Medical-NIKKOR Auto 1:5.6 f=200mm Nippon Kogaku Japan

An der Objektivbezeichnung und der Reproduktion der schwedischen Werbung ist ja erkennbar, wofür dieses in den frühen 1960er Jahren vorgestellte Sonderobjektiv vorgesehen war: Einsätze in Medizin, Industrie und Wissenschaft.

Optisch simpel aufgebaut – das 200er besteht nur aus 4 einzelnen Linsen – wird die Besonderheit sofort klar, wenn man von vorne aufs Objektiv schaut. Eine winzige Frontlinse, umgeben von einem "Leuchtkranz", der es in sich hat. Vier Glühbirnen als Einstelllicht zum Fokussieren und eine Ringblitzröhre für die finale Ausleuchtung der Aufnahme. Ein Studioblitz en miniature mit Einstelllicht.

Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass das Objektiv gar keine Entfernungseinstellung hat! Fokussiert wird ausschließlich durch Bewegen von Kamera und Objektiv auf das Motiv zu oder von ihm weg! Um nicht auf einen einzigen Entfernungsbereich festgelegt zu sein, gibt es einen Satz von 6 Linsen, die vor das Objektiv, die Frontlinse geschraubt werden.

Feste Abbildungsmaßstäbe

Mit dem Objektiv und Kombinationen der 6 Linsen können diese in der Tabelle gelisteten, festen Abbildungsmaßstäbe erzielt werden.

Bevor es an die weiteren und interessanten Details des Medical Nikkors geht, etwas notwendige und trockene Theorie. Das Thema Beugung!

Erstmals drastisch am Beispiel des SIGMA MULTI-COATED 1:2.8 f=135mm PANTEL Objektivs gezeigt. Während sich die große Mehrzahl der fürs 24 x 36 mm Kleinbildformat gerechneten Objektive maximal bis Blende 16, 22 abblenden lässt, bietet das genannte Sigma eine kleinste Blende von 64. Die zwar ein sattes Mehr an Schärfentiefe bringt, was aber mit massiven Auflösungsverlusten erkauft wird. Kein Objektivfehler, reine Physik. Um diesen Auflösugsverlusten durch Beugung weiter auf den Grund zu gehen, war im Sigma-Praxisbericht unter anderem auch zu lesen: "Ganz deutlich der Detailverlust bei Blende 64. Entsprechend müsste man die beim Sigma nicht wählbaren, dazwischenliegenden Blenden 32 oder 45 auch unbedingt vermeiden. Die bei bestimmten Kleinbildobjektiven vorhanden sind. Blende 32 bietet noch manches Makro-Objektiv, Blende 45 meines Wissens nur das 200 mm Medical-Nikkor." Mit ein Grund, diesen heute eigentlich nutzlosen aber interessanten Exoten mit an Bord zunehmen.

Komplette Sets, bestehend aus 200 mm Medical-NIKKOR, Kabeln, Batterie- und Netzteil sowie allen 6 Vorsatzlinsen werden zwischen 250 und 800 (!) Euro angeboten. Für Größenordnung 150 Euro gibt es häufiger das Objektiv ohne weiteres Zubehör. Zum "Nur-paarmal-Rumspielen" und "Dann-nur-noch-Rumliegen" immer noch viel zuviel Geld. Als aber jetzt das oben gezeigte Exemplar für 75 Euro zu haben war, habe ich aus Neugier dann doch zugegriffen. Natürlich kam das Medical ohne das Batterie-/Netzteil und den Koffer. Immerhin aber mit Kabel und drei Vorsatzlinsen, die einzeln zu Mondpreisen offeriert werden, die über meinem Gesamt-Paket liegen. Was ich bekam, reicht zum Experimentieren vollkommen. Ich habe bei eBay nicht nachgeschaut, für welche Beträge 200 mm Medical Nikkore auch tatsächlich verkauft wurden … Mit dem 200 mm Medical Nikkor stehen mir jetzt auch die Blenden 32 und 45 in einem Objektiv zur Verfügung!

Um die (kurze!) Wartezeit, bis das 200 mm Objektiv aus Japan hier eintraf, zu überbrücken, wurde ins eigene Depot geschaut. Gibt es doch da zwei Objektive, die sich auch bis Blende 32 abblenden lassen. Das später aus einem anderen, wichtigen Grund noch näher beschriebene GN Auto NIKKOR 1:2.8 f=45 mm Nippon Kogaku Japan und das Nikon Micro-NIKKOR 105mm 1:4. Letzteres für ganz wenig Geld erworben, weil es den Makel einer klebrigen Blende hat. Was auf der DSLR zu überbelichteten Fotos führt, weil die Blende nicht schnell genug schließt. Adaptiert auf die spiegellose Systemkamera ist es vollkommen unerheblich, da mit geschlossener Arbeitsblende fotografiert wird. Zu meiner Schande muss sich gestehen, dass dieses sehr gute Makro-Objektiv schon viele zu lange in der Alubox lag :-( Um aber wenigstens jetzt einmal an die frische Luft zu kommen ;-)

Beugung bei zu kleiner, zu stark geschlossener Blende, oder: Bestätigung einer Faustformel. Nikon Z50 mit 105 mm Micro Nikkor

Faustformel?

Selbige lautet folgendermaßen:

Pixelabstand (Pixelpitch) auf dem Bildsensor multipliziert mit zwei ergibt die Objektivblende, ab der Beugung beginnt die Gesamtschärfe zu verringern. Hier einige Systemkameras:

  • Canon EOS 1D, 19 x 27 mm APS-H Sensor, Crop 1,3, 4 MP, Pixelpitch 11,1 µm
  • Kodak/Nikon F5 DCS760, 19 x 27 mm APS-H-Sensor, Crop 1,3, 6 MP, Pixelpitch 9,6 µm
  • Canon EOS 1Ds, Vollformat, 11 MP, Pixelpitch 8,8 µm
  • Nikon D3/s, D700, Vollformat, 12 MP, Pixelpitch 8,5 µm
  • Nikon D4/s, Df Vollformat 16 MP, Pixelpitch 7,3 µm
  • Nikon D5, Vollformat, 20 MP, Pixelpitch 6,4 µm
  • Nikon Z 50/Z fc APS-C Sensor, 20 MP, Pixelpitch 4,2 µm
  • Nikon D3X, Z5, Z6, Z6II, 24 MP Vollformat, Pixelpitch 5,9 µm
  • Nikon D800, D810, Vollformat, 36 MP, Pixelpitch 4,9 µm
  • Nikon D850, Z7, Z 7II, Z9, 45 MP, Pixelpitch 4,3 µm
  • Olympus OM-D E-M5, 13 x 17 mm microFourThirds, 16 MP, Pixelpitch 3,7 µm
  • Olympus OM-D E-M1X, 13 x 17 mm microFourThirds, 20 MP, Pixelpitch 3,3 µm
  • Nikon 1 V2 mit 8,8 x 13,2 mm 1 Zoll-Sensor, 14 MP, Cropfaktor 2,7, Pixelpitch 2,9 µ

Wenn man den oben abgebildeten Screenshot genau studiert, lässt sich ein erstes Nachlassen der Bildauflösung ab Blende 16 beobachten. Zur Verdeutlichung wurden die Einzelbilder in 2:1/200 Prozent Monitorvergrößerung abgebildet.

Womit wurde fotografiert?

Mit der spiegellosen 20 Megapixel 15 x 23 mm APS-C-/DX-Sensor Nikon Z50. Laut obiger Rechnung gestattet ihr Pixelabstand/Pixelpitch von 4,2 µm eine Blende noch ohne Beugungsunschärfe von 4,2 µm x 2 = 8,4, gerundet 8. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man gefahrlos noch eine Stufe weiter auf 11 abblenden kann, aber dann ist Schluss. Die Abbildungen mit f/16, f/22 und f/32 zeigen das zunehmende Nachlassen der Details in Oberfläche und Patina der alten Miranda. OK, weniger zartbeseitete Naturen würden das als "versifft" bezeichnen ;-) Objektiv war das 105 mm Micro Nikkor, das bis f/32 abblendbar ist.

Eine vergeichbare Reihe werde ich mit dem 200 mm Medical Nikkor erstellen, was dann natürlich bis f/32 und f/45 abgeblendet wird

An erster Stelle mit der spiegellosen 24 MP Vollformat Nikon Z6. Zweite Testkamera ist die 16 MP Vollformat Nikon DSLR D4, und als dritte Kamera und Alternative zu einer (bei mir) nicht vorhandenen 6 Megapixel Vollformat DSLR (*) wurde zur Kodak DCS 760 gegriffen, die auf der analogen Nikon F5 basiert und immerhin einen 19 x 27 mm großen APS-H-Sensor hat, der die Brennweite nur um den Cropfaktor 1,3 verlängert. Als Alternative gesellt sich noch die Canon EOS 1D dazu, die ebenfalls einen 19 x 27 mm APS-H Sensor mit Cropfaktor 1,3 hat. Allerdings nur 4 MP auflöst. Die erste und einzige 6 Megapixel Vollformat DSLR der Welt war die völlig verunglückte Contax N Digital, der wir vier Berichte gewidmet haben:

Der Contax N Digital 6 MP Sensor hat einen Pixelabstand/Pixelpitch 11,7 µm. Hier wäre rein rechnerisch Blende 23,4 möglich und wahrscheinlich auch f/32. 2002 bei Vorstellung der 6 Megapixel Canon EOS D60 mutmaßte ein Mac-Fachmagazin, dass damit die realistische Auflösung des Kleinbildfilms erreicht wäre. Eine Einschätzung, die ich teile … Ja, ich kenne auch die Berechnungen mit 200 Linien pro Millimeter, nachdem ein KB-Film dann einem Vollformatsensor mit rund 35 Megapixel entspräche. Die 6 Megapixel des Kleinbildfilms liefern auch die Erklärung, warum sich bestimmte Analog-Kleinbildobjektive bis auf Blende 32 abblenden ließen. Weil sich Beugung erst bei Blende 22 einstellt, und Blende 32 noch möglich erscheint!

Die Rolle der 6 Megapixel-DSLR übernimmt bei mir die oben schon genannte Kodak DCS 760. Deren APS-H Sensor hat einen Pixelabstand/Pixelpitch von 9,6 µm. Ggf. die EOS 1D, weil sich die Kodak als immer störrischer erwies. Möglicherweise nur ein zu schwacher Akku, für den Ersatz unterwegs ist. Sollte die schöne DCS760 doch ihr Leben ausgehaucht haben, springt die Canon EOS 1D ein. Mit einem großen Pixelabstand von 11,1 µm!

Rechnerisch sollte die Nikon Z6 Blende 11,8 plus ca. 1 Blende 16 ohne Beugungsunschärfe schaffen, die Nikon D4 Blende 14,6, also sicher f/16 und möglicherweise f/22 und die Kodak DCS 760 Blende 19,2 und vielleicht f/32.

Wir werden sehen!

Blitz-Belichtungssteuerung ganz ohne Elektronik und Computer?

Bevor es an den interessanten 200 mm Objektiv-Exoten geht, zum besseren Verständnis zuvor noch etwas notwendige Theorie der Blitzbelichtung. Am Beispiel eines weiteren, oben abgebildeten sehr exotischen Nikon Objektivs, dem GN Auto NIKKOR 1:2.8 f=45mm Nippon Kogaku Japan

Auch im Zeitalter von Computer- und dem noch komfortableren TTL-Blitz gilt immer noch die uralte Formel: Die Stärke des Blitzgeräts besser bekannt als Leitzahl (LZ) geteilt durch Blende = Blitzentfernung. Oder LZ des Blitzgeräts geteilt durch Entfernung = Blende.

Ein Beispiel

  • LZ des Blitzgeräts = 40, Blende 8. Entfernung = LZ 40 geteilt durch f/8 = 5 m, oder:
  • Entfernung 8 m. LZ 40 geteilt durch 8 m = Blende 5. Eine Einstellung zwischen Blende 4 und 5,6

Beim oben geziegten 45 mm GN-Nikkor erübrigt eine mechanische Kopplung von Entfernungs- und Blendenring die Rechnerei. "GN" steht für  GuideNumber, englisch Leitzahl (LZ). Am Objektiv wird zunächst die Filmempfindlichkeit und die Leitzahl des Blitzgeräts eingestellt und dann Entfernungs- und Blendenring gekoppelt. Mit dem roten Kreis im linken kleinen Foto markiert. Ursprünglich war der Schiebeschalter ein silberfarbiges Teil aus Metall, das bei meinem Exemplar irgendwann verloren gegangen ist. Der Verriegelungs-Schieber funktioniert trotzdem! Schaue ich dann in den markierten roten Kreis im rechten Foto daneben, ist unschwer zu erkennen, dass die Blende 8 5 m Entfernung auf dem Ring gegenübersteht bzw. für 8 m Entfernung die Blende automatisch auf einen Wert zwischen f/4 und f/5,6 schließt. Das Rechenbeispiel von oben. Und so weiter und so weiter: Nähere ich mich dem Motiv, um dabei neu zu fokussieren, schließt sich die Blende und umgekehrt. Das war in Zeiten, als es noch keine Computerblitze gab, eine große Hilfe. Und nicht nur Nikon bot ein derartiges G(uide)N(umber)-Objektiv an.

Und was hat das jetzt mit dem 200 mm Medical Nikkor zu tun?

Auch beim Medical-NIKKOR Auto 1:5.6 f=200mm Nippon Kogaku Japan sorgen simple Techniken ohne jegliche Elektronik für die korrekte Blitzbelichtung der Nahaufnahmen!

Das Medical-NIKKOR Auto 1:5.6 f=200mm Nippon Kogaku Japan. Teilzerlegt, wenn eine Glühbirne des Einstelllichts gewechselt werden müsste …

Das Internet ist voll von Informationen über diesen Objektiv-Sonderling

Quellen:

Englische Bedienungsanleitung des 200 mm Medical Nikkors

Neben der Technikbeschreibung des 200 mm Medical Nikkors hat mir diese Quelle aus Italien am besten gefallen! Marco Cavina berichtet sehr ausführlich über das Objektiv.

Einige Auszüge per Google Translate übersetzt:

"Dank der langen Brennweite war es möglich, Nahaufnahmen oder Makroaufnahmen von schwer zugänglichen oder gefährlichen Motiven zu machen (chirurgischer Bereich chirurgischer Eingriffe, industrielle Prozesse bei hohen Temperaturen oder in Gegenwart chemischer Mittel, potenziell riskante mechanische Prozesse, kleine Tiere in freier Wildbahn) oder von kleinsten "Räumlichkeiten", in denen die Beleuchtung kritisch ist – z. B. die Mundhöhle –, wobei in diesem Fall der Ringblitz genutzt wird; Nippon Kogaku empfahl es auch dem kleinen Uhrmacher, um seine Kreationen zu illustrieren, sowie dem Sammler von Münzen und Briefmarken; Dank der schattenfreien Ausleuchtung eignete es sich auch sehr gut für die Dokumentation elektronischer Schaltungen."

"Eine weitere exklusive und qualifizierende Option ermöglichte die Einbelichtung von Daten in der unteren rechten Ecke des Fimnegativs über komplexes und ausgeklügeltes Projektionssystem, das eine sehr kleine Menge der Blitzemission als Lichtquelle durch einen Schlitz im hinteren Teil vom Reflektor nutzt – ein System aus Linsen und Prismen, das parallel zur optischen Hauptgruppe des Objektivs entwickelt wurde und die Projektion der winzigen Masken auf den Film fokussiert. Es ist möglich, Zahlenwerte von 1 bis 39 oder alle möglichen Abbildungsverhältnisse für zukünftige Maßreferenzen auf einem speziellen Zifferblatt auszuwählen und sogar ND-Filter einzusetzen, um die Helligkeit der Datenüberlagerung an die Empfindlichkeit des verwendeten Films anzupassen."

Und der für mein Verständnis wichtigste Part

"Das ringförmige Blitzgerät garantiert eine Emissionsleistung von ca. 60 w/sec bei einer Farbtemperatur von 6.000 K, also leicht kalt. Wie bereits erwähnt, ist die Leistung fest und der Benutzer weitgehend frei von Belichtungsberechnungen dank eines mechanischen Kopplungssystems zwischen den Abbildungsverhältnissen und den Blendenwerten, die alle von der Empfindlichkeit des Filmsets abhängen. Sobald die Filmempfindlichkeit und der verwendete Abbildungsmaßstab eingestellt waren, musste der Benutzer nur noch die richtige Blitzsynchronisationszeit am Kameragehäuse einstellen und dann fokussieren und fotografieren, mit der Garantie einer korrekten Belichtung. Die Blitzleuchtzeit beträgt etwa 1/500 s und die empfohlene Synchronisationszeit liegt für die Nikon F bei 1/30 s und für die Nikkormat und Nikkorex-F bei 1/60 s."

ABER (1)

Die für ihre Zeit ausgelegte und durchdachte Blitzbelichtungssteuerung des 200 mm Medical Nikkors funktioniert ohne Energieversorgung natürlich nicht. Wie schon vorne erwähnt, kam mein Exemplar ohne das für Einstelllicht und Blitz benötigte externe Batterie- oder für Stationärbetrieb Netzteil. Was das Einstelllicht betrifft, lässt sich wahrscheinlich etwas improvisieren, wenn feststellbar ist, welche Kabel-Kontakte für die Stromversorgung der vier Glühbirnen zuständig sind.

ABER (2)

… vom Blitzen, selbst wenn Batterie- oder Netzteil dabei sind und noch funktionieren würden, sollte man in heutigen Zeiten tunlichst absehen! Der Ringblitz arbeitet vermutlich mit einer hohen Zündspannung. Die im schlimmsten Fall die Elektronik einer modernen Systemkamera ruinieren kann! Das Ganze wird dann zum teuren Kamera-Totalschaden, was die Sache einfach nie wert sein kann. Bei Experimenten mit einem funktionierenden Ringblitz würde ich den drahtlos über Funk zünden. Weil dann keine Sannung bei der Kamera ankommt.

Bei den hohen Empfindlichkeiten, die moderne Systekameras bieten, ist der Ringblitz entbehrlich, da es bei mir ja nur um ein paar Testspielereien geht. Ich will ja nicht Hobby-Zahnarzt spielen und eine Mundhöhle mit Zähnen ablichten ;-) Was das angeht, ist ein wie auch immer geartetes Medical-Objektiv heute ohnehin völlig überflüssig. Selbst beim Zahnarztbesuch gesehen, wie der Zahnarzt bei Bedarf die Mundhöhle/Zähne mit einer Minikamera samt starker LED Beleuchtung untersucht. Das Ergebnis auf dem großen Monitor zeigt und bei Bedarf auch drucken könnte … Das war in den 1960ern Zukunftsmusik.

Einziges Problem wird die Fokussierung mit dem speziellen 200er werden, weil dazu die Kamera samt Medical Nikkor vor und zurück bewegt werden muss. Aber mir wird schon etwas einfallen. Auch ohne Makro-Schlitten oder dergleichen.

PS.: Marco Cavina vergaß auch nicht zu erwähnen, dass das Medical Nikkor kein Alleinstellungsmerkmal war. Yashica bot mit der Dental-Eye 100 mm 1: 4 ein vergleichbares Konzept!

Vorbereitungen, Vorsatzlinsenwahl

Nahdistanzen, Abbildungsmaßstäbe

Mit dem Objektiv ohne Vorsatzlinse könnte ich laut Tabelle im Entfernungsbereich 3,35 m fotografieren. Zu umständlich, wenn es um einen Versuchsaufbau geht. Aus den drei beim Kauf beiliegenden Vorsatzlinsen habe ich zur Kombination 1/4 und 1/2 gegriffen, was zusammen mit dem Objektiv dann eine praktikable Nahdistanz/Vergrößerung von 0,33 m und 2/3 bietet. Vom bleischweren Manfrotto aus dem Keller auf die Oberseite der netten Olympus Wide (35 mm Objektiv) Sucherkamera von 1955 fokussiert. Für die richtige Distanz wurde in den beiden Spiegelreflexkameras bei Offenblende mit Hilfe der gerade ausreichend gelösten Stativ-Mittelsäule und der Lichtwaage im DSLR-Sucher fokussiert. Bei der Nikon D4 wurde zusätzlich mit Liveview kontrolliert. Bei der spiegellosen Z6 war die Wahl einfach. Monitor mit Fokuspeaking und Sucherbildvergrößerung.

Inbetriebnahme/Bedienung des 200 mm Medical Nikkor

Dieses Beispiel gilt nur, wenn mit dem internen Ringblitz gearbeitet werden würde/müsste. Die Blitzbelichtung stimmen müsste! Was beim blitzlosen Einsatz auf der digitalen Systemkamera unerheblich ist. Denn ich wollte ja besonders bei den Blenden 16, 22, 32 und 45 hinschauen.

Funktionierende Dateneinbelichtung 1960er Jahre

Da ein Blitzeinsatz so oder so ausgeschlossen war, musste der Skala mit den Filmempfindlichkeiten "eigentlich" keine Beachtung geschenkt werden. Oder vielleicht doch? Erst beim Studium der Quellen wurde registriert, dass das Medical Nikkor eine "analoge" Datenbelichtung mitbringt. Ins Foto kann der aus der Verwendung entsprechender Vorsatzlinsen resultierende Vergrößerungsmaßstab — siehe Tabelle — ins analoge wie digitale (!) Foto einbelichtet werden. Eine nette Zugabe dieses Objektiv-Exoten. Durch Wahl von A, B, C, D in variierbarer Stärke bis gar nicht — Stellung D. Da die eingestellte Film-Empfindlichkeit darauf möglicherweise Einfluss hat, wurde die Sensorempfindlichkeit der Digitalkamera brav aufs Medical Nikkor übertragen.

In den beiden Beispielfotos – die ich auch für Facebook verwendet hatte – entsprechend hervorgehoben, weil sonst nicht so gut erkennbar. Links beim "Zahnfoto" "1/2" für Einsatz der Linse 1/2x, rechts "1" für keine Vorsatzlinse bei der Feigenbaumablichtung.

Medical-NIKKOR Auto 1:5.6 f=200mm Nippon Kogaku Japan auf der 24 MP Nikon Z6

Medical-NIKKOR Auto 1:5.6 f=200mm Nippon Kogaku Japan auf der 16 MP Nikon D4

Medical-NIKKOR Auto 1:5.6 f=200mm Nippon Kogaku Japan auf der 6 MP Kodak/Nikon F5 DCS760

Zur Verdeutlichung wurden alle Ausschnitte in 2:1/200 Prozent Monitorvergrößerung gezeigt

Je nach Kamera (Pixelpitch!) könnte Blende 32 noch so gerade gehen. Mit entsprechender Nacharbeit, sprich verschiedenen Schärfungstools, ließe sich da noch was verbessern. Blende 45 halte ich für so beugungsunscharf, dass da nichts nachzuschärfen ist!

Nach einer Kamera, die dringend mal gereinigt werden muss, noch etwas Anmutiges, Poesie ;-) Blende 22, NICHT f/32 oder f/45!

Wer genau hinsieht, kann in der rechten unteren Bildecke eine zartes 1/2x erkennen. Was für eine Idee der Nikon Objektivbauer vor 60 Jahren die Möglichkeit einer analogen Dateneinbelichtung zu bieten. Was die "1/2x" angeht, ist dieser Wert falsch. Mein Fehler. Ich hätte am Medical Nikkor gemäß der beiden vorgeschraubten Vorsatzlisen 1/2x plus 1/4x am Objektiv 2/3 wählen müssen. Damit auch 2/3x einbelichtet wird. Oder die Einbelichtung einfach ganz ausblenden. Aber es gibt Schlimmeres. Das war auch gleichzeitig der maximale Maßstab, den ich mit meinen drei Vorsatzlinsen erreichen kann, die im Kaufpreis inbegriffen waren. Fotodaten: ISO 3200, 1/250 s, Stativ, Blende 22. Nicht Blende 32, 45? Nein! Wie bereits vorher gezeigt und auch Gegenstand dieses Praxisbeitrags: Sobald auf f/32, f/45 abgeblendet wurde, gab es tatsächlich etwas mehr Schärfentiefe. Aber die feinen Häärchen gingen in der Beugungsunschärfe verloren!

Damit ist das Thema Beugung aus meiner Sicht ziemlich abgearbeitet …

Sicher ist beim Experimentieren mit diesem Objektiv-Exoten der Technik(er)-Gaul in mir durchgegangen ;-) Gerne kann man es auch als "Heavy-Erbsenzählerei" bezeichnen ;-) Was man auch daran sieht, dass Fotos auf 2:1/200 Prozentwiedergabe vergrößert wurden, um die Beugungsunschärfe zu demonstrieren. Ich hatte dennoch die Freude an den Experimente, daran, dass die Physik immer funktioniert.

Ganz wichtig an dieser Stelle noch mal die Betonung auf Film-/Sensor-Format! Wir bewegen uns im 24 x 36 mm Kleinbild- im digitalen Vollformat.

In der analogen Großformatfotografie, die bei Formaten zwischen 9 x 12, 13 x 18 und 18 x 24 cm oder 4 x 5 oder 8 x 10 Inch (Zoll) liegt, darf je nach Format gefahrlos bis auf Blende 64 abgeblendet werden. Eine Blende, die für ein Großformatkamera-Objektiv nichts ungewöhnliches ist! Ohne Unschärfe durch Beugung befürchten zu müssen.

Bei Berichten über die angebliche Schärfe bei kleinen Benden 32 oder 45 im Kleinbildformat muss man immer darauf achten, was da wie groß und mit welcher Auflösung abgebildet wird. Ein 16 Megapixel Foto fürs Internet auf 1,6 Megpixel runterskaliert, lässt Unschärfen durch Beugung bei Blende 45 fast komplett verschwinden! 

Wer in der Digitalwelt unbedingt mit ganz kleinen Blenden fotografieren will/muss, kommt um das so genannte Focus Stacking nicht herum — manuelles oder automatisches Verrechnen mehrerer Fotos für ein von vorn bis hinten scharfes Foto. Die Internetseite "kwerfeldein" hatte unlängst den Beitrag "Die beste Lösung für Focus Stacking". Das ist/wird nie meine Welt. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach bekommt ein dramatisch belichtetes Landschaftsfoto nicht automatisch mehr Aussage, nur weil es von vorn bis hinten perfekt scharf ist. Analog ging es mit Kleinbild und Kodachrome 25/64 oder Mittelformat ja auch ohne Fokus-Stacking. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Und zum Schluss noch der Vollständigkeit halber: Das 200 mm Medical Nikkor bekam 1981 einen Nachfolger, das bis 1998 produzierte 120 mm Medical Nikkor.

Zahnärzte brauchen die Medical-Nikkore schon lange nicht mehr! Wenn etwas an den Zähnen gemacht, überprüft, dokumentiert werden muss, geht der heutige Zahnarzt gleich mit der Minikamera mit integrierter, sehr heller LED-Beleuchtung in den Mundraum. Um dort zu kontrollieren und direkt zu fotografieren, was benötigt wird. Unter sofortiger Kontrolle auf einem großen Monitor.

Ralf Jannke

 

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