Canon EOS 350D Kurzbericht

Hier stelle ich die zweite digitale Canon-Spiegelreflexkamera für Consumer vor.

Boris hat diese EOS hier bereits vorgestellt und Ralf zeigt eine EOS 350D in einem Erfahrungsbericht.

Spezifikationen:

  • Die Frühjahr 2005 vorgestellte Canon EOS 350D ist 126 x 94 x 64 mm groß und wiegt mit Akkus und Speicherkarte 485 g.
  • Der APS-C CMOS-Sensor (23,22 x 15,49 mm) mit Pixelpitch 6,5µm löst maximal 3.456 x 2.304 Pixel = 8 Megapixel auf (Cropfaktor 1,6). Mit der ISO-Automatik oder manuell sind 100 bis 1600 ASA einstellbar. Videos sind nicht möglich, auch gibt es keinen Live-View. Bilder werden als JPEG oder CR2 (RAW-Format) auf CompactFlash-Karten (max. ca. 32 GB) gespeichert.
  • Das Objektiv-Bajonett ist das EF-S-Bajonett (für auf APS-C optimierte Objektive), EF-Objektive für Vollformat können benutzt werden.
  • Das Motiv wird über einen Pentaspiegel-Reflexsucher mit ca. 95% Abdeckung der Sensorfläche angezeigt, in dem ein hinterleuchtetes LCD-Display für viele Bildparameter eingespiegelt sowie das aktive AF-Feld kurz rot aufleuchtend markiert wird. Ein abschaltbarer 1,8“ TFT LCD Monitor mit 115.000 Subpixeln dient der Bildkontrolle nach der Aufnahme, der Monitor übernimmt auch die Menüsteuerung. Zusätzlich ist ein beleuchtbares SW-LCD-Statusdisplay für viele Aufnahmeparameter vorhanden.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S) oder kontinuierlicher Autofokus (AF-C) sowie manuelle Fokussierung mit Fokusunterstützung, AF-Ermittlung durch passiven Phasensensor (mittels teildurchlässigem Hauptspiegel und Hilfsspiegel abgegriffen), 7 AF-Felder, AF-Hilfslicht durch Blitzsalve des internen Blitzes
  • Belichtungssteuerung durch Vollautomatik, Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder manuellen Modus sowie diverse Motivprogrammen. 35-Zonen-Matrixmessung, mittenbetonte Integralmessung. Belichtungszeiten 30s bis 1/8000 sek., Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit
  • ausklappbarer Blitz mit Leitzahl 13 und den üblichen Funktionen: Ein/Aus, Automatik, Langzeitsynchronisation, Rote-Augen-Reduktion, zusätzlich Norm-Blitzschuh mit TTL-Kontakten für Canon E-TTL II
  • Weißabgleich automatisch oder manuell mit diversen Vorwahlen wie Sonne, Wolken, Glühlampenlicht usw.
  • keine Bildstabilisierung im Gehäuse, jedoch werden Objektive mit eingebauter Stabilisierung unterstützt
  • maximal 3 Bilder/Sekunde
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku NP-2L
  • optionaler Hochformatauslöser BG-E3 für zwei Akkus oder 6 Migonzellen

Besonderheiten

Die Canon EOS 350D ist die zweite Canon-Amateur-dSLR. Der Vorgänger EOS 300D durchbrach als erste digitale Spiegelreflexkamera die „magische Grenze“ 1000 Euro und war ein enormer Verkaufserfolg. Etwa zwei Jahre später erschien der hier vorgestellte Nachfolger der ersten „Volks“-dSLR. Während diese in weiten Teilen eine „kastrierte“ 10D war und sich mit „Hacks“ der Firmware von Canon wegprogrammierte Features wieder freischalten ließen, ist die 350D keine direkte kleine Schwester der 20D. Sie basiert innerlich auf der Mechanik der 300D, auch das doppelte rückseitige Display entstammt ihr. Von der 20D hingegen soll der Bildsensor und der Bildprozessor sein, auch diesmal hat der Hersteller etliche Funktionen der teureren Semiprofikamera wegprogrammiert. Es gab und gibt spezielle Firmwarehacks, um etliche der 20D vorbehaltenen Funktionen auch in der 350D freizuschalten. Natürlich auf eigene Gefahr, denn es kann auch „schiefgehen“ und die 350D ist nicht mehr nutzbar.

Per „Hack“ können unter anderem folgende Funktionen freigeschaltet werden: 3200 ASA als Empfindlichkeitsobergrenze, Verstellen der Empfindlichkeit in 1/3-Stufen, Spotbelichtungsmessung, erweitertes Bracketing, uvm.

Der optionale Hochformatgriff nimmt zwei Akkus auf, er kann auch an der 400D verwendet werden. Da der Griff in das Kamera-Akkufach eingeschoben und deswegen die Akkufach-Klappe abgenommen werden muß, gibt es für die Klappe eine Aufbewahrungsmöglichkeit im Griff. Weil die EOS 350D erheblich kleiner ist als der Vorgänger, paßt deren Akku nicht und Canon entschied sich, einen Akku aus der PowerShot-Kampaktkameralinie einzusetzen. War die Kapazität des NP-2L für z. B. die PowerShot S50 noch durchaus angemessen, ist sie für die 350D eigentlich zu klein, ein etwas ausgiebiebigerer Einsatz der Bildkontrolle sorgt dafür, daß die Akkus nur wenig mehr als 200 Aufnahmen durchhalten.

Zur Puffern der Kameraparameter und der Uhr ist im Kamera-Akkufach eine kleine Lithiumbatterie des Typs CR2016 vorhanden. Wenn die Kamera beim Akkuwechsel die Uhrzeit immer wieder vergißt, muß diese Batterie ersetzt werden.

Eine Buchse zur dauerhaften Stromversorgung hat die EOS 350D nicht, aber ein Akkudummy mit Anschlusskabel kann in das Akkufach geschoben werden, durch eine kleine Aussparung mit Gummiabdeckung wird das Kabel der geschlossener Fachklappe nach außen geführt.

Die Bilder können als JPEG oder im Canon-RAW-Format CR2 aufgezeichnet werden. Als Speichermedium dienen CompactFlash-Karten. Auch die zum Kameravorstellungszeitpunkt noch nicht verfügbaren Karten mit 32GB funktionieren einwandfrei.

Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut und wird je nach Aufnahmemodus manuell oder automatisch ausgeklappt. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL mittels Vorblitz. Das Einklappen muß immer von Hand gemacht werden. Zusätzlich ist ein Norm-Blitzschuh vorhanden, mit Zusatz-Kontakten für das Canon E-TTL / E-TTL-II - System. Die Blitzleistung des internen oder des externen Blitzes kann nicht an der Kamera eingestellt werden, sondern nur (sofern möglich) am externen Blitzgerät. Ebensowenig kann das interne Blitzgerät entfesselte Blitzgeräte drahtlos steuern.

Die Kamera hat relativ viele Tasten, Hebel und Räder und ein Finger-Rad. Der Hauptschalter ist unterschiedlich zur 20D gestaltet: Er sitzt nicht griffungünstig an der Kamera-Rückseite, sondern ist um das Modusrad in der Nähe des Auslösers angeordnet.

Die Kamera hat zwei Gurtösen, der Hochformatgriff hat eine weitere Öse, so daß die Kamera für Portraitfotografen griffgünstig im Hochformat getragen werden kann.

Der Monitor und das Statusdisplay (letzteres nicht als Schulterdisplay wie bei der 20D, sondern über dem farbigem Hauptdisplay angebracht) sitzen hinter einer Kratzschutzscheibe. Da diese aber nur aus Kunststoff ist, haben die Besitzer häufige zusätzliche Schutzfolien aus Kunststoff oder Glas angebracht. Diese gibt es auch heute noch als Restposten paßgenau zu erwerben. Die Auflösung mit nur 114.000 Subpixeln war bereits nicht mehr zeitgemäß, Kameras der Mitbewerber boten schon wesentlich feinere Auflösungen. Das Statusdisplay kann durch Druck auf eine Taste mit einer LED beleuchtet werden, so daß man es bei Nachtaufnahmen gut ablesen kann.

Die 350D ist eine „abgespeckte“ EOS 20D im Kleid einer geschrumpften 300D (der Griff wurde wesentlich kleiner gestaltet, weil der Akku weniger Platz benötigt), das Gehäuse ist äußerlich komplett aus Kunststoff (in Silber oder Schwarz erhältlich) statt aus Metall, der Sucher ist eine einfache Pentaspiegel-Konstruktion ohne teures und schweres Glasprisma und etliche Funktionen der 10D wurden per Kamerafirmware entfernt. Die Anzeige der AF-Punkte im Sucher ist durch winzige rote LEDs realisiert, das sieht nicht so elegant aus wie die LCD-Folie in der 20D, die durch seitliche unsichtbare LEDs beleuchtet wird.

Im Gegensatz zu den früheren Canon-dSLRs kann das aktive AF-Feld bei fester Feldwahl durch den Fotografen entweder wie bisher üblich mit Hilfe des Fingerrades „durchfahren“ werden oder aber (per Umschaltung im Menu) durch die Cursortasten. Allerdings nicht immer (wie bei Nikon), sondern erst nach Druck auf eine Taste, dann blinken die AF-Felder im Sucher und die Cursortasten sind aktiv. Und die AF-Anwahltaste ist nur aktiv, wenn die Belichtungsmessung der Kamera abgeschaltet hat! Schnelles AF-Feld-Verstellen geht deshalb nicht, möglicherweise ist ein bewegtes Motiv auch schon „weg“, bis man das AF-Feld umschalten konnte.

Die 350D schreibt viele interessante Daten in die MakerNotes jedes aufgenommenen Bildes, darunter: eine verkleinerte JPEG-Vorschau, die Farbtiefe, die Dateinummer,  der Farbraum, Sensorbreite und -Höhe in mm und Pixeln, der ermittelte Aufnahme-Lichtwert, die „krumme“ wahre Belichtungszeit, die durch die AF-Sensoren ermittelte nächste und weiteste Fokusdistanz in Metern, die AF-Punkte; die im Fokus liegen, der oder die verwendete(n) AF-Punkt(e), das benutzte Objektiv, der Weißabgleich uvm. Die Zahl der Auslösungen steht Canontypisch nicht im Bild, sie kann nur von Service ausgelesen werden, die im Netz kursierenden Programme können es nicht. Mit der weiter oben erwähnten „gehackten“ Firmware können die Auslösungen auf dem Kameradisplay angezeigt werden.

Solange der Bildzähler nicht vom Anwender oder Service zurückgesetzt wurde, kann aus dem von der Kamera angelegtem Ordner und der aktuellen Bildnummer auf die Zahl der Auslösungen geschlossen werden: Die Kamera legt alle 100 Bilder einen neuen Ordner auf der Speicherkarte an,  der Startwert ist 100. Ist die aktuelle Ordnernummer z. B. 371, so hat die Kamera circa 27.100 Auslösungen hinter sich.

Im RAW sind übrigens alle Sensorpixel enthalten, freie Konverter können 3474x2314 Bildpunkte ausgeben, der Canon-Konverter und die meisten kommerziellen Programme beschränken sich auf die offiziellen 3.456x2.304 Bildpunkte und nutzen die restlichen zur Korrektur der Objektivverzeichnungen.

Alle Schnittstellen entsprechen der jeweiligen Norm und benötigen somit keine Spezialkabel. Der Drahtauslöseranschluß erfordert kein teures Zubehörteil, es ist eine simple und weitverbreitete dreipolige 2,5mm-Klinkenstecker-Buchse. Hatte die 300D noch das langsame USB 1.1 mit ca. 1 MB/sek Übertragungsgeschwindigkeit „an Bord“, so schafft die 350D theoretisch 40MB/sek, sofern die Schpeicherkarte mitspielt.

Die UVP der EOS 350D betrug ca. 900 Euro (ohne Objektiv) bzw. ca. 1000 Euro (mit 18-55 Kitobjektiv). Der heutige Gebrauchtpreis liegt bei etwa 20-75 Euro je nach Zustand, Zahl der Auslösungen und Lieferumfang. Ich erwarb mein Exemplar Anfang 2024 von einem Händler inkl. 6 Monaten Garantie für 20 Euro. Es war stark gebraucht, weil alle Gummiabdeckungen fehlten und etwa 24.000 Auslösungen mit ihr gemacht wurden.

Beispielfotos

Alle Beispielfotos entstanden bei 100 ASA, gespeichert als CR2, konvertiert mit Adobe Camera Raw, bearbeitet mit Photoshop CS6. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der EOS 350D ist äußerlich größtenteils aus Kunststoff, lediglich das innere Chassis, das Stativgewinde, das Bajonett und der Blitzschuh sind aus Metall. Der Griff ist mit einer gummiartigen Schicht „beledert“. Die verwendeten Materialien sind nach über 15 Jahren recht gut erhalten, der bei anderen Canon-Kameras berüchtigte „Gummiauflagenschwund“ oder das „Verkleistern“ aufgespritzter Gummierungen ist (zumindest bei meinem Exemplar) bislang nicht allzu deutlich aufgetreten. Jedoch sind alle gummiartigen Abdeckungen versprödet gewesen, so daß sie bereits den Vorbesitzern abgefallen sind, deshalb liegen die Schnittstellen frei und das Loch zum Durchführen des Kabels zum Akkudummi ist immer offen.

Die Kamera gehört zur Klasse der „dreistelligen“ Canon-Amateur-dSLR-Kameras.

Die Kamera ist recht behäbig, das Einschalten und das Aufwachen aus dem Standby dauert mehrere Sekunden, auch das Abspeichern der Bilddaten auf die Speicherkarte ist nicht allzu flott.

Der Sensor der 350D wurde wie viele Bildsensoren in EOS-Kameras von Canon selbst entwickelt und ist ein CMOS-Typ. Er neigt deutlich zum „Ausbrennen“ der hellen Stellen. In den dunkleren Bildpartien rauscht der Sensor nur wenig sichtbar, die Schatten können erträglich per EBV aufgehellt werden. Kritische Gegenlichtsituationen werden meist recht gut gemeistert, erfordern aber manchmal Belichtungskorrektur durch den Fotografen. Bei höheren ASA-Zahlen rauscht der Sensor (entsprechend der damaligen Sensortechnologie), aufgrund des großen Pixelpitchs aber relativ beherrschbar. Die interne JPEG-Aufbereitung rechnet das Rauschen recht erfolgreich weg, allerdings verschwinden dabei auch die meisten Details.

Die Bildqualität der 350D ist heutzutage noch als gut zu bezeichnen. Bei 8 Megapixeln und ISO100 gibt es an den Bildern nur recht wenig auszusetzen.  Lediglich der automatische Weißabgleich bei von der Kamera erzeugten JPEGs trifft manchmal „daneben“, was bei RAW-Aufnahmen aber nicht ins Gewicht fällt.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch eher uninteressante Kamera (weil eine von etlichen Canon-dSLRs), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen noch geeignet, sofern man bis maximal 100 ASA fotografiert. 8 Megapixel reichen auch heutzutage für recht viele Anwendungen aus.

Christian Zahn

 

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