Die erste Digitalkamera der Welt – mit CMOS-Bildsensor: Sound Vision MINI Cam 3 209, vorgestellt 1997

CMOS? Complementary Metal Oxide Semiconductor, zu Deutsch (etwa): sich ergänzender Metall-Oxid-Halbleiter

CMOS-Bildsensor

Wikipedia schreibt: Gegenüber CCD-Sensoren (Charge Coupled Device, übersetzt etwa „ladungsgekoppeltes Bauelement“) besteht der Vorteil, dass die Elektronik direkt das Spannungssignal jedes einzelnen Pixels auslesen kann, ohne die Ladungen verschieben zu müssen, was eine deutlich geringere Neigung zum Blooming zur Folge hat. Beim CCD-Sensor müssen die Pixel nach dem Eimerkettenprinzip geleert werden! Der Nachteil des CMOS-Bildsensors ist, dass sich zwischen den lichtempfindlichen Photodioden viel Elektronik befindet, die selbst nicht lichtempfindlich ist, was bei gleicher Chipfläche ursprünglich zu einer im Verhältnis zur CCD-Technik kleineren Lichtempfindlichkeit führte. Da die notwendige Integrationsdichte, um mit CCD konkurrenzfähig zu sein, noch nicht erreicht war, war diese Technik in den 1970er und 1980er Jahren noch bedeutungslos.

Mitte der 1990er Jahre war der CMOS-Bildsensor schließlich so weit. Die Qualität war aber immer noch gering, so dass es nur zu unterklassigen Kameras reichte. Heute sieht das ganz anders aus! Heute gibt es praktisch keine Digitalkamera mehr, die einen CCD-Bildsensor hat. Fast alle Kameras arbeiten mit CMOS-Sensoren!

Die hier vorgestellte Sound Vision MINI Cam 3 209 Digital Camera gab es in OEM-Version auch als Umax MDX 8000 oder Vivitar Vivicam 3000 (PC Magazine, Oktober 1997).

Sound Vision?

Das hatte ich doch schon mal irgendwo gesehen. Richtig, das lag doch lange unbeachtet im Keller, der Prospekt der „Sound Vision CMOS-PRO“

Unter "SOUND VISION CMOS-PRO – Superb Professional Camera Using CMOS Chip" gab es einen Testbericht zu dieser Kamera.

Extrem spartanische "Kommando-Zentrale"

Der Herstellername wird kein Zufall sein, es ist ein und derselbe Hersteller, der auch die Sound Vision MINI Cam 3 209 Digital Camera entwarf. Damit hat die lange Jagd auf eine eigentlich furchtbare Digitalkamera ist zu Ende! Denn die 1997 auf der Comdex Herbst-Messe vorgestellte Kamera ist die erste Digitalkamera der Welt, die einen CMOS-Bildsensor verwendet! Sie löst 1000 x 800 Pixel auf, aus denen die Kamerasoftware (Firmware) 960 x 800 Pixel Fotos errechnet, wofür sie Bild für Bild 10 Sekunden braucht. Objektiv ist eine 4/18 mm Festbrennweite, die 47 mm im Kleinbildformat entsprechen soll. Das wäre ein Cropfaktor von 47 : 18 = 2,6, was auf einen recht großen Sensor hinweist. Die Belichtungszeiten bewegen sich zwischen 1 und 1/2000 s. Laut dem PC MAGAZINE aus dem Februar 1998 soll die Sensorempfindlichkeit nur ISO 50 betragen. Zumindest bei den baugleichen Klonen der Sound Vision Mini Cam 3 209, der Umax MDX 8000 und der Vivitar ViviCam 3000.

Prnewswire.com würdigte die OEM-Version Umax MDX-8000 August 1997 als erste mit Adobe Photo Deluxe „gebundelte“ Digitalkamera.

Photographyreview.com stellte die OEM-Version Vivitar Vivicam 3000 vor.

Selbstverständlich sind Original und Klone auch auf der weltweit ältesten Internetseite, die sich mit historischen Digitalkameras befasst, zu finden und beschrieben. Es macht immer wieder Freude, DigiCamHistory.Com zu besuchen und sich anzuschauen, was Rodger L. Carter seit 2001 über die vielen Jahre ganz entspannt an langweiligen, furchtbaren, tollen, sensationellen und extrem seltenen Digitalkameras sowie deren filmlos auf Videodiskette analog aufzeichnenden Vorgängern zusammengetragen hat. Die Sound Vision Min Cam 3 209, die Umax MDX-8000 und die Vivitar ViviCam 3000 sind hier zu finden.

Sound Vision MINI Cam 3 209 Energieversorgung und Bildspeicherung

Ungewöhnlich hoher Spannungsbedarf: 6 x 1,2/1,5 Volt Akkus/Batterien der Größe AA. Eine Überraschung fand sich beim Öffnen des Speicherkartenfachs der Sound Vision. Ich war zunächst davon ausgegangen, dass die Kamera nur mit einer großen (vorhandenen) PCMCIS-Speicherkarte zu betrieben wäre, fand dann aber den "Sound Vision CF 35014 CF Adapter" im Karten-Schacht steckend. 

Zum Glück fand sich im Internet auch noch eine (englische) Bedienungsanleitung zur Vivitar ViviCam 3000

Treiber-S(e)uche für die erste CMOS-Kamera der Welt

Gefühlt 99 von 100 internetseiten, die angeblich jeden Windows-Gerätetreiber der Welt bereithalten, bieten tatsächlich alles, nur nicht den gewünschten Treiber. Oder erst und nur vielleicht, wenn man die Schnüffel-, Pardon "Treiberoptimierungssoftware" des jeweiligen Anbieters installiert habe. Um erst das Windowssystem zu optimieren und dann immer die frischesten Treiber zur Verfügung stellen zu wollen. Wer's glaubt... NEIN DANKE! Gelegentlich mache ich mir den Spaß den Power Mac mit Apples Uralt-Betriebssystem OS 9.x zu starten, um diesen "Experten" dann die Frage, ob man mein Windows-System optimieren dürfe, mit einem Klick auf JA zu beantworten.

Dennoch gelang es einen Windows-Treiber für die Umax MDX 8000 und die Vivitar ViviCam 3000 zu finden. Dabei stellte sich heraus, dass die Klone der SoundVision unterschiedlich sind, was die Datenspeicherung in der jeweiligen Kamera angeht. Die Programm-Icons sind gleich, aber die Vivitar-Software sucht nach *.svi Dateien, die Umax-Software nach gewöhnlichen *.jpg Dateien. Die vorhandene Sound Vision Mini Cam 3 209 speichert JPEG-Dateien auf die Compactflashkarte. 

Die Sound Vision MINI Cam 3 209 Digital Camera war in ihrer Zeit übrigens nicht allein!

Auch die Umax PhotoRun = Mitsubishi DS DIGITAL STILL CAMERA DJ-1000, die Umax DC AstraPix 540 und die Toshiba PDR-2 belichten auf CMOS-Bildsensoren.

Beispielfotos, aufgenommen 2017 mit der Sound Vision 3 209 gibt es leider – NICHT (wirklich)...

Kunst ;-) Leider nicht! Nur eine Fehlfunktion oder doch ein kapitaler Sensorschaden? Immerhin konnte ich auf dem einmontierten kleinen Bild meine Kyocera Finecam L3 identifizieren und auf dem von 960 x 800 auf 900 x 760 Pixel reduzierten großen Foto die auf dem Herd stehende Rindfleischsuppe mit Nudeln ;-) Weil ich wusste, was ich da versuchsweise abgelichtet habe... War das jetzt wirklich die letzte Zuckung des Sensors, oder ist doch noch Restleben in der Sound Vision?

Die Sound Vision löst aus, der Schieber vor dem Objektiv öffnet sich, es blitzt (wenn aktiviert) der Speichervorgang dauert 10 Sekunden, und es wird auch eine JPEG-Datei auf die Speicherkarte geschrieben. Was aber nichts nützt, da der Sensor die lange Zeit offensichtlich nicht überlebt hat. Die Bilder sind fast komplett schwarz – siehe oben :-( Oder liegt es am Ende an dem Schieber, der im Inneren der Kamera das Objektiv bedeckt, der klebt und viel zu spät öffnet, nachdem längst belichtet wurde? Noch habe ich nicht dem Mut, die Sound Vision zu öffnen, aber nachsehen werde ich wohl mal.

Zwei Originalbilder aus der Sound Vision MINI Cam 3 209 von 199x

Zum Glück hatte ich den Vorbesitzer um ein paar Bilder gebeten, die glaubhaft mit der SoundVision aufgenommen wurden. Die Fotos haben ein Bildformat von 960 x 800 Pixel, was mit den frisch aufgenommenen "Schwarzbildern" übereinstimmt.

Bis auf den CMOS-Sensor als Novität und vermutlich den damaligen Neupreis lieferten die SoundVision und ihre Klone keinen echten Kaufgrund. Die Olympus Camedia C-800L (in den USA D-300L) hat gegenüber der SoundVision nur den Nachteil des Festspeichers. Dafür bietet sie einen Monitor für die Bildkontrolle und gezieltes Löschen ungewollter Bilder, so dass man mit den 30 Fotos, bis der Festspeicher voll ist, auch leben kann. Außerdem haben die Olympus-Fotos im Vergleich zu den 960 x 800 Pixel Bildern der Sound Vision & Co eine fast identische Größe von 1.024x768 Pixel und gute Qualität!

Dennoch freue ich mich, mit der SoundVision eine sehr seltene Digitalkamera für die Sammlung bekommen zu haben.

Ralf Jannke

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