Minolta RD-175 DSLR und ihre (analogen) Stillvideo-Vorgänger
Minoltas erste DSLR von 1995, die Minolta RD-175. Im Foto mein erstes Exemplar von 2005...
Vor der digitalen RD-175: Stillbildvideo
Minolta 9000 mit Stillbildvideo-Rückteil SB-90S
Sie wurden auf der Photokina 1986 vorgestellt, die Stillvideo-Rückteile S(V)B-70(S) für die Minolta 7000 AF (USA Maxxum 7000 AF) samt 2“ Video-Disketten-Rekorder MS-R1000(S) und das S(V)B-90(S) für die Minolta 9000 AF (USA Maxxum 9000 AF) und den gleichen Rekorder. Es soll verschiedene Bezeichnungen für die Stillbild-Rückteile geben, daher die Klammern.
Die analoge Aufzeichnung auf Video-Floppy ist nichts neues, Sony war mit der nie in Serie gegangenen MAVICA Pionier und Canon wie Nikon entwickelten entsprechende Kameras. Alles hier und hier nachzulesen.
Ausführliche Informationen über die Minolta Stillvideo-Rückteile
Abbildungen des Stillvideo-Backs
www.mhohner.de/sony-minolta/onebody/sb-90
Das Minolta Videostillback SB70 auf der Minolta 7000 in Action
Der Vorteil dieser filmlos aufzeichnenden Minolta-Rückwände bestand darin, dass an der Kamera nichts geändert werden musste. (Film-)Rückwand ab, Stillvideo-Rückwand dran – fertig! Dass die Backs in Europa fast unbekannt sind, liegt sicher auch daran, dass sie nur für das amerikanische/japanische NTSC Fernsehsystem ausgelegt waren. PAL gab es nicht!
Neben den beiden Stillbildvideo-Rückteilen gab es 1992 noch eine Minolta MS-C1100, die auf der Minolta Dynax SPxi basierte und zur Bildspeicherung einen mit separatem R-DAT-Rekorder MS-R1100 benötigte
www.mhohner.de/sony-minolta/onebody/ms-c1100
www.digicamhistory.com/1992.html
Einen entscheidenden Nachteil hatte dieses Stillvideo-System – die viel zu geringe Auflösung von nur Größenordnung 640 x 480 Pixel VGA. Es war „nur“ die Schnelligkeit der Bildgewinnung...
Jetzt wird’s endlich digital und höher auflösend!
Für etwas mehr Bildwinkel... Das 18-35 mm Sigma wird auf der Minolta RD-175/AGFA ActionCam zum 47-91 Zoom
Das Prinzip war ja schon vorgegeben. Man nehme eine analoge Minolta Spiegelreflexkamera und montiere darauf ein filmlos aufzeichnendes Rückteil. Im Fall der Minolta RD-175 und der baugleichen AGFA ActionCam war das 1995 die Minolta Einsteiger-SLR Dynax 500si Super. Um für ihre Zeit eine ordentliche Auflösung 1,75 MP zu erzielen, möglicherweise auch um Sensorkosten zu sparen oder überhaupt welche zur Verfügung zu haben, montierte Minolta in das Digitalrückteil ein Zwischenobjektiv, welches das Bild über einen Lichtteiler auf drei 4,8 x 6,4 mm große CCD-Sensoren mit je 768 x 494 Pixel = 0,38 MP Auflösung projiziert.
So sieht der vergleichbare Strahlengang der Nachfolgerkamera Minolta Dimâge RD 3000 aus.
Wenn Sie sich das Innenleben der AGFA Actioncam/Minolta RD-175 in bewegten Bildern anschauen möchten, es gibt drei nette Youtube-Filme. Es lohnt sich.
Die Fotodioden zweier RD-175-Sensoren „schauen“ durch ein Grünfilter, die des dritten Sensors haben eine rotblaue Filtermatrix vorgeschaltet. Ganz anders als die übliche Bayer-Matrix vor einer Einsensor-Digitalkamera. Daraus interpoliert die Kamerasoftware das fertige 1528 x 1146 = 1,75 MP Foto. Aus dieser Pixelmenge leitet sich auch die Kamerabezeichnung ab: RD-175.
Nachteil des Ganzen: Durch Relaisoptik und Lichtteiler sinkt die Gesamtlichtstärke, und es steht nur eine Empfindlichkeit zur Verfügung: ISO 800. Was für Reportagen oder in dunklen Sporthallen ja von Vorteil ist. Die Brennweite des angesetzten Objektivs wird scheinbar um den Faktor 2,5 (neudeutsch Cropfaktor) verlängert. Bei Reportage und kurzen Brennweiten ein Nachteil, für Sportfotografie, wo eher längere Brennweiten erforderlich sind, ein weiterer Vorteil. Eine Denkweise, die für mich 1997 fast in einem Fiasko geendet hätte! Es hatte sich im Kopf festgesetzt: Cropfaktor 2,5, preiswertes 1,4 oder 1,7/50 mm Normalobjektiv ergibt ein 1,4 oder 1,7/125 mm. Zusammen mit den ISO 800 der RD-175 fast perfekt für eine Sporthalle...
ABER
Komplett übersehen hatte ich die Tatsache, dass die Systemlichtstärke völlig unabhängig vom eingesetzten Objektiv IMMER f/6,7 beträgt! War nix mit f/1,4 oder f/1,7 :-( Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass die so genannten Fachblätter seinerzeit zu dieser Sache Klartext geschrieben hätten! Nämlich, dass die Minolta RD-175/AGFA ActionCam für genau ein Fotogebiet völlig ungeeignet war/ist: ACTION!
Und noch etwas sprach/spricht gegen "Action". Basiskamera ist die unterklassige (Einsteiger-SLR) Minolta Dynax 500si.
Nie habe ich auch vergessen, dass ein Fotoladen im Rheinland, der mir mit Gebraucht- wie Neupreisen auf Apotheken-Niveau in übelster Erinnerung geblieben ist, Ende der 1990er Jahre allen Ernstes neben einer saftigen Leihgebühr für dieses DSLR-Ungetüm auf einer Kaution von 20 ausgefüllten/unterschrieben Euroschecks a 400 DM bestand... Darauf habe ich dankend verzichtet und die Minolta RD-175 viele Jahre später für ein Heftprojekt gebraucht und jetzt ein zweites Mal für rund 125 Euro erstanden.
Der Widerspenstigen Zähmung...
Gespeichert werden die mit der ActionCam/RD-175 aufgenommenen Fotos in einem minoltaeigenen Rohdatenformat auf eine PCMCIA-Festplatte oder Compactflash im Adapter.
Hört sich ja nach nichts Besonderem an. Die Datenträger müssen aber offensichtich nach einem ganz bestimmten Verfahren eingerichtet werden, zu dem man gewöhnlich nur über einen SCSI-Kabelverbindung UND die Original Minolta Software Zugriff hat! Es nützt überhaupt nichts eine – sagen wir – 128 MB Compacflashkarte FAT zur formatieren, diese dann in einen PCMCIA-Adapter zu montieren, um das Ganze in den Schacht der RD-175 zu schieben. „Belohnt“ wird man mit einer Errormeldung :-( Nix geht, Kamera scheint defekt zu sein.
Treffend wird das im Nikonweb als „Memory nightmare“ – Speicher-Albtraum – bezeichnet. Zum Glück gibt es aber eine Anleitung, wie eine Minolta RD-175 Speicherkarte zu klonen ist, was aber sehr aufwändig ist. Wenn Sie sich daran versuchen wollen, hier kommt die Anleitung.
Vorausgesetzt, die Kamera ist in Ordnung: Wie bekomme ich eine Minolta RD-175/AGFA ActionCam ans Laufen? Ohne Software, ohne SCSI-fähigen PC oder Mac!
Mit diesen Zutaten
1 Compactflashspeicherkarte von 256 MB, 512 MB oder 1 GB. NICHT kleiner und NICHT größer!
1 Kartenlesegerät
1 PCMCIA-Adapter, um die CF später in der RD-175/ActionCam zu verwenden
Das Image (Abbild) einer in der RD-175/ActionCam formatierten Speicherkarte.
Da es keiner garantieren kann, sollte man da schnell sein, mit dem Download der Datei: RD-175.PDB. Meine liegt mehrfach gesichert in der Dropbox und auf zwei Datenträgern!
Weitere Zutat
Die einfachste Version kostet nichts. EaseUS Todo Backup wird installiert und das RD-175/ActionCam-Image in einen Ordner der freien Wahl gelegt. Bei mir läuft das Ganze unter Mac OS 10 in der VirtualBox. Das Image habe ich einfach auf den Windows-Desktop gelegt. Bevor die Software gestartet wird, muss die Compactflashkarte natürlich im Lesegerät stecken und auch erkannt (Laufwerksbuchstabe) sein.
Die folgende Prozedur sehen Sie anhand der Screenshots:
Erstellen einer Minolta RD-174/AGFA ActionCam-verwendbaren Compactflashkarte
Am Ende der Prozedur, die bei der 512 MB CF rund 17 min dauert, trägt die Compactflashkarte die Bezeichnung RD175 und enthält zwei Bilder, die gelöscht werden dürfen. Die neu erstellte CF auf gar keinen Fall formatieren! Die CF in den PCMCIA-Adapter und der Fotografie mit der Minolta RD-175/AGFA ActionCam steht nichts mehr im Wege. 136 Aufnahmen passen auf die 160 MB Partition, die auf der Compactflashkarte erstellt wurde. Neu aufgenommene Fotos nach Übertragung in den Rechner einfach löschen. Getestet habe ich mit einer 512 MB und einer 1 GB Karte, eine 256 MB Karte habe ich nicht...
Bedienungsanleitung der RD-175 in englischer Sprache
Bedienungsanleitung der Agfa ActionCam in englischer Sprache
Beschreibung, Bedienung der RD-175 Software
John Henshalls Bericht über die Minolta RD-175/AGFA ActionCam
Englischsprachiger AGFA Prospekt zur StudioCam und ActionCam
Minolta RD-175 Kamera-Rohdaten
UFRaw unter Ubuntu Linux, was auf dem uralten EeePc Subnotebook läuft.
Zu der eben beschriebenen Speicherkarten-Problematik gesellt sich noch eine weitere Herausforderung. Die Minolta RD-175/AGFA Action Cam speichern im Minolta-eigenen *.MDC (vermutlich MinoltaDigitalCamera) Rohdatenformat, was von Adobe Lightroom nicht geöffnet werden kann. Die Minolta/AGFA-Software, der Windows-TWAIN, das Mac OS Plug-in ist bis jetzt im Internet nicht auffindbar. Zwei aktuell verfügbare Programme können das uralte Datenformat aber dekodieren und exportieren. Mit einer kleinen Einschränkung, die verschmerzbar ist.
Mac OS X-Anhänger greifen einfach zu Lemkes GraphicConverter der die Minolta RD-175 *.MDC Rohdatei öffnet und in ein gewünschtes Format – JPEG oder TIFF – speichert.
Die Windows-Fraktion nimmt DCRAW, das aus der Linux-Welt stammt, aber auch für Windows kompiliert wurde.
Je nach Windows-System wird die 32 oder 64 bit Version runtergeladen, die Datei entpackt und die entstandene *.EXE-Datei idealerweise in einen noch zu schaffenden Ordner (vielleicht) DCRAW in den Programmordner gelegt. Von dieser EXE-Datei wird dann eine Verknüpfung auf den Desktop gelegt. Auf den wird einfach die Minolta RD-175 *.MDC Datei gezogen, und das war’s auch schon! Nach Sekunden hat DCRAW automatisch eine unkomprimierte *.PPM Datei erzeugt, die zur Weiterbearbeitung u.a. von Photoshop problemlos geöffnet wird.
Unter dem von mir wenig geliebten Ubuntu Linux öffnete UFRaw die Minolta-Datei problemlos – siehe oben.
Und die Einschränkungen? Aus den im Original 1528 x 1146 Pixel großen Minolta RD-175 *.MDC-Dateien werden 1534 x 986 Pixel Dateien, die anschließend aufs Originalmaß umgerechnet werden müssen.
Beispielfotos 2005
Historische DSLR, historische Ansicht: Hauptbahnhof Stuttgart 2005. Aufgenommen mit der Minolta RD-175 aus dem 11. Stockwerk eines entsprechend liegenden Hochhauses! "Entwickelt" mit der Original Minolta-Software, die ich heute 2015, nicht mehr zur Verfügung habe. Bei dieser Gelegenheit: Sollte ein Leser über die Software-Version für Apple Mac OS 7/8/9 verfügen – meines Wissens nur eine Diskette – wäre ich an einer Kopie sehr interessiert. Denn der benötigte Mac mit SCSI-Architektur und das benötigte SCSI-Kabel zum Anschluss der RD-175 an den Mac sind vorhanden!
Beispielfotos 2015 mit Lemkes GraphicConverter für Mac lesbar gemacht
Um die Dateien bearbeitbar zu machen, wurden die Minolta RD-175 Rohdaten mit dem Lemke GraphicConverter 9 per Stapelverarbeitung in Adobe Lightroom/Photoshop lesbare TIFFs überführt und gleichzeitig aufs richtige Maß gebracht: 1528 x 1146 Pixel. Denn GraphicConverter erzeugt sonst 1528 x 986 große Dateien.
Adobe Lightroom: Schieben, was die Regler hergeben ;-)
Ob es am exotischen Minolta-Datenformat liegt, was die fehlende Original Minolta RD-175 Software besser an Photoshop übergeben könnte, konnte ich mangels dieser Original-Software nicht vergleichen. Oder lag es am nicht mehr taufrischen, deutlich gebrauchten Sigma 3,5-4,5/18-35 mm? Jedenfalls mussten die recht flauen und überbelichteten RD-175 Dateien mit Adobe Lightroom entsprechend aufbereitet werden. Eine echte Herausforderung! Das ist dabei herausgekommen:
Einmontiert die unbearbeiteten Original-Fotos
Links jeweils die unbearbeitete, von GraphicConverter 9 erzeugte TIFF-Datei, rechts daneben die Adobe Lightroom überarbeitete Version. Auf maximal 750 Pixel Seitenlänge verkleinert – bitte einfach auf die Fotos klicken.
Kontrolle
Eine schnelle Kontrolle der RD-175 Belichtungskorrektur zeigte: Alles in Ordnung +/- 0 EV. Also noch ein kleiner Spaziergang mit - 1/2 EV und - 1EV Belichtungskorrektur, dem 35-70 mm Minolta und noch mal dem 18-35 mm Zoom. Ergebnis: Es liegt nicht an den Objektiven, wobei das Sigma gegenlichtempfindlicher ist und manchmal etwas flauer abbildet. Es scheint auch nicht die Belichtungskorrektur zu sein, denn bei -1 EV gibt es in dunkleren Motivbereichen bereits Rauschen in Form von streifenförmigem "Banding". Minus 1/2 EV ist ein guter Kompromiss. Offensichtlich konnte die Original Minolta-Rohdatensoftware die flauen digitalen "Negative" besser "entwickeln" als 20 Jahre später die Kombination aus Lemkes GraphicConverter und Adobe Lightroom! Auch war das Hochskalieren der falschen Bild-Pixelabmessungen der Qualität sicher nicht förderlich! Die Farbe der digtalen Negative ist gut beherrschbar, die Schärfe weniger. Bei den beiden großen 1:1 Ausschnitten, die aus den Original 1,75 MP Fotos erstellt wurden zeigten sich Probleme mit der letzten Schärfe. Was natürlich auch am Alter der Kamera – 20 Jahre – und einer winzigen Dejustierung der Umlenktechnik im Kamerainneren liegen könnte. Trotzdem: Minoltas erste DSLR war eine tolle Herausforderung, und die RD-175 bleibt ein wichtiges Stück Digitalkamerageschichte!
Ralf Jannke
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 15.11.2017 |
RD-175
Spiegelreflexkamera
Markteinführung: 1995
Neupreis: 8000 €
Geschätzter Wert: 188 € ?Wert nach Alter: 0 €
Wert nach Nutzen: 10 €
Wert nach Sammlungsrelevanz: 188 €(Erklärung)
Bajonett für Wechseloptiken
Sensor: 3 x CCD a 0,41 MP mit 1.75 MP, 1/2"
Actioncam
Spiegelreflexkamera
Markteinführung: 1995
Neupreis: 8000 €
Geschätzter Wert: 188 € ?Wert nach Alter: 0 €
Wert nach Nutzen: 10 €
Wert nach Sammlungsrelevanz: 188 €(Erklärung)
Bajonett für Wechseloptiken
Sensor: 3 x CCD a 0,41 MP mit 1.75 MP, 1/2"
Kommentare (5)
J. Müller
am 11.11.2018nachdem ich auf einem Trödelmarkt eine RD-175 erstehen könnte, habe ich mich auf die Suche nach Informationen zu dieser Kamera gemacht und dabei auch Ihre Seite gefunden. Gut gemacht und interessant zu lesen! Abschreckend nur der Aufwand, der betrieben werden muss, um Fotos überhaupt auf den Rechner zu kriegen. Aber da die Kamera nach dem Einschalten wider Erwarten tatsächlich funktioniert, sollte es wohl probiert werden.
Ist Ihre Anfrage die Software für Mac betreffend noch aktuell? Denn bei der Kamera war auch das "Bedienungskit" mit den beiden Disketten für Windows und Mcintosh. Von 1996.
Viele Grüße
Ralf Jannke
am 11.11.2018Mit freundlichen Grüßen
R.Jannke
Daniel
am 17.11.2018Beste Grüsse
Daniel
tushka
am 03.12.2019but the links to download the sample photo to start with the format are not working. could you please send me the rd175.PDB file? i will really really appreciate that!God bless.
Noble
am 22.04.2021Many thanks,
Edd