Das war/ist die besondere Eigenschaft dieses Materials, das (in etwas anderer Form) in der Digitalwelt ein Revival erfährt
Warum?
Die Digitalkamera liefert doch auch ein Sofortbild. Ja, aber eins, das ich nur vor Ort zeigen kann. Virtuell verbreiten kann ich es anschließend nur per Email-Versand oder durch Posten in die sozialen Netzwerke. Was dann die Kombination WiFi-fähige Digitalkamera/Smartphone als Relaisstation oder eben nur ein Smartphone voraussetzt. Das Polaroidbild kann ich als realen Papierabzug verschenken, SOFORT, fürs Digitalbild muss der Rechner/Drucker her. Wobei der drahtlose Drucker gerne auch ein Polaroid „ausspucken“ darf…
Polaroid?
Das gibt es doch gar nicht mehr. Ja, aber nach Einstellung der Kamera- wie Sofortbildproduktion seitens Polaroid hat Fuji nach Auslaufen der Polaroid-Patente seit Mitte der 1980er Jahre viele Jahre lang kompatible Sofortbildfilme produziert. 2010 wurde aber auch der von Fuji produzierte Schwarzweiß-Sofortbildfilm FP-100 B eingestellt, 2013 folgte das Produktionsende des hochempfindlichen (ISO 3000) FP-3000B SW-Films und 2016 schließlich das Aus für den ISO 100 Farbsofortbildfilm FP-100C.
Trennbildfilm/Integralfilm
Prinzipiell gab es diese beiden Arten an Polaroid (Fuji/Impossible) Sofortbildfilm
Trennbildfilm
Beim Trennbildverfahren werden die Papierbilder samt direkt darunter liegendem Film nach der Belichtung aus der Kamera gezogen. Was eine gewisse Kraft benötigt, denn zwei Stahlwalzen sorgen durch Pressen dafür, dass die im Film enthaltene Entwicklerpaste gleichmäßig zwischen dem Negativ und (späteren) Positiv verteilt wird. (*) Nach ca. 60 Sekunden Entwicklungszeit kann man das fertige Positiv vom Negativ abziehen, trennen – Trennbildverfahren eben. Beim FUJIFILM FP-3000B SW-Film lässt sich das Negativ nach Trocknung sogar als Scanvorlage verwenden! Hört sich zunächst unsinnig an, da man doch das Positiv, den fertigen Polaroid/Fuji-Abzug hat. Das Negativ soll aber noch ein paar Reserven bergen, was den Kontrast angeht. Auch bei Fuji-Farbtrennfilm lässt sich das Negativ gewinnen, bedeutet aber Umgang mit Schutzbrille und richtig aggressiver Chemie.
(*) Stichwort Entwicklerpaste
Auch wenn die Trennbildfilme luftdicht in Alufolie verschweisst sind: Finger weg von uraltem Original Polaroidmaterial. Es sei denn, man bekommt es geschenkt oder für ´nen Euro pro Film. Mitunter werden Jahre überlagerte Polaroidfilme als für besondere künstlerische Experimente geeignet für viel zu viel Geld offeriert. In diesen Filmen ist trotz Alufolie die nötige Feuchtigkeit aus der Entwicklerpaste verdampft, die Paste steinhart geworden. Da wird nichts mehr entwickelt, das alles kann komplett entsorgt werden :-(
Nachteil des ganzen Trennbildverfahrens war/ist das Filmpack-Gehäuse aus Metall und Kunststoff. In ihm stecken nicht nur die einzelnen unentwickelten Fotos, sondern reichlich Trennpapier und ein dickeres Schutzpapier. Alles sorgt nach dem Entwickeln für viel zu viel unzeitgemäßen Abfall!
Was bekommt man an Fotogröße?
Der fertige Papierabzug ist 8,2 x 10,8 cm groß, die reine Fotofläche beträgt ca. 7,3 x 9,5 cm. Für Großformatkameras gab es (oder gibt es wieder) Planfilme von 10,2 cm x 12,7 cm oder 20,3 cm x 25,4 cm Größe und zur Kamera passende Aufnahmehalter.
Integralfilm
Besonders, um die Wartezeit und das Zwischennegativ zu umgehen, wurde der so genannte Integralfilm entwickelt. Gleich nach dem Auslösen schiebt ein Motor das Bild aus der Kassette. Auch hier wird eine Entwicklungschemie/-paste durch Walzen über das Bild verteilt. Man kann beobachten, wie sich das Bild entwickelt. Zumindest beim Original Polaroid-Integralfilm war das so. Beim späteren noch vorzustellenden Impossible-Film Nachbau muss der Film bis zur fertigen Entwicklung lichtgeschützt werden. Besonders die Polaroid Faltspiegelreflexkamera SX-70 lieferte geladen mit Integralfilm 7,8 cm x 7,9 cm (Bildbereich) Fotos hoher Qualität. Neben dieser Film/Fotogröße gab/gibt es für andere Polaroidkameras noch eine Integralfilmvariante mit 7,9 cm x 9,1 cm Größe. Mit 7,3 cm x 5,5 cm gab es auch noch kleinere Integralfilmformate, mit denen sich Fuji nie befasste.
Auch wenn beim Integralfilm das Bild nicht vom Negativ getrennt werden muss, und so weniger Abfall entsteht, bleibt die Filmkassette, die neben den 10 Bildern (Impossible 8 Bilder) auch eine Polapulse genannte Batterie enthält. Also kaum weniger Abfall und nichts für den Hausmüll, da muss getrennt werden.
Impossible
Der Integralfilm wird vom in Konkurs gegangenen Polaroid schon lange nicht mehr produziert, Diesem Filmtyp nahm sich das Unternehmen Imposibble an. Das nicht nur die komplette Produktionsanlagen im niederländischen Eschede kaufte, sondern den Integralfilm weiter produziert. Allerdings nicht mehr in der Ur-Chemie, denn die Polaroidfilme enthielten Bestandteile, die heute nicht mehr erlaubt sind. Was im Extremfall die unten gezeigte Konsequenz haben kann.
Informationen über Impossible in deutscher Sprache bietet die Internetseite "The Impossible Project Filme" Auf der englischsprachigen Seite "TRULY IMPOSSIBLE INSTANT FILM" ist wirklich alles zur Entstehung des Impossible Projekts nachzulesen. Insbesondere auch welcher Impossible Film für welche Polaroid-Kamera benötigt wird.
Rostende Autowracks, "rostende" Impossible Filme
Heute machen wir auch Kunst, lautete der Beschluss, als es zum hier im Digicammuseum.de schon oft gezeigten südschwedischen Autowaldfriedhof ging. "Kunst" in Form einer Polaroid ProCam, geladen mit SW-Impossible-Film, der sein Haltbarkeitsdatum längst überschritten hatte. Das Ergebnis überraschte. Nicht nur die aufgenommenen Autowracks rosten still vor sich hin, auch der Impossible-Film zeigte heftige Korrosionserscheinungen.
Wobei man diesen "Look" mit Photoshop erstmal hinbekommen muss! Was bei derartigen Schrott-Fotos natürlich prima rüberkommt! Da ich zunächst nicht wusste, ob der Zerfall der Bilder weitergeht und nicht aufzuhalten ist, wurde das "Kunst"-gefüllte Impossible-Album Bild für Bild gescannt. Der Zerfall geht übrigens nicht weiter!
Impossible war auf der Photokina sehr kooperativ und spendierte nach meiner Präsentation gleich die Erklärung falsch gewählter Chemie in einer Produktionsserie und zwei Impossible-Testfilme aktueller Produktion.
Hintere Reihe von links nach rechts: POLAROID LAND CAMERA 850 ELECTRIC-EYE, Olympus Camedia C-211 Zoom und POLAROID AUTOMATIC LAND CAMERA 450
Vordere Reihe von links nach rechts: POLAROID IMPULSE AF (Polaroid 600 Film), POLAROID SX-70 LAND CAMERA MODEL 2 und POLAROID LAND CAMERA Supercolor 1000 (SX-70 Film)
Für den Typ der POLAROID 850 ELECTRIC-EYE Klasse gibt es schon seit Jahrzehnten keinen Film mehr, wohl aber sündteure Umbauten. Theoretisch könnte man die Electric Eye Blatt für Blatt mit SW-Fotopapier laden, um einfach auf diesen "Film" zu belichten. Was dann aber in richtig Arbeit ausartet. Ihren Reiz hat die Electric Eye, schon durch den riesigen Mess-Sucher zu schauen und die Entfernung einzustellen.
Neben der Olympus Camedia C-211 Zoom gab es 1999 noch eine Fujifilm FinePix PR21 PrintCam, die das gleiche Konzept verfolgte. Digitalkamera mit eingebautem Polaroid-"Drucker" besser Belichter für den längst nicht mehr zu habenden Filmtyp 500.
Untergegangene Polaroid-Filmformate
Diese vom Haltbarkeitsdatum seit Jahren abgelaufenen Filme werden immer wieder zu Wucherpreisen angeboten. Mein eindringlicher Rat:
FINGER WEG!
Wie oben schon beschrieben: In diesen Filmen ist trotz verschweißter Alufolie die nötige Feuchtigkeit aus der Entwicklerpaste verdampft, die Paste steinhart geworden. Da wird nichts mehr entwickelt, das alles kann komplett entsorgt werden :-(
Wenn man derartige Filme geschenkt bekommt oder zum Stückpreis von 1 Euro auf einem Flohmarkt findet, kann man gerne ein Experiment wagen. Sonst nicht! Das gilt auch für abgelaufene Impossible Filme…
Und neben Impossible-Filmen und noch vorhandenen Fuji Trennbildfilmen?
Polaroid/Sofortbildfilm heißt in diesem Fall FUJIFILM Instax
Fuji hat die Produktion der vermutlich aufwändig zu produzierenden Trennbildfilme eingestellt, sein Herz aber (wieder) für die Sofortbildfotografie entdeckt. Resultat sind "trendige" Kameras und Drucker, die mit Instax-Film geladen werden. Mit dem Drucker hat Fuji alles richtig gemacht, denn drahtlos mit dem Smartphone verbunden, können Fotos nicht nur auf dem Monitor betrachtet, sondern eben direkt vor Ort gedruckt und ggf. verschenkt werden!
Alles zum Fuji INSTAX-System auf der Internetseite
Interessieren könnte mich die zweiäugige Spiegelreflexkamera "Rolleiflex" die mit Fuji Instax Film geladen wird. Noch ist sie nicht Realität, sondern nur ein Kickstarter-Projekt.
FUJIFILM instax 210, instax WIDE 300
Sind auf jeden Fall Hingucker, die beiden Modelle…
Ein sauteures Vergnügen bis hin zum unverschämten PREISWUCHER!
Abgelaufene Fuji Trennbildfilme FP-3000B (SW) werden zwischen irren 45 und 75 Euro Stückpreis angeboten. Die ebenfalls vom Haltbarkeitsdatum abgelaufene Farbvariante FP-100C kostet 40 bis 50 Euro pro Stück. Interessant dazu Fotos von mit Fuji Trennbildfilmen gut gefüllten Kühlschränken. So ganz mit dem zu erwarteten Reichtum scheint es wohl nicht zu funktionieren…
Die oben beschriebenen Impossiblefilme kosten unabhängig der Art grob gerundet Größenordnung 20 Euro pro Stück. 20 Euro für 8 Fotos.
Die Fuji Instax Mini Filme sind dagegen fast "preiswert": Der Doppelpack für 2 x 10 Fotos kostet ca. 18 Euro…
Die gleiche Summe kostet der Fuji Doppelpack für die instax 300 und instax WIDE.
Und jetzt?
Schnell zu erkennen, dass man sich bei Interess an Sofortbildfotografie allenfalls für die Fuji Instax-Kameras und die dazugehörigen Filme interessieren kann. Was perfekt zu beobachten war: Wenn in der Bonner Altstadt im Frühling die (Zier)Kirschen blühen, wird die Altstadt (auch) von (vielen) Asiaten „geflutet“, die sich an der Kirschblüte erfreuen. Und die Asiaten fotografieren mit allem, was der Markt hergibt: Smartphone oder GoPro mit der unvermeidlichen Selfie-Stange, Systemkamera und - Fuji Instax. Ganz selbstverständlich nebeneinander.
Und womit fotografiere ich analog sofort?
Ich habe noch einen guten, zu anständigen (!!!) Preisen erworbenen Vorrat an Fuji Trennbildfilmen. Die werden mit Bedacht eingesetzt! In adäquaten Kameras! Das wird die ganz zu Beginn gezeigte POLAROID AUTOMATIC LAND CAMERA 450 sein, oder eins der noch vorhandenen Derivate oder dieses Monstrum:
Pentax 6x7 plus Polaback (Rückteil für Polaroid/Fuji Trennbildfilm)
Nicht nur für die gezeigte 6x7 Pentax gab es diese Sofortbildfilm-Rückwand, die stand (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) auch für die Hasselblad, die 6x7 cm Mamiya und für einäugige 6x6 Rollei SLRs zur Verfügung.
Zur Pentax 6x7
Groß, schwer, klobig, behäbig, lahm und doch ein Jugendtraum: die 6x7 Pentax Spiegelreflexkamera. Andere Semester standen auf Leica, mich faszinierte die 1969 vorgestellte Pentax 6x7 von Anfang an. Nach 40 Jahren wurde 2009 die Produktion des letzten Nachfolgers Pentax 67II schließlich eingestellt.
Besonders, wenn der Prismensucher montiert ist, kommt mir die 6x7 Pentax wie eine völlig außer Form geratene Nikon F2 vor. Nicht ohne Grund deshalb manchmal als „Kamera für echte Männer“ oder der „Arnold Schwarzenegger unter den Kameras“ bezeichnet. 5 Euro in die Chauvi-Kasse?-)
Von den Kosten für den kleinen Amateur damals unerreichbar gewesen, ist die 6x7 Pentax mit etwas Geduld heute fast zum „Schrottpreis“ zu haben, wenn einem bei voller technischer Funktion der Zustand und das Aussehen egal ist. So kam diese Kamera mit dem 1,6fach vergrößernden Falt-Lichtschacht samt Polaroidrückteil und OriginalRückwand für 175 Euro aus Tschechien. Ohne Polaback ist (war?) eine funktionierende 6x7 Pentax auch schon mal für einen Hunni zu haben...
Auch bei den Objektiven muss man sich in Geduld üben, und sich von den oft völlig überzogenen Preisvorstellungen nicht schrecken lassen! Das abgebildete 2,4/105 mm Normalobjektiv kam 85 Euro, das 3,5/55 mm Weitwinkel 79 Euro. Mehr brauche ich für diese Kamera nicht. Für die Umrechnung aufs 24 mm x 36 mm Kleinbildformat kann man zum Vergleich den Divisor zwei nehmen: 105 mm entsprechen etwa 55 mm, 55 mm etwa 28 mm. Eine ordentliche Auflistung der verfügbaren Objektive inkl. einer Handvoll der unvermeidlichen Tests gibt es hier.
Und wenn man von der Kamera keine Ahnung hat? So wie ich zu Beginn. Die wichtigste Quelle für Bedienungsanleitungen ist immer wieder die Butkus-Seite. Hier ist das englische Manual für die Pentax 6x7 zu finden. Auf dieser Seite ist auch die BA für den TTLPrismansucher und ein Prospekt zur Pentax zu finden. Auf keinen Fall vergessen werden darf die deutsche Internetseite "67II Mittelformat 6x7 Pentax 67 gebraucht 645"
Ein MUSS: Tips zur Bedienung der Pentax 67II in deutscher Sprache! Und besonders die Seite 4 und 5 der englischen Bedienungsanelitung.
Batterie
Ohne sie geht bei der Pentax 6x7 nichts! Die benötigte 6V Batterie Typ 544 gibt es möglicherweise nicht im Fotoladen, sie kann aber problemlos im ElektronikSpezialaden gekauft oder bestellt werden. Wer sich mit genügend Englischkenntnissen noch in die Pentax 6x7 Geschichte einlesen will, wird unter anderem hier und hier fündig.
Wer einen Blick ins überwiegend mechanische Innenleben der Pentax 6x7 werfen möchte: Hier liegt das ASAHI Pentax 6x7 Service Manual
Montierte man vergleichbare Rückwände aber auf eine 24 x 36 mm Kleinbild-Spiegelreflexkamera geriet das Ganze doch sehr zur Materialverschwendung. Immerhin, eine Belichtungskontrolle war so auch unmittelbar vor Ort möglich!
Eine interessante Polaroidverson für eine KB Spiegelreflex ist rechts zu bewundern. Dieses spezielle Speed-Magny- Rückteil gab es unter anderem für die Nikon F und F2 sowie die Canon F1. Trotz einiger Einschränkungen – nur bestimmte Brennweiten füllten die komplette Fläche des Sofortbildfilms und die gesamte Konstruktion kostete 5 Stufen Licht. Vorteil: Der Fotograf hatte einen 4x5 Inch ca. 10 x 12,5 cm Abzug aus seiner System Spiegelreflexkamera! Der auch in vordigitalen Zeiten schnell über einen schon verfügbaren Trommelscanner an eine entfernt liegende Redaktion übermittelt war!
www.digicammuseum.de/geschichten/erfahrungsberichte/bilddatenuebertragung-vor-80-jahren/
Blogbeitrag Digitale Rückwand für analoge SLRs: Zum Zweiten
Speed Magny Backs Turn Nikon F Cameras into Instant or Large Format Cameras
Nicht nur Speed-Magny: “The Instant Nikon F camera”
Unique attachments for Nikon F produce large photos with Polaroid and regular film
Das wird ein Spaß – und Schlepperei ;-)
Ralf Jannke 2019/2020
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 19.09.2022 |
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