Kamera-/Objektiv-Setup zu Co****-Zeiten

Zum Start die Sony DSLM Alpha 3000, bestückt mit dem 2,8/45 mm GN Nikkor gebaut zwischen 1968 bis 1971 und in einer späteren Fortsetzung: Das 1972 vorgestellte NIKKOR-HC AUTO 1:1.8 f=85mm

Dass die Kamera-Steuersoftware massiv in die Abbildung eingreift, um das fertige Foto technisch so perfekt wie möglich hinzubekommen, ist kein Geheimnis! Da wird nicht nur die Randabdunkelung (Vignettierung) rausgerechnet, sondern durchgebogene Linien (Verzeichnung) gleich mit begradigt und Randunschärfen zumindest verbessert. Übrigens auch bei Speichern im Rohdatenformat. Denn: RAW ist nicht roh! Der Kamerahersteller bestimmt, was roh ist!

Das kann man sich bei modernen Objektiven, deren Daten im Objektiv-Chip liegen, die der Hersteller auch in eine Datenbank geschrieben hat, leicht vorstellen. Um mit den bekannten Daten dann eben Vignettierung, Verzeichnung und Randunschärfen je nach Objektiv zu korrigieren.

So weit, so gut

Man beginnt aber an Wunder zu glauben, wenn das auch bei alten bis uralten Objektiven funktioniert. Da gibt es keinen Chip, Null Datenübertragung und trotzdem wird unzähligen jahrzehntealten Objektiven mindestens ein zweiter Frühling, wenn nicht sogar ein neues Leben geschenkt. Teilweise lässt sich das mit der Möglichkeit erklären, dass zum Beispiel einige Nikon DSLRs den Service bieten, 10 und mehr Objektive manuell in eine Kameradatenbank eintragen zu können. Mit Objektivbrennweite und -lichtstärke. Bei Zooms muss man sich dann für die kürzeste oder längste Brennweite entscheiden. Es funktinoniert aber auch mit jeglichen adaptierten Objektiven beliebiger Hersteller. Und selbst dann, wenn man versehentlich ein 20er angewählt hatte, dann aber ein 35 mm Objektiv montiert hat, ohne das 35er zu wählen.

Wie ist das möglich?

Es kann doch nur so sein, dass die Systemkamera auch ohne Daten rät, schätzt, blitzschnell analysiert, welche Brennweite und Lichtstärke das unbekannte Objektiv wohl hat. Überstrahlt das Objektiv bei Blende X, wie hoch ist der Kontrast bei Blende Y? Um daraus eine Korrektur zu rechnen, die aus dem (ur)alten Glas das Maximum holt. Viel, viel besser, als es jeder Film je gekonnt hätte!

Das könnte eine Erklärung sein, warum die diversen (Ur)alt-Spiel-Objektive meiner Sammlung teilweise so überraschend gute technische Bildergebnisse liefern. Jetzt zu einem weiteren Kandidaten, das lt. Seriennummer zwischen 1968 und 1971 produzierte 2,8/45 mm GN Nikkor. Das „GN“ in der Objektvbezeichnung steht für GuideNumber, deutsch Leitzahl, kurz LZ. Gemeint ist die Leitzahl eines Blitzgeräts. Bis es Computerblitzgeräte gab, bei denen passend zur ISO-Empfindlichkeit des Film mehrere Blenden vorgewählt werden konnten, wo das vom Objekt reflektierte Blitzlicht dann vom Blitz erfasst und die Leuchtzeit entsprechend reguliert wurde. Vorher musste der/die FotografIn die Leitzahl des eingesetzten Blitzgeräts kennen. Nehmen wir einen stärkeren Blitz mit LZ 40. Die zu einer geschätzten/gemessenen Entfernung richtige Blende wird dann einfach ermittelt: LZ geteilt durch Entfernung = Blende. Oder: LZ durch Blende = Entfernung. Also bei LZ 40 für 5 m Entfernung Blende 8. Wenn sich dann die Entfernung aber laufend ändert, muss mit der Blende manuell korrigiert werden, damit die Blitzbelichtung stimmt! Bei 10 m Entfernung und LZ 40 zum Beispiel auf Blende 4.

Und da kommt das GN-Nikkor ins Spiel. Bei diesem Spezialobjektiv können Blenden- und Entfernungsring passend zur Leitzahl des Blitzgeräts gekoppelt werden. Ändert sich die Entfernung, was entsprechend nachfokussiert wird, ändert sich die Blende automatisch! Trotz des Alters und der eigentlich primitiven vierlinsigen Bauweise lieferte das GN-Nikkor auch auf der 36 MP Vollformat Nikon eine erstaunliche Schärfe. Und ganz nebenbei ist es Nikons erstes "Pancake"-Objektiv für eine Spiegelreflexkamera!

Auf zum 45 mm GN Nikkor

Beispielfotos aufgenommen mit dem 2,8/45 mm GN Nikkor auf der 20 MP Sony Alpha 3000

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Endlich durfte die biedere spiegellose 20 Megapixel Sony Alpha 3000 auch mal etwas anderes ablichten, als ewig andere Kameras. Aber: Es wird bei zwei, drei Einsätzen als "Digitalback" für Uraltobjektive bleiben. Dass die A3000 den Vorzug vor der Fuji X-T20/30 bekam, lag an der Präzision des Nikon F-/DSLM-Adapter. Das 2,8/45 GN Nikkor ließ sich auf dem Nikon-/Fuji-Adapter nicht verriegeln. Warum auch immer. Außerdem geht der Blendenring des 45ers, des 85ers und des noch mitzunehmenden 35ers sehr schwergängig. Beim Nikon-/Sony E-Adapter war es kein Problem. Also fürs 1,4/35, 2,8/45 GN und 1,8/85 mm MF Nikkore auf die Sony A3000.

Die A3000 liefert technisch sehr gute Bildergebnisse. Sie wurde aber von Sony konsequent auf billig getrimmt. Mit 230.000 bzw. 200.000 Bildpunkten Auflösung sind Monitor und E-Sucher unterste Kanone. Um mit der A3000 überhaupt sicher manuell fokussieren zu können, muss im Kameramenü unter "Kamera" zwingend "AF/MF-Auswahl" MF gewählt und dann unter "Einstellung" MF-Unterstützung Ein, "Kantenanhebungsstufe" Hoch und "Kantenanhebungsfarbe" Rot aktiviert werden. Dabei wirft einem Sony noch einen Knüppel zwischen die Beine. Denn nur mit einem montierten Sony-Objektiv lassen sich eben beschriebenen MF-Einstellungen überhaupt anwählen und aktivieren! Beim adaptierten Objektiv ist alles ausgegraut :-(

Ich habe es bei den Beispielfotos bei maximal 1.200 Pixel Breite oder Höhe gelassen. Die Qualität des rund 50 Jahre alten 2,8/45 mm GN Nikkors ist auch bei 20 Megapixel richtig gut! OK, es wird nur der 15 x 23 mm Ausschnitt des APS-C Sensors belichtet, das 45er wird zum langen 68 mm Normalobjektiv. Immerhin muss es aber mit einer aufs Kleinbild hochgerechneten Pixeldichte von 50 Megapixel klarkommen. Mehr ist zu dieser Kombination nicht zu sagen.

Beispielfotos aufgenommen mit dem NIKKOR-HC AUTO 1:1.8 f=85mm auf der 20 MP Sony Alpha 3000 (4MP)

Dann durfte auch das schwer ramponierte NIKKOR-HC AUTO 1:1.8 f=85mm noch ran. Lt. Seriennummer wurde es ab 1972 produziert. Auch hier eine tolle Qualität für ein fast 50 Jahres Objektiv in diesem Zustand. Zum Abschluss wird noch das ab 1971 produzierte superlichtstarke NIKKOR-NC Auto 1:1.4 f=35mm folgen. Bitte noch etwas Geduld!

Ralf Jannke, Frühjahr 2020

 

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