Nikon D200 Praxisbericht von Christian Zahn

Hier stelle ich eine semi-professionelle Nikon-Spiegelreflexkamera vor. Sie war der Nachfolger der D100. Ralf Jannke hat die D200 ebenfalls hier vorgestellt.

Spezifikationen

  • Die 2005 vorgestellte Nikon D200 ist 147 x 114 x 74 mm groß und wiegt 825 g.
  • Der APS-C große CCD-Sensor (23,6x15,8 mm) löst maximal 3872 x 2592 Pixel  = 10,2 Megapixel auf (10,9 Megapixel Rohdaten). Der Pixelpitch beträgt 6,0µm. Automatisch sind 100 bis 1600 ASA oder manuell 100 bis 3200 ASA möglich. Videos bzw. LiveView sind nicht möglich. Bilder werden als JPEG oder NEF (RAW mit maximal 14 Bit Farbtiefe) auf CompactFlash-Karten (max. ca. 64 GB) gespeichert.
  • Das Objektiv-Bajonett ist das Nikon-AF-Bajonett
  • Das Motiv wird über einen Spiegelreflexsucher mit superheller Mattscheibe angezeigt. Zur Bildkontrolle ist ein 2,5“ TFT LCD Monitor mit 230.000 Subpixeln vorhanden, der auch die Menüsteuerung übernimmt. Außerdem gibt es ein beleuchtbares SW-LCD-Schulterdisplay zur Anzeige wichtiger Aufnahme- und Kameraparameter. Live-View ist möglich.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S), kontinuierlicher Autofokus (AF-C), oder manuelle Scharfstellung, Ermittlung durch Phasenkontrastsensor im Spiegelkasten, mittels teildurchlässigem Hauptspiegel und Hilfsspiegel abgegriffen. 11 Linien- bzw. Kreuzsensoren, aktives AF-Feld im Sucher dauerhaft schwarz markiert, bei Dunkelheit kurz rot aufleuchtend
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder manuelle Nachführmessung, 10 Zonen-3D-Matrixmessung, mittenbetont integrale oder an aktiven AF-Punkt gekoppelte Spotmessung. Belichtungszeiten 30s bis 1/8000 sek. , Belichtungskorrektur +/-5 Blenden, Selbstauslöser mit 2 bis 20 s Vorlaufzeit
  • ausklappbarer Blitz mit Leitzahl 12, der auch als Master für drahtlos gesteuerte Systemblitze dienen kann. Zusätzlich Norm-Blitzschuh mit TTL-Zusatzkontakten und PC-Buchse für Studioblitze
  • Weißabgleich automatisch oder manuell
  • Bildstabilisierung nicht im Gehäuse, Objektive mit eingebauter eigener Bildstabilisation werden unterstützt
  • Aufnahmefrequenz maximal 5 Bilder/Sekunde, in Verbindung mit optionalem Hochformatauslöser 6 B/sek.
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku

Besonderheiten

Die dreistelligen Nikon-Digitalkameras waren semiprofessionelle Gehäuse. Allerdings erscheint die erste dieser Kameras, die D100 noch wenig vertrauenerweckend für den Profi-Einsatz. Das liegt daran, daß sie in weiten Teilen auf der filmbasierten F80 beruht, einer Kamera für den ambitionierten Amateur. Die D200 wurde hingegen komplett ohne analoges Vorbild entwickelt, darum hält dieses Modell die professionellen Ansprüche auch ein.

Die Stromversorgung der D200 erfolgt durch einen Lithium-Akku EN-EL 3e. Er wird auch in etlichen anderen Nikon-dSLRs benutzt, z. B. der D300, der D80 oder der D700 (Link auf Berichte?). Die alten schwarzen EN-EL 3 Akkus aus der D70 bzw. D50 hingegen passen nicht, sie haben keinen eingebauten Speicherchip und eine etwas andere Form.

Der im EN-EL 3e eingebaute Chip gibt auch eine Aussage über dessen Allgemeinzustand (Skala von 0 bis 4, wobei 0 „Neu“ bedeutet und 4 „Akku nicht mehr benutzbar“). Im Laufe der Alterung sowie durch jedes Laden und Entladen sinkt bekanntlich die Kapazität von Lithium-Akkus, die Statusanzeige des im Akku eingebauten Ladecontrollers soll das widerspiegeln.

Unter die Kamera kann ein Batteriegriff mit Hochformatauslöser MB-D200 geschraubt werden. In Ihm können entweder zwei Akkus oder sechs Mignon-Zellen Platz finden. Außerdem hat er ein weiteres Daumenrad.

Auch die Kamera selbst hat viele Tasten und Bedienelemente, so finden sich z. B. sowohl ein vorderes Fingerrad als auch ein hinteres Daumenrad, ein verriegeltes Drehrad zur Umschaltung zwischen Einzelbild, Serienbild, Selbstauslöser, Spiegelvorauslösung usw., Ein Umschalter zwischen AF-S, AF-C und Manuellem Fokus, ein Umschalter für einzelnes AF-Feld, großes AF-Feld sowie Anwahl aller Felder, einen Umschalter zwischen Matrix-, integraler und Spotmessung und zwei frontseitige, frei belegbare Funktionstasten und ein ausführliches beleuchtbares Schulterdisplay zur Kameraparameter-Anzeige.

Im Sucher befindet sich unterhalb der eigentlichen Mattscheibe eine grün hinterleuchtete LCD-Anzeige. Dort finden sich Angaben zu Blitz, Belichtungszeit, ASA-Wert, Blende, Lichtwaage, etliche Bildparameter, Fokuskontrolle uvm.

Die Mattscheibe ist sehr hell, sie wird komplett von einer vollflächigen LCD-Folie bedeckt, mit deren Hilfe der oder die aktiven AF-Felder dauerhaft schwarz markiert werden (und bei Dunkelheit sogar kurz rot aufleuchten). Auch bei ausgeschalteter Kamera benötigt diese Folie immer etwas Akkustrom, ohne eingesetzten Akku dunkelt der Sucher insgesamt stark ab.

Auf Wunsch kann im Sucher auch ein Gitterlinien-Netz eingeblendet werden, ideal zum Gerade-Ausrichten der Kamera bei Architektur-Fotos.

Die Kamera hat ein „echtes“ und darum helles Pentaprisma, Das Okular hat eine Dioptrienkorrektur, die Bildfeldabdeckung des Suchers beträgt 95%.

Die Speicherung erfolgt auf CompactFlash-Karten bis ca. 64 GB. Die genaue maximale Kartengröße ist mir nicht bekannt, mit 32 GB-Karten habe ich die D200 erfolgreich betrieben. Der Schacht kann sowohl CF-Karten Typ I als auch die etwas dickeren Karten Typ II aufnehmen, somit können Microdrive oder Adapter SD-auf-CF benutzt werden.

Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut, er klappt nach Druck auf eine Entriegelungstaste nach oben heraus und muß auch manuell wieder eingeklappt werden. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL mittels Vorblitzen. Der Gehäuseblitz kann zum drahtlosen Ansteuern von Systemblitzen benutzt werden, vor der eigentlichen Auslösung werden dann codierte Blitzabfolgen ausgesendet, die die im Raum verteilten Blitzgeräte auswerten und sich entsprechend den Anweisungen der Kamera verhalten.

Die Vorblitze werden bei geschlossener Blende, aber noch mit heruntergeklapptem Spiegel ausgesendet, weil der Blitzsensor neben den AF-Sensoren im Spiegelkastenboden angebracht ist. Man kann die Vorblitze darum im Sucher sehen.

Das Bajonett nimmt fast alle Nikon-Objektive auf, allerdings kann der Blendenmitnehmer nicht abgeklappt werden, darum passen ganz alte Non-Ai

-Objektive nicht. Mit manuellen Ai- und Ai-S-Objektiven ist sowohl Fokuskontrolle als auch Belichtungsmessung inkl. Zeitautomatik möglich. Im Kameramenü kann dazu Brennweite und Offenblende des benutzten Objektivs eingestellt werden, dann schreibt die Kamera diese Werte auch in die EXIFs und steuert den Zoomreflektor eines Aufsteckblitzes passend an.

AF-Objektive ohne eingebauten Motor werden unterstützt, da ein AF-Motor in der D200 eingebaut ist. AF-S-Objektive mit eingebautem Motor können ebenfalls benutzt werden, AF-G-Objektive ohne Blendenring auch, die neuen AF-P-Objektive mit Pulsmotor und elektrisch angetriebener Blende können jedoch nicht verwendet werden. Objektive mit eingebautem Bildstabilisator (VR) funktionieren. E-Nikkore mit elektrisch betätigter Blende (z. B. einige Tilt-Shift-Objektive) können nicht benutzt werden.

Das Display kann weder gedreht noch geschwenkt werden. Das eigentliche Display ist durch eine Kratzschutzscheibe vor mechanischer Beschädigung geschützt. Weil eine dSLR aber bei Wanderungen die ganze Zeit vor dem Körper herumhängt und dabei mehr oder minder heftig Kontakt zu Jackenknöpfen oder Ähnlichem hat, legte Nikon eine weitere Kunststoff-Schutzscheibe bei, die einfach aufgeklipst wurde. War diese dann verkratzt, kaufte man einfach eine Neue. Alternativ kann man auch eine Schutzscheibe aus gehärtetem Glas aufkleben, die die Zubehörindustrie in passenden Größen im Angebot hat.

Viele Schnittstellen sind hinter unverlierbaren Abdeckungen verborgen, die 10polige Fernsteuerbuchse und der Anschluß für Studioblitze werden jedoch mit einer einzuschraubenden Kunststoff-Abdeckung verschlossen, diese beiden Teile gehörten bei Nikon seit der Einführung dieser Schraubdeckel in der F90 (aus dem Jahre 1990) zu den meistverkauften Ersatzteilen, da sie sich lösen können und herunterfallen und dann häufig unauffindbar sind.

Die meisten Buchsen entsprechen der jeweiligen Norm, so daß keine Spezialkabel erforderlich sind. Nur der Anschluß für das Netzteil und den Fernauslöser erfordern ein Spezialkabel, das Nikon aber für viele Jahre unverändert in etliche Kameras einbaute.

An den 10-poligen Zubehör-Anschluß wird nicht nur ein optionaler elektrischer Fernauslöser angeschlossen, sondern es kann auch ein GPS-Empfänger damit verbunden werden. Der originale Nikon GP-1 kostete etwa 250 Euro, ein fast völlig baugleiches Teil von Phottix nur die Hälfte. Wer schon einen GPS-Empfänger mit serieller Computerschnittstelle hatte, konnte von Nikon auch ein Adapterkabel 10polig-auf-Seriell erwerben, dann wurde die Sache aber aufgrund des Kabelgewirrs sehr unhandlich.

Mit montiertem GPS-Empfänger werden weitere Einträge im D200-Systemmenu freigeschaltet:

  • Da der Empfänger nur mit Strom versorgt wird, solange die serielle Schnittstelle der Kamera eingeschaltet ist, kann das Standby der Kamera optional abgeschaltet werden. Daraus resultiert natürlich kürzere Akkulaufzeit, da bei einer Wanderung dann die Kamera die ganze Zeit nicht in Standby geht.
  • Im Menu kann man den GPS-Status sowie die Position sowie aktuelle Höhe über dem Meeresspiegel ablesen und die Zahl der empfangenen Satelliten ablesen.
  • Bei jeder Aufnahme wird die aktuelle GPS-Position und Höhe in die EXIFs der Bilder geschrieben.

Die Kamera wurde aus Kostengründen nicht im japanischen Nikon-Kamerawerk hergestellt, sondern stammt aus der thailändischen Nikon-Fabrik.

Die NEF-Dateien enthalten etwas mehr Pixel, als die meisten Konverter ausgeben, um Reservepixel des Randbereichs zur Korrektur der Objektiv-Verzeichnung nutzen zu können. Freie Konverter geben bis zu 3900 x 2616 Pixeln aus. Die NEFs können unkomprimiert oder leicht verlustbehaftet komprimiert gespeichert werden.

Die Kamera schreibt viele interessante Details in den MakerNotes-Teil der EXIFs, ich zähle hier nicht alle auf:

den Weißabgleich, die Belichtungskorrektur, die Kamera-Seriennummer, den VR-Status, alle Bildparameter, die Zahl der Verschlußauslösungen, die Zahl der gespeicherten und die der ungesichert verworfenen Bilder, den Objektivnamen, die RAW-Kompressionsart, die wahre Blende und Brennweite des Objektivs (interessant vor allem bei „langem“ und „kurzem“ Ende von Zooms und bei Festbrennweiten), Daten der Blitzsteuerung inkl. allen Parametern der drahtlosen Blitzsteuerung, die Pixelgröße in µm, viele Einstell-Parameter wie Gitterlinieneinblendung, Werte der externen Blitzsteuerung (Kanal, Gruppen, Belichtungsart, Belichtungskorrektur) uvm.

Daten zur Korrektur der Objektivfehler wie Vignettierung, chromatischen Aberrationen oder der Verzeichnung sind nicht in den EXIFs der RAWs enthalten, alle RAW-Konverter auf dem Computer haben dazu ihre eigene Datenbank.

Der Verschluss der D200 ist von Nikon auf 100.000 Auslösungen ausgelegt, jedoch gibt es Berichte über Kameras mit 500.000 und mehr Auslösungen.

Der UVP der Nikon D200 betrug 1890 Euro. Ich erwarb mein erstes Exemplar im Dezember 2007 für ca. 900 Euro. Der Vorbesitzer hatte lediglich ca. 10.000 Auslösungen gemacht. Bei einer elektronischen Versteigerung erwarb ich kurz danach für etwa 100 Euro den Hochformatgriff. Ich benutzte die Kamera anfangs mit dem vorhandenen Fisheye 10,5 DX und dem Setobjektiv der D70, dem 18-70; da dieses Objektiv die D200 aber nicht ausreizte, kaufte ich bald ein 16-85 DX VR und verkaufte das 18-70.

Im April 2010 stieg ich mit der D700 ins digitale Vollformat auf, danach verkaufte ich alle DX-Objektive und die D200 (mit etwa 45.000 Auslösungen). Laut Erinnerung erzielte ich für die Kamera ca. 300 Euro, für das Fisheye ca. 450 Euro und für das 16-85 DX VR 350 Euro.

Das gezeigte Exemplar bekam ich inkl. Griff im Jahre 2019 geschenkt, es war im reinen Studioeinsatz gewesen, der Profifotograf hat damit vermutlich Porträt-Aufnahmen im festen Setup angefertigt und die Aufnahmen direkt per USB in den Rechner übertragen; die Kamera hatte ca. 40.000 Auslösungen hinter sich, aber bis auf die Abdrücke der Stativbefestigung an der Griffunterseite fast keine Gebrauchsspuren, jedoch fehlten die Schraubabdeckungen über Fernsteuer- und Blitzbuchse.

Ich nutze die Kamera zur Digitalisierung meiner Negative, inzwischen hat die Kamera weit über 60.000 Auslösungen „auf dem Zähler“.

Alle Aufnahmen entstanden bei 200 ASA, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture, bearbeitet mit mit Photoshop CS2 bis CS4. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde bearbeitet. Da die Bildqualität stark von den verwendeten Objektiven abhängt, habe ich auf Bildparameter-Angaben verzichtet.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der Nikon D200 ist aus Metall (eine leichte und dennoch stabile Magnesium-Legierung) und teilweise mit gummiartiger Kunststoff-Belederung überzogen. Das dafür verwendete Material neigt dazu, im Laufe der Zeit klebrig zu werden, da gewisse bei der Herstellung verwendete Substanzen ausdiffundieren. Dieser Vorgang ist unumkehrbar, die Belederung schrumpft dabei etwas (oder wird teilweise auch größer) und löst sich ab. Mein erstes Exemplar hatte nach ca. 2 Jahren Alter bereits ein schwergängiges vorderes Rad, nach Wegschneiden von etwas der Belederung drehte es wieder leichtgängig.

Die Handhabung sowie die Menüstruktur erscheint Nikon-Fotografen sofort vertraut, auch wenn es ausufernd ist, weil die Kamera sehr umfangreich einstellbar ist.

Die Kamera gehört zur Klasse der digitalen Semiprofi-Spiegelreflexkameras mit APS-C-Sensor. Die Farben werden gut wiedergegeben. Die Kamera-interne „JPEG-Engine“ ist recht gut. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß Nikon wie in fast allen anderen seiner digitalen Spiegelreflexkameras mit dem Schärfen der JPEGs sehr zurückhaltend ist, „knackig“ scharfe Bilder erfordern Bildparameter-Einstellungen, die von den Defaultwerten abweichen. Eine automatische Korrektur von „abgesoffenen“ Schatten und „ausbrennenden“ hellen Stellen kann zugeschaltet werden, diese Funktion heißt bei Nikon „D-Lighting“. Man kann diese Funktion sogar nachträglich auf bereits gemachte Aufnahmen anwenden.

Der Sensor schlägt sich bis 640 ASA recht gut. 800 ASA sind noch erträglich, darüber rauscht er deutlich sichtbar. 3200 (von Nikon als „Hi“ bezeichnet und nicht in die genormte Stelle der EXIFs eingetragen, sondern nur in die MakerNotes) hingegen sollten wenig benutzt werden.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch eher uninteressante Kamera (weil eine von vielen Nikon-dSLRs), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen gut geeignet. Auch die JPEGs sind brauchbar, man muß nicht unbedingt in RAW fotografieren.

Christian Zahn, Frühjahr 2021

 

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