Heute nur noch nette Spielsachen und Anschauungsgeräte für historisches Spiegelreflexkamerazubehör – Wechselsucher

Nikon Nostalgie pur. Sportsucher DA-2 auf der Nikon F3 und Lupensucher DW-2 auf der Nikon F2. Braucht angesichts der klappbaren und in alle möglichen Richtungen verschwenkbare Monitore auf DSLRs wie DSLMs heute niemand mehr. Aber interessant waren sie, die Spezialsucher, die außer Canon, Minolta (XM), Nikon, Pentax und Topcon in den moderneren Kleinbildspiegelreflexkamera-Systemen keiner im Angebot hatte.

Der Nikon F/F2-, Canon F1-Mitbewerber Minolta XM, Topcon

Der erste "Wechselsucher"

Nun ja, bei der typischen Rollfim-Boxkamera der 1930er-1950er Jahre "wechselte" man den ziemlich primitiven Brillant-Sucher einfach durch Schwenken vom Hoch- ins Querformat und umgekehrt. Die Boxkameras hatten zwei derartige Brillant-Sucher. Hier eine Kodak Brownie aus den vermutlich 1930er Jahren mit besonderer Geschichte! Und beim Ablichten des Brillant-Suchers draußen auf der Terrasse hatte ich das Bild durch den völlig verhunzten und verdreckten Sucher gleich zur Kunstform erhoben. So "schön" altern/Retro kann das keine App ;-)

Eins hat der Brillant-Sucher gemein mit den ersten Suchern der zweiäugigen 6x6 Rollfilm- und einäugigen Kleinbild-Spiegelreflexkameras: Wie die Boxkamera hält man die (T)SLR in Bauchhöhe und schaut von oben in den entsprechenden Brillant-Sucher oder Lichtstchacht. Um dabei auf der Mattscheiben der Spiegelreflexkamera gleichzeitig fokussieren zu können. Großer Nachteil des Lichtschachts zumindest für sich bewegende Motive – die spiegelverkehrte Wiedergabe des Motivs. Womit der erste echte Wechselsucher die Bühne betrat: der Prismensucher!

Lichtschächte …

Die beiden zweiäugigen 6x6 Rollfilm SLRs (TLRs) im Rolleiflex-Stil Molforeflex und Olympusflex zeigen die maximalen Möglichkeiten ohne den Lichtschachtsucher wechseln zu können: Präziseres Fokussieren mit Hilfe der einschwenkbaren Sucherlupe und einen primitivem Rahmen-/Sportsucher, wenn der sonst starre Lichtschacht auf Durchsicht gestellt wird. Damit war die Verfolgung eines bewegten Motivs möglich. Wenn die Schärfezone passte!

Daneben zur Demonstration eine Nikon F2 mit Polaroidrückteil und Lichtschachtsucher DW-1. Ein Zubehör, das bei Nikon wohl nicht häufig abgerufen wurde. Schließlich noch eine Miranda/Soligor TM mit leicht demontierbarem Prismensucher.

Letzteres ist natürlich auch eine Möglichkeit. Demontage des Prismas, die dann freiliegende Mattscheibe behelfsmäßig mit der Hand abschirmen, fertig ist der "Lichtschachtsucher" für immer dabei und unterwegs …

Lichtschacht- und Prismensucher

Die Möglichkeit den Sucher der einäugigen Kleinbild-Spiegelreflexkamera wechseln zu können, gab es lange vor der 1959 vorgestellten Nikon FExakta, Praktina, Praktica boten zum Lichtschacht den wichtigen Prismensucher!

Einem sich bewegenden Motiv konnte/kann man mit der Kamera in Augenhöhe so einfach besser folgen. Und das – wenn man schnell genug ist – auf der In der SLR ja verbleibenden Mattscheibe auch fokussieren. Was den Wechsel vom Lichtschacht zum so genannten Prismensucher sicher beschleunigte! 

Entsprechende und voluminöse Prismensucher gab es später auch für zweiäugige Spiegelreflexkameras – siehe oben die Mamiya TLRs und drei Wechselsucher. Vom Lupensucher bis zum Prismensucher mit Belichtungsmessung! Vergleichbare Sucher gab es auch für die schwedische einäugige 6x6 Mittelformat SLR Hasselblad, die 6x7/6x8 Mamiya SLRs und sicher auch für 6x6 Rollei- und Bronica-Mittelformat-SLRs …

Verbesserte Lichtschachtsucher und mehr

Bei Miranda hatte der neben Lichtschacht und Prisma neue Sucher die simple Nummernbezeichnung VF-4, und bei Praktina hieß das Teil in der US-Werbung "MICROSCOPIC EYEPIECE" Daraus wurde später (bei Nikon) schlicht die pasende Bezeichnung Lupensucher.

Nikon Lupensucher DW-2 zur Nikon F/F2

Nach dem netten Nikon Lupensucher DW-2 für meine Nikon F2 geht es so langsam zum "Höhepunkt" dieses Beitrags. Einem weiteren interessanten, aber heute ebenfalls überflüssigen Wechselsucher, diesmal für die Nikon F3.

Nikon Sportsucher DA-2 zur Nikon F3

Der Begriff "Sport"-Sucher ist eigentlich missverständlich …

… und trifft das Einsatzgebiet, den Grund für einen derartigen Sucher nicht richtig. Es war/ist der große Einblick, das große Sucherbild. In dem Augenblick, wo in gefährlichen Umgebungen mit Gesichtschutz, dicker Schutzbrille oder gleich aus einer Gasmaske raus fotografiert werden musste, konnte der Fotograf das Auge nicht mehr ans Okular drücken, um das Motiv zu überblicken, zu fokussieren. Mit dem Sportsucher ist das bis zu einer gewissen Entfernung möglich. Auch konnte der Sportsucher vorteilhaft in einem Unterwassergehäuse für die jeweilige Kamera eingesetzt werden. Zum Abstand Sucherokular/Plexiglasscheibe des Unterwassergehäuses addierte sich noch die Maske des Tauchers.

Nach der Nikon F, F2, F3, gab es auch für die Modelle F4 und F5 entsprechende Sportsucher. Die Sportsucher der F/F2 und F3 unterscheiden sich hauptsächlich in der Montage und Verriegelung des Suchers auf der Kamera. Das große Glasprisma im Inneren könnte von den Abmessungen sogar identisch sein. Und erstmalig mit der F3 gab es auch mit dem Sportsucher Belichtungsmessung und -automatik! Eine F4 habe ich nicht mehr, aber die Nikon F5 lebt bei mir in den Kodak DCS DSLRs auf Basis der Nikon F5 weiter!

Nachdem Nikon 198x sein Modell F3 HP vorstellte, reduzierte sich die  Notwendigkeit eines Sportsuchers auf der Nikon F3. Das HP steht für High EyePoint Sucher.

Nikon System online schreibt:

"Brillenträger haben beim Blick durch den Prismensucher oft ein Problem: bedingt durch das Brillenglas kann das Auge nicht nah genug an das Okular herangebracht werden. Als Folge davon läßt sich nicht das gesamte Sucherbild bis in die Ecken überblicken. Die normalen Sucher sind auf einen Abstand von etwa 17 mm zwischen Augenlinse und Sucherokular konstruiert. Vergrößert man diesen Abstand, verschwinden die Ecken des Sucherbildes aus dem Blickfeld."

"Um dieses Problem zu beheben, entwickelte Nikon einen speziellen High Eyepoint Sucher, und aus der normalen F3 wird eine Nikon F3 HP [ TD ]. Er bietet den unschätzbaren Vorteil, daß man selbst bei einem Abstand von 25 mm zwischen Sucherokular und Augenlinse das gesamte Bildfeld überblicken kann, und das reicht für die meisten Brillenträger aus."

Auch die semiprofessionellen Nikon-SLRs F801/F90 und ihre Varianten hatten (nicht wechselbare) HP-Sucher. Nikons letzte Analog-Profi-SLR F6 hatte keine Wechselsucher mehr und folglich gab es dafür auch keinen Sportsucher.

Nikon F5 mit abgenommenem Prismensucher. Von Kodak zur 2/6 Megapixel DSLR DCS620x/760c digitalisiert

Sportsucher der Mitbewerber

Eine Weiterentwicklung der Nikon Sportsucher gab es nicht, vergleicht man mit den besseren Lösungen bei Canon und Pentax! Die gewährten durch Verdrehbarkeit der Sportsucher den gewohnten Einblick oder von oben in Lichtschacht-Manier, die Kamera in Bauchhöhe gehalten. Aber mit seitenrichtiger Bildwiedergabe!

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich der netten Nikon F3 noch nie einen Film spendiert habe:-( Zusammen mit dem Nippon Kogaku Japan NIKKOR-UD AUTO 1:3.5 f=20 mm habe ich jetzt einen AGFA PHOTO CT precisa 100 mit Ablaufdatum Dezember 2015 eingelegt. Dazu kommen noch zwei Kodak Elite chrome 100 unbekannten Ablaufdatums. Vom Flohmarkt und dann weiter bei mir im Kühlschrank gelagert. Diese Diafilme nehme ich mit. Vom weiteren Liegen werden sie nicht besser …

Die F3 samt Polaroidback und Original-Kamerarückwand hatte ich in einem "Nostalgie-Anfall" vor Jahren zusammen mit einem 1,8/50 mm Nikon AI für 145 Euro erworben. Heute wird die F3 wieder erstaunlich hoch gehandelt. Sie ist ja auch eine Profi-SLR! Aber noch ohne Autofokus und "nur" für Film … Die Filme lasse ich aber erst nach Rückkehr entwickeln. Die "Ergebnisse" werde ich später dann präsentieren.

Ralf Jannke

 

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