Erfahrungsbericht Fuji X-E2 mit drei M42-Normalobjektiven von Christian Zahn

In diesem Erfahrungsbericht geht es nicht um die Qualitäten der digitalen Kamera bei Verwendung von originalen AF-Objektiven, sondern um die Benutzung von manuellen Altobjektiven an einer 16-Megapixel Systemkamera. Dank preiswerten Drittanbieter-Adaptern stehen dem Anwender eine große Zahl an Objektiven zur Verfügung.

Heute stelle ich drei unterschiedliche 50mm-Normalobjektive vor, die alle auf dem Ur-Tessar von Carl Zeiss basieren

Benutzung der X-E2 mit manuell zu fokussierenden alten M42-Objektiven

Die Kamera unterstützt die Verwendung von alten Manuellfokusobjektiven durch eine digitale Schnittbildkeil-Simulation oder durch farbliche Hervorhebung scharfer Bildkanten (Fokus-Peaking) in verschiedenen Farben. Ich persönlich komme mit dem „Schnittbild“ der X-E2 nicht klar (es wird Schwarzweiß in der Bildmitte eingeblendet), die Hervorhebung von scharfen Bildkanten in starkem Rotton hingegen ist deutlich sichtbar, insbesondere wenn durch Druck auf das Daumenrad die Sucherlupe hinzugeschaltet ist.

In diesem Bericht soll es um die Verwendung von M42-Objektiven gehen

Dieses „Bajonett“ wurde von VEB Zeiss Ikon (Dresden) erstmals 1949 in der Contax S (S = Schraubgewinde) eingesetzt, entwickelt wurde es bereits in der Zeit vor dem Krieg (in der Zeiss Ikon Syntax, von der sich aber kaum Bilder und Unterlagen erhalten haben). Im „Westen“ nutzte das Kamerawerk Wirgin ab 1953/54 M42 für seine Edixa-Kameras. In „Fernost“ wurde M42 von Asahi für seine Pentax Spotmatic Kameras verwendet, sowie von etlichen weiteren Herstellern in der ganzen Welt, weil das Gewinde lizenzfrei war. Die weiteste Verbreitung dürften die preiswert verkauften Praktica-Spiegelreflexen vom VEB Pentagon gefunden haben.

Anfangs war M42 ein reines Befestigungsgewinde, da die Belichtungsmessung damals per Handbelichtungsmesser erfolgte. Zum Scharfstellen drehte der Fotograf den Blendenring auf die größte Öffnung (= kleinste Blendenzahl), nach dem Scharfstellen drehte er den Ring auf die gewünschte Blendenstellung, wobei die Blendenlamellen sofort geschlossen wurden. Um das zu erleichtern, gibt es sogenannte „Vorwahlblenden“, also quasi einen zweiten Blendenring, der den ersten bei Erreichen der gewünschten Blendenzahl stoppt. Der Fotograf braucht dann das Auge nicht vom Sucher zu nehmen, um die Arbeitsblende einzustellen.

Später wurde M42 um die Offenblend-Scharfeinstellung durch Einführung der „Springblende“ erweitert, in der Kamera ist eine Wippe oder ein Druckstück, das beim Hochklappen des Spiegels die Objektivblende durch Betätigen eines Stiftes schließt. Da die Einschraubposition des Objektivs durch Toleranzen bei der Gewindefertigung nicht gewährleistet ist, wurde das Betätigungselement einfach viel breiter als der Objektivstift ausgeführt, so daß die Blende immer sicher geschlossen wird. Viele Spingblenden-Objektive haben eine Umschaltung zwischen „M“ und „A“, damit konnten in der Übergangszeit diese Objektive auch an Kameras ohne Blendenbetätiger wie früher benutzt werden.

Nachdem sich die Belichtungsmessung durch das Objektiv allgemein durchsetzte, hatte M42 einen entscheidenden Nachteil gegenüber Bajonettsystemen, die von Anfang an oder nachträglich auf Offenblend-Innenmessung ausgelegt waren: Bei M42 muß zur Belichtungsmessung die Blende durch Druck auf einen Knopf an der Kamera geschlossen werden, dann kann der Fotograf die Belichtungsmessung „nachführen“, in dem er einen Zeiger in die Mitte zwischen zwei Kerben bringt und somit die korrekte Kombination aus Blende und Belichtungszeit passend zur Motivhelligkeit einstellt.

Verschiedene Kamerahersteller (darunter Mamiya, Zeiss Ikon West/Voigtländer, Olympus, Fuji und Pentax) brachten an ihren M42-Objektiven kleine „Nasen“ an, die der Kamera die eingestellte Blende mitteilen. VEB Pentacon nutze sogar ein mit dem Blendenring verbundenes Schleifpotentiometer, um die Blendenringstellung elektrisch zu übertragen! Alle diese Systeme sind nicht zueinander kompatibel.

An einer spiegellosen Systemkamera wie der Fuji X-E2 sind alle Systeme für Offenblendmessung überflüssig, auch die Springblendenfunktion wird außer Kraft gesetzt, da der verwendete Adapter den Stößel immer eindrückt. Lediglich Objektive mit Blendenvowahl bieten ihre von früher gewohnte Möglichkeit, zwischen Offen- und Arbeitsblende ohne Absetzen der Kamera von Sucher „blind“ umzuschalten.

Beispielaufnahmen

Alle Aufnahmen entstanden freihand, wurden gespeichert als RAF, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In einige Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert. Die Aufnahmeparameter habe ich diesmal weggelassen, da insbesondere die eingestellte Blende nicht in den EXIFs der Fuji-RAWs gespeichert wird. Eingestellt habe ich je nach Motivhelligkeit etwa f=1:4 bis f=1:8, wobei die Kamera auf ISO-Automatik bis 800 stand.

Nachfolgend die einzelnen für diesen Bericht genutzten Objektive. Alle basieren auf der klassischen Tessar-Rechnung von Carl Zeiss aus dem Jahre 1902, sind also Objektive mit 4 Elementen in 3 Gruppen (die zum Sensor hin gelegenen zwei Linsen sind verkittet).

KMZ Industar 3,5/50

KMZ bedeutet Krasnogorski Mekhanicheskii Savod, Krasnogorsk südlich von Moskau, UdsSR (die Firma ist auch bekannt als Zenit). 1945 hatte die Sowjetunion große Teile des Jenaer Zeiss-Werkes als Reparationsleistung demontiert und somit sowohl die Konstruktionsunterlagen als auch die Fertigungsanlagen im Besitz.

Das Industar ist eine Kopie des entsprechenden Kleinbild-Tessars und wurde ab 1947 gebaut, zunächst in einer versenkbaren M39-Fassung für Meßsucherkameras. Später wurde es auch als M42-Version gebaut und sogar teilweise vergütet. Mein Exemplar hat merkwürdigerweise eine deutlich sichtbare Vergütung der Hinterlinse, während die Frontlinse nur schwach erkennbar vergütet ist.

Bei KMZ/Zenit-Objektiven ist die Feststellung des Baujahrs einfach, es sind die ersten beiden Stellen der Seriennummer. Das gezeigte Exemplar stammt von 1972.

Der Entfernungs-Einstellweg ist mit ca. 320° erfreulich lang, die Naheinstellgrenze von 0,65m vermutlich der Abstammung von der Meßsucherversion geschuldet. Die Entfernungseinstellung läuft bei meinem Exemplar etwas hakelig, was an der Materialpaarung Aluminium-in-Aluminium und dem inzwischen nicht mehr vorhandenen Schmierfett liegt.

Von der Schraubleica-Version hat das gezeigte Objektiv die frontseitige Blendeneinstellung „geerbt“, darum gibt es auch keine Springblendenfunktion. Die Blendenskala und der Blendenindexpunkt ist zweimal vorhanden, da sich die Blendenskala beim Fokussieren mitdreht. Beim Fokussieren sollte darauf geachtet werden, die Blende nicht zu verstellen, beim Blendeneinstellen muß im Gegenzug auf die Fokussierung geachtet werden.

Das Objektiv benötigt eine recht exotische Streulichtblende mit M33x0,5 oder eine Aufsteckblende 36mm.

Auf der X-E2 ist das Objektiv kaum zu sehen, schon allein der Adapter von M42 auf Fuji-X-Bajonett ist deutlich größer und schwerer als das Objektiv.

Die Objektivleistung hat mich nicht begeistert. Sowohl ist es sehr streulichtempfindlich, auch die internen Überstrahlungen sind enorm. Insgesamt ist der Bildeindruck „weich“ und „traumhaft“, auch bei Blende 5,6-8. Ich werde es nicht mehr benutzen.

„aus Jena DDR“ T 2,8/50

Das gezeigte 2,8/50mm stammt aus der Zeit, als der VEB Pentacon die Markennamen „Carl Zeiss“ und „Tessar“ im Handelsverkehr mit dem Westen nicht mehr benutzen durften, nachdem die Zeiss Stiftung (West, Oberkochen) Anfang der 1950er Jahre ein entsprechenden Gerichtsbeschluss erreichen konnte. Im Gegenzug erwirkte 1961 der VEB Carl Zeiss, daß die Oberkochener Produkte im Ostblock die Warenzeichen nicht nutzen durften. 1971 einigten sich beide Werke im sogenannten „Londoner Abkommen“ darauf, daß Zeiss Ost alle Warenzeichen im Ostblock, Zeiss West alle Warenzeichen im Westen nutzen konnte und Waren, die die Blockgrenzen überschritten, „neutral“ gelabelt wurden.

Darum trägt das gezeigte Exemplar lediglich die Aufschrift „aus Jena“ als Hinweis auf den Fertigungsort, „DDR“ als Herkunftsbezeichnung, das „T“ als Zeichen für die Zeiss-Vergütung (den berühmten „T-Belag“) und die Objektivangaben 2,8/50. Vermutlich stammt es aus einem Beroflex-Import und gehörte zu einer Praktica-Spiegelreflexkamera. Die Bauform deutet auf die 1970er Jahre hin, ältere Objektive haben einen Entfernungsring im „Zebra“-Design mit abwechselnd verchromten und schwarzen Streifen.

Mein Exemplar ist fast unbenutzt, darum ist leider das Fett im Schneckengang inzwischen etwas schwergängig geworden. Der Entfernungs-Einstellweg ist mit ca. 270° erfreulich lang, die Naheinstellgrenze mit 0,35m recht kurz. Der Blendenring läuft satt, allerdings sind nur 5 Lamellen vorhanden. Die Springblende arbeitet einwandfrei, die öfters auftretende „sticky aperture“, also die in Offenblendstellung „hängende“ Blende hat es nicht. Ich habe ein weiteres Exemplar, das optisch praktisch gleichwertig ist, allerdings deutliche Gebrauchsspuren trägt, dafür bewegt sich die Entfernungseinstellung wesentlich leichter. Es hat eine Umschaltung zwischen automatischer Springblende und manueller Blendenfunktion.

Das Objektiv erzielt bei Blende 5,6-8 gute Ergebnisse, die von einem Tessar erwartet werden können.

 

Schneider Kreuznach Xenar 2,8/50

Auch dieses Objektiv ist ein Tessartyp, anhand der Seriennummer läßt sich das Baujahr mit 1972 festlegen. Vermutlich wurde es für die Edixa GmbH aus Wiesbaden (als Nachfolgerin des Wirgin Kamerawerks) gefertigt, die es mit einer Edixa Spiegelreflexkamera zusammen verkauften. Das Xenar ist vergütet.

Der Entfernungsring geht seidenweich, der Einstellweg ist mit 240° sehr gut. Die Naheinstellgrenze beträgt 0,5m. Der Blendenring läuft sauber mit perfekter Kugelrastung, allerdings sind nur 5 Lamellen vorhanden. Das Objektiv hat sowohl eine Umschaltung zwischen manueller und automatischer Springblendenfunktion als auch (zum Einsatz an einem Balgengerät mit Doppeldrahtauslöser) ein Norm-Drahtauslösergewinde zum Schließen der Blende.

Das Objektiv erzielt bei Blende 5,6-8 gute Ergebnisse, die von einem Tessartyp-Objektiv erwartet werden können. Subjektiv kommt es mir einen Hauch besser vor als das obige Tessar „aus Jena“.

Fazit

Die Fujifilm X-E2 ist wie immer dank Fokus-Peaking zur Benutzung mit alten Manuellfokus-Objektiven sehr gut geeignet, die beiden „deutschen“ Objektive sind sehr gut, lediglich das russische fällt deutlich ab.

Bei den Testaufnahmen habe ich einen in der X-E2 leider nicht vorhandenen Bildstabilisator vermißt, eine spiegellose Vollformat-Kamera mit „IBIS“, also beweglich gelagertem Sensor, steht auf meinem Wunschzettel.

Christian Zahn, Herbst 2020

Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias

 

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