Steinheil Culminar 4,5/135 mm Reparaturbericht von Christian Zahn
In diesem Reparaturbericht geht es um die Reinigung und anschließendem Vergleich eines manuellen Altobjektivs an einer 16-Megapixel Systemkamera.
Diesmal stelle ich ein Steinheil Culminar vor, ein deutsches Fernobjektiv aus den 1950er Jahren. Außerdem berichte ich über die Reinigung der Linsen.
Ich erwarb das Objektiv für 20 Euro inkl. Versand. Nach Erhalt stellte ich fest, dass innere Linsen beschlagen waren.
Das Objektiv hat keine Springblende, sondern nur eine manuelle Blendenverstellung. Außerdem kann der gesamte vordere Objektivteil vom Schneckengang abgeschraubt werden, um es an einem Balgengerät oder einem Visioflex (einem Spiegelkasten-Ansatz für die Schraubleicas) nutzen zu können. Steinheil baute das Objektiv mit verschiedenen Bajonetten, die gezeigte Version ist für Leicas mit M39-Gewinde und hat sogar eine Meßsucherkopplung.
Seine Streulichtempfindlichkeit ist allgemein bekannt, leider hat es kein Filtergewinde, es eignen sich nur Aufsteck- oder Aufklemm-Streulicht-Blenden
Da sich der Objektivkopf beim Entfernungseinstellen mitdreht, gibt es zwei Blendenskalen, so ist immer eine von oben sichtbar.
Das Culminar ist ein klassisches Fernobjektiv, Brennweite und Baulänge sind ungefähr gleich. Moderne Teleobjektive haben durch weitere Linsen eine kürzere Baulänge (sie sind quasi ein Grundobjektiv mit eingebautem Telekonverter).
Das Culminar ist für den Herstellzeitraum um 1955 recht aufwendig gebaut (4 Elemente in drei Gruppen, das Hinterlied ist eine verkittete Doppellinse).
C. A. Steinheil & Söhne war ein optisches Unternehmen in München, das von 1855 bis 1995 bestand. Neben Objektiven für Foto- und Filmkameras wurden auch Teleskope für die Sternen-Beobachtung (von kleinen Amateurgeräten bis hin zu Sternwarten-Teleskopen mit bis zu ca. 80 cm großen Frontlinsen).
Die Objektive (Caesar, Cassarit, Culminate, Quinar, Quinaron usw.) wurden entweder unter eigenem Namen vertrieben bzw. in Kameras von Braun (Paxette), oder Adox eingebaut. Wechselobjektive für unter anderem die Ihagee-Exakta bzw. die Wirgin Edixa wurden mit M42 und Druckblende gefertigt bzw. mit M39 für Schraubleicas.
Reparatur
Nach Kauf stellte ich fest, das innere Linsen insbesondere im Bereich der Blende beschlagen waren. Bei normaler Durchsicht waren die feinen Tröpfchen nicht sichtbar, nur beim Durchleuchten mit einer LED-Taschenlampe fielen sie auf. Eine erste Testaufnahme an der Fuji X-E2 ergab enorme Streulichtempfindlichkeit und „milchige“ Aufnahmen. Der Verkäufer wurde kontaktiert und eine deutliche Kaufpreisreduktion vereinbart, somit ergab sich der oben genannte Preis.
Da es mir einem so preiswert erworbenem Objektiv egal war, ob ich bei einem Reparaturversuch noch mehr zerstöre, habe ich es zerlegt.
Das geht beim Culminar verhältnisweise einfach, es sind keine Spezialwerkzeuge unbedingt erforderlich, auch der Zusammenbau ist ohne optische Bank zur Linsenkontrolle möglich.
Der Objektivkopf ist konstruktionsbedingt leicht von der Entfernungseinstellung abschraubbar (Die Trennstelle liegt etwa entlang der rosa eingezeichneten Halbrund-Linie).
Die vordere Linse ist nur durch einen eingeschraubten Ring gesichert, er hat zwei schmale Nuten, mit Hilfe derer er herausgedreht werden kann.
Dann kann die Linse einfach herausgenommen werden, wie üblich sollten dabei Handschuhe gegen Kratzer und Fingerabdrücke getragen werden.
Jetzt wird der Objektivkopf herumgedreht, an der Unterseite gibt es einen weiteren Ring mit zwei Nuten. Auch dieser Ring kann leicht herausgedreht werden, dabei wird das verkittete Hinterglied herausgeschraubt. Interessanterweise ist mein Exemplar hier von Hand mit „4,6“ graviert worden, vermutlich die „wahre“ Blende des Objektivs.
Jetzt liegen die Blendenlamellen frei, die sichtlich verölt sind. Eine Linse ließ ich im Objektiv, die Entfernung war mir zu aufwendig, ich konnte die Lamellen auch so komplett reinigen und alle Linsenflächen erreichen.
Wie üblich habe ich alle Lamellen mehrfach mit reinem Alkohol und Wattestäbchen gereinigt (Schutzbrille gegen Spritzer muß getragen werden!). Auch alle Glasflächen putzte ich mehrfach mit Alkohol und Mikrofasertuch.
Anschließend wurde alles in umgekehrter Reihenfolge zusammengebaut, es sind keine Unterlegbleche oder ähnliche Einstellhilfsmittel bei der Erstmontage verbaut worden, so war alles einfach an die korrekte Stelle montierter.
Hinweis: die gezeigte Reinigung entspricht keinesfalls professionellen Ergebnissen, ich habe keinen Reinraum, sondern nur einen Wohnzimmertisch, auch die Wattestäbchen werden sicherlich keinen Profi-Ansprüchen gerecht. Auch ist darauf zu achten, daß die Vergütung durch den benutzten Alkohol nicht beschädigt wird.
Beispielfotos nach der Reinigung
Alle Aufnahmen entstanden auf einem Stativ, wurden gespeichert als RAF, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Links ist immer das Culminar, rechts das Zuiko. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert. Die Aufnahmeparameter habe ich weggelassen. Eingestellt habe ich Blende 8 bei ISO 200 stand.
Eines der Bilder zeigt unbearbeitete JPGs direkt aus der Fuji X-E2 zur Verdeutlichung der Kontrastleistung beider Objektive.
Die optische Leistung entspricht dem, was von einem einfach vergütetem vierlinsigem Fern-Objektiv erwartet werden kann, die Schärfe bei Blende ist am APS-C-Sensor recht gut. Ich zeige jeweils einen Vergleich mit einem Olympus Zuiko 3,5/135 SC (nach Bildbearbeitung).
Allerdings ist der Kontrast des Culminars auch nach der Reparatur recht gering, seine Streulichtempfindlichkeit hoch, JPEGs aus der Kamera sind weniger gut zu gebrauchen, erst durch Kontrastanpassung am Computer sind die Bilder nutzbar. Das Zuiko benötigt solche Nachbehandlung nicht.
Fazit
Das Steinheil Culminar ist nach der Reinigung durchaus nutzbar, benötigt aber Bildnachbearbeitung, besonders bei Gegenlicht. Da ich bessere Objektive besitze, werde ich es nicht mehr verwenden.
Christian Zahn, Frühjahr 2021
Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias
Neuen Kommentar schreiben
Autor: | Christian Zahn |
Mail senden | |
Erstellt: | 20.03.2021 |
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!