Olympus Pen E-P1 Praxisbericht von Christian Zahn
Hier zeige ich die erste Systemkamera von Olympus mit microFourThirds-Sensor. Allerdings ist es nicht die erste mFT-Kamera überhaupt, Panasonic war schneller.
Über den äußerlich sehr ähnlichen, im Inneren aber stark verbesserten direkten Nachfolger der PEN E-P1, die PEN E-P2 hat Ralf Jannke drei Praxisberichte geschrieben
Spezifikationen
- Die 2009 vorgestellte Olympus Pen E-P1 ist 120 x 70 x 35 mm groß und wiegt mit Akku und Speicherkarte, jedoch ohne Objektiv 370 g.
- Der mFT LiveMOS-Sensor 4/3“ (17,3 x 13 mm) löst maximal 4032 x 3024 = 12 Megapixel auf (13 Megapixel Rohdaten). Der Pixelpitch beträgt 4,3µm. Mit der ISO-Automatik oder manuell sind 200 bis 6.400 ASA einstellbar. Videos sind 1280x720 Pixeln möglich. Bilder werden als JPEG oder ORF (RAW-Format) auf SD/SDHC/-Karten (max. 32 GB) gespeichert.
- Das Objektivbajonett ist das mFT-Systembajonett, Objektive von Leica/Panasonic und anderen Anbietern sind kompatibel
- Das Motiv wird über einen 3“ TFT-LCD Monitor mit 230.000 Subpixeln angezeigt, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
- Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S) oder kontinuierlicher Autofokus (AF-S) sowie manuelle Scharfstellung mit Fokusunterstützung, Ermittlung durch Kontrasterkennung des Bildsensors
- Belichtungssteuerung durch Vollautomatik, Programmautomatik, Blendenautomatik, Zeitautomatik oder manuellen Modus, Motivprogramme, ART-Filter, Matrixmessung, mittenbetont integrale Messung oder Spotmessung, Belichtungszeiten 60s bis 1/4000 sek. und „B“, Selbstauslöser mit 2 oder 10 s Vorlaufzeit
- Norm-Blitzschuh inkl. TTL-Kontakten (kein eingebauter Blitz)
- Weißabgleich automatisch oder manuell
- Bildstabilisierung durch beweglichen Sensor
- Energieversorgung durch Lithium-Ionen-Akku
Besonderheiten
- Die Pen E-P1 ist die erste spiegellose Systemkamera von Olympus mit microFourThirds-Bajonett. Panasonic hatte seine mFT-Kamera wesentlich früher präsentiert, die G1 erschien etwa ein halbes Jahr vor den Pen. Während die Lumix eher wie eine leicht geschrumpfte Spiegelreflexkamera aussah, orientiert sich das Design der Olympus natürlich am Aussehen der namensgebenden PEN-Kamera aus den 1960er Jahren (Bild einer Film-Pen aus dem Fundus). Aus Platzgründen muß allerdings auf einiges verzichtet werde, so gibt es keinen eingebauten Blitz und ein Sucher fehlt ebenfalls, die Bildgestaltung ist nur über den rückseitigen Monitor möglich. Die E-P1 ist also eher eine digitale Kompaktkamera mit Wechselobjektiv. Erst der Nachfolger Pen E-P2 besaß eine Schnittstelle für einen Aufsteck-Videosucher und wurde eine „richtige“ Systemkamera.
- Für das 2,8/17mm „Pancake“-Objektiv bot Olympus einen rein optisch Aufstecksucher an, allerdings fehlt bei dessen Benutzung jegliche Rückmeldung von der Kamera, ob der Autofokus „getroffen“ hat. Wie üblich zeigt der Sucher etwas weniger, als auf dem Bild sein wird und im Nahbereich kann es aufgrund der Parallaxenfehler zu „abgeschnittenen“ Details an den Bildrändern kommen.
- Das „E“ im Kameranamen ist noch in der eckigen Schriftart gesetzt, wie es bei den Spiegelreflexkameras des Olympus-FT-System üblich war (da stand das E noch für „Evolt“), später wurde eine „normaler“ aussehende Form gewählt.
- Der verwendete Akku BLS-1 paßt in etliche andere Olympus Systemkameras bzw. dSLRs.
- Der Bildsensor wurde von Panasonic entwickelt und hergestellt, er ist auch in der Olympus E-30, E-620 und der Panasonic G1 eingebaut hat in der Pen E-P1 aber einen dünneren Tiefpaßfilter bekommen.
- Als Speichermedium dienen SD/SDHC-Karten bis 32 GB, auch wenn diese zum Vorstellungszeitpunkt der Kamera noch gar nicht erhältlich waren. Die bei Olympus früher üblichen xD-PictureCards können nicht verwendet werden.
- Es ist kein Gehäuseblitz eingebaut, es gibt aber einen Norm-Blitzschuh mit TTL-Zusatzkontakten (kompatibel zu allen Systemblitzen des Olympus/Panasonic/Leica mFT-Systems).
- Die Kamera hat recht viele Tasten und Knöpfe. Es gibt ein versenkt montiertes Moduswahlrad, eine Daumenwalze und etliche Tasten. Das Steuerkreuz ist als drehbares Rad ausgelegt. Eine einzige Funktionstaste kann per Menu mit etlichen Funktionen belegt werden.
- Die elektronische Wasserwaage kann als Balkenanzeige für Kameradrehung und -Neigung auf dem Monitor eingeblendet werden.
- Das Display ist starr eingebaut, es ist vor mechanischer Beschädigung durch eine Kunststoffscheibe geschützt, diese sollte durch eine weitere Folie vor Kratzern geschützt werden. Die nur 230.000 Subpixel waren nicht mehr zeitgemäß, die Lumix G1 z. B. hat doppelt so viele Sub-Pixel.
- Neben der Vollautomatik und etlichen üblichen Motivprogrammen gibt es die Olympus-Art-Filter, darunter die Simulation einer alten Lochkamera, den allseits bekannten „Miniatureffekt“ durch teilweise künstliche Unschärfe im Bild und den Modus „körniger Film“, der einen gepushten SW-Film mit etwa 3200 ASA simuliert und zusätzlich neben verschiedenen Tönungen auch einen „unsauberen“ Vergrößerungs-Maskenrahmen erzeugen kann. Die Art-Filter-Bilder werden immer als JPEG abgespeichert, das unbearbeitete Original-Bild wird je nach Einstellung ebenfalls als JPEG oder ORF gesichert.
- Der Panoramamodus setzt die Aufnahmen nicht bereits in der Kamera zusammen, zwar werden die Bildübergänge durch Hilfsrahmen angezeigt, die Montage erfolgt aber am Computer durch die mitgelieferte Olympus-Software. Diese Software ist auch für die Firmware-Updates von Kamera und Objektiven erforderlich, der direkte Download der Update-Dateien im Browser ist nicht möglich.
- Das Objektivbajonett ist das mFT-Systembajonett, Objektive von Leica/Panasonic und anderen Anbietern sind kompatibel.
- Man kann auch ohne angesetztes mFT-Objektiv fotografieren, um mit „dummen“ Adaptern etliche alte Manuellfokusobjektive oder aktuelle neue Manuellfokusobjektive ohne CPU zu verwenden.
- Wie bei vielen Olympus-Digitalkameras gibt es im System-Menu einen Eintrag „Pixelkorrektur“, damit werden Hotpixel (dauerhaft leuchtende Bildpunkte) und Deadpixel („tote“ = defekte Pixel) erkannt und zukünftig herausgerechnet.
- Olympus-typisch ist das Systemmenü umfangreich, der Fotograf kann die Kamera sehr genau an seine Arbeitsweise anpassen, teilweise sind diese Anpassungen in verschiedenen Benutzer-Settings abspeicherbar und aufrufbar.
- Die Kamera speichert in den MakerNotes der EXIFs viele interessante Dinge, darunter die Kameraseriennummer, die Objektivseriennummer, die Seriennummer des Aufsteckblitzes (sofern von Olympus), die Firmware-Version von Kamera, Objektiv und Blitz, die Sensordiagonale, viele Angaben zur Belichtung und weiteren Bildparametern, die Objektivkorrekturdaten für Verzeichnung, Vignettierung, chromatische Aberration usw,, den Status der Gesichtserkennung, die Anzahl der Zoomstufen des Objektivs, die Anzahl der Fokusstufen des Objektivs, den Status der Bildstabilisierung und die aktuelle Sensortemperatur.
- Die Anzahl der AuslGsungen wird nicht in jedem Bild gespeichert, mit Hilfe des Servicemenüs (das über eine komplizierte Tastenfolge zu erreichen ist) läßt si sich auf dem Kameradisplay ablesen.
- Im ORF (Olympus Raw Format) werden die Sensordaten immer komprimiert abgespeichert, wobei fast die gesamten Sensorpixel aufgezeichnet werden. Sowohl Olympus View als auch Adobe Lightroom/Camera RAW nutzen die Randpixel zur Korrektur der Objektiv-Verzeichnungen und geben nur 4032 x 3024 Pixel aus. Freie RAW-Konverter wie DarkTable, Raw Photo Converter usw. können 4096 x 3084 Pixel ausgeben.
- Für die USB- und die Video-Schnittstelle (gleichzeitig Drahtauslöser-Anschluß) muß ein gerne verlorenes Spezialkabel benutzt werden, da sie zu einer Kombibuchse zusammengefaßt wurden. Allerdings hat Olympus diese Buchse für viele Jahre unverändert benutzt.
- Bei der Bildwiedergabe über den Video- bzw. den HDMI-Ausgang können die Fotos als überblendete Diashow gezeigt werden, einige speziell komponierte Melodien sind in der Kamera „eingebaut“ und können dabei abgespielt werden.
- Der UVP der Olympus Pen E-P1 betrug etwa 700 Euro. Ich konnte das gezeigte Exemplar Anfang 2016 für etwa einen Monat ausleihen.
Beispielfotos
Alle Aufnahmen entstanden bei 200 ASA, gespeichert als ORF, gewandelt mit Olympus Viewer 3, bearbeitet mit Photoshop CS6. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde bearbeitet, Aufnahmeparameter und 100%-Ausschnitte habe ich niemals nicht eingebettet, die die Bildqualität stark vom verwendeten Objektiv abhängt.
Qualitäts- und sonstiger Eindruck
Die Kamera orientiert sich am Design der analogen PEN-Kameras aus den 1960er Jahren, Olympus baute damals sogar Spiegelreflexkameras für das Halbformat (17x24mm Hochformat auf normalem Kleinbild, somit bis zu 72 Aufnahmen je Filmpatrone). Es gab die Pen E-P1 übrigens nicht in „Profischwarz“, die Alternative zum gezeigten Silber war ein reines Weiß.
Das Gehäuse der Olympus Pen E-P3 ist größtenteils aus Metall (aus Gewichtsgründen aber nur hauchdünne Aluminiumbleche über einem Kunststoff-Grundkörper). Es macht einen sehr stabilen und wertigen Eindruck. Nur wenige Anbauteile sind aus Kunststoff. Das Stativgewinde sitzt leider sehr nah an der Akku- und Speicherkartenfachklappe, so daß bei Stativeinsatz die Kamera zum Akkuwechsel vom Stativ abgenommen werden muß.
Die Kamera hat einen kleinen Griff vorne, er könnte aber etwas größer sein, dann wäre die Griffigkeit besser.
Die Kamera gehört zur Klasse der spiegellosen Systemkameras. Die Bedienung ist Olympus-typisch, das Systemmenü ausufernd und teilweise etwas unlogisch (zusammengehörende Dinge werden manchmal an verschiedenen Stellen des Menüs eingestellt). Die wichtigsten Bildparameter sind jedoch schnell per Quick-Menu veränderbar, das Systemmenü muß nur für tiefergreifende Einstellungen benutzt werden.
Das tief eingelassenen Moduswahlrad kann nur rückseitig wie ein Daumenrad gedreht werden, man dreht die einzelnen Stellungen langsam Stück für Stück durch, da man es nicht umfassen kann.
Ich bin kein Fan von „Kamera-in-Vorhalte“-Aufnahmen an den ausgestreckten Armen, leider kann die E-P1 nicht mit einem Videosucher erweitert werden. Außerdem ist die Auflösung des Displays mit nur 230.000 Subpixeln nicht zeitgemäß, Schärfenbeurteilung ist damit nur schwer möglich, lediglich die Ausschnittwahl klappt damit gut.
Der Autofokus arbeitet nur durch Kontrasterkennung der Details auf dem Bildsensor, er ist recht langsam und „pumpt“ sichtbar, bis er endlich den korrekten Schärfepunkt findet. Das kann durchaus länger als eine Sekunde dauern und war längst nicht mehr zeitgemäß.
Die objektivseitigen vorhandenen Bildfehler wie Verzeichnung und Vignettierung werden durch den Bildprozessor weggerechnet, dies geschieht sowohl im LiveView in Echtzeit als auch bei den erzeugten JPEGs. Die Objektivkorrekturparameter werden in die EXIFs der RAWs eingebettet, die meisten Konverter wie AdobeCameraRaw, Lightroom usw. wenden diese automatisch an. Lediglich „freie“ Konverter wie Darktable lassen sich auf Wunsch ohne Objektivkorrekturen benutzen, die je nach Objektiv enormen Verzeichnungen (besonders in der Weitwinkelstellung) werden dann schonungslos sichtbar.
Bei dann hohen ASA-Zahlen rauscht der Sensor, worunter die Bildschärfe aufgrund des Kameraprozessoreingriffs leidet. 800 ASA ist noch gut benutzbar, die maximalen 6.400 ASA sollten nur als Notbehelf betrachtet werden.
Die Bildqualität der Pen E-P1 ist heutzutage als sehr gut zu bezeichnen, bei kritischen Gegenlichtsituationen neigen helle Bildpartien nur wenig zum „Ausbrennen“. Bei 12 Megapixeln und „Schönwetter“ ISO 200 gibt es an den Bildern nichts auszusetzen. Auch 800 ASA stellen kein Problem dar. 12 Megapixel sind für viele Anwendungen mehr als ausreichend. Trotz des recht kleinen Sensors (mFT entspricht in etwa der Negativfläche des analogen Pocket-Systems) sind die Bilder ansprechend, die Olympus-typische Farbabstimmung überzeugt mich immer wieder.
Fazit: eine digitalkamerahistorisch interessante Kamera (weil erste mFT-Systemkamera von Olympus Systemkameras), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen dank eingebautem Stabilisator gut geeignet.
Christian Zahn, Frühjahr 2021
Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 28.04.2021 |
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