Ultralichtstarke Objektive
Bereits im Beitrag "Faszination Superlichtstärke" ausführlich vorgestellt, bleibt dieses Thema weiter interessant.
Unter "Bokeh II 1,2/55 mm Nikkor - Digitalkamera-Museum" gab es einen weiteren Einblick, was Unschärfecharakteristik vor und hinter dem fokussierten Motiv bei Offenblende f/1,2 bedeutet, der oft strapazierte Begriff Bokeh.
Wo und bei welcher Brennweite beginnt "Ultralichtstärke"?
Die Brennweite ist/war relativ einfach festzulegen: Das gute, alte Normalobjektiv mit ca. 50 mm Brennweite. Das war mit dem Beginn der Fotografie auf Kleinbildfilm im 24 x 36 mm Negativformat die erste Brennweite, die es in Lichtstärken von f/2 und besser gab. Im Vergleich zu 3,5/50 mm Objektiven schon eine Ultralichtstärke.
Bestreben der Objektivkonstrukteure und Wunsch der Fotografierenden — ist das richtig ge-jendert ? — war aber immer mehr als Lichtstärke f/2. Dem kamen die Hersteller schon in den 1950er/1960er Jahren nach. Heute sind Normalobjektive mit f/1,4, f1,8 nichts Besonderes.
"Magische" Grenze, um in die erlauchte Gilde der "Ultralichtstärken" aufgenommen zu werden, ist offensichtlich Blende 1,2.
Obwohl das gegenüber f/1,4 gerade mal rund 0,4 EV Gewinn Lichtstärke ist. Für Nikon war das aufgrund der Bajonettabmessungen Jahrzehnte auch das Maximum an Lichtstärke: f/1,2 in Verbindung mit 50, 55 oder 58 mm Brennweite. Ein 1,0/50 oder 1,2/85 mm gab es im KB-Format für die Spiegelreflexkamera bei der Canon EOS und ihrem größeren Bajonett. Ein 1,0/50 gab es für den alten Canon FD-Anschluss nicht. Dennoch bot Canon in den 1960er Jahren und seinen Messucherkamerazeiten ein sagenhaftes 0,95/50 mm Objektiv fürs Kleinbildformat. Fotograf Matthieu Stern präsentiert es in diesem sehenswerten Youtube-Video, adaptiert auf einer spiegellosen Vollformat Sony vor.
Bei derartigen Lichtstärken geht es dann aber in höchste Eurobeträge. Unter 1000 Euro bleibt es nur bei mehreren chinesischen Objektivbauern, die vergleichbare Objektive mit Lichtstärke < f/1,2 bieten. Begnügt man sich bei Nikon mit "nur" Lichtstärke f/1,2, hat man eine Auswahl unter 500 Euro, wenn es nicht gerade der Nikon Exot, das 1,2/58 mm Noct Nikkor ist. Der niederländische Fotograf Nico van Dijk widmet den ultralichtstarken Nikkoren mit "the real story of a legendary lens" ein ganzes Kapitel auf seiner Internetseite.
Der Vollständigkeit halbe darf nicht unerwähnt bleiben, dass sich Ultralichtstärke nicht auf die ca. 50 mm Brennweite des Normalobjektivs bezieht.
Das 1,2/85 mm wurde schon genannt. 105 mm Brennweite gibt es mittlerweile auch f/1,4 ultralichtstark. Bei f/1,8 oder f/2 spricht man im Zusammenhang mit 135 und 200 mm Brennweite ebenfalls von Ultralichtstärke. Getoppt wird das noch von Exoten, wie dem Olympus 2/250 mm und dem 2/300 mm Nikkor. Alles Traumlinsen!
Zurück zum 1,2/55 mm Nikkor
In den Ferien ist mir endlich ein etwas besserer Schuss geglückt, wo die Offenblende wirkt. 1 — NUR EIN — Foto! Heißt, ich werde/muss mich am 1,2/55 mm Nikkor immer wieder üben. Es wird also immer mal wieder ein damit aufgenommenes Bildchen geben …
Ralf Jannke, Sommer 2020
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 4.09.2020 |
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