Pentacon Prakticar 28mm an Sony alpha 5000

In diesem Erfahrungsbericht geht es um ein etwa 40 Jahre altes Manuellfokusobjektiv adaptiert an die spiegellose 20-Megapixel-Systemkamera Sony alpha 5000. Es wurde für Kameras mit dem Praktika-B-Bajonett hergestellt. Kameras mit diesem Namen, aber mit M42 Schraubanschluß für die Objektive wurden bereits seit 1948 gebaut, anfangs noch von den Kamera-Werken Niedersedlitz (KW), die in einem Stadtteil von Dresden beheimatet waren und später im VEB Pentacon aufgingen. Im Jahr 1978 wurde das neue Bajonett vorgestellt, die entsprechenden Kameras und Objektive waren ab 1979 erhältlich.

Objektive mit dem als „PB“-Bajonett bezeichnetem Objektivanschluß sind im Vergleich zu M42 wesentlich seltener, da weniger Kameras und Optiken als mit M42 produziert wurden. Auch ist es schwieriger, einen passenden Adapter für spiegellose Systemkameras zu bekommen, diese sind meist erheblich teurer als die für die weiter verbreiteten Bajonette (z. B. Minolta MD, Pentax PK, Olympus OM oder Canon FD). Ich habe keinen „nativen“ Adapter für PB am NEX-Bajonett, sondern nutze einen Adapter PB-an-mFT und zusätzlich mFT-an-NEX. Letzterer ist kaum zu sehen, da er sehr dünn ist (die Differenz des Auflagemaße zwischen mFT und NEX beträgt nur 1,25mm).

Pentacon Prakticar 1:2,8 f=28mm MC

Das gezeigte Objektiv basiert auf dem älteren Meyer Görlitz Orestegon 2,8/29mm mit M42-Gewinde, das für seine Abbildungsleistung berüchtigt ist, weil es an digitalen Kameras sehr deutliche Randschwächen aufweist. Auf Kleinbildfilm sind die Bildecken besser, aber auch noch nicht gut. Das 2,8/28 wurde völlig neu berechnet und alle Oberflächen mehrschichtvergütet. Auf Film zeichnet es bis in die Bildecken scharf, wenn es mindestens auf 5,6 abgeblendet wird.

Es gibt zwei Bauformen, die ältere hat eine Fassung vollständig aus Metall, die gezeigte neuere Variante hat Fokus- und Blendenring aus Kunststoff, auch die gummierte Riffelung des Fokusrings wurde durch Noppen in der Spritzgußform ersetzt. Pentacon-Intern wurde sie als „rationelle Fassung“ bezeichnet, um Metalle und Fertigungsschritte einzusparen, da sich in den 1980er Jahren auch im Osten der Kostendruck bemerkbar machte. Der Objektivverkaufspreis blieb trotz günstigerer Herstellung gleich.

Das Objektiv ist nur schwer zu reparieren, sofern die Hinterlinsengruppe demontiert werden muß, da die Zentrierung und Montage dieser Gruppe mit drei kleinen Stiftschrauben erfolgt. Die exakt mittige Montage ist ohne optische Meßmittel unmöglich, ich habe ein „verbasteltes“ und zerlegtes Exemplar bekommen, das ich nicht mit einer befriedigenden Abbildungsleistung zusammensetzen kann, da die Toleranz der Mittigkeit weniger als ein Hundertstel Millimeter beträgt, damit das Objektiv brauchbare Aufnahmen machen kann.

Ein weiterer häufig auftretender Defekt sind „klebende“ Blendenlamellen, sie sind dann verölt und lassen sich nicht mehr öffnen. Zur Reinigung muß das Objektiv zerlegt werden, was aufgrund der Justageproblematik nur in einer der wenigen verbliebenen Fachbetriebe für die Reparatur von Pentacon-Objektiven erfolgen darf.

Die exakte Justierung bei der Objektivherstellung ermöglichte zwar die Korrektur von Fertigungstoleranzen, dürfte aber ein zeit- und kostenintensiver Arbeitsschritt gewesen sein, der wohl nur rein manuell und nicht automatisiert durchgeführt wurde. Die Abbildungsleistung des einzelnen Exemplars ist somit abhängig von der Genauigkeit des Einstell-Arbeiters und der Haltbarkeit der Verschraubung im Laufe der Zeit.

Der geriffelte Entfernungsring meines Exemplars läuft inzwischen ein wenig zu stramm und macht leise kratzende Geräusche. Der Einstellweg ist mit etwa 180° recht lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,25 m erfreulich kurz. Der recht schmale Blendenwahlring rastet halbstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 49 mm eingeschraubt.

Das Objektiv hat einen Durchmesser von 62 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 46 mm und wiegt 200 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 5 mm länger.

Das gesamte Objektiv macht keinen allzu hochwertigen Eindruck, das Äußere ist nur aus Kunststoff, der Blendenring „hakelt“ etwas und der Schneckengang scheint nur aus Aluminium zu sein. An der Entfernungs-Skala sind Tiefenschärfemarkierungen und ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden. Das Objektiv verzeichnet nur gering, in den Bildern ist dieser optische Fehler praktisch nicht sichtbar.

Das Objektiv ist am Sensor der alpha 5000 und Offenblende unscharf, Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfe der Bildmitte stark, die Ecken werden besser, da die problematischen Objektivbildränder vom mFT-Sensor ausgeblendet werden. Trotzdem sind die Bildecken der APS-Aufnahmen nicht scharf, der 20 Megapixel-Sensor überfordert das Objektiv, er entspräche einem 48-Megapixel-Sensor bei Vollformat. Die chromatischen Aberrationen sind bei allen Blenden deutlich erkennbar.

Das Objektiv kostete 471 Mark der DDR. Heutzutage ist es je nach Zustand und Lieferumfang für etwa 10 bis 60 Euro zu bekommen. Es ist darauf zu achten, daß ein Rückdeckel im Lieferumfang ist, dieser ist nicht aus dem Zubehörhandel beschaffbar, da es keine „Made in China“ - Produktion gibt.

Beispielfotos

Fazit

Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, bei Blende 8, gespeichert als ARW, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie die Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.

Das Objektiv werde ich an der alpha 5000 nicht mehr verwenden, ich habe bessere 28er im Bestand.

Christian Zahn

 

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