Nikon Z5 NIKKOR Z 28mm 1:2.8

Sonst stelle ich hier alte Objektive für analoge Spiegelreflexkameras an diversen Digitalkameras vor, weil ich nur noch sehr selten neue Kameras bzw. Objektive kaufe, da der Gebrauchtmarkt gute und preiswerte Manuellfokus-Altglasschätzchen en Masse bietet. Und Autofokus-Objektive für die Nikon Z habe ich eigentlich auch genug, da meine „alten“ AF-S-Objektive mittels FTZ-Adapter an der Kamera gut benutzbar sind.

Und trotzdem habe ich ein Z-Nikkor erworben, da es klein, leicht und bereits bei Offenblende gute Bildschärfe bietet und von diversen Foto-Zeitschriften und -Portalen mit guten Noten bewertet wurde.

Z-Nikkor 2,8/28

Diese Objektiv ist größtenteils aus Kunststoff gefertigt, auch das Objektivbajonett. Trotzdem darf man es nicht als „Plastebomber“ titulieren, denn die verwendeten Materialien sind kein „Plastikbecher-Material“, sondern Hochleistungs-Kunststoffe. Daß „Vollplaste-Objektive“ allgemein keinen guten Ruf geniessen, liegt daran, daß „Setobjektive“, also zusammen mit einer Kamera zusammen verkaufte recht lichtschwache Zooms häufig ein „Plaste-Bajonett“ haben. Aber auch diese „Setscherben“ sind oftmals optisch wesentlich besser als ihr Ruf, allerdings gibt es leider auch „Gurken“ in dieser Klasse, die den Ruf der Kunststoffbajonettobjektive nachhaltig ruiniert haben.

Aber nur weil ein Objektiv ein Metallbajonett hat, muß es noch lange nicht gut sein, es gibt auch etliche schlechte Objektive mit Metall-Bajonett. Somit sollte auch das Nikkor Z unvoreingenommen betrachtet werden. Außerdem ist es im Vergleich zu den meisten anderen Z-Nikkoren sehr preiswert, das „nifty Fifty“ 1,8/50 Z-Nikkor z. B. kostet satte 709 Euro UVP! Ähnlich wie das 28er ist ein 1:2/40mm-Objektiv, das in Größe, Aussehen und Preis kaum abweicht und ebenfalls optisch sehr gut ist.

Zum Nikkor-Z 28mm gibt es keine originale Streulichtblende, weder im Lieferumfang noch zum Nachkaufen. Diese Entscheidung ist erstaunlich, sind doch sonst die billig hergestellten extra zu kaufenden Blenden ein gutes Geschäft gewesen, da sie teilweise für 30 Euro und mehr verkauft wurden. Ein Bajonett zur Streulichtblendenmontage fehlt, aber jede billige Streulichtblende aus dem Zubehörhandel lädt sich in das Filtergewinde einschrauben, sowohl metallene Weitwinkelstreulichtblenden als auch solche aus Gummi. Mit meinen 52mm-Weitwinkelblenden läßt sich die Kamera nicht mehr hinstellen, da die Blende über die Objektivunterkante heraussteht, deshalb nutze ich eine mehrfach „faltbare“ Gummiblende, die in der ersten „Faltung“ nicht vignettiert, mit dieser Blende läßt sich die Kamera hinstellen, außerdem gibt die Blende beim „Anstupsen“ nach, somit wird das Kunststoff-Filtergewinde geschont.

Einen eingebauten Bildstabilisator hat das Nikkor Z 28 nicht, der in der Z5 eingebaute ist völlig ausreichend. Beim Einsatz an der APS-C-Cropkamera Z50 wird aus dem Nikkor ein 42mm-äquvalentes Objektiv, an dieser Kamera macht sich der fehlende Objektivstabilisator leider bemerkbar, denn die Z50 hat keinen eigenen verbaut.

Das Objektiv besteht äußerlich aus leicht mattem bzw. strukturiertem Kunststoff, der sich wertig anfühlt. Leider nimmt diese leicht rauhe Oberfläche Staub und Ähnliches allzugerne an, wie man an den obigen Bilder sehen kann. Die Frontlinse ist winzig klein, man kaum glauben, daß das Nikkor Offenblende 2,8 hat, mit ähnlich kleinen Vordergliedern sind etliche andere Linsen mit lediglich 1:5,6 bzw. sogar nur 1:8 erhältlich. Da das Nikkor Z 28 jedoch aufwendig mit 9 Elementen in 8 Gruppen mit 2 aspärischen Linsenflächen konstruiert ist und das Hinterglied im Durchmesser fast so groß ist wie die Sensordiagonale, ergibt sich ein telezentrischer Strahlengang, d. H. die Lichtstrahlen treffen fast senkrecht auf den Sensor, auch in den kritischen Bildecken.

Das Nikkor ist mehrschichtvergütet, da aber das Wort „Nanokristallvergütung“ in den Marketingtexten nicht erwähnt wird, handelt es sich vermutlich „nur“ um eine normale Mehrfachvergütung, nicht um die Nikoneigene Hochleistungsvergütung.

Der Durchmesser beträgt 70mm, die Länge ab Bajonett 43mm. Dank Innenfokussierung ändert sich die Länge beim Scharfstellen nicht. Das Filtergewinde hat die Nikontypische Größe 52mm. Die Naheinstellgrenze von 18 cm ab Sensorebene ist sehr kurz, man erreicht einen Abbildungsmaßstab von ca. 1:4,5, das Motiv „klebt“ dann allerdings nur ca. 12 cm vor dem Objektiv. Mit lediglich 155 Gramm ist das Nikkor leicht und fällt an der Z5 kaum auf.

Was nicht zu sehen ist, aber in den Objektivbeschreibungen erwähnt wird: Es sind etliche Dichtungen gegen Eindringen von Spritzwasser verbaut, jedoch am Bajonett leider nicht, die Kombination aus Objektiv und Kamera ist somit weder wasserdicht noch wirklich spritzwasserfest. Aber man muß das in Relation zum Verkaufspreis sehen, wasserdichte Objektive sind erheblich teurer.

Ein mechanisches Bedienelement hat das Objektiv nicht, hingegen einen elektrischen Drehring, dessen Funktion im Kameramenü umdefiniert werden kann. Er hat leider keinen Widerstand beim Drehen, somit gibt es keine „Clickstops“. Beim Einsatz als Blendenring oder zur Verstellung der Kameraempfindlichkeit muß also auf die entsprechende Anzeige im Sucher bzw. auf dem Display geachtet werden, ein “blindes“ Verstellen um eine halbe oder ganze Blende ist nicht möglich (das klappt nur mit den rastenden Drehrädern der Kamera). Auch bei der Belichtungskorrektur als Ringfunktion fehlt mir die Rastung, dazu nutze ich lieber ein rastendes Drehrad der Z5.

Beim Einsatz des Ringes zur Schärfeneinstellung ist die widerstandslose Drehbewegung jedoch ideal, zumal die Kamera auch noch die Drehgeschwindigkeit auswertet, so daß mit einer schnellen und kurzen Drehbewegung zwischen Nah- und Ferneinstellung gesprungen werden kann, während langsame Bewegungen in Verbindung mit der Sucherlupe zur präzisen Scharfeinstellung benutzt werden können.

Außerdem ist zum manuellen Fokussieren keine Umschaltung im Kameramenü erforderlich, der Ring kann jederzeit bewegt werden, die Kamera schaltet dann selbst vom AF- in den MF-Modus um. Bei halb gedrücktem Auslöser läßt sich bei der Z5 auch noch die Sucherlupe zuschalten und dann ggf. mit dem elektrischem Fokusring nachfokussiert werden, wobei dank Fokus Peaking die scharfen Bilddetails klar hervorgehoben werden.

Beispielfotos

Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende über das gesamte Bild bereits recht scharf, Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfe der Bildecken weiter, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten, auch wenn die Kamera bei intern erzeugten JPEGs mit Schärfungstricks gegensteuert. Ausgereizt wird der 24-Megapixel-Sensor auch schon bei Offenblende, denn das Objektiv wurde für den wesentlich höher auflösenden Sensor der Nikon Z7-II gerechnet.

Die Vignettierung bei Offenblende ist mehr als deutlich, unkorrigiert erreicht der Helligkeitsabfall in den Bildecken mehr als 50%, der Nikoneigene RAW-Konverter und die kameraintern erzeugten JPEGs steuern durch Aufhellung der Bildecken gegen, der Effekt ist abhängig von der Einstellung dieser Korrektur im Kameramenü.

Die chromatischen Aberrationen sind bereits bei Offenblende bis auf die äußersten Bildecken kaum sichtbar, abgeblendet sind sie vernachlässigbar.

Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 2,8, 5,6 bzw. 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.

Die Verzeichnung des Objektivs ist erstaunlich gering, wenn man die von der Z5 erzeugten JPEGs oder die mit Nikon Capture NX gewandelten RAWs betrachtet. Mit freien Konvertern wie z. B. Darktable kann man die „wahre“ Verzeichnung sehen, sie ist etwas stärker, aber nicht dramatisch. Wenn es das Motiv nicht erfordert, kann man die Korrektur abschalten, und dadurch mehr Bildschärfe in den Bildecken bekommen, da die „Pixel nicht geschoben“ werden.

Das Objektiv hat eine UVP von ca. 300 Euro, im Frühjahr 2022 hat sich der Straßenpreis auf etwa 280 Euro eingependelt. Jedoch ist es teilweise nur schwer zu bekommen, Nikon Deutschland hatte z. B. Ende Mai 2022 keine Exemplare vorrätig.

Ein Hinweis: es gibt eine optisch identisch, jedoch anders aussehende Version, die zusammen mit der Nikon Z fc vorgestellt wurde und für 350 Euro UVP angeboten wird. Dieses Nikkor Z 2,8/28 SE orientiert sich im Aussehen an den klassischen Nikon-Objektiven aus der Manuellfokus-Ära, so ist der Fokusring z. B. „gewaffelt“ und vor ihm sitzt ein schmaler silberner Zierring.

Fazit

Das Nikkor Z 28mm ersetzt das 28mm Contax Distagon in meinem Z5-Objektivkanon, denn es ist bereits bei Offenblende recht scharf, bei „meinen“ Arbeitsblenden 5,6 bzw. 8 sind auch die Bildecken ausgezeichnet, hier macht sich der telezentrische Strahlengang bemerkbar (aufgrund der quasi sensordiagonalengroßen Hinterlinse), so daß keinerlei „Corner Smearing“ durch schräg auf den Sensor auftreffende Randstrahlen die Bildecken unscharf werden läßt. Die Möglichkeit, jederzeit nach dem automatischem Fokussieren in die Schärfe-Einstellung eingreifen zu können, ist ein „Zuckerl“ obendrauf.

Christian Zahn

 

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