Olympus E-10 Funktionscheck 2025 von Christian Zahn
Ich habe diese Kamera bereits mit allen technischen Daten präsentiert. Auch Ralf zeigte sie die E10 zusammen mit der E-20P. Jetzt ist mein zweites Exemplar der E-10 im großen Herbst-2025-Kameracheck an der Reihe.
Besonderheiten
- Die E-10 ist eine Spiegelreflexkamera, auch wenn der Spiegel nicht beweglich ist. Vor dem Bildsensor ist ein teilreflektierendes Prisma angebracht, der größte Teil des Lichts wird auf den Sensor durchgelassen, ein kleiner Teil in den Sucherweg geleitet. Dieser ist kein klassischer Pentaprismensucher, sondern besteht aus einem Umlenkspiegel und ca. 6 Linsen.
- Das „E“ in der Typenbezeichnung steht für „Evolt“, möglicherweise einer Abkürzung von „Evolution“. Bei späteren FT-Kameras mit Wechselobjektiven schrieb Olympus das nicht mehr auf das Gehäuse bzw. die Anleitung, nur das „eckige“ E wurde beibehalten.
- Die Stromversorgung erfolgt mit 4 Mignonzellen, jedoch ist die E10 sehr „stromhungrig“, mit einem Satz eneloops liessen sich mit meinem ersten Exemplar nur etwa 100-200 Aufnahmen anfertigen, bei intensivem Einsatz des Displays noch weniger. Als alternative Stromversorgung empfahl Olympus die Benutzung von Lithiumbatterien des Typs CR-V3, davon passen 2 Stück in den Batteriehalter. Zwar können mit diesem Batterietyp wesentlich mehr Bilder aufgenommen werden, aber diese Batterien sind recht teuer. Heutzutage gibt es baugleiche Lithium-Akkus mit 3,6 Volt, diese lassen sich wiederaufladen und halten auch viele Aufnahmen länger durch.
- Das hier gezeigte Exemplar „will“ nur mit den zwei Lithium-Akkus, eneloops verweigert sie strikt. Wenn überhaupt, „zuckt“ beim Einschalten das Objektiv oder der Verschluss kurz und die Displayanzeigen sind etwa eine halbe Sekunde sichtbar, aber „Durchstarten“ will die E-10 nicht. Und das, obwohl ich alle Kontakte im Batteriefach gereinigt habe. Ich habe dann einfach die zwei Lithiumakkus verwendet. Aber auch mit diesen ist die Kamera instabil, zwischendurch schaltet sie sich einfach von alleine ab oder startet selbsttätig neu. Einen Fotoausflug habe ich deshalb nicht unternommen, schon die Anfertigung des Testbildes zuhause erforderte dreimaliges Kamera-Einschalten, bis ich Live-View verzichtet habe und den Spiegelreflexsucher nutzte. Damit funktionierte die Kamera dann endlich halbwegs stabil.
- Die E10 war die erste Spiegelreflexkamera des Weltmarktes, die LiveView auf dem Display ermöglichte. Außerdem vermutlich die erste, die beim manuellen Fokussieren auf dem Display ein Fokus-Peakíng (also das Hervorheben der scharfen Motivdetails) einsetzte. Eine Sucherlupe (also das vergrößerte Darstellen eines Motivdetails) vom manuellen Fokussieren gibt es jedoch noch nicht.
- Die Gummierung des Handgriffs und des Objektivs besteht aus TPU, dieser thermoplastische Kunststoff zersetzt sich im Lauf der Zeit, so daß eine weiche schmierige Masse entsteht. Die Zersetzung kann weder aufgehalten noch umgekehrt werden, so daß nur das Entfernen oder Abdecken der klebrigen Masse sinnvoll ist. Beim gezeigten Exemplar ist die Zerfall des Gummimaterials noch nicht allzeit fortgeschritten, es klebt nur wenig, so daß Abwischen mit Isopropanol ausreichte, um die Kamera wieder ohne „schwarze Finger“ zu bekommen anfaßbar machte.
- Die E10 sowie die Nachfolger E20/E20P sollen ein Serien- bzw. Alterungsproblem haben. Nach jeder Aufnahme verschließt eine lichtundurchlässige Scheibe den Strahlengang und die E10 macht eine mit gleichlanger Belichtungszeit der Aufnahme eine „Dunkelaufnahme“. Die Hotpixel dieser Kontrollaufnahme werden vom eigentlichen Bild vom Bildprozessor abgezogen, so können fehlerhafte dauerhaft leuchtende Einzelpixel keine störenden hellen Bildpunkte erzeugen. Diese Dunkelaufnahme ist auch der Grund, warum der Sucher nach jeder Aufnahme kurz schwarz wird, obwohl das durch den teilreflektierenden Spiegel für das Sucherbild nicht nötig wäre. Die Rückholfeder, die die Scheibe nach der Dunkelaufnahme wieder aus dem Strahlengang herauszieht, kann ermüden bzw. sogar brechen, dann verbleibt die Scheibe im Strahlengang, der Sucher ist schwarz und es können keine Fotos mehr angefertigt werden. Eine Reparatur ist inzwischen beim Hersteller schon lange nicht mehr möglich, da es keine Ersatzobjektive mehr gibt. Der Tausch der Feder dürfte daran scheitern, daß dieses winzige Teil gar nicht als Ersatzteil verfügbar war, sondern von Olympus das komplette Objektiv getauscht wurde, vermutlich, weil die Abdeckscheibe tief im Inneren des Objektivs eingebaut ist.
- Die UVP der Olympus E-10 betrug etwa 4500 DM, die blütenförmige Streulichtblende gehörte zum Lieferumfang. Der Zusatz-Akkugriff kostete 1800 DM, ein weiterer Lithium-Akku 800 DM. Die Preise der Brennweitenkonverter betrugen jeweils circa 600 bis 750 DM. Der aktuelle Gebrauchtpreis der E10 ist je nach Zustand und Lieferumfang auf etwa 10 bis 50 Euro gefallen. Ich erhielt das erste Exemplar im Frühling 2023 von Ralf Jannke geschenkt, das jetzt hier gezeigte Exemplar bekam ich von einem Leser gestiftet, herzlichen Dank an Beide!
Beispielaufnahme
Die Aufnahme entstand bei 80 ASA, gespeichert als ORF, gewandelt mit dcRAW, bearbeitet mit Photoshop CS4. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde bearbeitet, Aufnahmeparameter und 100%-Ausschnitte sind eingebettet.
Fazit 2025
Die E-10 ist eine digitalkamerahistorisch wichtige Kamera (aufgrund des besonderen Suchersystems sollte die E10 oder die E20 in jeder Sammlung vorhanden sein), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen ist sie aber nicht mehr sonderlich geeignet, 4 Megapixel reichen nur noch selten aus, die Kamera ist relativ behäbig und dem Sensor merkt man das Alter von 25 Jahren an. Die E-10 darf wieder in den kürzeren oder längeren Ruhestand in meiner Sammlung.
Christian Zahn, November 2025
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| Autor: | Christian Zahn |
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| Erstellt: | 12.11.2025 |



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