Converto-Tamron 4,5/135mm an Nikon Z5 Christian Zahn

In diesem Kurzbericht geht es um die Verwendung eines fast 70 Jahre alten Teleobjektivs an einer digitalen Systemkamera mit Vollformat-Sensor. Das Objektiv ist das erste Objektiv, auf dem „Tamron“ als Markenname steht. Ich erhielt es von Ralf Jannke, der inzwischen ein zweites Exemplar hat und mir sein doppeltes schenkte. Vielen Dank dafür!

Ralf hat zwei Berichte über dieses Objektiv geschrieben:

Tamron wurde 1950 in Saitama, Japan, als Taisai Optical Industries gegründet und hat seit 1957 den heutigen Firmennamen zunächst nur als Marke auf die Objektive graviert und 1959 als Markenzeichen registrieren lassen, bis 1970 die offizielle Umbenennung in Tamron Company, Ltd erfolgte.

Tamron hat etliche Innovationen in seiner Geschichte entwickelt, die heute noch Bestand haben. 1957 wurde der „T2“-Anschluß vorgestellt, mit dem auch heute noch diverse Objektive an Kameras adaptiert werden. Um 1980 wurde das Adaptall-System präsentiert, ein Grundobjektiv kann durch spezielle Adapter an viele damals aktuelle Kameragehäuse adaptiert werden, die Offenblendenmessung und die Springblende werden übertragen. Da der Anwender den Adapter selbst wechseln kann, ist es möglich, ein Objektiv mit verschiedenen Kamerasystemen zu nutzen, ohne für jedes Kameragehäuse eine eigene Objektivserie erwerben zu müssen.

Tamron hat Objektive für diverse Kamerahersteller entwickelt und gebaut, so ist z. B. das AF-Nikkor 2,8/14mm von 2002 ein äußerlich leicht verändertes Tamron SP AF 14mm. Auch aktuelle Objektive der Nikon-Z-Linie fertigt Tamron, z.B. das Nikon Z 28-75mm f/2.8. Außerdem stammen einige Pentax-Objektive von Tamron, teilweise nur mit äußerlich leicht verändertem Aussehen, teilweise mit Elektronik von Pentax sowie Optik und Mechanik von Tamron.

Converto-Tamron f=135mm 1:4,5

Dieses Objektiv erschien 1957, es wurde als „Converto-Tamron“ oder „Tamron Twin-Tele“ bezeichnet, weil es zusammen mit einem angepaßtem 1,7-fach Telekonverter verkauft wurde, die resultierende Brennweite beträgt 225mm, die Offenblende wird auf 1:7,7 reduziert. Auf der europäischen Tamron-Webseite wird das Converto-Tamron im Jahr 2025 in der Firmenhistorie erwähnt und als Hochleistung-Objektiv bezeichnet.

In Deutschland war das Objektiv vermutlich nicht zu kaufen, damals dominierten noch die west- und ostdeutschen Objektivhersteller den Markt, Werbung für japanische Objektive in deutschen Fotozeitschriften ist mir erst ab 1959 bekannt.

Das Objektiv besteht aus mehreren Teilen, die mitgelieferte massive und mit Samt ausgekleidete Streulichtblende wird in das Filter-Frontgewinde eines Adapterrings eingeschraubt und hat selbst wiederum ein Gewinde für Filter. Bei beiden Filtergewinden handelt es sich um die damals verbreiteten, inzwischen exotisch gewordenen Filter mit „Serie-VI“-Gewinde, aktuelle Filter mit üblichem metrische Gewinde passen nicht.

Das Frontgewinde des eigentlichen Objektivs kann ich nicht vermessen, der Adapterrimg sitzt fest, ich bekomme ihn mit meinem Filter-Abschraubhilfsmittel nicht gelöst.

Der genaue optische Aufbau ist mir nicht bekannt, die einzelnen Linsen sind einfach vergütet.

Am hinteren Objektivteil ist ein weiterer Adapterring montiert, er wandelt das Objektivgewinde in das allgemein übliche Praktica-M42-Schraubgewinde um. Beim Einsatz des Telekonverters wird der Adapterring gelöst und der Konverter direkt mit dem Objektiv verschraubt, der Adapterring kommt dann hinter den Konverter.

Es gab laut Objektivbedienungsanleitung auch einen Adapterring für das Exakta-Bajonett. Ist der Anschlußring abgeschraubt, liegt die Einstellschnecke frei, auch die Nut für die Gradführung ist erkennbar.

Aufgrund der geringen Baulänge ist es kein Fernobjektiv, sondern ein Teleobjektiv. „Teleobjektive“ sind durch optische Tricks erheblich kürzer als ihre Brennweite, benötigen aber wesentlich mehr optische Elemente, da sie eigentlich ein Fernobjektiv kürzerer Brennweite mit hintergeschaltetem eingebauten Telekonverter sind.

Der breite Entfernungsring im „Zebra“-Design läuft trotz des Alters recht leicht, das Schmiermittel ist nicht verharzt. Die Naheinstellgrenze von ca. 2 Metern ist für ein Objektiv der 1950er Jahre sehr gut. Das Objektiv hat einen Durchmesser von 47 mm, eine Baulänge ab M42-Gewinde von 69 mm und wiegt mit frontseitigem Filteradapter 195 Gramm. Beim Fokussieren wird es ca. 12mm länger.

Das Tamron hat keine Springblende, sondern eine Vorwahlblende, d. h., es gibt einen halbstufig rastenden Vorwahlring und einen zweiten Ring, mit dem die Blende zwischen eingestellter Arbeitsblende und Offenblende umgestellt wird, das funktioniert beim Blick durch den Kamerasucher sehr gut. 12 Blendenlamellen ergeben eine fast kreisrunde Blendenöffnung.

Das gesamte Objektiv macht einen wertigen Eindruck, obwohl es klein und leicht ist, wackelt und klappert nichts.

Am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende ist das Converto-Tamron je nach Motivkontrast ein wenig flau und überstrahlt, Abblenden auf 8-11 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen geringen chromatischen Aberrationen verschwinden ab Blende 5,6-8 vollständig. Die Vignettierung bei Offenblende ist ab 1:5,6-8 bei normalen Motiven nicht mehr sichtbar.

Der Neupreis des Objektivs ist mir nicht bekannt, der aktuelle Gebrauchtpreis unterliegt den „Liebhaber“-Schwankungen und streut extrem.

Beispielfotos

Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand, wurden gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte einmontiert sowie die Aufnahmeparameter.

Fazit

Das Converto-Tamron ist ein Meilenstein des japanischen Kamerabaus, es ist klein bzw. geradezu winzig, außerdem leicht, trotzdem beeindruckt seine optische Leistung am 24-Megapixel-Vollformat. Ralf Jannke hat es an der 45-Megapixel-Kamera Nikon Z7 probiert, auch ihn überzeugt die optische Leistung bei dieser doppelten Sensor-Auflösung.

Wenn man bedenkt, daß in den späten 1950er-Jahren Kleinbildfilme noch nicht die Auflösungswerte und Schärfe heutiger Filme hatten, dürfte das Tamron damals die Filme locker „in den Schatten gestellt haben“. Niedrig empfindliche Filme wie der 10-ASA-Kodachrome oder der Adox KB15 (15 DIN-SW-Material, in Tetenal Neofin blau nach Beutler entwickelt) werden das Objektiv ausgereizt haben, die damals üblichen 18 DIN/50 ASA oder 100 ASA / 21 DIN-Filme vermutlich nicht.

Christian Zahn, Februar 2025

 

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