Olympus Endoskop-Kamerarückteil aus der vordigitalen Ära

Sowohl Ralf Jannke als auch ich haben hier im Digicammuseum schon etliches über ungezählte Kameras und Objektive von Olympus geschrieben und im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Verkauf der Kamerasparte an einen Investor erwähnt, daß Olympus seit vielen Jahrzehnten den Hauptumsatz mit Mikroskopen und vor allem der optischen Medizintechnik machte und weiterhin macht.

Heute stelle ich ein Kamerarückteil zur Anfertigung von Aufnahmen von Endoskopen vor, die z. B. bei Magenspiegelungen benutzt werden. Als es noch keine hochauflösenden Digitalmodule wie heutzutage gab, mußten die Aufnahmen auf Film gemacht und danach entwickelt werden. Ein langsamer und relativ teurer Prozeß, der durch die Digitalisierung einen enormen Geschwindigkeits- und Qualitätsschub erhalten hat.

Übrigens: Vieles der medizintechnischen Sparte von Olympus wird in Europa entwickelt, denn der japanische Konzern kooperierte seit 1974 mit der in Hamburg ansässigen Medizintechnischen Werkstätte Winter & IBE und übernahm sie 1980 komplett.

Und noch etwas: die erste kommerziell in Serie hergestellte Kamera für Magenspiegelungen kam von Olympus Japan und erschien bereits 1950.

Was ist ein Endoskop?

Laut Wikipedia stammt das Wort aus dem Griechischen (Endon = Innen und Skopein = Beobachten) und bezeichnet ein Gerät, das in mehr oder minder kleine Hohlräume hineinsehen kann und teilweise auch mittels winzigen „Manipulatoren“ mechanische Aufgaben ausführen kann. Endoskope werden nicht nur in der Medizin gebraucht, sondern auch z. B. zum Begutachten von Hohlräumen in technischen Bauwerken oder Stahlkonstruktionen.

Die ersten Endoskope wurden um 1800 herum erfunden, seit etwa 1890 gibt es elektrische Beleuchtung der Hohlräume, zunächst mit winzigen Lämpchen an der Endoskopspitze, später erfolgt die Übertragung mit Glasfaseroptiken. Diese ermöglichten seit etwa 1955 auch flexible Endoskop-“Rohre“, die zu Anfang dünne starre rostfreie Stahlrohre waren.

Olympus Endoskop-Kamerasysteme

Wie oben erwähnt baute Olympus seit 1950 Endoskope mit Kamera. Die ersten Modelle nutzten einen nur 6mm breiten Filmstreifen, auf den nacheinander 30 kreisrunde Aufnahmen  mit Durchmesser 4,5mm belichtet wurden. Der gesamte Mechanismus aus Filmtransport, Beleuchtung und Optik befand sich in der Endoskopspitze, die deshalb relativ dick sein mußte und dem Arzt auch keine Möglichkeit bot, „live“ ins Innere des Körpers zu sehen, sondern er mußte warten, bis der Film entwickelt war.

Mitte der 1960er Jahre entwickelte Olympus eine neue Generation, die Kamera nebst Film war noch „vorne“, aber eine zweite Optik mit Glasfaser-Lichtleiterbündel ermöglichte eine dauerhafte Betrachtung des Bildes aus dem Körperinneren durch den Arzt.

Ende der 1960er-Jahre wurde das System „auf den Kopf“ gestellt, die Kamera und die Lichtquelle befand sich nicht mehr an der Endoskopspitze, sondern wurden an das andere Ende außerhalb des Körpers verlagert. Dadurch konnte zum Einen ein breiterer Film verwendet werden, deshalb gab es eine erhebliche Verbesserung der Bildqualität. Zum Zweiten wurde der Endoskopdurchmesser kleiner, somit konnten seitdem kleinere Stellen erreicht werden. Außerdem wurde die Parallaxe durch zwei Optiken vermieden, der Arzt sieht durch die selbe Fiberoptik wie die Kamera, zum Anfertigen eines Fotos wird wie bei einer Kleinbild-Spiegelreflexkamera kurzzeitig ein Spiegel aus dem Strahlengang geklappt und das Bild kann auf den Film fallen, der Sucher wird kurz dunkel.

Im Lauf der Zeit gab es mehrere Generationen der Kamera-Module, die alle 16mm-Film benutzen. Ich zeige eine der letzten Kameras, die entwickelt wurden.

Olympus SC16-10

Die Kamera gehört zum Olympus „OES“ = „Olympus Endoscope System“, das entsprechende Logo findet sich auf der Oberseite in der Nähe der aufgedruckten Typenbezeichnung. Das „16“ in der Typenbezeichnung weist auf die Verwendung von 16mm-Filmkassetten hin, wobei in Internet gerne und falsch behauptet wird, die Olympuskassette wären zu den Minolta-16mm-Filmkassetten kompatibel. Das stimmt nicht, es gibt einige wesentliche Unterschiede, die eine Verwendung einer Minoltakassette in der SC16-10 verhindern. Auch wird ab und zu behauptet, die Kamera nutze Kodaks Pocket-Filmkassetten, auch das ist nicht richtig.

Die „10“ in der Typenbezeichnung ist eine Modellnummer, wobei SC16-1 vermutlich nur ein Prototyp war, kommerziell verkauft wurde als erstes Modell die SC16-2. Kameras und die abnehmbare Adapteroptik sind „Made in Germany“.

Die Baureihe dieser Kameralinie erschien 1983, ihr Design unterscheidet sich deutlich von den Vorgängermodellen. Waren diese noch größtenteils aus Metall gefertigt, so setzte Olympus fast ausschließlich auf Hochleistung-Kunststoffe. Das Design wurde glatter und runder, was sicherlich auch eine leichtere Reinigung ermöglichte.

Die Kamera wird komplett durch das Endoskop mit Energie versorgt und gesteuert, der Adapter zum Endoskop ist auswechselbar, so daß das Kameramodul an verschiedenen Endoskoplinien von Olympus benutzt werden konnte. Energie und Steuersignale werden mit Hilfe der sechs gefederten goldüberzogenen Kontaktstifte um das Bajonett übertragen. Der seitliche schwenkbare Hebel dient zum Einen zum Verriegeln der Kamera am Endoskop-Bajonett, zum Zweiten ist er der Auslöser! Er drückt im eingeschwenktem Zustand auf den elektrischen Auslöser, der sich unterhalb der Gummimembran am Adapter befindet. Der mit „Data“ beschriftete zweite Auslöser am Kameramodul ermöglicht es, spezielle Patientendaten auf das Bild einzubelichten. Dazu muß das Kameramodul allerdings vom Endoskop abgenommen werden und auf einen speziellen Textgenerator montiert werden, der es ermöglicht, Namen, Datum und weitere Daten über eine Tastatur einzugeben. Laut Patentschrift wird der Data-Teil unterhalb des eigentlichen Bildes als fortlaufender Text einbelichtet, also vielleicht durch eine bewegliche LED-Zeile.

Auch der Filmtransport ist elektrisch, ein mechanische Filmzählwerk ist integriert, in der Rückwand gibt es ein Sichtfester, anhand dessen der Arzt erkennen kann, ob eine Filmkassette eingelegt ist, da sich dort der rote „Olympus“-Aufkleber der Kassette befindet.

​​​​​​​Fazit

Zum Foto: Diese Fundsache aus dem Internet sollte ein Zubehörteil für eine technische, medizinische Anwendung von Olympus sein. Die Skalierung und das Unendlichzeichen ∞ passen eher nicht zum Einsatzzweck Endoskopie. Aber wer weiß. Als Kuriosität passt das Teil in Christian Zahns Beitrag. Ralf Jannke

Weiter Christian Zahn

Die Medizintechnik hatte sich bei Olympus zum Umsatzträger entwickelt, zwar sind die Stückzahlen der verkauften Geräte geringer gewesen als im Massengeschäft der Amateur- und Profikameras, aber aufgrund der hohen Gerätepreise übertrafen de Umsätze und Gewinne bald diejenigen der Kamerasparte. So war es nur konsequent, daß sich Olympus 2020/2021 von diesem Konzern-Segment trennte, bei dem man hinter Sony, Canon, Nikon usw. nur noch auf den hinteren Umsatzrängen war.

Im Endoskop-Segment ist Olympus hingegen Marktführer! Pentax Medical, Fujifilm und die deutsche Karl Storz SE aus Tuttlingen liegen dahinter, wobei letztere sich selbst als Weltmarktführer für starre Endoskope bezeichnet und zum Ende des Jahres 2022 den Vertrieb von flexiblen Endoskopen für Gastroenterologie einstellte.

Übrigens: Die Olympus-Kameramodule für die Endoskop sind in recht großer Stückzahlen recht preiswert bei Online-Auktionshäusern erhältlich, da sie heutzutage keinen praktischen Nutzen mehr haben und ohne ein angeschlossenes Endoskop sinnlos sind. Die Endoskope mit dem Steuergerät haben hingegen recht hohe Gebrauchtpreise, da sie weitergenutzt werden können. Darum kann ich auch keine Beispielbilder zeigen, die mit der SC16-10 angefertigt wurden, da ich nur die abgebildete für einen einstelligen Eurobetrag erworben habe.

Christian Zahn

 

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