Historische Digitalkamera in der Forschung

Bei der wissenschaftlichen Arbeit müssen häufig Ergebnisse im Bild festgehalten werden. Meist können dabei ganz gewöhnliche Kameras genutzt werden und diese werden dann - wie im privaten Bereich auch - immer mal wieder ausgetauscht und an den aktuellen Stand der Technik angepasst. Was aber, wenn eine Kamera Teil eines Komplettsystems ist, das sehr viel teurer als die Kamera alleine ist? Dann wird man natürlich versuchen, die Kamera so lange wie möglich im Betrieb zu halten.

Im nachfolgenden Bericht ist es eine Kodak DC-290 aus dem Jahr 1999, die bis 2017 brav ihren Dienst in einem "Kodak EDAS 290 digital imaging system" versehen hat, bevor sie mit einem Fehler in der Stromversorgung ausfiel. Wir konnten mit einem Exponat aus dem Digicammuseum aushelfen und die Lebensdauer des gesamten Geräts so noch etwas verlängern. Wie es dazu kam und wofür das System eingesetzt wird, hat eine Mitarbeiterin des Labors für digicammuseum.de aufgeschrieben:

Das Kodak EDAS 290 digital imaging system

Im Herbst dieses Jahres fiel unsere Kamera Kodak DC290 aus. Keiner von uns kannte sich besonders gut mit Digitalkameras aus. Fakt war, die Kamera schaltete sich immer wieder nach kurzer Zeit von selber aus. Nach ein bisschen Stöbern im Manual wurde klar: da findet sich im Kapitel „Troubleshooting“ keine Lösung. Gut, dann eben vom Fachmann reparieren lassen. Das ernüchternde Resultat war, dass Kodak den Support für Kameras eingestellt hat. Die Auskunft eines Fotoladens, der vor einigen Jahren diese Kamera noch repariert hatte war: „Selbst wenn’se da noch’n Bastler finden, et jibt keene Ersatzteile mehr“. Ok, dann schau ich doch mal, was Google so bietet, wenn man Kodak DC290 eingibt. So bin ich also auf der Seite von digicammuseum.de gelandet und nahm Kontakt zu den Kameraprofis auf. Die Rettungsversuche unserer Kamera durch diverse Tipps führten spontan nicht zum Erfolg. Großzügig wurde mir von den Autoren angeboten, dass wir ein funktionstüchtiges Exemplar der Sammlung bekommen könnten, da es mehrere Exemplare der Kodak DC290 Zoom in der Sammlung gibt. „Wow, das ist ja mal nett“, dachte ich. Im Gegenzug dazu wäre ein kleiner Bericht über unsere Arbeit was für die Homepage. Also dann:

Ich arbeite als technische Assistentin in einem Labor an der Uni Mainz. Wir beschäftigen und hier mit Pflanzen und untersuchen z.B. deren Entwicklung in unterschiedlichen Gebieten auch im Hinblick auf die erdgeschichtliche Entwicklung. Dazu arbeiten wir auch im Labor mit molekularbiologischen Methoden. Wir isolieren DNA aus Pflanzen und bekommen nach vielen aufwändigen Schritten irgendwann die Buchstabenabfolge (Sequenz) der Pflanzen-DNA. Durch den Vergleich vieler Sequenzen miteinander ist es möglich einen Stammbaum zu errechnen. Mit diesem Wissen können z.B. Kenntnisse über Artbildung der Pflanzen gewonnen werden.

Schon nach dem ersten Schritt, der DNA Extraktion, kommt die Kodak DC290 zum Einsatz. Um die DNA in Qualität und Menge untersuchen zu können, muss sie irgendwie sichtbar gemacht werden. In unserem Fall passiert das mit einem Farbstoff, der sich in die DNA einlagert und im UV Licht zum Leuchten gebracht werden kann. Eine kleine Menge des DNA Extraktes wird zur Sichtbarmachung auf ein Agarosegel aufgetragen und im elektrischen Feld aufgetrennt.

Dazu wird zunächst das Gel hergestellt: eine bestimmte Menge Agarosepulver wird in Puffer unter Hitzeeinwirkung gelöst und in eine Form gegossen. Am oberen Ende dieser Form fixiert man in die noch flüssige Agaroselösung einen Kamm. Beim Abkühlen bildet sich ein Gel. Dieses Gel wird in eine Elektrophoresekammer gelegt, wo es vollständig mit Puffer bedeckt ist. Entfernt man nun aus dem Gel den Kamm, erhält man Taschen, in welche die Proben hineingefüllt werden. Die Proben werden vor einer Elektrophorese mit Probenpuffer versetzt, der u.a. dazu führt, dass die Proben schwerer als Wasser sind und somit in die Taschen sinken können. Die Gelelektrophorese funktioniert wie ein Sieb für Moleküle, bei dem größere Moleküle stärker zurückgehalten werden als Kleinere. Bei Anlegen eines elektrischen Feldes […] ziehen die negativ geladenen DNA-Moleküle in Richtung des Pluspols durch die Gelmaschen, wodurch eine Auftrennung der Stränge nach ihrer Größe ermöglicht wird. Die Abschätzung der Größe erfolgt anhand einer DNA-Leiter. (Quelle: Wikipedia)

Hier die schematische Darstellung der Elektrophorese, Laufrichtung ist nach unten:

Nach der Elektrophorese wird das Gel dann mit Farbstoff behandelt, der sich in die DNA einlagert. Legt man das Gel auf einen UV Tisch, dann leuchten die Stellen, an denen sich die DNA im Gel befindet, hell auf. Auf diese Art und Weise kann man z.B. erkennen, ob die aus dem  Pflanzenmaterial isolierte DNA hochmolekular ist und sich zur weiteren Bearbeitung eignet.

Um das Ergebnis der Elektrophorese festzuhalten, wird das Gel fotografiert. Das Grundprinzip ist eine haubenförmige Dunkelkammer, die im oberen Teil eine Kamera enthält. Die Kodak DC290 Zoom ist über ein Kabel mit dem Computer verbunden. Die Haube mit der Kamera wird auf den UV Tisch, auf dem das Gel liegt, gestellt. Mit einer zum Kamerasystem gehörenden Software kann das Foto bequem per Mausklick gemacht werden. Es ist eine Bildbearbeitung möglich, sowie unterschiedliche Größeneinstellungen und diverse Features, die angeboten werden. Ein Gelbild sieht dann bei uns z.B. so aus:

Das Bild zeigt DNA, welche aus 10 verschiedenen Pflanzen extrahiert wurde. Ganz rechts ist die DNA Leiter, die u.a. den Größenvergleich ermöglicht.

Ein weiteres Gelbild zeigt das Ergebnis einer PCR. Bei der PCR (Polymerase-Chain-Reaktion) wird die DNA eines bestimmten Bereiches vervielfältigt. Im Gelbild sind die Erzeugnisse der vermehrten Abschnitte von 9 verschiedenen DNA Proben zu sehen. Anhand der Größenleiter kann man dann sehen, ob man das gewünschte Produkt erhalten hat. In diesem Falle haben die Amplifikate eine Größe von etwa 500 Basenpaaren.

Mit Hilfe dieser Amplifikate erhalte ich im Idealfall Sequenzen, die mir die Möglichkeit zur Zuordnung
dieser Pflanze z.B. zu einer bestimmten Gruppe geben kann.

Das Kodak EDAS 290 digital imaging system ist für unsere Anwendungen im Moment völlig ausreichend. Solche Haubensysteme kann man auch heute noch in dieser Form kaufen,  wenngleich viele Labore doch meist zu aufwändigeren Imaging Systemen greifen, mit denen auch Gele, die fluoreszierende oder lumineszierende Farbstoffen enthalten fotografiert werden können. Die Frage, warum in unserer Arbeitsgruppe vor vielen Jahren ausgerechnet das System mit der Kodak DC 290 genommen wurde, ist schwierig zu beantworten. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in dieser AG und komme bei meinen Nachforschungen zu Beantwortung dieser Frage zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Vielleicht hatte die Kamera damals, als sie noch nicht „vintage“ war, eine besonders gute Auflösung. Möglicherweise gab es aber auch damals, als die analoge Sofortbildkamera durch eine Digitalkamera ersetzt wurde, noch gar nicht so viele Anbieter dieser Systeme.

Ich hoffe nun, dass die Kodak DC290 Zoom von Herrn Jakubaschk uns so lange wie möglich bei
unserer Forschungsarbeit unterstützt und bedanke mich sehr herzlich für seine schnelle Hilfe. Auch
Herrn Jannke danke ich für die anfänglichen Tipps zur Rettung unserer defekten Kamera.

Kommentare (1)

  • Dirk
    Dirk
    am 19.12.2017
    Super Sache! Das bestätigt meine Grundforderung, alte Technologie in unsere zu schnellen Technologieerneuerungen neigenden Zeit nicht sofort ad acta zu legen bzw. zu verschrotten. Andere noch verwendete Prozesse könnten davon abhängen, oder später (bzw. viel später) wieder als wichtig erachtet werden. Wenigstens dokumentieren sollte man sie.
    In diesem Sinne ist das am Leben halten, also die Kameras tatsächlich am laufen halten, so einer solchen Sammlung besonders wichtig.

Neuen Kommentar schreiben