RICOH SINGLEX mit Nikon F Bajonett – fast … (Finale)

Im Sommer-Bericht zur sehr interessanten NIKKORX SINGLEX war dieses zu lesen:

Während die Ricoh Singlex problemlos das Nikon NIKKOR-H Auto 1:2 50mm aufnimmt, scheitert die Montage des lichtstarken, massiven „Metall-/Glasklotz“ RICOH AUTO RIKENON LENS 1:1.4 f=55mm auf allen meinen Nikons, inkl. Adapter Nikon F/Nikon Z. Möglicherweise Absicht? Muss ich noch rausfinden, und das Ricoh ggf. modifizieren, für Nikon F passend machen!

An der Stelle gleich ein kleines PS.: Der Aufsteckbelichtungsmesser funktioniert nicht mehr, was kein großer Verlust ist …

Gleiche Lichtstärke, ähnliche Brennweite …

Links das mächtige RICOH AUTO RIKENON LENS 1:1.4 f=55mm, rechts das auch nicht kleine MINOLTA AUTO ROKKOR-PF 1:1.4 f=58mm

Warum passt das RICOH mit dem offensichtlichen Nikon F-Bajonett nicht auf Nikon (D)SLRs bzw. den Nikon F-/Nikon Z-Adapter?

Also etwas genauer hingesehen und etwas Bajonett-Kunde betrieben!

RICOH SINGLEX Nikon F (?) Bajonett vs. NIKKOREX F Nikon F Bajonett

Wenn man genau hinsieht kann man in den rot markierten Stellen erkennen, dass bei der RICOH ein Bajonett-Innenteil nicht so weit bis an die Schraube im roten Kreis reicht, wie bei der NIKKORX F. Entsprechend könnte der Gegenpart im Ricoh-Objektiv etwas weiter ausfallen. Ergebnis: Das 55er lässt sich nicht ins Standard-Nikon F Bajonett (und Adapter) montieren.

Anfangen am seltenen und hochinteressanten Ricoh-Objektiv am Bajonett "Material" wegzuschleifen? Hmmm … Erstmal nicht. Denn zunächst fand sich eine andere Lösung.

Nikon F gegen Pentax K-Bajonett

Nach einigen Versuchen und Recherchen im Internet war mir aufgefallen, wie stark sich das Nikon F- und das Pentax K-Bajonett ähneln. Vielleicht ließ sich dort etwas machen. Und tatsächlich, das RICOH AUTO RIKENON LENS 1:1.4 f=55mm lässt sich ohne Gewalt-Anwendung in meinen vorhandenen Pentax K-/Nikon Z-Adapter montieren. Und je nach Montage sicher verklemmen oder sogar verriegeln! 

"Quick-and-dirty" – "Schnell-und-schmutzig" oder besser "Rough-and-dirty" – "Roh-und-schmutzig" ;-)

Das Ganze funktioniert, weil das Pentax K-Bajonett einen Durchmesser von gerundet 48 mm hat, das Nikon F ca. 47 mm. Dieser Millimeter genügt, um das Ricoh 55er mit dem merkwürdigen Nikon F-Bajonett ohne Gewaltanwendung und natürlich sehr vorsichtig montieren zu können.

Und die Unendlicheinstellung?

Trotz der unterschiedlichen Auflagemaße — Pentax K 45,46 mm, Nikon F 46,5 mm — kein Thema. Der Pentax K-/Nikon Z-Adapter ist offensichtlich so großzügig ausgelegt, dass sich das 55 mm Ricoh von Naheinstellung bis Unendlich einwandfrei fokussieren lässt! Ja, es kann über Unendlich hinaus fokussiert werden, und ich habe nicht gemessen, ob die Nahhdiastanz von 0,6 noch stimmt …

Erstes Beispielfoto

Gleich der erste Versuch auf Blümchen im Garten zeigte ein wunderbares  Bokeh! Ich habe nicht oft ein so "sahniges", störungsfreies Bokeh bei Offenblende gesehen. Genug der Poesie ;-)

Nikon F Bajonett gegen RICOH SINGLEX Nikon F Bajonett

In diesem großartigen (Englisch-sprachigen) Bericht steht dann wirklich alles, was man zur RICOH SINGLEX wissen muss: THE RICOH THAT’S A NIKON MADE BY MAMIYA – WELCOME TO THE RICOH SINGLEX

Sogar die Erklärung warum sich das 55mm Ricoh nicht aufs Nikon F-Bajonett montieren lässt:

"Notice the phalanges on the mount plate at around 10 O’Clock. Ricoh Singlex one is shorter. Not so short that a Nikon lens couldn’t be mounted securely but enough for this to be a subtly different mount. But the reverse as a rule can’t be said." – "Beachten Sie die Fingerglieder auf der Objektiv-Montageplatte etwa bei 10 Uhr. Das "Fingerglied" – ich fand keine Übersetzung, auch Leodict muss da passen – der Ricoh Singlex ist kürzer. Vielleicht hat sich der Autor vertan und meinte flange = Flansch statt phalanges? "Ein Flansch ist eine ringförmige Scheibe …" beginnt Wikipedia. Das würde besser passen. Und weiter: "Nicht so kurz, dass ein Nikon-Objektiv nicht sicher montiert werden könnte, aber ausreichend, um eine etwas andere Fassung zu erhalten. Aber das Gegenteil kann man in der Regel nicht sagen." Damit kann nur gemeint sein, dass sich das 55er nicht in Nikon SLRs montieren lässt …

Das hat mir dann doch keine Ruhe gelassen …

Was nicht passt, wird passend gemacht!

Ich habe nicht sehr sauber/professionell gearbeitet. Eben das in Handarbeit, was der kleine Gravier-/Schleifmotor hergab. Peinlich darauf bedacht, dass die große Hinterlinse keinen Schaden nimmt! Sieht nicht schön aus — roter Kreis — hat aber das genau Gewünschte bewirkt. Nach Wegschleifen von 4 bis 5 Millimeter passt das 55 mm Rikenon jetzt auf jede Nikon mit F-Bajonett einschließlich der Nikon Z Adapter. 

Ende gut, alles gut …

Nachtrag, wichtige Informationen zur RICOH SINGLEX

Spätere RICOH SINGLEX-Modelle wie diese TSL (rechts) haben mit der Ur-SINGLEX bis auf die Kamerabezeichnung nichts mehr zu tun. Die TLS hat zudem den simplen M42-Objektivschraubanschluss

Im ersten Beitrag: "RICOH SINGLEX = NIKKOREX F = RICOH SINGLEX?" war unter anderem zu lesen: "Sicher keine 1:1 Kopien, aber bauähnlich und große Gemeinsamkeiten: NIKKOREX F, RICOH SINGLEX" Und weiter: "Die größte Gemeinsamkeit der ungleichen Zwillinge: Das Nikon F-Bajonett! Der schweizer Nikon Experte Richard de Stoutz schreibt: "Mamiya entwickelte und fertigte die Nikkorex-Kameras für Nikon. Ricoh kaufte (vermutlich nach Produktionsende des Modells F) die Nikkorex F-Produktionswerkzeuge von Mamiya, nahm einige Umgestaltungen vor und produzierte die Ricoh Singlex mit Nikon F-Objektivanschluss."

Gewisse Ähnlichkeit in der Ausführung des Entfernungsrings …

Es ist vielleicht keine so große Kunst, ein Normalobjektiv ähnlich zu designen. Beim Anblick des 55 mm RIKENONs auf der Nikon DSLR D4 in der schrägen Ansicht dachte ich mir: "Das hast du doch schon irgendwo gesehen". Zumindest der Entfernungsring des RIKENONs hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Voigtländer 58mm f1.4 SL II-S Nokton. Was bei gleicher Lichtstärke allerdings noch drei Millimeter mehr Brennweite hat. Und neben der "magischen" 58 mm Brennweite auch die magische Bezeichnung "Nokton".

Das "Noct" (oder Nokton) steht für "Nocturne", eigentlich eine im Barock entstandene Musikform. Übersetzt man Nocturne oder Notturno, ist man bei "Nacht werdend“, "nächtlich“. Übertragen auf ein Objektiv, muss dieses besonders für Fotografie mit (ganz) wenig Licht, eben nächtlich geeignet sein. Das erste 1,2/58 mm Noct Nikkor mit F-Bajonett wurde also speziell für Nachtaufnahmen gebaut. Aus demselben Grund wählte auch Leitz für seine ultralichtstarken Normalobjektive die Bezeichnung "Noctilux". Erreicht wurde die Qualität durch eine asphärisch geformte Oberfläche des ersten Linsenelements. Ich vermute, dass damit die Frontlinse gemeint war. Diese Oberfläche konnte damals nur durch erfahrene Polier-Techniker von Hand geschaffen werden. Was die Kosten für das Objektiv immens in die Höhe trieb! Die speziell geformte asphärische Oberfläche sorgt dafür, dass Lichtquellen vor dunklem Hintergrund sauber abgegrenzt bleiben. Heute werden Linsen mit asphärisch geformten Oberflächen preisgünstig gepresst! Alles über das Noct-Nikkor ist unter "NIKKOR - The Thousand and One Nights No.13" nachzulesen! Das alte Noct Nikkor soll immer noch eins der begehrtesten Objektive sein, die Nikon je gebaut hat. Die Angebotspreise beginnen bei 3000 Euro, um 5000 Euro locker zu überschreiten. Wie weit das Voigtländer 58mm f1.4 SL II-S Nokton in dieser Liga mitspielt, kann ich nicht beurteilen.

Lichtstärken!

RICOH AUTO RIKENON LENS 1:1.4 f=55mm Spezifikation

Richard de Stoutz nennt diese Daten zum RICOH AUTO RIKENON LENS 1:1.4 f=55mm

  • Vorstellungsjahr 1964
  • Brennweite/Bildwinkel 55 mm, 43 Grad
  • Länge, Durchmesser, Gewicht: 62 x 63 mm, 400 g, Filtergewinde 52 mm
  • Optischer Aufbau 8 Linsen in ? Gruppen
  • Nahdistanz 0.6m
  • Lichtstärke f/1.4-16, die Blende besteht aus 9 Elementen
  • (Modifiziertes) Nikon F Bajonett

Zum Vergleich

Voigtländer 58 mm / 1:1,4 Nokton SL II - S

  • Brennweite/Bildwinkel 58 mm, 40 Grad
  • Länge, Durchmesser, Gewicht: 46 x 68 mm, 320 g, Filtergewinde 52 mm
  • Optischer Aufbau 7 Linsen in 6 Gruppen
  • Nahdistanz/Abbildungsmaßstab 1:5,8
  • Lichtstärke f/1.4-16, die Blende besteht aus 9 Elementen
  • Nikon F Bajonett

NIKKOR-S Auto 1:1.4 f=5.8cm

  • Vorstellungsjahr 1959
  • Brennweite/Bildwinkel 58 mm, 40,5 Grad
  • Länge, Durchmesser, Gewicht: 59 x 67 mm, 356 g, Filtergewinde 52 mm
  • Optischer Aufbau 7 Linsen in 5 Gruppen
  • Nahdistanz 0.6m
  • Lichtstärke f/1.4-16, die Blende besteht aus 6 Elementen
  • Nikon F Bajonett

NIKKOR-S Auto 1:1.4 f=50mm

  • Vorstellungsjahr 1962/63
  • Brennweite/Bildwinkel 50 mm, 46 Grad
  • Länge, Durchmesser, Gewicht: 59 x 67 mm, 356 g, Filtergewinde 52 mm
  • Optischer Aufbau 7 Linsen in 5 Gruppen
  • Nahdistanz 0.6m
  • Lichtstärke f/1.4-16, die Blende besteht aus 6 Elementen
  • Nikon F Bajonett

Um das Ganze abzuschließen. Laut Richard de Stoutz sollen nur 122 RICOH SINGLEX Gehäuse mit dem Nikon F-Bajonett produziert worden sein. Da kann ich bei meiner zudem Black Version sicher von einer Rarität sprechen!

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Bildchen oben war eine weitere Spielerei aus dem Garten. Die fleißge Hummel ist ein 1.500 x 1.000 Pixel Ausschnit aus dem Original 24 MP Foto. Aufgenommen mit dem 55er Ricoh.

Sowohl die "Rough-and-dirty"-Methode, wie auch das Wegschleifen am Ricoh Objektiv zum Einsatz des lichtstarken Normalobjektivs sind oben beschrieben. Das "modifizierte" RICOH AUTO RIKENON LENS 1:1.4 f=55mm sitzt und verriegelt einwandfrei auf der D4! Schärfentiefenkontrolle und Blendenbetätigung des 55ers funktionieren einwandfrei! Obwohl das 55er keinen gewohnten Nikon-Blendenring – keine "Nase", "Hasenohr" – und natürlich kein AI hat, kollidiert der Ring nicht mit dem Mitnehmer der D4. 

Es wird also in Zukunft einen eigenen Bericht mit mehr Fotos mit diesem ebenso exotischen wie exzellenten 55er geben! Aber nicht auf der 16 MP Nikon DSLR D4 sondern auf der 24 MP DSLM Nikon Z6. Wer die Fokussierung auf den Punkt mit Hilfe von Kantenanhebung (Fokus-Peaking) und Sucherbild-Zoom einmal schätzen gelernt hat, fummelt nicht mehr mit der Spiegelreflex und Leuchtwaage oder (grünem) Fokuspunkt rum. Das lichtstarke 55er bettelt ja geradezu um Aufnahmen mit Offenblende, bzw. wenig abgeblendet bis f/2. 

Wie schon beim 1,2/55 mm Nikkor und 1,4/58 mm Minolta müssen Offenblend-Motive gesucht, gefunden und erarbeitet werden. Es gibt also auf jeden Fall einen eigenen Bericht zur RICOH AUTO RIKENON LENS 1:1.4 f=55mm!

Ralf Jannke, September 2013

 

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