Apple QuickTake 100 Kurzbericht von Christian Zahn

Hier stelle ich eine sehr frühe digitale Kamera vor. Sie entstand in Kooperation zwischen Kodak und Apple.

Ralf Jannke hat die Apple QuickTake Kameras und ihre Geschichte in drei Berichten gewürdigt:

Apple QuickTake 100 (1994)

Apple QuickTake 100 und 150

Henne oder Ei? Wer war zuerst da? Apple, Chinon, Kodak oder Apple, Kodak, Chinon oder Chinon, Apple, Kodak oder…

Spezifikationen

  • Die Mai 1994 vorgestellte Apple QuickTake 100 ist 135 x 155 x 55 mm groß und wiegt ohne Batterien 500 g.
  • Der CCD-Sensor unbekannter Größe löst maximal 640 x 480 Pixel  = 0,3 Megapixel auf. Die Empfindlichkeit beträgt ca. 85 ASA. Videos sind nicht möglich. Bilder werden als Raw-Datei im internen 1 MB-Flash-Speicher abgelegt.
  • Das Objektiv ist ein Fixfokusobjektiv unbekannter Brennweite, die kb-äquivalente Brennweite beträgt ca. 50 mm
  • Das Motiv wird über einen winzigen Fernrohrsucher angepeilt, ein SW-Statusdisplay mit Restbildanzeige usw. ist vorhanden, die Anzeige der aufgenommenen Bilder ist an der Kamera unmöglich.
  • Entfernungseinstellung entfällt, da Fixfokus
  • Belichtungssteuerung durch Vollautomatik. Belichtungszeiten 1/30 bis 1/750 sek., Selbstauslöser mit  10 sek. Vorlaufzeit
  • im Gehäuse integrierter Blitz
  • Weißabgleich automatisch
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch drei Mignon-Zellen

Besonderheiten

  • Apple ist ein Hersteller von Computern, Smartphones, Tabletts und elektronischen Gadgets (z. B. iPod oder HomePod). In Kooperation mit Kodak entstand 1994 die QuickTake 100, eine der ersten bezahlbaren Digitalkameras (unter 2000 DM). (Die Fertigung erfolgte vermutlich durch Chinon, damals ein Kodak-Tochterunternehmen.) Kodak wollte sich zuerst das ertragreiche Geschäft mit analogen Filmen nicht durch Digitaltechnik beschneiden, brachte die Kamera dann aber etwas später leicht modifiziert als DC40 doch noch auf den Markt. Noch etwas später stellte Apple die Quicktake 150 vor, die praktisch baugleich mit der gezeigten Kamera ist, aber statt nur 8 hochauflösende Bilder durch höhere Kompression 16 Bilder in den internen Speicher aufnehmen kann.
  • Apple verkaufte die gezeigte Tragetasche und Handschlaufe als Sonderzubehör. Die Handschlaufe ermöglicht eine ruhigere und sichere Kamerahaltung, das Auslesen der Bilder ist damit jederzeit möglich, der Batteriewechsel jedoch nicht. In der Tasche kann entweder die Handschlaufe oder das Kabel in einem getrennten Fach untergebracht werden. Die Tasche kann entweder am Gürtel oder über der Schulter getragen werden. Auch an der Kamera selbst sind zwei Stege für einen Schultergurt vorhanden.
  • Ein weiteres Sonderzubehör war eine aufsteckbare Nahlinse (bei der QuickTake 150 gehörte sie zum Lieferumfang).
  • Mit der QuickTake 100 wurde die digitale Bildrevolution begründete, erstmals konnten sich nicht nur Firmen oder Superreiche eine digitale Kamera leisten (bei Anschaffungspreisen von weit über 10.000 DM für die Vorgängergeräte!). Schadensgutachter, Makler und andere Freiberufler konnten dank der QuickTake 100 auf das Anfertigen von Polaroid-Sofortbildern und das anschließende Einscannen verzichten, sondern sofort digitale Daten in den Rechner einlesen. Für diesen Personenkreis war die Beschränkung auf 8 bzw. 16 Aufnahmen auch zweitrangig; für eine Fototour war die QuickTake nicht gedacht, denn das Auslesen der Bilder unterwegs mit einem der damals noch recht schweren Laptops/Notebooks war umständlich.
  • Die QuickTake 100 speichert entweder 8 Aufnahmen mit 640x480 Pixeln oder 16 Bilder mit 320x240 Pixeln im Rohformat ab. Die Computersoftware „entwickelt“ sie dann zu damals üblichen Bildern im TIFF, PICT oder BMP-Format. An der Kamera können nur alle Bilder gemeinsam gelöscht werden (die QuickTake 150 kann das jeweils letzte Bild einzeln löschen). Die Löschtaste ist versenkt angebracht, sie wird mit einem spitzen Gegenstand eingedrückt und sofort sind (ohne Warnhinweis) alle Bilder unwiderruflich weg.
  • Die Bilder können an der Kamera nicht betrachtet werden, das SW-Display zeigt nur die gewählte Bildauflösung, die Restbildanzeige und die Zahl der aufgenommenen Bilder an sowie einige Angaben zum Kamerastatus (Blitz und Selbstauslöser).
  • Die Stromversorgung erfolgt durch drei fast überall erhältliche Mignonzellen. Apple verkaufte die Kamera mit drei NiCd-Akkus und einem passenden Ladegerät. Alternativ kann die Kamera stationär per Hohlsteckerbuchse mit 7,5 Volt (bei satten 2 Ampere = 15 Watt Spitzenleistung!) mit Spannung versorgt werden.
  • Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut. Eine Blitzbelichtungsmessung erfolgt vermutlich nicht. Der Verschluß ist deutlich hörbar, es handelt sich vermutlich um einen elektromagnetisch angetriebenen Klappenverschluss.
  • In den Bilder sind keine EXIF-Daten eingebettet, das gab es 1994 noch nicht.
  • Für die serielle Schnittstelle ist ein Spezialkabel erforderlich (es entspricht aber einem Mac-typischen seriellen Kabel). Die Kamera wurde entweder mit der Mac-Software und dem passenden seriellen Kabel ausgeliefert oder mit der PC-Software und dem seriellen PC-Kabel.
  • Die Apple-Software läuft nur auf historischer Rechentechnik (Macintosh mit Motorola- oder PowerPC-CPU, serieller Schnittstelle und System 7 bis 8). Die Windows-Software arbeitet unter Windows 3.1 bis 98, auch das ist inzwischen selten gewordene Hardware.
  • Beide Programmversionen geben keine heute übliche JPEGs aus, sondern laden erst die RAW-Files (Endung *.qtk under Windows) aus der Kamera, um sie dann als TIFF, PICT oder BMP abzuspeichern. Heutzutage können die RAW-Dateien nur noch mit dem GraphicConverter (Mac) gelesen werden, die üblichen Programme wie Lightroom und Co. können damit nichts anfangen.
  • Die nach der QuickTake 150 gebaute Apple QuickTake 200 ist keine Kodak-Kamera im „Flunder“-Design, sondern eine umgelabelte Fuji DS-7 mit wechselbaren 2 MB-5Volt-Smartmediakarten.
  • Der UVP der Apple QuickTake 100 betrug etwa 1500 DM. Ich erwarb mein Exemplar 1998 für ca. 300 DM, allerdings nur mit der gezeigten Tasche, der Handschlaufe und den Disketten (ohne OVP und Kabel).

Beispielaufnahmen

Alle Aufnahmen entstanden bei den festen 85 ASA, gespeichert als RAW, gewandelt mit der AppleSoftware, bearbeitet mit Photoshop CS4. Die Größe ist unbearbeitet. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde nicht korrigiert, es sind also fast unveränderte Bilder „Out of the Cam“. Belichtungszeiten- und Blenden-Angaben sind in die Bilder nicht eingefügt, da die Kamera diese Informationen nicht preisgab.

Die gezeigten Bilder stammen aus dem Jahre 1998.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der QuickTake 100 ist komplett aus Kunststoff. Der Sucher ist winzig, man muß genau das Auge vor ihm positionieren, ansonsten sieht man das Motiv nicht. Immerhin wird es in annähernd natürlicher Größe gezeigt.

Die Kamera gehört zur Klasse der frühen Digitalkameras.

Die Bilder sind aus heutiger Sicht eine Katastrophe; den 640x480-Pixel-Bildern sieht man deutlich Kompressions- und Interpolationsartefakte an, auch die Schärfe ist nicht gut und man erkennt leichtes Farbrauschen. Damals war es das Beste, was man für diesen Preis bekommen konnte, und man war damit hoch zufrieden.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch sehr wichtige Kamera (sie oder die QuickTake 150 muß in jede Kamerasammlung!), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen völlig ungeeignet.

Christian Zahn, Februar 2021

Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias

 

 

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