Kameras vom Flohmarkt

(verfasst am 25.10.2010, aktualisiert am 22.1.2017)

Wenn Sie eine Digitalkamera gebraucht kaufen möchten, fallen natürlich zuerst die typischen Online-Quellen ein, zuallererst vermutlich Ebay. Alternativ natürlich auch Online-Flohmärkte wie Ebay-Kleinanzeigen oder Shpock und Wiederverkäufer wie ReBuy. Allen gemeinsam ist, dass sich hier meist eine Art Marktpreis einstellt, der in vielen Fällen deutlich oberhalb meines "gefühlten" Wertes der Geräte liegt. Trotzdem ist es sicherlich ein guter Ansatz, sich hier im Digicammuseum über verschiedene Modelle zu informieren, die Kamerabewertung mit dem geplanten Nutzungsszenario zu vergleichen und dann über die oben angegebenen Plattformaen nach so einem Modell Ausschau zu halten.

Die mit Abstand günstigste Quelle für Digitalkameras sind Flohmärkte. Allerdings sind sie natürlich völlig ungeeignet, wenn man etwas ganz bestimmtes sucht. Man muss also schon ein wenig Spass am Stöbern haben und sollte von Anfang an mehrere Besuche bis zum Erwerb eines passenden Geräts einplanen.

Typische Kompaktknipsen findet man auf Flohmärkten gelegentlich bereits für einstellige Eurobeträge. Allerdings haben die verlangten Preise meist sehr wenig mit der Nutzbarkeit der Kamera in der Praxis zu tun. Ich habe diesen Einkaufsführer unter der Prämisse geschrieben, dass Sie kein Kamerasammler sind, sondern für einfache Freizeitknipsereien oder für Ihre Kinder eine billige Kamera suchen, bei der es nicht so tragisch ist, wenn sie eines Tages runterfällt, baden geht oder irgendwo liegen bleibt. Ich selbst habe mehrere derartige Kameras, die ich immer mal wieder benutze oder meinen Kindern auf Ausflüge mitgebe. Kaum eine davon hat mehr als 10 Euro gekostet.

Auf die Marke kommt es an

Man findet zuhauf typische Noname-Knipsen oder ältere Chinacams, die teilweise sogar vergleichsweise modern wirken. Lassen Sie von solchen Kameras die Finger weg, egal ob da "Revue", "Traveller", "Maginon", "Jenoptik", "Praktica", "Medion", "Yakumo" oder gar kein Herstellername draufsteht! Wenig falsch machen können Sie hingegen mit Markenkameras von Canon, Nikon, Sony, Fuji, Panasonic oder Casio. Bei anderen Marken wie HP oder Kodak kommt es auf das konkrete Modell an.

 

Objektivfragen

Kameras mit Zoomobjektiv haben fast immer auch einen Autofokus und sind wesentlich flexibler in der Bildgestaltung. Sie sind definitiv vorzuziehen. Sie erkennen Zoom-Kameras meist daran, dass beim Einschalten ein Objektivtubus ausfährt. Ein weiteres eindeutiges Indiz ist eine Aufschrift auf dem Objektiv in der Art von „f=5.5-16.5mm“. Wenn Sie die größere durch die kleinere Zahl teilen, sehen Sie auch, welchen Zoomfaktor das Objektiv hat. Im Beispiel ist es ein Dreifach-Zoom.

Kameras mit fester Brennweite sollten Sie meiden, obwohl sie durchaus gute Bilder machen, sofern sie mit einem Autofokus ausgestattet sind. Das ist von außen aber nur schwer zu erkennen. Wenn Sie die Kamera ausprobieren können, ist eine Autofokus-Kamera daran zu erkennen, dass man den Auslöser halb drücken kann, und die Kamera dann kurz scharfstellt. Einfachstknipsen mit Fixfokus lösen hingegen sofort aus. Eine feste Brennweite sollten Sie nur nehmen, wenn es auf besondere Robustheit ankommt. Gegenüber Zoom-Kameras haben solche Modelle nämlich meist deutlich bessere Nehmerqualitäten.

Pixeleien

Auf Flohmärkten findet man Kameras aller Alters- und Auflösungsklassen. Generell kann man dabei sagen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Defekts bei auffallend "modernen" Kameras besonders hoch ist. Warum sollte sonst jemand beispielsweise eine einjährige Kamera, die neu 200 Euro gekostet hat, für 15 Euro abgeben? Hier sollten Sie also besonders auf eine Funktionsprüfung achten.

Für die Freizeitfotografie reichen zwei oder drei Megapixel vollkommen aus, wenn die Kamera ansonsten von guter Qualität ist. Bei Kompaktkameras findet man aktuell meist Modelle mit Auflösungen zwischen 6 und 12 Megapixeln. Diese haben in fast allen Lebenslagen ausreichende Reserven für gute Bilder. Kameras mit weniger als drei Megapixeln sollten Sie nicht nehmen. Zwar sind z.B. 2 Megapixel für viele Zwecke noch ausreichend, allerdings sind die Kameras aus heutiger Sicht überwiegend unergonomisch und vor allem extrem langsam.

Leider gab es eine Zeitlang Sensoren von Sony, die in sehr vielen Kameras eingesetzt wurden und die nach einiger Zeit kaputt gingen. Betroffen sind Kameras von drei bis fünf Megapixeln. Nähere Infos dazu finden Sie hier. Manche dieser Kameras haben heute eine extrem hohe Ausfallquote, z.B. einige Modelle der A-Serie von Canon (A-70, A-75, A-80, A-85). Sie sind entsprechend häufig auf Flohmärkten zu finden und werden als "habe ich nicht ausprobiert" verkauft.Auch aus diesem Grund sind Sie bei Kameras ab 6 Megapixeln auf der sichereren Seite.

Die Karte weist den Weg

Seit es Digitalkameras gibt, wurden diverse Speicherkartenformate eingeführt und sind überwiegend irgendwann wieder vom Markt verschwunden. Wenn bei einer Kamera passende Karten in ausreichender Größe dabei sind, braucht Sie das nicht zu interessieren. Ansonsten fahren Sie mit CF- oder SD-Karten am besten. Ältere Kameras arbeiten aber meist nur mit SD-Karten geringer Kapazität - ihr altes 3-Megapixel-Schätzchen mit einer nagelneuen 4GB-Karte zu beglücken geht in der Regel schief.

Vorsicht ist bei SM-Karten (Smart Media) geboten. Diese sind sehr anfällig und auch die Lesegeräte in den Kameras sind weit überproportional häufig defekt. Außerdem waren diese Karten nur bis kurz nach der Jahrtausendwende gebräuchlich und weisen daher auf eine ziemlich alte Kamera hin. Generell waren SM-Karten ziemlich langsam.

Stromversorgung

Viele Digitalkameras arbeiten mit normalen Mignonzellen. Es empfiehlt sich daher, beim Flohmarktbesuch vier Stück dabei zu haben, um Kameras testen zu können. Kameras mit herstellereigenem Akku sind problematisch, weil der Akku fast immer leer ist und die Kamera daher nicht ausprobiert werden kann. Außerdem müssen Sie in diesem Fall darauf achten, dass Sie den Akku auch aufladen können. Ein Ladegerät oder Netzteil ist Pflicht. Fehlt der Akku, lassen Sie die Kamera am besten liegen. Bis Sie einen Ersatzakku und ein Ladegerät aufgetrieben haben, haben Sie ein Mehrfaches des Kamerawertes investiert – und erfahren erst dann, ob die Kamera überhaupt funktioniert.

Ausprobieren!

Ganz wichtig, wenn Sie eine Kamera nicht ausdrücklich als Bastelmaterial kaufen: Probieren Sie sie vor dem Kauf aus! Wenn das nicht möglich ist, bezahlen Sie maximal den Preis, bei dem es Sie nicht stört, wenn Sie das Geld in den Sand gesetzt haben. Beim Einschalten wird die Kamera vermutlich nach den Datumseinstellungen fragen. Dabei sehen Sie bereits, ob das Display funktioniert und die Tasten reagieren. Anschließend fährt das Objektiv aus. Wenn Sie dann das aktuell aufgenommene Bild (Sucheranzeige) sehen, ist die Kamera mit hoher Wahrscheinlichkeit in Ordnung. Bei manchen Modellen müssen Sie den Bildschirm erst mit einer Taste („Display“) einschalten. Noch besser ist es, wenn eine Speicherkarte eingelegt ist und Sie ein Bild machen können und dieses dann anschließend auf dem Bildschirm anzeigen lassen können. Probieren Sie aus, ob die Kamera in den beiden äußersten Zoompositionen scharf stellt. Es besteht dann immer noch ein Risiko, dass die Kamera nach einiger Betriebszeit einen Fehler zeigt oder nur in bestimmten Situationen fehlerhaft funktioniert. Das ist aber eher exotisch. Noch ein Tipp: Testen Sie die Geschwindigkeit! Ältere Kameras sind aus heutiger Sicht oft unerträglich langsam beim Einschalten, Zoomen, Fokussieren, Auslösen, Speichern und bei der Bildanzeige. Prüfen Sie, ob Sie mit der Performance leben können!

Wenn Sie die Kamera nicht ausprobieren können, sollte vor dem Kauf eine eingehende Sichtprüfung stehen. Wenn die Kamera tiefe Kratzer oder Gehäuseschäden hat, die kaum vom normalen Gebrauch herrühren können, ist sie entweder heruntergefallen oder stammt aus einem Wertstoffcontainer. Beides ist ein schlechtes Zeichen. Garantiert defekt ist die Kamera, wenn Gehäuseschrauben fehlen. Dann hat der Vorbesitzer höchstwahrscheinlich einen fehlgeschlagenen Reparaturversuch gemacht. Prüfen Sie, ob alle Klappen ordentlich schließen, vor allem das Batteriefach und das Speicherkartenfach. Schauen Sie das Display aus verschiedenen Winkeln an. Es muss eine einheitliche Farbe ohne Flecken und Risse haben. Als letztes Prüfen Sie das Objektiv. Falls es halb aus der Kamera schaut, ist das ein fast untrügliches Zeichen, dass die Kamera heruntergefallen ist und das Objektiv jetzt festsitzt. Auch bei eingefahrenem Objektiv sollte alles ganz gerade und beim Blick in die Frontlinse rotationssymmetrisch aussehen, sprich es sollte nichts irgendwie schräg im Objektiv hängen. Falls das Objektiv durch zwei Lamellen geschützt ist, sollten die beide da sein und sich mittig treffen.

Bei wem kaufen?

Die folgenden Sätze geben meine Erfahrungen auf Flohmärkten im Südwesten Deutschlands wieder. Das kann anderswo natürlich völlig anders aussehen.

Die idealen Verkäufer sind Privatleute, weil diese meist ehrlich über den Kamerazustand Auskunft geben und verhandlungsbereit sind. Vor allem Verkäuferinnen geben überzähligen elektronischen Hausrat gerne zum Schnäppchenpreis ab.

Kritisch zu sehen sind die typischen Handyverkäufer, bei denen neben abgeliebten Handys auch Akkus, Gehäuseschalen und anderes Zubehör herumliegt. Kameras sind dort entweder defekt oder überteuert. Gerne liegen dort Fixfokus-Flaschenböden mit lecker interpolierten 14 Megapixeln, Riesenbildschirm und schickem Gehäuse herum, wie sie ansonsten vor allem in Shoppingkanälen im Fernsehen feilgeboten werden - nur dass man sie dort günstiger bekommt. Rausgeworfenes Geld sind solche Geräte in jedem Fall.

Eine ganz gute Quelle sind - meist ausländische - Profiverkäufer, die auf ihrem Stand allen möglichen Krimskrams mit Schwerpunkt auf technischen Geräten haben. Deren Quellen sind entweder Entrümpelungen oder Wertstoffhöfe. Oft werden Kameras von diesen als "hab ich nicht ausprobiert" verkauft, was in den meisten Fällen wohl auch der Wahrheit entspricht. Wenn Sie die oben genannten Punkte beachten, können Sie hier ganz gute Schnäppchen machen.

Und wenn's doch schief geht?

Falls Sie auf einem Flohmarkt doch daneben gegriffen haben und die neu erworbene Kamera keinen Mucks macht, können Sie entweder meine Reparaturtipps ausprobieren – oder Sie bieten die Kamera mir für meine Sammlung an. Interessante Modelle nehme ich auch in defektem Zustand, allerdings nur für sehr kleines Geld und gegen Portoerstattung.

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