Olympus Kompaktkamera mju-II

Hier stelle ich eine analoge Kompaktkamera von Olympus vor. Die mju-II gilt als die kleinste je gebaute 35mm-Kamera, nachdem Olympus zuvor bereits die sehr kleinen Kameras XA bzw. mju-1 hergestellt hatte, die zu ihrer Zeit ebenfalls die jeweils kleinsten Kleinbildkameras waren. Das Grunddesign zitierte Olympus später in etlichen digitalen Kompaktkameras, auch ihr Name tauchte als Typenbezeichnung wieder auf, so z. B. seit 2003 in der mju Digital.

Es gab auch etliche mju-Kameras mit Zoom-Objektiv, auf diese gehe ich hier nicht ein, diese werden in einem eigenen Bericht abgehandelt.

Spezifikationen

  • Die 1996 vorgestellte Olympus mju-II ist 108 mm x 59 mm x 37 mm groß und wiegt 135 Gramm.
  • Aufnahmemedium Kleinbildpatrone, Bildformat 24x36mm, DX-Film-Empfindlichkeitsabtastung für 50-3200 ASA-Filme (nicht codierte Filme werden mit 100 ASA belichtet)
  • Das Objektiv ist eine 1:2,8/35 mm Festbrennweite mit 4 Elementen in 4 Gruppen
  • Das Motiv wird über einen Realbildsucher mit Parallaxmarken und AF-Fadenkreuz anvisiert.
  • Entfernungseinstellung automatisch, Entfernungsmessung über aktives Infrarot-System
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik und mittenbetont integrale Belichtungsmessung. Belichtungszeiten 4 bis 1/1000 sek., Selbstauslöser mit 12 s Vorlaufzeit
  • eingebauter Blitz mit Leitzahl 11
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch Lithiumbatterie CR123A 3 Volt

Besonderheiten

Olympus war seit langem mit Spiegelreflexkameras am Markt vertreten, seit 1972 gab es die OM-Serie, die längere Zeit das kleinste und leichteste Spiegelreflexkamerasystem des Weltmarktes war. So lag es nahe, daß Olympus auch eine kleine Kompaktkamera entwickelte, die die Abmaße der Rollei 35 bzw. der Minox 35 unterbieten konnte. Die XA erschien 1979, sie ist in der Größe mit einer normalen Zigarettenschachtel (für 20 Glimmstängel) vergleichbar. 1991 lief die XA-Kameralinie aus und wurde durch die mju-1 mit Autofokus ersetzt, diese 1996 durch die hier gezeigte mju-II, die nochmals kompakter gebaut werden konnte, da die Miniaturisierung in Mechanik, Optik und Elektronik weiter fortgeschritten waren.

Die mju-Kameralinie war der „Millionenseller“ im Olympus-Produktportfolio, von 1991 bis 1998 wurden 10 Millionen Exemplare verkauft, 2002 waren es bereits 20 Millionen Stück, bis zum Olympus-Produktionsende aller filmbasierten Kameras im Jahre 2007 dürften es noch etliche Exemplare mehr gewesen sein, auch wenn sich die jährlichen Verkaufszahlen von 2002 bis 2007 aufgrund der aufgekommenen Digitalkameras deutlich reduziert hatten.

Neben der abgebildeten Version (als CG = Champagner/Gold bezeichnet, weil das Gehäuse und der Auslöser unterschiedlich gefärbt sind) gab es die Kamera auch komplett in Schwarz und Silber. Außerdem sind Varianten mit der Bezeichnung „QD“ = „QuartzDate“ bekannt, diese können Datum oder Uhrzeit in das Bild fest einbelichten.

Die mju-II ist „All Weather“-tauglich = Wetterfest, weil alle Teile wie Rückwand, Batteriefach oder Objektiv gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet sind; sie ist aber nicht tauchfähig.

Die Kamera heißt in Europa mju-II, in anderen Ländern wurde sie auch als Stylus Epic verkauft. Der Name wird ungewöhnlich geschrieben: µ [mju:] steht für den griechischen Buchstaben my, in der Wissenschaft steht es als Synonym für „Klein“, so ist ein µm z. B. ein Millionstel Meter oder ein Tausendstel Millimeter. Ein Mikroskop ist ein Gerät, mit dem man „Mikros“ = „Kleines“ „Skopein“ = „Betrachten“ kann.

Die mju-II ist eine Olympus-Kamera mit Autofokus und Schieber (gleichzeitig Kamera-Hauptschalter), der seitlich geöffnet wird und das darunterlegende Objektiv schützt, so daß die Kamera einfach in die Jackentasche gesteckt werden kann, ohne in eine weitere Hülle bzw. Tasche gepackt werden zu müssen. Das Gehäuse ist zwar fast komplett aus Kunststoff, aber recht stabil. Jedoch ist es nicht kratzfest, so daß längere Zeit benutzte Exemplare deutliche Gebrauchsspuren aufweisen.

Aufnahmemedium ist die handelsübliche Kleinbildpatrone mit 12 bis 40 Aufnahmen, die Filmempfindlichkeit wird durch den auf der Filmpatrone vorhandenen DX-Code ermittelt. Da die Kamera sehr klein ist, muß zu Anfang weniger „blind verschossen“ werden, um den belichteten Filmanfang wegzutransportieren. Man erhält je nach Film ein bis zwei Bilder mehr, als die offizielle Angabe aussagt, ein 36er-Film hat also durchaus 38 nutzbare Aufnahmen zu bieten.

Weil die Kamera so klein ist, gibt es keinen Schnellspannhebel, sondern der Filmtransport erfolgt motorisch, auch das Rückspulen. Im Vergleich zu ihrer Vorgängerin wurde das Objektiv erheblich verbessert, seine Abbildungsleistung kommt einem Spiegelreflex-Weitwinkelobjektiv sehr nahe. Das bei der mju-1 an der Oberseite befindliche Display und die Funktionstasten wurden aus Platzgründen in die Rückwand verlagert, außerdem ist es für den Fotografen dort besser zu sehen.

Die Fokussierung erfolgt automatisch durch einen aktiven Infrarot-Lichtstrahl, dessen Reflektion vom anvisierten Objekt aufgefangen wird. Aus der Laufzeit des kurzen Lichtimpulses kann die Entfernung auf wenige Zentimeter genau ermittelt werden. Der Vorteil ist, daß dieses Meßsystem auch in der Dämmerung oder in absoluter Dunkelheit funktioniert, der Nachteil des Systems ist beim Fotografieren durch Glasscheiben zu erkennen: scharfgestellt wird immer auf das erste reflektierende Objekt, also die Scheibe und nicht auf das dahinterliegende eigentliche Motiv.

Der Blitz ist eingebaut, seine Leitzahl wird mit 11 angegeben, dieser Wert gilt aber vermutlich nicht wie üblich für 100 ASA / 21 DIN - Filme, sondern wohl eher bei 400 ASA, denn die Blitzröhre ist recht klein und im Inneren der Kamera ist auch gar kein Platz für einem Kondensator mit der für echte Leitzahl 11 benötigten Kapazität.

Der elektronische Verschluss arbeitet erschütterungsfrei, er stellt auch gleichzeitig die Blende ein (sogenannter Blendenverschluß), in dem er mehr oder minder weit geöffnet wird. Der Platz für eine zusätzliche Blende mit ihrer Antriebsmechanik kann somit entfallen.

Die Kamera hat nicht viele Bedienelemente, es gibt den Auslöser, eine Taste zur Blitzmodus-Umschaltung und eine weitere für den Selbstauslöser. Auf die Belichtungsmessung kann der Fotograf nicht einwirken, er muß sich immer auf die Automatik verlassen. Darum sollte man nur mit Negativfilm arbeiten, der Fehlbelichtungen besser ausgleicht, Diafilme sind in der mju-II nur schlecht korrekt zu belichten. Auf der Kamerarückseite gibt es ein kleines LCD-Feld mit der Zahl der gemachten Aufnahmen und dem Status von Blitz, Selbstauslöser und Batteriezustand.

Im Sucher wird nicht viel angezeigt, es gibt lediglich eine grüne LED, die bei ermittelter Motiventfernung leuchtet bzw. bei nicht meßbarem Motiv blinkt und eine rote LED, die bei geladenem Blitz aufleuchtet bzw. beim Aufladen des Blitzelkos blinkt.

Zur Stromversorgung dient eine 3 Volt-Lithiumbatterien CR123A.

Der UVP der mju-II betrug anfangs ca. 300 bis 400 DM, später 129 Euro mit Trageschlaufe und Tasche. Der „Straßenpreis“ im Fotohandel betrug 2002 99 Euro.

Ich erwarb mein erstes Exemplar Mitte 2002 für 99 Euro. Das abgebildete Exemplar erhielt ich 2017. Heutzutage ist die mju-II erstaunlicherweise wieder sehr beliebt, sie kostet meist um die 100-150 Euro je nach Zustand und Lieferumfang.

mju-II Limited

Weil die mju-Kameraserie ein enormer Verkaufserfolg war, erschien 1998 zur 10 Millionsten verkauften Kamera ein auf 65.000 Exemplare limitiertes Sondermodell, die mju-II Limited. Technisch war sie völlig baugleich, lediglich die äußere Hülle war nicht in simplem Schwarz gehalten, sondern mit einem weinrotem Effektlack überzogen, dessen Farbpartikel im Lichteinfall verschiedenfarbig erscheinen. Sie ist ein reines Sammlermodell, für die Benutzung ist sie eigentlich nicht zu gebrauchen, da die Lackierung schnell verkratzt.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der mju-II ist größtenteils aus Kunststoff gefertigt, auch das Stativgewinde ist nur ein Spritzgußteil aus Plastik. Wie erwähnt benötigt die Kamera eigentlich keine schützende Tasche, sondern sie hat ihr „Hardcase“ quasi eingebaut, da der Schieber das Objektiv staubdicht (nicht wasserdicht!) verschließt. Der Kunststoff ist leider nicht nicht kratzfest, so daß deutlich benutzte Kameras-Exemplare inzwischen ziemlich unansehnlich sind. Insbesondere die silberne Farbe ist empfindlich, da sie lediglich auf das schwarze Grundgehäuse aufgetragen ist.

Die Kamera gehört zur Klasse der Kompaktkameras mit automatischer Fokus-Einstellung und Programmautomatik. Die Blitzbelichtungsmessung ist sehr gut, „totgeblitzte“ Gesichter kommen nur selten vor. Allerdings ist der Blitz nicht sehr leistungsstark, zum Lichtspenden in der Dämmerung reicht er nur wenige Meter, aber zum Aufhellen vom Schattenzonen von Gesichter im Freien reicht er meist mehr als aus.

Der elektronische Verschluss sind relativ langzeithaltbar, die meisten Exemplare dürften noch funktionsfähig sein.

Das üblicherweise bei japanischen Kameras der 1960 bis 1980er Jahre auftretende Problem, daß sich die Lichtdichtung der Rückwand im Laufe der Jahrzehnte in eine schmierige Masse verwandelt, die das Licht nicht mehr vom Film zurückhalten kann, hat die mju-II nicht, da alle Dichtungen aus einem gummiartigem Kunststoff bestehen. Allerdings ist diese Dichtungs-Schnur im Bereich des Suchereinblicks aus Platzgründen sehr dünn, ich habe mehrere Exemplare im Bestand, die an dieser Stelle das Licht nicht mehr zu 100% vom Film abhalten können, so daß die Aufnahmen mehr oder minder verdorben werden. Eine Reparatur ist unwirtschaftlich, da es keine Ersatzdichtungen mehr geben dürfte.

Zur Schonung der Dichtung könnte es hilfreich sein, die Kamera mit geöffneter Rückwand zu lagern, sofern kein Film eingelegt ist, damit die Dichtung an dieser Stelle nicht „plattgedrückt“ wird. Möglicherweise hilft es auch, sofern die Dichtung bereits „müde“ geworden ist, die Kamera längere Zeit offen zu lagern, damit sich die Dichtung wieder etwas entspannen kann. Ein Abdeckung der Problemzone mittels schwarzem Isolierband ist nur schwer möglich, da der Sucher direkt neben der Dichtung sitzt.

Die Bildqualität der mju-II entspricht in etwa dem, was von einer damaligen Spiegelreflexkamera mit gutem 35mm-Weitwinkel erwartet werden konnte. Das Objektiv ist recht aufwendigkonstruiert. Es verzeichnet leicht tonnenförmig und bei Verwendung von Diafilm erkennt man die Vignettierung bei Offenblende. Bei Negativfilmen bzw. kleineren Blenden fällt die Vignettierung kaum störend auf.

Auch im Jahre 2021 ist die mju-II recht beliebt, die durchschnittlichen Verkaufspreise für eine 20 Jahre alte Kompaktkamera für Kleinbildfilm sprechen eine deutliche Sprache.

Fazit: eine kamerahistorisch interessante Kamera (weil AF-Kompaktkamera mit eingebautem Schutzgehäuse), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen immer noch geeignet, sofern man auf Film fotografieren möchte und eine unauffällige leise kleine kompakte Weitwinkelkamera benötigt.

Christian Zahn

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