Wiedergefunden ;-) 4,5/80-200 mm Nikkor

Not mint…

Als "mint" (übersetzt "wie neu") wird der Zustand von bevorzugt alten – SAMMELFÄHIGEN – Fotogeräten beschrieben. Die im besten Fall tatsächlich nie benutzt wurden und so nicht die kleinste Abnutzungsspur zeigen. Idealerweise Neuzustand in Originalverpackung – "mint" eben… Damit das Ganze dann zum Einstauben in der Sammlervitrine verschwinden kann. Was für eine Sünde! Diese Gefahr besteht beim oben abgebildeten 4,5/80-200 mm Nikkor nicht ;-) Dieses Zoom ist NOT MINT! Und solche Objektve liebe ich. Die nach Jahrzehnten heftigem Gebrauchs immer noch funktionieren!

Eins der 10 besten Nikon-Objektive

Dieses in mehreren Varianten von 1969 bis 1977 gebaute Objektiv soll ein Zoom gewesen sein, das in der Abbildungsqualität mit Festbrennweiten mithalten konnte - siehe unten... Das mit 74,5 mm Durchmesser (52 mm Filtergewinde), 154 mm Länge und 830 g Gewicht kompakte 4,5/80-200 Nikkor ersetzte seine voluminösen Vorgänger 4-4,5/8,5-25 cm (1959-1969) und 4/85-250 mm (1969-1973), die 89 mm Durchmesser (82 mm Filtergewinde), 297 mm Länge und ca. 2000 g Gewicht aufweisen. Das hier gezeigte 80-200 stammt lt. Seriennummer # 147696 aus dem Produktions-Zeitraum 1973 bis 1975.

Obwohl schwer gebraucht, funktioniert hier die Friktion, die gewünschte Reibung des Schiebemechanismus' einwandfrei. Das bedeutet, dass der kombinierte Brennweiten-/Entfernungsverstellring leichtgängig ist, beim Einsatz der Kamera je nach Neigung nach unten oder oben aber nicht verrutscht und die gewünschte Brennweite behält. Viele im Zustand deutlich besser erhaltene 4,5/80-200 mm Nikkore sind so "ausgenudelt", dass der Ring regelrecht "durchfällt", was für mich den Komfort bei der Benutzung mindert.

Der einstige Nikon Guru Ken Rockwell schrieb über den neugerechneten "N"-Nachfolger des hier vorgestellten Zooms: "This Zoom-NIKKOR 80-200mm f/4.5 N is one of Nikon's 10 Best Lenses because it's super sharp, (...)"

Norbert Michalke schrieb dazu in seiem Blog "Nikon classics":

(...) Ken Rockwell schwärmt ja sehr für das legendäre Traumobjektiv der siebziger Jahre: das Zoom-Nikkor 80-200/4,5N AI: „Es ist eines der 10 besten Nikon-Objektive, weil es superscharf ist und solider gebaut als alle heutigen Nikon-Linsen. Es ist Nikons leichtestes Profi-Telezoom aller Zeiten“. (...) deshalb wollte ich es jetzt mal genau wissen.  (...) Ich montierte es also mittels eines Sony-Nikon-Adapters an die  Sony A7 mit 24 Megapixeln, und machte eine paar Testbilder. Und ich erlebte eine Überraschung:Der Mann hat Recht! Schon bei offener Blende zeigte das Objektiv eine (sorry..) hammermäßige Schärfe (...) Die große Überraschung war auch, dass diese Schärfe bis zu den äussersten Bildrändern kaum nachliess. (...) Allerdings beschrieb es auch schon damals die Zeitschrift Modern Photography als „das beste Vario-Objektiv, das wir jemals getestet haben.“ Auch die deutsche Photo stellte fest: „Das Zoom hat die Abbildungsleistung einer ausgezeichneten Festbrennweite“. OK, bei diesem Praxisbericht geht es um den Vorgänger der "N"-Version.

Nun ja, (virtuelles) Papier ist geduldig, sehen Sie selbst:

Über 40 Jahre altes Zoom bei 24 Megapixel

4 Megapixel

Die wenigen Bildbeispiele lassen erahnen, was bereits die erste Version dieses alte Zoom 40 Jahre nach seiner Vorstellung leistet. "Erahnen" weil die Fotos bei ISO 2500/3200 aufgenommen wurden, um die mögliche Schärfe nicht durch zu lange Verschlusszeiten = Verwackeln zu verringern. Das 4,5/80-200 mm verdient sich in der hellen Jahreszeit 2020 eine weitere Runde. Bei ISO 200/400 und ggf. Stativeinsatz. Wirklich beeindruckend, wie massiv dieses Exemplar gearbeitet ist und trotz jahrelangem und schonungslosem Gebrauch durch eine unbekannte Anzahl Vorbesitzer heute noch Leistung liefert!

Ralf Jannke, Oktober 2019

  

Kommentare (2)

  • Christian Zahn
    Christian Zahn
    am 02.02.2020
    Das Nikkor 4,5/80-200 ist ein Objektiv, dessen Schärfe schon bei Offenblende an der D800 umwerfend ist. Und der aktuelle Gebrauchtpreis ist oftmals kaum 50 Euro übersteigend. Ich habe es als "Beifang" zum deutlich beliebteren und teureren 2,8/24 AI-Nikkor erworben und erst nach dem Kauf festgestellt, welchen guten Bei-Fang ich da gemacht habe. Zwar ist es recht lichtschwach (F4,5, immerhin konstant über alle Brennweitenbereiche), aber wofür gibt es Stative.
    Einzige Schwachstelle des 4,5/80-200 ist die im Lauf der Zeit nachlassende Friktion des Zoom-/Fokusringes. Konnte das Nikon früher noch durch Auswechseln eines kleinen Teils im Inneren für recht wenig Geld reparieren, bleibt heutzutage nur eine Eigenreparatur, was man nur machen sollte, wenn man weiß was man tut und wie man so etwas wieder zusammenbaut!
  • Roger Willi
    Roger Willi
    am 26.05.2021
    Über einen bekannten online-marktplatz für Gebrauchtes für schlappe 70€ erworben. Ich kann mir die neusten Nikkore in Semi-Profi Güte einfach nicht leisten, geschweige denn welche aus dem Profi-Lager. Bein Auspacken und Festhalten am äußeren Zoom-Tubus, knallt mir das Objektiv aus der 200mm Brennweite ungebremst in die 80mm Position. "Der Zoomring geht sehr leichtgängig" hatte der Verkäufer das Objektiv angeboten. Na ja, das ist schon sehr, sehr "leichtgängig". Beim Fokussieren heißt das den Tubus festhalten. Ansonsten hat man bei spätestens 30Grad anheben der Kamera über die Horizontale nach kürzester Zeit automatisch 200mm beziehungsweise 80mm Brennweite beim Absenken der Kamera. Beim "Aus der Hand" fotografieren hat man die Hand eh am Fokussier-Ring, bei Fotos mit Stativ muss ich bei genannten Positionen leider die Hand am Objektiv lassen, oder einen Pflasterstreifen kleben. Einfach umständlich und damit super lästig. Da keine Kratzer, Pilz oder sonstige Trübungen vorhanden waren, lediglich etwas Staub im Inneren (unvermeidlich bei Schiebezooms dieser Bauweise) hab ich das Objektiv behalten.
    Die Testbilder mit der D700 aufgenommen und bei optimaler Monitor-Auflösung (100%) betrachtet, was soll ich sagen... Als versöhnlichen Ausgleich für das mühevolle Handling zaubert mir das in die Tage gekommene Objektiv eine Abbildungsleistung auf den Monitor welches mir beim ersten Betrachten der Bilder den Mund offen stehen lässt. Die Schärfeleistung ist über den gesamten Brennweitenbreich, auch bei offener Blende hervorragend. Abgeblendet ein Traum. Farbsäume kennt das Objektiv nicht, dafür hat es zu wenig Linsen und die bekannte Nikon-Vergütung. Wer allerdings mit Tele und VR fotografiert sei gewarnt, dieses alte Nikkor verlangt nach der Regel, wonach die Verschlusszeit aus einer RUHIGEN Hand fotografiert MINDESTENS die der aktuellen Brennweite entsprechen sollte. (Also bei 200mm 1/250). Verwacklung so ausgeschlossen ist die Schärfe umwerfend. Auch zeigen die Bilder ohne kameraseitige Dynamikverstärkung eine natürliche Farbwiedergabe und feinste Farbabstufung, was eine überraschende Plastizität in das Bild bringt. Mein AF-Nikkor 28-85mm 3.5-4.5 (auch schon etwas betagt aber ich liebe es) kommt da allenfalls eine Stufe abgeblendet ran.
    Alles in allem, ein Objektiv was wie eine in die Tage gekommene Diva behandelt werden will, dafür aber auch eine Gänsehaut zaubern kann.

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