einem ersten, kurzen Eindruch hat es aber gereicht. Wenn es um einen Qualitätstest geht, ist eine Gebäudefront aus Ziegeln beim älteren Institut und dessen reich verzierten Gebäudedachkanten fast unbestechlich. Zum Gegenlichtverhalten gibt es erst mal nichts zu kritisieren. Das Foto der Baustellenlaterne oder besser der Hintergrund gibt eine winzige Ahnung, was vom Swirly Bokeh zu erwarten ist.
Beispielfotos 4 Megapixel
Ralf Jannke, Februar 2021
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 30.01.2023 |
Z6
Spiegellose Systemkamera
Markteinführung: September 2018
Neupreis: 3500 €
Geschätzter Wert: 1013 € ?Wert nach Alter: 928 €
Wert nach Nutzen: 1013 €
Wert nach Sammlungsrelevanz: 0 €(Erklärung)
Bajonett für Wechseloptiken
Sensor: CMOS mit 24 MP, KB
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