Olympus Bridgekamera IS-1000

Hier stelle ich eine Spiegelreflexkamera in ungewöhnlichem Design vor, die auf Kleinbildfilme fotografiert und deren Formensprache später bei einigen digitalen Kameras von Olympus wieder aufgegriffen wurde.

Spezifikationen

  • Die 1990 vorgestellte Olympus iS-1000 ist 117 mm x 90 mm x 153 mm groß und wiegt 875 Gramm.
  • Aufnahmemedium Kleinbildpatrone, Bildformat 24x36mm, DX-Abtastung für die Filmempfindlichkeit (uncodierte Filme werden mit 100 ASA belichtet)
  • Das Objektiv ist ein 1:4,5-1:5,6/35-135 mm Vierfachzoom mit 16 Elementen in 12 Gruppen, darunter 2 Elemente aus ED-Glas
  • Das Motiv wird über einen Spiegelreflexsucher mit Fokusfeldmarke dargestellt, zusätzlich ist ein Statusdisplay vorhanden, das die Parametersteuerung übernimmt.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S), Ermittlung durch Phasenkontastsensor, mittels teilreflektierendem Spiegel abgegriffen
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik, Motivprogramme oder manuellen Modus. Belichtungszeiten 15 bis 1/2000 sek. und „B“, Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit, Belichtungskorrektur +/- 4 Blendenstufen
  • ausklappbarer doppelter Blitz mit Leitzahl 20 bzw. 25, Spezialblitzschuh für Olympus G40 Aufsteckblitz
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch 2 Lithiumbatterien CR123A

Besonderheiten

Olympus war seit langem mit Spiegelreflexkameras am Markt vertreten, seit 1972 gab es die OM-Serie, die einige Weltneuheiten zu bieten hat:

  • Die OM 1 (1972) war die damals kleinste und leichteste SLR.
  • Die OM-2 (1974) war die erste SLR mit TTL-Blitzbelichtung und OTF-Belichtungsmessung. (TTL = Thru the Lens = durch das Objektiv gemessenes Blitzlicht statt Steuerung des Blitzes mittels externem Sensor).

OTF = Off the Film = die Belichtungsmessung findet nicht im Sucher bei hochgeklapptem Spiegel vor der Aufnahme statt, sondern während der Belichtung wird das vom Film reflektierte Licht gemessen, so daß bei Langzeitbelichtungen auf sich ändernde Lichtverhältnisse reagiert werden kann, z. B. wenn bei einer Nachtaufnahme Straßenlampen während der Aufnahme abgeschaltet werden oder ein Auto mit Scheinwerfer-Licht durch das Motiv fährt.

- Die OM-4 (1984) war die erste SLR mit Multi-Spot-Messung, bei der der Fotograf bis zu 8 Motivpunkte mit anmessen kann und deren Belichtungswerte die Kamera vermittelt, die einzelnen Spotmessungen und die gemittelte Belichtungszeit sind im Sucher sichtbar.

Den Wechsel von manuell zu fokussierenden Objektiven hin zum Autofokus hat Olympus 1983 mit der OM-30 und einem einzigem speziellen AF-Zoom-Objektiv vollzogen, 1986 erschien dann das Amateurmodell OM-707, ein Profimodell mit Wechselobjektiven erschien nicht, statt dessen entwickelte Olympus 1989 in Kooperation mit Ricoh die Bridge-SLR AZ-4 und dann die iS-Serie.

Die Kamera heißt iS-1000 und war das erste Modell dieser Serie, die von 1990 bis etwa 2003/2005 verkauft wurde. Die Modelle für den ambitionierten Amateur hießen iS-1000 (1990), iS-2000 (1991) und iS-3000 (1992), die einfacheren Modelle für den Einsteiger waren die iS-100 (1994), iS-200 (1997), iS-300 (1999) und iS-500 (2002). Alle Modelle trugen in unterschiedlichen Verkaufsregionen verschiedenen Bezeichnungen, in Japan hießen sie L-1000, L-2000, L-10 usw., in Amerika iS-1, iS-2, iS-10 usw. Das war seit den 1980er Jahren üblich, um Grauimporte durch Händler schnell zu erkennen bzw. zu unterbinden.

Das „iS“ in der Typenbezeichnung könnte für „integrated System“ stehen, also für das in die Kamera integrierte Objektiv. Ein „Image Stabiliser“ ist nicht eingebaut, eine optische Bildstabilisierung in Objektiven gab es erst viele Jahre nach Erscheinen der Kamera. Trotzdem kann mit der Kamera die Regel „Eins geteilt durch Brennweite = Belichtungszeit“ um etwa eine Zeitstufe unterschritten werden, da die Kamera in die Hand des Fotografen „hineinmodeliert“ wurde und recht verwickelungssichergehalten werden kann. Die Linke umfaßt das Objektiv und betätigt die elektrische Zoomverstellung, die Rechte umschließt den deutlich ausgeprägten Handgriff und betätigt den Auslöser.

Die iS-1000 ist eine sogenannte „Bridgekamera“, weil sie eine Brücke bildet zwischen den einfacheren Kompaktkameras (auch als „Point-and-Shoot“ = „Zielen und Abdrücken“ bezeichnet einfache Modelle mit Durchgucksucher und den Spiegelreflexkameras mit Wechselobjektiven. Von den Kompaktkameras „geerbt“ hat sie das nicht wechselbare Objektiv, von den Spiegelreflexkameras das Sucherprinzip mit Blick durch das Objektiv. Außerdem bietet sie viele Einstellmöglichkeiten, die sonst nur Spiegelreflexkameras aufweisen.

Aufnahmemedium ist die handelsübliche Kleinbildpatrone mit 12 bis 40 Aufnahmen, die Filmempfindlichkeit wird vom DX-Code der Patrone abgelesen oder auf 100 ASA geschaltet.  Die Kamera hat keine manuelle ASA-Eingabe, anderen Filmempfindlichkeiten können nur hilfsweise durch die Belichtungskorrektur von +/- 4 Blendenstufen korrekt belichtet werden.

Die Fokussierung erfolgt automatisch mittels eines zentralem Phasen-TTL-AF-Feldes. Zwar kann die Kamera auch manuell scharfgestellt werden (die Zoomtasten dienen dann zur motorischen Scharfstellung), aber die Mattscheibe ist für eine präzise Schärfenkontrolle nur schwer zu verwenden, immerhin ist der AF-Sensor zur Fokusunterstützung aktiv, die Kontrollleuchte im Sucher leuchtet bei scharf eingestelltem Motiv im Sucher auf.

Der Autofokus ist aus heutiger Sicht recht behäbig und wenig treffsicher, bei Kamera-Einführung war er durchaus auf der Höhe der Zeit. Die Belichtungsmessung erfolgt entweder mittels Matrixmessung oder durch einen zentralen Spot.

Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL mittels Vorblitz. Um den Zoombereich des Objektivs leistungsmäßig besser abdecken zu können, sind zwei verschiedene Blitzröhren eingebaut, eine davon ist bei etwa 35-75mm Brennweite aktiv, die zweite und enger abstrahlende im Telebereich bis 135mm. Ein spezieller Blitzschuh ist unter einer Abdeckung verborgen, in diesen Schuh paßt nur der Olympus - Spezialblitz G-40, der auch nur mit der iS-Serie eingesetzt werden kann.

Die Kamera hat einen Spiegelreflexsucher, der jedoch kein übliches Pentaprisma hat, weil die Rückwand sehr dick ist, ist das Okular recht weit nach hinten versetzt. In der Rückwand sitzt die Aufwickelspule, die Filmführung verläuft nicht wie bei den meisten anderen Kameras gerade von rechts nach links, sondern ist „S“-förmig. Das Filmeinfädeln ist aufgrund der mehrfachen Umlenkung ein wenig hakeilg, etwas sprödere Filme oder solche mit ungewöhnlichem Anschnitt benötigen mehrere Versuche, bis die Kamera den Anfang greift und zum ersten Bild transportiert. Es kann helfen, den Filmanschnitt komplett abzuschneiden, so daß keine „Zunge“ mehr vorhanden ist.

In der Rückwand ist auch ein sehr großes SW-LCD-Display eingebaut, es ist 24x36mm groß, also hat es exakt die selbe Abmessung wie das Bildfenster der Kamera. Unter einer Klappe sind noch zahlreiche Tasten für weniger häufig benötigte Einstellmöglichkeiten verborgen.

Das Objektiv ist sehr aufwendig gebaut und hat 2 Elemente aus speziellen ED-Gläsern, allerdings ist es mit Offenblende von 4,5-5,6 recht lichtschwach, so daß niedrigempfindliche 100-ASA-Filme nur bei schönem Wetter eingesetzt werden sollten. Die Abbildungsleistung ist recht hoch, bei Offenblende schwächelt es prinzipbedingt etwas und sollte mindestens eine oder zwei Stufen abgeblendet werden. Die Verzeichnung an beiden Brennweitenenden hält sich in Grenzen, je nach Motiv fällt sie nicht auf. Die Vignettierung ist auf Diafilm und Offenblende deutlich sichtbar, abgeblendet und auf Negativfilm ist sie nicht störend.

Die Kamera hat recht viele Tasten und Knöpfe, es gibt für viele Funktionen eine eigenen Knopf, selten benötigte Einstellungen werden mit Tasten hinter einer Klappe vor irrtümlicher Verstellung geschützt.

Das Objektiv fährt nach dem Einschalten aus der Kamera heraus, in Telestellung noch viel weiter. Da der Brennweitenbereich nur 35-135mm beträgt, gab es sowohl Weitwinkel- als auch Telekonverter, die den Brennweitenbereich auf 28 bzw. 200 mm erweiterten, allerdings die Kamera auch recht voluminös werden lassen. Außerdem haben sie kein Frontgewinde, so daß sie keine Filter aufnehmen können.

Zur Stromversorgung dienen die damals noch recht neuen und ziemlich teuren Lithiumbatterien CR123A, davon werden zwei Stück benötigt.

Der UVP der Olympus iS-1000 betrug 998 DM (entsprechend ca. 500 Euro). Zum Vergleich: Die Spiegelreflexkamera für ambitionierte Amateure Nikon F-601 kostetet ohne Objektiv genau so viel.

Ich erwarb mein erstes Exemplar im Jahr 2000 oder 2001 im Gebrauchthandel für etwa 250 DM und verkaufte es etwa 2012 für ca. 100 Euro. Das abgebildete Exemplar erhielt ich 2017 zusammen mit dem Konverter und den OVPs. Heutzutage kostet die iS-1000 lediglich zwischen 2 und 50 Euro je nach Zustand und Lieferumfang.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der iS-1000 Zoom ist größtenteils aus Kunststoff gefertigt, auch das Stativgewinde ist nur ein Spritzgußteil aus Plastik. Sichtbar aus Metall sind lediglich wenige Elemente wie der Blitzschuh oder die Haltelasche der Rückwand. Im Inneren dürften jedoch einige massive Metallteile verbaut sein, da die Kamera 875 Gramm wiegt.

Die Kamera gehört zur Klasse der Spiegelreflex-Bridgekameras für den gehobenen Amateur.

Die Bildqualität entspricht dem, was von einer Spiegelreflexkamera mit Zoomobjektiv 35-135mm erwartet werden kann, bei Verwendung von 400 ASA-Filmen ist das Objektiv besser als die Auflösung des Filmmaterials.

Fazit: eine kamerahistorisch durchaus interessante Kamera (weil sehr frühe SLR-Bridgekamera), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen immer noch geeignet, sofern man auf Film fotografieren möchte.

Christian Zahn

Kleiner Nachtrag …

Im Beitrag "Am 12. Oktober 2019 ist es soweit: Olympus feiert seinen 100. Geburtstag" hatte ich mich auch der IS-1000 angenommen, selbige aber mittlerweile wieder verkauft. Noch im Bestand ist der neben der IS-1000 abgebildete, formschöne "Edelstein" Olympus AZ-330 SUPERZOOM. Manche Entwicklungen gingen schon in komische Richtungen ;-)

Ralf Jannke

 

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