Hinter dem mächtigen Zoom verschwindet die zierliche Olympus fast ;-) Wobei das Weitwinkel-Porträt-Telezoom auf der OM-D E-M1 zum KB-äquivalenten 2,8/72-164 mm Telezoom wird. Streng genommen zum 5,6/72-164 mm. Die Lichtstärke f/2,8 bleibt selbsverständlich gleich, aber die Schärfentiefe entspricht bei Offenblende f/2,8 der Kleinbildformatblende f/5,6. f/2,8 x Cropfaktor 2 = f/5,6 …

Das "musste" ich unbedingt in meiner Sammlung haben ;-) Was mehrere Jahre durch die Kosten verhindert wurde. Als zum Jahreswechsel 2022/2023 in Schweden ein Exemplar für rund 100 Euro zu haben war, habe ich sofort zugegriffen — trotz gewisser Trübung (Fungus, Linsenpilz?). Gut eine Stunde im Backofen bei ca. 80 Grad haben das irgendwie feucht wirkende Zoom erstmal durch und durch getrocknet. Möglicherweise auch den Belag reduziert, den Linsenpilz zum Stoppen gebracht.

Im Januar 2023 wurde das ZOOMAR das erste Mal mit allem, was ich an Informationen fand, präsentiert, um dann im Mai 2023 ein Update nachzuliefern. 

• VOIGTLÄNDER ZOOMAR 1:2.8 f=36mm….82mm
• Auf ein Neues! VOIGTLÄNDER ZOOMAR 1:2.8 f=36-82mm

Jetzt, 2024, wird es mal wieder Zeit mit dieser Rarität eine Runde fotografieren zu gehen. Die Kamerawahl fiel bewusst auf meine mit jedem Einsatz mehr und mehr geschätzte 16 Megapixel Viertelformat microFourThirds DSLM Olympus OM-D E-M1. Ja, der kleine 13x17 mm mFT-Sensor blendet die Ränder des 24x36 mm Kleinbild-/Vollformats aus. Randabschattungen (Vignettierung) und Randunschärfen "verschwinden". Und doch stellt die OM-D E-M1 in einer Hinsicht eine hohe Hürde fürs 60 Jahre alte Zoom. Rechnet mal die Pixeldichte des 16 MP 13x17 mm Sensors aufs Kleinbildformat hoch, kommt man auf gerundet 63 Megapixel. Also nochmal deutlich mehr, als meine 45 Megapixel Vollformat Nikon Z7!

Als es mit der Digitalfotografie richtig losging, rechneten Analog-Anhänger die theoretischen 200 Linien Pro Millimeter, die ein niedrig empfindlicher Kleinbildfilm auflösen sollte, einfach auf eine Pixelzahl von rund 35 Megapixel hoch. Gigantisch, wenn man an die ersten Profi-DSLRs mit 1,5, 2, 3, 6 Megapixel denkt.

Als 2002 die Canon EOS D60 vorgestellt wurde, schrieb ein Mac-Fachmagazin, dass mit den 6 Megapixel der D60 der Kleinbildfilm jetzt sicher erreicht sei … Diese Ansicht teile ich.

Was schafft das VOIGTLÄNDER ZOOMAR 1:2.8 f=36mm….82mm auf der Olympus OM-D E-M1?

ISO 200, Zeitautomatik, Mini-Blitz FL-14, Zoomar bei ca. 80 mm Blende 11, Nachbearbeitung mit Adobe Lightroom

Die vier Vergleiche dieses Motivs wurden nicht nachgearbeitet! Alles Adobe Lightroom-Defaultwerte. Heißt "Schärfen/Betrag 40". Die Offenblende ist recht weich, aber nicht wirklich/katastrophal unscharf. Bereits eine Stufe abgeblendet ist eine deutliche Steigerung erkennbar. Danach nimmt hauptsächlich nur noch die Schärfentiefe zu. Es ist kein Problem, die Offenblende-Version per Lightroom auf mehr Kontrast und Schärfe zu trimmen!

Ob diese Nachbearbeitung nun gut, richtig ist, bleibt dem Motiv, dem Anwender, dem persönlichen Geschmack, dem Einsatzzweck überlassen. Wenn die leichte Weichheit zum Motiv passt, kann man es problemlos so lassen!

Wenn ich zum manuellen Fokussieren bei der E-M1 die mit der Lupe belegte Funktionstaste F1 betätige, wird das Sucher-/Monitorbild wunschgemäß vergrößert. In der Vergrößerung bei Bedarf noch variierbar. Um dann wieder aufs normale Sucher-/Monitorbild zu kommen, muss die F1 ein weiteres Mal gedrückt werden. Ich sehe durch die Vergrößerung nicht, ob mein gewünschter Bildausschnitt beim Auslösen noch stimmt. Und das stört mich ganz einfach. Denn die E-M5 macht das ungleich besser! Dort drücke ich die F1, fokussiere und tippe dann direkt den Auslöser an und habe augenblicklich volles Sucher-/Monitorformat oder löse gleich aus. Jetzt nehme ich halt die OM-D E-M5.

Bei Offenblende muss kräftig "Hand angelegt" werden. Ohne Nachbearbeitung ist das Ganze sehr weich und kraftlos. Aber mit Lightroom und Topaz Sharpen AI bekomme ich genau das Gewünschte! Ohne den Charakter dieses Objektiv-Methusalems zu zerstören! Abgesehen davon: Wetterbedingt durch ein Doppelglas-Fenster fotografieren zu müssen, ist sicher nicht qualitätsfördernd ;-) Das ZOOMAR ist weiterhin "fest gebucht"!

Die alte Stall-Laterne wurde aus der Hand mit Offenblende f/2,8, Zeitautomatik (1/25 s) und ISO 6.400 abgelichtet. Und später mit der Adobe Lightroom KI entrauscht.

Nur, wenn ein Motiv die sehr weich abbildende f/2,8 "verträgt", würde ich die Offenblende nehmen. Zm Fokussieren ist sogar f/4 leichter. Und Blende f/5,6 ist Arbeitsblende zur Steigerung der Abbildungsschärfe.

Ich bin froh, dass ich ein Exemplar dieses spannenden Zooms ergattern konnte. Natürlich nicht mehr taufrisch und vom Linsenzustand nicht perfekt – Stichwort Fungus – und ein gewisser Schleier. Nach 2h im Backofen bei 80 Grad war mein ZOOMAR dann schließlich "betriebsbereit"! Eine immer vorhandene gewisse Weichheit nicht nur bei Offenblende ist per Adobe Lightroom problemlos zu entfernen. Das Objektiv hat wirklich Charakter! Und so ein Exemplar ist mir 100x lieber, als die unzähligen ZOOMARE, die unbenutzt in Sammlervitrinen ein trauriges Dasein fristen … Selbstverständlich geht das lichtstarke Zoom 2024 auch wieder aufs Vollformat!

Ralf Jannke, März 2024