Enna Revuenon 2,8/135 an Nikon Z5 Christian Zahn
In diesem Erfahrungsbericht geht es um ein etwa 50 Jahre altes Manuellfokusobjektiv adaptiert an die spiegellose 24-Megapixel-Systemkamera Nikon Z5.
Im Praxisbeitrag: "Zwei 135 mm Tele, ein 300 mm Tele, eine Gemeinsamkeit" hat Ralf Jannke im Mai 2024 ein anderes Exemplar eines REVUENON 1:2.8 f=135mm sowohl auf der 16 Megapixel mFT-Viertelformat Olympus OM-D E-M5, als auch auf der 45 MP Vollformat Nikon Z7 ausprobiert.
Das universelle M42-Objektivgewinde wurde im Lauf der Jahrzehnte von etlichen Kamera- und Objektivherstellern verwendet, bis es durch Objektivbajonette verdrängt wurde. Entwickelt wurde es 1938 von Carl Zeiss als Nachfolger für das Leica-M39-Gewinde, um ein größeres Auflagemaß und einen größeren Licht-Durchlass zu ermöglichen. Die ersten Kameras mit diesem Gewinde waren 1946 die Contax S (später aus markenrechtlichen Gründen als Pentacon F bezeichnet), 1949 Kamerawerkstätten Dresden Praktica und ca. 1953/54 die Wirgin Edixa Reflex.
Revuenon 1:2,8/135mm
Das Objektiv ist um 1975 gebaut worden, denn es ist ein fast vollständig in Kunststoff gefasstes Objektiv. Diese Technik hatte ISCO, Göttingen bereits 1963 vorgestellt, die Enna-Werke, München, jedoch erst 1970, um sehr preiswerte Objektive herstellen zu können, um dem japanischen Konkurrenzdruck standhalten zu können. Aus Metall sind nicht viele Teile, beispielsweise der M42-Gewindeanschluß besteht daraus. Allerdings ist er nicht wie üblich aus verchromtem Messing gefertigt, sondern nur aus unbehandeltem Aluminium.
ENNA wurde 1920 von Alfred Neumann gegründet, ENNA steht für die gesprochenen Anfangsbuchstaben seines Namens in bayrischer Reihenfolge (dort sagt man „der Neumann Alfred“ statt „der Alfred Neumann“). Nach 1945 übernahm der Schwiegersohn Dr. Werner Appelt das Werk, das später unter „Enna-Werk Dr. Appelt GmbH und Co. KG“ firmierte.
Enna hat auch für viele Kamerahersteller die in Sucherkameras verbauten Objektive geliefert, teilweise als OEM-Produktion mit dem Namen des Kameraherstellers und nicht als ENNA graviert.
Das gezeigte 2,8/135mm ist ein mehrfachvergütetes Objektiv, die Gravur lautet „Lens Made in W-Germany“. Die optische Rechnung basiert vermutlich auf den Exemplaren aus den 1950er und 1960er Jahren und hat 5 Elemente.
Verkauft wurde es von Foto Quelle unter dem Handelsnamen Revue (im Katalog als „BV“-Objektiv bezeichnet, möglicherweise Quelle-intern für „Billigversion“?). Im Foto-Quelle-Katalog von 1977 kostet es nur 119 DM, für ein besseres in Metall gefaßtes Objektiv von Chinon mußten 139 DM bezahlt werden (dieses kostete ein Jahr zuvor noch 169 DM, M42 lief Ende der 1970er Jahre allmählich aus, das PK-Bajonett setzte sich durch).
Der gewaffelte Entfernungsring läuft zwar nicht seidenweich, aber weder zu leicht noch zu stramm. Der Einstellweg ist mit etwa 330° erfreulich lang. Die Beschriftung ist nicht eingraviert, sondern lediglich aufgedruckt und deswegen inzwischen teilweise abgerieben. Die Naheinstellgrenze ist mit 1,4 Metern zeittypisch. Der Blendenring rastet halbstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 52mm eingeschraubt. Die Springblende kann zwischen „A“ Automatik und „M“ manuell umgestellt werden.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 65 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 89 mm und wiegt 280 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 14 mm langer.
Das gesamte Objektiv macht keinen hochwertigen Eindruck, es ist fast vollständig aus Kunststoff hergestellt und recht leicht. An der Entfernungs-Skala sind Tiefenschärfemarkierungen vorhanden, ein Index für die Infrarotfotografie fehlt.
Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende unscharf und vignettiert sichtbar, außerdem überstrahlt es etwas. Abblenden auf 8 steigert die Schärfe nur in der Bildmitte, für beste Bildschärfe der Bildränder muß auf 11-16 abgeblendet werden. Die bei Offenblende vorhandenen geringen chromatischen Aberrationen verschwinden ab Blende 5,6 vollständig.
Das Objektiv ist heutzutage sehr günstig zu bekommen, je nach Zustand und Zubehör liegt es zwischen 2 und 30 Euro, jedoch ist es relativ selten, die von Chinon bezogenen Revuenone werden häufiger angeboten und kosten fast immer mehr als die „Plasteobjektive“. Ich bekam es im Frühling 2025 von Ralf Jannke geschenkt, vielen Dank dafür!
Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.
Reparatur
Ich mußte das Objektiv zerlegen und reinigen, zwei Linsen hatten pilzähnliche Strukturen auf beiden Linsenflächen. Jedoch reichte es aus, sie gründlich mit Isopropanol zu putzen, die Glaspilze hatten sich nicht in die Vergütung hineingefressen. Beim Zerlegen sieht man deutlich, wie stark die Konstruktion „kostenoptimiert“ wurde: Fast alles besteht aus Spritzgußteilen ohne jegliche Nachbearbeitung, Schrauben sind selbstschneidend in Löcher hineingedreht, es gibt keine Ausgleichsringe, um Fertigungstoleranzen auszugleichen usw. Die inneren Linsen sind vermutlich nur einschichtvergütet und sehr dünn, um teures Glas zu sparen.
Fazit
Ich werde das Objektiv nicht mehr benutzen, ich habe optisch bessere 135er im Bestand. Und weil das Revuenon unter „Pilzverdacht“ steht, kommt es in einen luftdicht verschließbaren Kunststoffbeutel.
Christian Zahn, März 2025
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 31.03.2025 |
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