Zwei 135 mm Tele, ein 300 mm Tele, eine Gemeinsamkeit

Auf den ersten Blick wenig …

Und jetzt?

Gefertigt für das Versandhaus Quelle und dessen Hausmarke REVUE wurden die Objektive MC REVUENON 1:2.8 f=135mm und MC REVUENON 1:5.6 f=300mm vom Enna Werk München. Wikipedia schreibt: "Das Enna Werk in München wurde 1920 von Alfred Neumann gegründet. Der Name ENNA setzte sich aus den Anfangsbuchstaben des Firmengründers zusammen. Nach dessen Tod wurde das Unternehmen nach 1945 von dessen Schwiegersohn, Dr. Werner Appelt, weitergeführt. ENNA war Hersteller von Kameraobjektiven und Projektoren. 1958 wurde das weltweit lichtstärkste Weitwinkelobjektiv für Spiegelreflexkameras Super-Lithagon 1,9/35 mm und 1961 das erste Tele-Zoom-Objektiv der Welt 4/85–250 mm herausgebracht. Bekannt wurde ENNA durch sein ab 1958 angebotenes Automatic-Sockel-System für Edixa-, Praktica-, Exakta- und Examodelle mit Objektiven verschiedenster Brennweiten. Die Objektive wurden unter den Markennamen "Ennalyt", "Lithagon" und "Revuenon" vertrieben. Enna hat auch Objektive für Photo Porst und Foto Quelle (Revue) gebaut."

Neben, zwischen den beiden REVUENONS gezeigt ein wirklich altes Original ENNA München Tele-Ennalyth 1:3.5 f=13.5cm, das wir in zwei Praxisbeiträgen bereits gewürdigt haben:

Spezifiktion MC REVUENON 1:2.8 f=135mm

  • Abmessungen/Gewicht: ø 66 mm, l 89/104 mm, ø-Filter 52 mm, 296 g
  • Optischer Aufbau 5 Linsen
  • Die Blende besteht aus 7 Lamellen, kleinste Blende f/16
  • Nahdistanz 1,4 m

Spezifikation MC REVUENON 1:5.6 f=300mm

  • Abmessungen/Gewicht: l 170 mm, ø-Filter 58 mm, 385 g
  • Optischer Aufbau nicht bekannt
  • Die Blende besteht aus 6 Lamellen, kleinste Blende f/22
  • Nahdistanz 6 m

Das 300er fand bei mir keine Gnade, was im Verriss "Objektiv-Gurke MC REVUENON 1:5,6/300 mm" nachzulesen ist. Unser Mitautor Christian Zahn kommentierte seinerzeit: "Nanana, das Objektiv ist keine japanische Gurke, sondern eine hierzulande gezüchtete Linsenfrucht. Laut www.analogicus.de/auto-revuenon-300-mm-f5-6/ ist es vom Enna-Werk Dr. Appelt hergestellt. Es soll erst abgeblendet eine brauchbare Schärfe bieten, das wäre dann um f/11-16. Damals nur stativtauglich, heute evtl. freihand nutzbar. Absolutes Killer-Argument war/ist für mich die "Nah"-Distanz von 6 m.

Um es wenigstens 1x benutzt zu haben, hier zwei Beispielfotos mit dem MC REVUENON 1:5.6 f=300mm auf der Viertelformat 16 Megpaixel Olympus OM-D E-M5

Das 300er REVUENON soll erst abgeblendet eine brauchbare Schärfe bieten, das wäre dann um f/11-16. Würde ich bestätigen, der Schornstein ist mit Offenblende abgelichtet, die Blumenampel mit f/11. So vergleichsweise leicht und kompakt das 300er ist – Nein danke für mehr.

Ich habe mittlerweile wohl das halbe Schachbrett voll mit (32) 135 mm Teleobjektiven. Kein Wunder, war das 135er doch in den 1960ern/1970ern das erste und oft einzige Tele, was sich der brave Fotoamateur zur Spiegelreflex mitsamt 50 mm Normalobjektiv gönnte. Entsprechend gibt es eine Riesenzahl 135 mm Tele auf dem Gebrauchtmarkt. Aktuell ist mir für 5 Euro vom Flohmarkt ein weiteres 135er "zugeflogen".

Irgendwie hat dieses MC REVUENON 1:2.8 f=135mm etwas. Natürlich ist jedes Objektiv letztlich ein "Metallrohr mit Schneckengang (zum Fokussieren), Blende und Linsen" Aber das REVUENON hat ein sachliches Design — mir fällt keine bessere Beschreibung ein … Und wenn ich mir den Zustand der beiden REVUENONs ansehe, sie wirken wie nie benutzt. O.K. dem 300er werde ich keine Aufmerksamkeit mehr widmen — siehe oben —, aber das 135er geht mit auf eine Fotorunde.

Weich, aber nicht unscharf, geht das?

135 mm 1.Reihe ooc – out-of-camera, 2. Reihe bearbeitet

Hmmm … Ich hatte draußen schon am Sucherbild gesehen, dass ich da mit einem "Imagon" unterwegs bin. Imagon?

Wikipedia schreibt: "Das Rodenstock Imagon ist ein professionelles Weichzeichnerobjektiv, das von 1931 bis in die 1990er Jahre in verschiedenen Brennweiten für Kleinbild-, Mittel- und Großformatkameras von der Rodenstock GmbH angeboten wurde. (…) Das Objektiv hat nur zwei verkittete Linsen und ist so konstruiert, dass die Abbildungsfehler bis auf die sphärische Aberration weitgehend korrigiert sind. Durch die sphärische Aberration wird dem scharfen Bild ein diffuses unscharfes Bild überlagert, wodurch der Weichzeichnereffekt erzielt wird. Der Effekt kann durch Siebblenden, die mit dem Objektiv geliefert wurden, kontrolliert werden."

Aha! Zwei Linsen habe ich im MC REVUENON 1:2.8 f=135 mm nicht, aber eine softe, weiche Abbildung. Zuhause habe ich mal genau hingeschaut, um festzustellen, dass die Hinterlinse wie mit Fett verschmiert wirkte. Also Linsenreiniger, Mikrofasertuch und ran. Egebnis: Die Weichheit bleibt. O.K. muss man sie eben als Gestaltungsmittel nutzen. Per Lightroom/Photoshop lässt sich Kontrast reinzwingen, das erste Vergleichsfotopaar zeigt die Möglichkeiten. Aber das wird diesem 135er nicht gerecht. Leider bin ich mangels Models kein Porträt- oder Mädchen- (erwachsene Mädchen!!!) Fotograf. Aber genau dafür würde ich das Revuenon benuzten. Dann auch im Vollformat.

Rest vom ersten Rundgang mit der Olympus OM-D E-M5

Ja, das Viertelformat des 13x17 mm microFourThird-Sensors der 16 Megapixel Olympus OM-D E-M5 blendet die Randbereiche jedes für Vollformat gerechneten Objektivs großzügig aus. Aber: Die OM-D E-M5 fordert trotzdem. Hochgerechnet auf 24x36mm entsprechen die 16 fast 63 MP im Kleinbild-/Vollformat!

Und jetzt das REVUENON auf der Vollformat Nikon Z7

Beispielfotos 135mm REVUENON auf der Nikon Z7

Eigentlich gibt es da nichts zu meckern – für Offenblende f/2,8, ISO 400 und Stativ. Rechtes Foto 1:1 Ausschnitt.

Mehr Beispielfotos im Vollformat

Im Detail

Jeweils links das ganze Bild 1.800 x 1.200 Bildpunkte, rechts 1:1 Crops aus den 45 MP der Nikon Z7

Entdecke die Möglichkeiten

Links, Mitte, Rechts: Unbearbeitet, Deutlich Kontrast-korrigiert, Farbe nach Geschmack, SW nach Geschmack mit zugefügter Vignettierung

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Bei Offenblende ziemlich kontrastarm, sehr weich, aber eben nicht unbrauchbar unscharf! Bei Bedarf lässt sich mit entsprechender Lightroom, Photoshop, Topaz Nachbearbeitung jede Menge rausholen. Bis hin zum fast – Achtung Forensprech – Mikrokontrast. Das wäre bei von vornherein ganz mieser Abbildungsqualität nicht möglich. Was soll ich sagen? Mit diesem 135 mm REVUENON, meinem selbstgebauten Meyer-Optik Görlitz Tripoplan N 2,8/100 und dem TAMRON 1:2.5 135mm habe ich ein gelungenen Trio, die Auswahl zwischen dem speziellen Trioplan "Seifenblasen-/Bubble-Bokeh", der – bei Bedarf – Duftigkeit des REVUENONS und der Klasse eines 135 mm Tamrons, das zu meiner Feude neben dem ruhigen Hintergrund-Bokeh noch ein Quäntchen mehr Lichtstärke mitbringt. Alles reine Geschmackssache. Sicher ist das REVUENON nichts für Reproduktionen, Architektur-, Dokumentarfotografie! Aber für 5 Euro eine Super-Investition!

Ralf Jannke, Mai 2024

 

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