Vom Verkäufer generalüberholt…

Avatar of Ralf JannkeRalf Jannke - 11. Oktober 2017 - Wissen

Immer wieder erscheint dieser werbewirksame Zusatz in Anzeigen einer bekannten Online-Auktionsplattform

Aber was bedeutet „generalüberholt"?

Der komplette Wechsel von Verschluss und Spiegelmechanik einer Profi-DSLR beginnt bei Größenordnung 500 Euro. Und dazu ggf. noch ein Tausch des Sensors? Beides hochkarätige Reparaturen, die nur der Hersteller selbst oder von ihm autorisierte Fachwerkstätten durchführen können.

Oder bei einem hochwertigen Objektiv der Austausch einer verkratzten Rück- oder Frontlinse, einer defekten (verölten) Blende, die Reparatur eines eingedrückten Filtergewindes…

DAS wäre eine Generalüberholung von Kamera oder Objetiv!

Was soll der aus dieser Sicht fragwürdige Zusatz "Vom Verkäufer generalüberholt" Oder machen Anbieter genau das? Und wenn das so wäre, warum schreiben die Anbieter es dann nicht?

Verfügt der Anbieter wenigstens über Messgeräte, um alle Verschlusszeiten zu überprüfen? Kann er Autofokus und Belichtung professionell kontrollieren und justieren, das Auflagemaß bestimmen, sprich messen, dass ein Bajonett nicht verzogen ist und gerichtet werden muss. Ein eingedrücktes Filtergewinde am Objektiv so richten, dass wieder ein Filter aufschraubbar ist. Dafür gibt es Anleitungen und frei verfügbare Spezialwerkzeuge. Was dann aber immer noch keine „Generalüberholung“ ist! Wäre dem so, würde es ein Anbieter vermutlich auch genau so schreiben!

Warum nicht der seriöse Anzeigentext "Professionell gereinigte(r) Mattscheibe, Spiegel und – am wichtigsten – Sensor, eine wieder befestigte lose oder gleich komplett ausgetauschte Belederung“? Wobei die Kamera-„Belederung“ schon lange aus Kunststoff ist…

DIESEN Anzeigentext würde ich gelten lassen! Aber nicht diesen Unsinn "Vom Verkäufer generalüberholt"

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3 Kommentare

Uwe

16. Oktober 2017

Antwort

Lieber Ralf Jannke, Es freut mich unheimlich verstanden worden zu sein!

Ja, dachte schon, was habe ich denn da los gelassen und die Welt kann es jetzt lesen ... Die »Lucky Kitty Cam« habe ich als ein unterstes Beispiel der spaßmachenden digitalen Fotografie zitiert und benutzt, ähnlich einer Agfa-Box von 1930 ;-)

Was mich oft negativ berührt ist dieser Schärfe- und Pixelfetischismus, wo bleibt dabei denn der Spaß an Bildern? Und noch mehr Spaß macht es doch alte Geräte wieder lebendig zu machen und die Bildstimmung der Zeit ihrer Entstehung zu sehen, Grenzen auszutesten und zu »basteln«. Die Ergebnisse sprechen dann für sich. Bin gespannt auf Ihre Ergebnisse Ihrer angekündigten »Antiquitäten«.

Beste Grüße aus Berlin, Uwe Friedrich.


Ralf Jannke

11. Oktober 2017

Sammelphilosophie

Lieber Uwe Friedrich

Keiner hätte meine Sammel- und Benutz(!)-Philosophie besser beschreiben können als Sie!

Sie schrieben: „ich möchte mit Geräten arbeiten, die ich mir damals nicht leisten konnte, auch um zu sehen, dass es gut war nicht 10.000 Euro, 5.000 Euro oder 800 Euro immer für das neueste ausgegeben zu haben.“

Eine Nikon D1X hätte ich mir 2001 für rund 5700 Euro nicht leisten können! Aber was für eine Freude heute mit dem für 125 Euro erworbenen ehemaligen Nikon-Flaggschiff D1X auf Bilderjagd zu gehen! Und so zieht sich das wie ein roter Faden durch meine Sammlung! Ergänzt u.a. durch eine schwer misshandelte Olympus Camedia C-2100 Ultra Zoom oder die Olympus Camedia Camedia C-5060 Wide Zoom, die mit einem Nagel ausgelöst werden muss!

Sie schrieben: „Mit einer »Lucky Kitty«-Kamera (für 3 Euro) kann man auch schöne Bilder machen, oder?“ Das sehe ich etwas „abgeschwächter“ ;-) Nicht desto trotz liegt die 20 Jahre 640x480 Pixel Sony Mavica MVC FD7 bereit für einen Urlaubstrip. Zumindest für ein paar „Testaufnahmen“ ;-) Und für 2018 habe ich ein weiteres Schmankerl im „Angebot“, die dann 20 Jahre alte Sanyo VPC-X350 von 1998 mit sagenhaften 1.024 x 768 Pixel = 0,8 MP Auflösung!

Danke für den freundlichen und konstruktiven Kommentar!

Ralf Jannke


Uwe

11. Oktober 2017

Lieber Ralf Jannke, wie schon gesagt, lese ich seit einiger Zeit Ihren Blog mit dem äußerstem Vergnügen, da ich ja durch ihre Seite mit Ihrem Freund Boris auf das Vergnügen der »historischen« Digicams und am Wiederbeleben alter Technik gekommen bin und meine kleine Freude gefunden habe, gefällt mir Ihr Post zu «generalüberholt« sehr gut. Dieser spricht ein Thema an, mit dem Gutgläubigen etwas verkauft werden soll ...

Nun ja, wie Sie bemerken ist »generalüberholt« ein Catchword, vielleicht eine Falle? In den Jahren der analogen Fotografie war es doch sehr kostenintensiv (viele werden sich erinnern) eine Kamera beim der Fachwerkstatt überholen zu lassen. Schön und gut ... damit danach nach USA fahren, die Nikon zickt, das Schweizer Taschenmesser raus, den Boden aufschrauben, etwas richten – geht wieder, aber dafür einiges bezahlt zu haben.

Sie sind Kamerafachmann und Liebhaber alter Geräte, die eventuellen Käufer sind freudige Laien und maßen sich es nicht an, eine Kamera »fachgerecht« wieder auf neu bringen zu können. Mit unserem Wissen und unserem Bastlermut können wir mir den Sensor, das CF-Einschub, das Bajonett austauschen.

Auch ich würde beim Wort »generalüberholt« mehr als vorsichtig sein. Wenn ein »Kamerahaus« dieses behauptet und sogar vielleicht Garantie und Rückgabe gewährt, dann könnte ich etwas vertrauen, glaube dann trotzdem nicht an eine »Generalüberholung«, wie gesagt doch zu kostenintensive und gerade bei historischen Modellen.

Auch sind natürlich die Angebote bei besagter Plattform, wenn gesagt: Keller- oder Dachbodenfund, von Opa, keine Ahnung, kein Akku zur Prüfung etc. doch etwas »ehrlicher«. Da muss ich dann entscheiden, wie weit ich gehe (um eventuell Schrott einzuhandeln). Dann kann ich sagen, ich setze und gewinne, oder verliere, es liegt dann bei unserer Gier ;-)

Also, wie sie schon sagten, ein ehrlicher Text, der Macken beschreibt wirkt glaubwürdiger, reinigen, kleben, etwas justieren können wir ja inzwischen selbst ... und uns kommt es ja darauf an, dass die alte Kamera noch zu Fotoversuchen taugt und Spaß macht. Ich gehe nicht auf »generalüberholt« ich mag kein Vitrinenteil, ich möchte mit Geräten arbeiten, die ich mir damals nicht leisten konnte, auch um zu sehen, dass es gut war nicht 10.000 Euro, 5.000 Euro oder 800 Euro immer für das neueste ausgegeben zu haben. Mit einer »Lucky Kitty«-Kamera (für 3 Euro) kann man auch schöne Bilder machen, oder?

Mit herzlichen Grüßen

Uwe Friedrich.