BELomo Tschaika 28mm-Objektiv an Olympus Pen F

In diesem Bericht geht es um die Benutzung von einem etwa 50 Jahre alten Manuellfokus-Halbformatobjektive an der Olympus Pen F, einer spiegellosen mFT-Systemkamera mit 20 Megapixeln. Ralf Jannke hat dieses Objektiv auf der dazugehörigen Halbformat Sucherkamera Chaika 2M vorgestellt.

Dazu gibt es noch zwei Praxisberichte:

Ich habe es an der APS-C-Kamera Sony NEX-7 probiert und fand, daß mir die Bildränder nicht scharf genug sind. Deswegen nun ein Versuch mit einer Kamera mit kleinerem Sensor in der Hoffnung, daß die Bildmitte für die Pen F ausreichend gut abgebildet wird.

Der Hersteller dieser russischen Kamera war BelOMO, Minsk, Weißrussland, UdSSR (Belorusskoe Optiko - Mechanichesckoye Obyedinenie = weißrussische optische und mechanische Vereinigung)

Vileiskiy Zavod Zenit, Vileika bei Minsk. Vermutlich wurde das Objektiv ebenfalls dort hergestellt. Tschaika oder Chaika bedeutet Möwe.

Es ist eine Halbformatkamera, d. H. die Negativfläche ist etwa halb so groß wie ein normales Kleinbildnegativ. Weil die Film wie in einer normalen Kleinbildkamera von rechts nach links durch die Kamera läuft, entstehen bei normaler Kamerahaltung Hochformataufnahmen, für die allgemein üblichen Querformatbilder muß die Kamera um 90° gedreht benutzt werden. Das Objektiv ist beim Modell 2M nicht fest mit dem Gehäuse verbunden, sondern kann abgeschraubt werden. Als Gewinde entschied sich der Hersteller für das Leica M39, aber ein anderes Auflagemaß zu nutzen. Darum kann das Objektiv an heutigen M39-Daptern nicht auf Unendlich fokussiert werden, sondern nur im Nahbereich. Es ist allerdings möglich, den Anschlag für Unendlich auszubauen, dann kann das Industar auch auf entfernte Motive benutzt werden. Gleichzeitig entfällt der Anschlag für die ursprüngliche Nahgrenze von 0,8m; deshalb kann es für Makros verwendet werden.

Im Kamerakonzept war es nicht vorgesehen, Wechselobjektive zu nutzen, sondern die Abschraubmöglichkeit war nur dafür gedacht, das Objektiv an Vergrößerungsgeräten zu verwenden, diese haben fast immer ein M39-Gewinde für das Objektiv.

Die Tschaika 2M wurde von 1972 bis 1974 gefertigt, die Kameralinie bestehend aus der Ur-Tschaika bis hin zum Modell 3 von 1965 bis 1974.

Industar-69 / ИНДУСТАР 2,8/28 mm

Wie fast alle Industare hat das Objektiv 4 Elemente in 3 Gruppen und beruht auf dem Tessar-Design von Zeiss. Es ist für das Halbformat gerechnet und entspricht einem Normalobjektiv. Der ausgeleuchtete Bildkreis beträgt etwa 36 mm, der scharf abgebildete Bereich jedoch erreicht leider nicht einmal den für Halbformat notwendigen Durchmesser von 30mm.

Am digitalen mFT-Format (die verwendete Olympus hat eine Sensorgröße von 17,3x13 mm) wird nur etwa die Hälfte der vom Industar ausgeleuchteten Fläche verwendet.

Der Fokus-Schneckengang ist komplett aus Aluminium, die Friktion wurde durch das Fett erzielt. Heutzutage fehlt dieses häufig oder ist verharzt, somit läßt sich das Objektiv entweder zu leicht oder zu schwer verstellen. Der Einstellweg ist mit 180° recht groß. Die Blende ist stufenlos, der Blendenring ist frontseitig um die Frontlinse angebracht, beim Verstellen muß darauf geachtet werden, das Vorderglied nicht zu berühren. Es sind nur 5 Lamellen eingebaut.

Das Objektiv hat einen Durchmesser von 48mm. Ab Bajonettauflage ist das Objektiv ca. 13mm lang und wiegt 50 Gramm. Das beim Fokussieren mitdrehende Filtergewinde beträgt 22,5mm, es liegt allerdings sehr tief im Objektiv, so daß die Streulichtblenden den Blendeneinstellring verdecken.

Das Objektiv ist am mFT-Sensor der Pen F und Offenblende erwartungsgemäß an den Bildrändern unscharf, Abblenden auf 8-11 steigert die Schärfe der Bildmitte, die Bildränder werden leider auch bei Blende 16 nicht scharf abgebildet. Trotz der Reduzierung der Sensorfläche ist das Objektiv nur für „künstlerische“ Fotografie mit unscharfem Bildrand zu gebrauchen, für dokumentarische Fotozwecke hingegen nicht. die auf Halbformat hochgerechneten ca. 40 Megapixel überfordern das simpel gebaute Objektiv bei weitem.

Das Objektiv ist heutzutage recht schwierig zu bekommen, zusammen mit der Kamera kostet es um 50 Euro, maß aber fast immer nach Deutschland importiert werden, weil die „Möwe“ nicht offiziell nach BDR oder DDR verkauft wurde, sondern nur im „Heimatland“. Ich erhielt Kamera und Objektiv Anfang 2023 vom Editor dieses Textes geschenkt.

Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA- und Zeit-Automatik und bei Blende 5,6, gespeichert als ORW, gewandelt mit Olympus View 3 und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte einmontiert.

Fazit

Das kleine „Pancake“-28mm-Industar ist an digitalem Viertelformat für mich nicht sinnvoll einsetzbar, ich habe etliche Vollformat-28er, die bessere Bilder erzeugen. Einen Versuch, das Objektiv der „Möwe“ an einem nochmals kleinerem Sensor zu betreiben und dort lediglich die scharfe Bildmitte zu verwenden, werde ich nicht machen, da ich keine Pentax Q besitze.

Christian Zahn

 

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