Panasonic mFT DSLM Lumix DMC-G1 Kurzbericht von Christian Zahn

Hier stelle ich die erste Kamera des spiegellosen mFT-Systems vor, sie läutete das Ende der Spiegelreflexkamera ein, auch wenn es noch circa 15 Jahre dauerte, bis deren Ära wirklich zu Ende ging.

Ralf Jannke hat die Panasonic Lumix DMC-G1 hier vorgestellt

Spezifikationen

  • Die 2008 vorgestellte Panasonic Lumix DMC-G1 ist 124 x 84 x 45 mm groß und wiegt mit Akkus und Speicherkarte 437 g.
  • Der 4/3“ LiveMOS-Sensor 17,3 x 13,0 mm (mFT) mit Pixelpitch 4,3µm löst maximal 4000 x 3000 Pixel  = 12 Megapixel auf. (Rohdaten 13,1 Megapixel) Mit der ISO-Automatik oder manuell sind 100 bis 3200 ASA einstellbar. Videos sind nicht möglich. Bilder werden als JPEG oder RW2 (RAW-Format) auf SD/SDHC-Karten (max. 32 GB) gespeichert.
  • Das Motiv wird über einen Videosucher mit 1,4 Millionen Subpixeln (entspricht 800x600 Farbtripeln)angezeigt, zusätzlich ist ein schwenk- und klappbarer 3“ TFT LCD Monitor mit 460.000 Subpixeln vorhanden.
  • Das Objektivbajonett ist mFT (MicroFourThirds)
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S) oder kontinuierlicher Autofokus (AF-C), Ermittlung durch Kontrasterkennung des Bildsensors, zusätzlich manuelle Einstellung mit Fokusunterstützung
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder manuellen Modus sowie diverse Motivprogrammen. 144-Zonen-Matrixmessung, mittenbetonte Integralmessung oder Spotmessung. Belichtungszeiten 60s bis 1/4000 sek., Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit
  • manuell ausklappbarer Blitz mit Leitzahl 11 und den üblichen Funktionen: Ein/Aus, Automatik, Langzeitsynchronisation, Rote-Augen-Reduktion, zusätzlich Norm-Blitzschuh mit TTL-Kontakten (System Olympus/Panasonic/Leica)
  • Weißabgleich automatisch oder manuell mit diversen Vorwahlen wie Sonne, Wolken, Glühlampenlicht usw.
  • Gehäuse ohne Bildstabilisierung (alle besseren Panasonic/Leica-Objektive haben Stabilisierung)
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku (kompatibel mit dem Akku der G2 bzw. GF1)

Besonderheiten

  • Die Lumix G1 war die allererste spiegellose Systemkamera, sie begründete die Klasse der „EVIL“ = Electronic Viewfinder interchangeable Lens, also der Kameras mit elektronischem Sucher und Wechselobjektiven, die auch als „DSLM“ = Digital Single Lens Mirrorless bezeichnet werden. Olympus und Kodak hatten das Vorgängerbajonett FT (für digitale Spiegelreflexkameras) 2003 entwickelt, Panasonic war dem Verbund beigetreten. Panasonic und Olympus entwickelten daraus das mFT-System (mirrorless FourThirds), wobei die erste Olympus-Kamera, die Pen E-P1, erst ca. ein halbes Jahr nach der Panasonic erschien.
  • Das Bajonett ist das mit der G1 eingeführte mFT-Bajonett, das auch von der Olympus OM-D-Serie und der Olympus-Pen-Serie verwendet wird. Die meisten Panasonic-mFT-Gehäuse haben keinen eingebauten Bildstabilisator, statt dessen ist er in den Panasonic/Leica-Objektiven verbaut. Olympus-mFT-Objektive lassen sich auch benutzten, haben aber keinen eingebauten Stabilisator, da dieser in den meisten Olympus-mFT-Gehäusen vorhanden ist.
  • Alte FourThirds-Objektive lassen sich per Adapter auch nutzen, unterliegen jedoch teilweise Einschränkungen beim Autofokus.
  • Im FT/mFT-Systemstandard ist vorgeschrieben, daß die Objektive Angaben zu Verzeichnung, Vignettierung und chromatischer Aberration zum Zeitpunkt der Aufnahme für die aktuell eingestellte Brennweite und Blende übermitteln, so daß die Kamera diese in den erzeugten JPEGs bereits unwiderruflich korrigieren kann bzw. diese Angaben als Parametersatz in das RAW einbetten kann, so daß die RAW-Konverter diese Angaben automatisch übernehmen und umsetzen können. Die wirklichen Objektivfehler sind nur mit „freien Konvertern“ (z. B. Darktable, RawTherapee usw.) darstellbar, die diese Parametersätze auf Wunsch ignorieren.
  • Die Bilder können als JPEG oder im Panasonic-RAW-Format RW2 aufgezeichnet werden. Als Speichermedium dienen SD/SDHC-Karten.
  • Der Sensor wurde von Panasonic entwickelt und hergestellt.
  • Die Kamera schreibt etliche interessante Details in die EXIFs der RAW-Dateien, darunter: das Herstelldatum, die Kameraseriennummer, die meisten Bildparameter, die verstrichene Zeit seit dem Einschalten, ein Babyalter (sofern im Menu eingegeben), den Objektivnamen und die Objektiv-Seriennummer uvm.
  • In die EXIFs wird die Zahl der Auslösungen nicht geschrieben, sie läßt sich aber im System-Menu ablesen. Dieses Menü muß durch eine komplizierte Tastensequenz freigeschaltet werden. Aber Achtung: Wer nicht genau aufpaßt, landet im permanenten Servicemodus (gelbes Warndreieck beim Ausschalten), aus dem man nur sehr schwer wieder herauskommt, auch ein Reset aller Einstellungen hilft nicht dagegen.
  • Die Stromversorgung erfolgt mit einem LiIon-Akku, der auch in der Lumix GF1 oder G2 benutzt wird.
  • Der Gehäuseblitz mit klappt nur manuell betätigt aus. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL mittels Vorblitz. Zusätzlich ist ein Norm-Blitzschuh vorhanden mit TTL-Kontakten des Olympus/Panasonic/Leica-FT-Systems.
  • Das Kameradisplay ist beweglich montiert, es kann geschwenkt und verdreht werden. Es kann auch mit der Bildseite gegen das Gehäuse geklappt werden, dann ist es vor Beschädigung geschützt. Im Lauf der Zeit verspröden die für das Drehgelenk benutzten Kunststoffe, Risse sind somit bei vielen Exemplaren anzutreffen. Das Kabel zwischen Kamera und Display wird bei der Bewegung stark belastet, darum gibt es etliche Exemplare mit defektem Monitor. Per Videosucher können sie aber immer noch benutzt werden, da dort auch das Menu bedienbar ist.
  • Die Umschaltung zwischen elektronischem Sucher und Monitor erfolgt entweder rein manuell oder durch einen Augensensor. Die Technik des Videosuchers stammt aus dem professionellen Broadcast-Bereich, eine 60 Mal je Sekunde zwischen Rot, Blau und Grün umschaltbare LED beleuchtet ein reflektierendes Display mit 800x600 Bildpunkten, das menschliche Auge statt dann die drei Teilfarbenbilder durch seine Trägheit als farbiges Bild. Lediglich bei schnellen Kameraschwanks oder bei Augenbewegungen erkennt man das Farbflimmern. Die in den technischen Daten genannten 1,4 Millionen Bildpunkte entstehen durch Multiplikation der wahren Bildpunkte mit den drei Farben.
  • Die Kamera hat viele Tasten, Hebel und Räder, neben dem Daumenrad und dem Moduswahlrad gibt es je einen Hebel für die AF-Art und die Wahl Einzelbild, Serienbild, Selbstauslöser  und Mehrfachbelichtung. Ein Quickmenu ermöglicht den schnellen Zugriff auf die meisten Aufnahmeparameter, der aktive AF-Punkt kann in der Größe eingestellt und seine Position durch das Steuerkreuz frei auf dem gesamten Sensor verschoben werden.
  • Die UVP der Lumix G1 betrug ca. 750 Euro ohne Objektiv. Ich erwarb mein Exemplar 2018 deutlich gebraucht, aber völlig funktionsfähig für etwa 30 Euro. Der Vorbesitzer hatte die Kamera etwa 4000 mal eingeschaltet, aber nur ca. 10.000 Aufnahmen gemacht.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden bei 100 ASA, gespeichert als RAW, konvertiert mit Adobe Camera Raw, bearbeitet mit Photoshop CS6. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Als Objektiv diente ein Olympus m Zuiko 14-42mm F3.5-5.6 II R, da ich kein Panasonic mFT-Objektiv besitze.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der G1 besteht größtenteils aus Metall. Die verwendeten Materialien sind nach über 10 Jahren nicht mehr gut erhalten, der berüchtigte „Gummiauflagenschwund“ oder das „Verkleistern“ aufgespritzter Gummierungen ist deutlich sichtbar, die meisten klebrigen Stellen habe ich mit Alkohol abgewaschen, darum sind etliche Beschriftungen nur noch schwer lesbar.

Ein mir bekannter Amateur-Canon-Vollformat-Fotograf kaufte sich die G1 und sagte, daß die Spiegelreflexkamera nun „tot“ sei, auch wenn es damals viele nicht wahrhaben wollten (aufgrund des kleinen mFT-Sensors rauscht die G1 mehr als damalige APS-C oder Vollformat dSLRs). Aber Scharfstellen direkt auf dem Sensor (ohne daß dejustierte Spiegel einen Einfluß auf die Bildschärfe haben), das war bekanntlich die Zukunft.

Die Kamera begründete die Klasse der spiegellosen Systemkameras.

Der Sensor neigt fast überhaupt nicht zum „Ausbrennen“ der hellen Stellen. In den dunkleren Bildpartien rauscht er kaum sichtbar (bei 100ASA), die Schatten können recht problemlos per EBV aufgehellt werden. Auch kritische Gegenlichtsituationen werden recht gut gemeistert. Bei höheren ASA-Zahlen rauscht der Sensor, aber aufgrund der noch recht großen Pixel noch halbwegs erträglich.

Die Bildqualität der G1 ist auch heutzutage als gut zu bezeichnen, bei höheren ASA-Zahlen verlieren die JPEGs der Kamera allerdings durch den Entrausch-Algorithmus an Zeichnung. Bei 12 Megapixeln und „Schönwetter“ ISO100 gibt es an den Bildern nichts auszusetzen.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch interessante Kamera (weil erste mFT-Kamera überhaupt), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen gut geeignet. 12 Megapixel reichen meist völlig aus.

Christian Zahn, Februar 2021

Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias

 

 

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