Reparaturbericht Fuji X-E2 mit KMZ Helios-44 2/58mm von Christian Zahn

In diesem Erfahrungsbericht geht es um die Benutzung von manuellen Altobjektiven an einer 16-Megapixel Systemkamera. Dank preiswerten Drittanbieter-Adaptern stehen dem Anwender eine große Zahl an Objektiven zur Verfügung.

Diesmal stelle ich ein KMZ Zenit Helios-44 2/58mm vor, ein russisches Normalobjektiv. Außerdem berichte ich über die Reinigung der Linsen.

Ich erwarb das Objektiv zusammen mit einer passenden völlig funktionsfähigen Spiegelreflexkamera für 10 Euro inkl. Versand.

Meine Version wurde zusammen mit der Zenit 3M (Link: www.optiksammlung.de/Diverse/Zenit3M.html) zusammen verkauft, diese Kamera hat ein sehr exotisches Objektivgewinde: Leica-Gewinde M39, jedoch mit Auflagemaß 45,2 mm, um Platz für den Spiegel zu bekommen. Ein Adapterring von M39 auf M42 ermöglicht die Benutzung an M42-Kameras bzw. M42-Adaptern. Dabei ist zu beachten, daß M42 ein Auflagemaß von 45,46 mm hat (kein Tippfehler, wirklich so ein krummer Wert!). Das gezeigte Objektiv kann also nicht auf Unendlich fokussiert werden, sondern nur etliche Meter davor. Abblenden auf 8 wird dringend empfohlen für gute Aufnahmen bei Unendlich.

Das Objektiv hat keine Springblende, sondern nur eine manuelle Blendenverstellung, immerhin mit Vorwahlring für die gewünschte Blende, so daß zwischen Offenblende und gewählter Blende gewechselt werden kann, ohne das Auge vom Sucher nehmen zu müssen.

Beispielfotos mit dem unreparierten/gereinigten Helios-44

Alle Aufnahmen entstanden freihand, wurden gespeichert als RAF, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In einige Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert. Die Aufnahmeparameter habe ich diesmal weggelassen, da insbesondere die eingestellte Blende nicht in den EXIFs der Fuji-RAWs gespeichert wird. Eingestellt habe ich Blende 8, wobei die Kamera auf ISO-Automatik bis 800 stand.

KMZ Zenit Helios-44 2/58mm

KMZ bedeutet Krasnogorski Mekhanicheskii Savod, Krasnogorsk südlich von Moskau, UdsSR (die Firma ist auch bekannt als Zenit). 1945 hatte die Sowjetunion große Teile des Jenaer Zeiss-Werkes als Reparationsleistung demontiert und somit sowohl die Konstruktionsunterlagen als auch die Fertigungsanlagen im Besitz.

Das Helios-44 2/58 ist ein Nachbau des entsprechenden Carl Zeiss Biotar mit 6 Elementen in 4 Gruppen, eine klassische Doppelgauß-Rechnung, entspricht also im optischen Aufbau allen guten 1,6 - 2/50mm-Normalobjekiven aus Europa und Fernost.

Bei KMZ/Zenit-Objektiven ist die Feststellung des Baujahrs einfach, es sind die ersten beiden Stellen der Seriennummer. Das gezeigte Exemplar stammt somit von 1960.

Der Entfernungs-Einstellweg ist mit ca. 320° erfreulich lang, die Naheinstellgrenze von 0,5m ist akzeptabel. Die Entfernungseinstellung ist bei meinem Exemplar völlig unbeweglich, glücklicherweise in der Unendlich-Stellung, so daß das Objektiv für Fernaufnahmen benutzbar bleibt.

Mein Exemplar hatte leider eine auf der Innenseite „beschlagene“ Frontlinse, vermutlich die Ausdünstungen des verharzten Schmiermittels aus dem Schneckengang, was die Bilder extrem flau und kontrastarm werden ließ. Darum hat mich die Objektivleistung nicht begeistert. Sowohl war es sehr streulichtempfindlich, auch die internen Überstrahlungen waren enorm. Insgesamt war der Bildeindruck „weich“ und „traumhaft“, auch bei Blende 5,6-8. Ein Bildbeispiel zeige ich vor und nach der Bild-Bearbeitung.

Reinigung der Linsen

Da es mir einem so preiswert erworbenem Objektiv egal war, ob ich bei einem Reparaturversuch noch mehr zerstöre, habe ich es zerlegt. Das geht bei diesem Objektiv erstaunlich einfach: den beschrifteten Ring vor der Frontlinse einfach mit einem geeigneten Werkzeug herausdrehen, im Ring sind dazu zwei winzige Nuten vorhanden.

Nun lassen sich vorsichtig alle Linsen nach vorne herausnehmen, ein loser Zwischenring kommt ebenfalls mit heraus. Dazu sollten unbedingt puderfreie Latex-Einmalhandschuhe getragen werden, um keine Fingerabdrücke an den Glasoberflächen zu hinterlassen. Auch helfen die Handschuhe, Hautkontakt mit dem Alkohol zu vermeiden.

Ich habe nun alle Glasoberflächen mit Alkohol gereinigt und mit Mikrofasertuch geputzt. Der Schneckengang ließ sich jedoch nicht im Bewegung versetzen, auch nicht mit Hilfe von sanfter und unsanfter Gewalt. Diesen Teil des Objektivs muß ich somit unrepariert lassen, aber immerhin ist das Objektiv optisch nun in einem erheblich besseren Zustand.

Hinweis: die gezeigte Reinigung entspricht keinesfalls professionellen Ergebnissen, ich habe keinen Reinraum, sondern nur einen Wohnzimmertisch, auch die Wattestäbchen werden sicherlich keinen Profi-Ansprüchen gerecht, aber wie bereits gesagt, das Risiko der völligen Objektivzerstörung war mir egal.

Beispielfotos nach der Linsenreinigung

Da ich nicht fokussierten konnte, blieb der Blendenring einfach auf 8 und die Motivauswahl beschränkte sich auf recht entfernte Objekte. Das machte den Fotospaziergang so einfach wie Autofokus-Knipsen, einfach draufhalten und abdrücken. Nicht wie sonst bei manuellen Objektiven an der Fuji X-E2: Aufblenden, Sucherlupe einschalten, Fokussieren, Abblenden, Auslöser antippen (schaltet Sucherlupe aus), Ausschnitt wählen und Auslösen. Und für das nächste Motiv alles wieder von Vorne.

Zwar habe ich beim zweiten Rundgang einen sonnigen Tag gehabt, während am ersten trübes Winterwetter herrschte. Aber die Verbesserung der Aufnahmen ist den Bildern deutlich anzusehen, auch hier zeige ich bei einem Bildbeispiel das Ergebnis vor und nach der Bildbearbeitung. Der Unterschied beschränkt sich diesmal sichtlich auf die Korrektur der stürzenden Linien und leichte Farbkorrektur, Kontrast und Schärfe mußte nicht bearbeitet werden.

Die optische Leistung entspricht dem, was von einem unvergütetem frühem russischem Doppelgauß-Objektiv erwartet werden kann, der Kontrast wird recht gut übertragen, auch die Schärfe bei Blende ist am APS-C-Sensor recht gut, wenn man bedenkt, daß die eigentliche Schärfenebene ja nicht bei Unendlich, sondern geringfügig davor liegt. Die fehlende Vergütung macht sich etwas störend bemerkbar, einige Aufnahmen mit Gegenlicht wurden leider völlig unbrauchbar und werden deswegen auch nicht hier gezeigt. Spätere Versionen des Helios-44 mit M43-Gewinde aus den 1990-Jahren sind mehrfach vergütet und haben bessere optische Eigenschaften.

Fazit

Die Fujifilm X-E2 ist wie immer dank Fokus-Peaking zur Benutzung mit alten Manuellfokus-Objektiven sehr gut geeignet, das Zenit Helios ist nach der Reinigung durchaus nutzbar. Da der Schneckengang bei meinem Exemplar weiterhin klemmt, werde ich es jedoch nicht mehr einsetzten, weil ich etliche andere 50mm-Festbrennweiten im Fundus habe.

Christian Zahn, Dezember 2020

Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias

 

 

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