Nikon Coolpix 995

Hier stelle ich eine frühe Digitalkamera von Nikon vor; auch Ralf Jannke hat die Coolpix 995 bereits gewürdigtBoris Vorstellung der CP 995.

Spezifikationen

  • Die 2001 vorgestellte Nikon Coolpix 995 ist 138 x 82 x 40 mm groß und wiegt mit Batterien und Speicherkarte 390 g.
  • Der 1/1,8“ CCD-Sensor (7,2 x 5,3 mm) löst maximal 2048 x 1536 Pixel  = 3,3 Megapixel auf, der Pixelpitch beträgt 3,4µm. Die Empfindlichkeit ist automatisch oder manuell von 100 bis 800 ASA einstellbar. Bilder werden als JPEG oder TIFF auf CompactFlash-Karten Typ I oder II (max. 2 GB) gespeichert.
  • Das Objektiv ist ein 8-32mm/1:2,6-5,1 4-fach Zoom mit 10 Elementen in 8 Gruppen, die kb-äquivalente Brennweite beträgt 38-152 mm.
  • Das Motiv wird über einen abschaltbaren 1,8“ TFT LCD Monitor mit 110.000 Subpixeln angezeigt, zusätzlich ist ein optischer Realbildsucher vorhanden. Status-LCD-Schulterdisplay mit etlichen Belichtungsparametern.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S) oder AF-Nachführung (AF-C), Ermittlung durch Kontrasterkennung des Bildsensors, 5 AF-Felder automatisch oder manuell auswählbar
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder manuellen Modus, 256-Zonen-Matrixmessung, mittenbetont integrale oder Spotbelichtungsmessung. Belichtungszeiten 8s bis 1/2000 sek., elektronischer Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit
  • im Gehäuse integrierter Blitz mit ca. Leitzahl 10
  • Weißabgleich automatisch oder manuell
  • ohne Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch Lithiumakku EN-EL1 oder Lithiumbatterie 2CR5

Besonderheiten

„Coolpix“ heißen bei Nikon fast alle alle Kompakt- bzw. Bridge-Digitalkameras.

Die Kamera ist eine „echte“ Nikon „Made in Japan“ und keine OEM-Auftragsfertigung. Sie ist die leicht verbesserte Nachfolgerin der weitgehend baugleichen Coolpix 990, die die erste kompakte Digitalkamera mit mehr als einem AF-Punkt war.

Die Stromversorgung erfolgt nicht mehr wie bei den Vorgängern mit vier fast überall erhältlichen Mignon-Zellen. Statt dessen setzte Nikon erstmals den Lithium-Akku EN-EL1 ein, der danach auch in anderen Kameras verwendet wurde (z. B. Coolpix 775, 880, 4300, 5000, 8700). Der Akku ist nicht Nikon-spezifisch, sondern paßt auch in die Konica Minolta DiMAGE A200 bzw. BC-900. Sollte der Akku leer sein, kann die Coolpix 995 auch mit einer Lithium-Einwegbatterie 2CR5 betrieben werden.

Zur Bildaufzeichnung dienen CompactFlash-Karten Typ I, die dickeren Karten Typ II passen ebenfalls. Im Lieferumfang war eine 16 MB - Karte enthalten, Karten bis 2GB funktionieren, obwohl solch große Karten zum Herstellzeitpunkt der Kamera nur spezifiziert, aber erst etliche Jahre später verfügbar waren.

Die Karte ist durch eine Klappe geschützt, die Auswurfstaste ist etwas „fummelig“, der Betätigungsknopf muß erst aufgeklappt werden, um die Karte etwas aus dem Schacht herausdrücken zu können. Nach Einsetzten einer neuen Karte muß der Knopf wieder zurückgeklappt werden, ansonsten läßt sich die Kartenfachabdeckung nicht schließen.

Gespeichert können sowohl unkomprimierte TIFFs als auch JPEGs in verschiedenen Kompressionsstufen und Auflösungen. Ein TIFF ist etwa 9 MB groß, der Speichervorgang kann je nach Speicherkarte bis zu einer Minute dauern. Ist die Bildgröße auf 320x240 Pixel reduziert, schafft die Kamera bis zu 30 Bildern pro Sekunde als JPEG Normal, allerdings nur etwa 80 Stück in Folge, dann muß sie die Serie erst einmal „wegschreiben“.

Die Kamera hat ein heutzutage merkwürdig anmutendes Design, sie stammt aus der Zeit, als nicht klar war, wie eine Digitalkamera aussehen kann und soll. Darum probierten Entwickler und Designer viele verschiedene Formen aus, bis sich allmählich die heute bekannten Bauformen durchsetzten.

Die Objektiveinheit und der Teil, in dem die Akkus und die Speicherkarte stecken, können um ca. 270° gegeneinander verdreht werden, Aufnahmen können so tief am Boden oder weit über Kopf gemacht werden und das Display bleibt trotzdem im Blick. Durch einen Schieber kann die Objektiveinheit in der 90°-Stellung verriegelt werden, damit z. B. die schweren Konverter sie nicht selbsttätig nach unten drehen.

Das Display ist recht klein, aus Platzgründen war es sogar etwas kleiner als das in der Vorgängerkamera Coolpix 950. Die Auflösung mit 110.000 Subpixeln ist aus heutiger Sicht grobgerastert, damals wurde es als gut bezeichnet.

Zusätzlich zum Display gibt es einen optischen Realbildsucher mit Dioptrienkorrektur, der aber wie üblich etwas weniger zeigt, als später auf den Bilder zu sehen ist. Neben dem Sucher sind zwei LEDs vorhanden, sie dienen der Kontrolle von Autofokus und Blitz. Ein LCD-Statusdisplay mit Angaben etlicher Bildparameter hilft, die Kamera auch mit ausgeschaltetem Farbdisplay bedienen zu können, nach Druck auf einen Funktionstaste sind die Angaben zum eingestelltem Parameter im Statusdisplay erkennbar.

Die Bedienung ist allerdings noch lange nicht so bequem wie mit heutigen Kameras, vieles wird per Menu eingestellt. Die wichtigsten Funktionen wie Aufnahmemodus, Belichtungskorrektur, Fokus, Bildgröße sowie -Qualität, Empfindlichkeit oder Blitzparameter können durch Druck auf eine Taste und Drehen des Daumenrades verstellt werden. Der Hauptschalter ist um den Auslöser herum angebracht, er hat vier Stellungen. Off, Auto, Manual und Bildwiedergabe. Auto und Manual sind etwas erklärungsbedürftig, erstere ist die Vollautomatik ohne Eingriffsmöglichkeiten in die Belichtung, unter „M“ verbergen sich die Modi P, A, S und M, nicht nur die manuelle Einstellung aller Belichtungsparameter.

Die Einstellung von Datum und Uhrzeit ist nicht selbsterklärend, der gesamte Vorgang muß durch Drücken der Cursor-Rechts- Taste sowie Einstellen des jeweiligen Feldes durchlaufen werden, als Abschluss muß unbedingt als letztes die Rechtstaste erneut betätigt werden. Verlassen des Eingabefensters mit der Menütaste bricht den Vorgang ab und die Zeit ist nicht eingestellt.

  • Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut, er klappt nach Betätigen eines mechanischen Schiebers recht weit nach oben aus dem Gehäuse heraus. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt nicht durch das Objektiv mittels Vorblitz, sondern durch eine im Blitzgehäuse befindliche Meßzelle. Nikon-Systemblitze können über ein 3-poliges Spezialkabel entfesselt betrieben werden, sie werden ebenfalls über die interne Meßzelle gesteuert. Dazu muß der Kamerablitz ausgeklappt sein, er kann dann im Kameramenü abgeschaltet werden, so daß nur der externe Blitz leuchtet.

Das Objektiv beginnt bei damals durchaus noch oft üblichem Weitwinkel von lediglich 38mm und reicht in den Telebereich von etwas über 150mm. Vor der Frontlinse ist eine vergütete Klarglasscheibe als Schutz angebracht, war sie verkratzt oder zerbrochen, konnte sie vom Nikonservice recht leicht und relativ preiswert gegen einen neue getauscht werden.

Das Filtergewinde ist recht exotisch, 28mm wurde von anderen Herstellern kaum verwendet. In das Gewinde werden auch die optionalen Brennweitenkonverter eingeschraubt. Zur Montage einer Streulichtblende muß heutzutage ein Adapterring M28-M37 benutzt werden, um eine leichter zu erwerbende Streulichtblende einschrauben zu können.

Die Fokussierung erfolgt durch 5 AF-Felder über Kontrastermittlung auf dem Haupt-Bildsensor, sie ist aus heutiger Sicht recht langsam. Automatisch kann die Fokusgruppe des Objektivs auf über 5000 Positionen bewegt werden, manuell können 50 Positionen angefahren werden. Auch die Belichtungsmessung erfolgt auf dem Sensor.

Die Kamera schreibt einige spezielle Angaben in den MakerNotes-Teil der EXIFs, darunter etliche Bildparameter wie ASA-Automatik, montierter Konverter, AF-Steuerung uvm. In den genormten Feldern der EXIFs trägt die Coolpix 995 die „wahren“ Belichtungswerte ein, nicht die üblichen gerundeten Zahlen. z. B. Blende 6,1 und Belichtungszeit 1/335 Sekunde statt 1:5,6 und 1/500 Sekunde.

Optional war ein Weitwinkel-, Tele- bzw. Fisheye-Brennweiten-Konverter erhältlich, letzterer ermöglicht je nach Objektivzoomstufe kreisrunde Aufnahmen mit 180° Bildwinkel oder rechteckige Aufnahmen, bei denen die 180° Bildwinkel nur in der Bilddiagonale erreicht werden. Ein „Diaduplikator“ zum Abfotografieren von Dias und Negativen war ebenfalls verfügbar. Die Konverter waren nicht billig, teilweise kosteten sie über 500 DM.

Als Schnittstellen stehen zur Verfügung: Video, Netzteil und USB zum Auslesen der Bilder aus der Kamera bzw. zum Anschluß eines Druckers. Video und USB sind zu einer Nikon-eigenen Spezialbuchse zusammengefaßt, Normkabel passen deshalb nicht. Die Buchse zur Stromversorgung ist vorne neben dem Handgriff angebracht und ebenfalls wie die anderen Schnittstellen mit einer unverlierbaren Gummiabdeckung geschützt.

Im Lieferumfang der Kamera war ein Photoshop 5.0 LE (funktionsbeschränkte Einsteigerversion, gegen Aufpreis auf Vollversion Upgrade-berechtigt) auf CD enthalten.

Der UVP der Coolpix 995 betrug etwa 2500 DM (umgerechnet ca. 1250 Euro). Ich erwarb mein Exemplar 2022 für 35 Euro inkl. OVP, Anleitung und fast allem Zubehör.

Beispielfotos

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Alle Beispielaufnahmen entstanden bei 100 ASA, gespeichert als JPEG Fine, bearbeitet mit Photoshop CS4. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurden nicht bearbeitet. 100%-Aussschnitte sowie die Aufnahmeparametern finden sich in jedem Bildbeispiel.

Das Gehäuse der Coolpix 995 ist eine Kombination aus Kunststoff und Metall. Laut Herstellerangaben ist anodisiertes Magnesium eingesetzt worden. Der Handgriff ist mit einer „Belederung“ aus speziellem Kunststoff überzogen, dort ist der nikontypische rote Designstreifen angebracht. Das gummiartige Material altert, dabei verändert es seine Form, beim gezeigtem Exemplar ist es nicht geschrumpft, sondern größer geworden und paßt deshalb nicht mehr an den vorgesehenen Platz, so daß sich die Verklebung gelöst hat.

Die Kamera gehört zur Klasse der relativ frühen Digitalkameras. Ihre Leistung (Auflösung, Bedienbarkeit, Einschaltzeit, Bildspeicherdauer usw.) bewegte sich im damals durchaus üblichen Rahmen, heutzutage kommt sie uns extrem langsam vor. Das Einschalten dauert z. B. etwa 5 Sekunden, das Abspeichern eines JPEGS Fine je nach Kartengeschwindigkeit ebenfalls. Die Coolpix 995 gehörte aufgrund ihres Preises zum Vorstellzeitpunkt zur Oberklasse.

Die Bildqualität ist aufgrund der Sensorgröße und des geringen Pixelpitchs zum Vorstellungszeitpunkt als gut zu bezeichnen gewesen, jedoch ist die Auflösung des Objektivs im Telebereich geringer als in der Weitwinkelstellung.

Bei höheren ASA-Zahlen verlieren die JPEGs der Kamera durch den Entrausch-Algorithmus deutlich an Zeichnung, sind aber noch recht erträglich.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch interessante Kamera (mindestens eine der Drehgelenk-Nikons gehört in jede Sammlung!), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen aufgrund der recht geringen Auflösung eher nicht mehr geeignet.

Christian Zahn

 

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