Nikon D200 mit ES-2 Negativdigitalisierung - Ein kleiner Praxisbericht von Christian Zahn

Warum Negative abfotografieren?

Natürlich gibt es Diascanner, mit denen auch Negative in höchster Qualität digitalisiert werden können. Ich besitze z. B. einen ca. 2004 gekauften  Diascanner Nikon Coolscan V ED mit 4000 DpI Auflösung. Damit kann ich jeweils einen Negativstreifen mit 6 Aufnahmen „im Batch“ scannen. Je Negativ dauert das etwa 2-3 Minuten, also ein Streifen etwa 15 Minuten, ein kompletter Film somit mehr als eine Stunde. Und es zeitlich egal, ob mit 4000 DpI (etwa 20 Megapixel) oder nur mit 2000 DpI (etwa 5 Megapixel) gescannt wird.

Als Alternative steht hier ein Flachbettscanner mit Durchlichteinheit, ein ca. 2006 erworbener Epson Perfection V750. Damit können 4 Filmstreifen „im Batch“ gescannt werden, was mit Prescan, 24 Bildrahmen einstellen und anschließendem Scan mit 2400 DpI (ca. 7 Megapixel) etwa 1-2 Minuten je Bild dauert (je dichter das Negativ, desto langsamer fährt der Scanner die Belichtungs- und Scanzeile über das Bild, da er keine verstellbare Blende besitzt). Somit dauert der komplette Kleinbildfilm ebenfalls etwas über eine Stunde. Die Bildqualität ist dem Diascanner natürlich unterlegen, der Vorteil ist, daß man pro Film nur zweimal „Hand anlegen muß“ und der Computer dann eine halbe Stunde alles alleine macht.

Am schnellsten geht es mit der nachfolgend beschriebenen Methode: Die Negative einfach „abknipsen“. Ralf Jannke hat seine Arbeitsweise mit einer Nikon Coolpix 5000 und dem ES-28 bereits beschrieben. Ich nutze den (Stand Herbst 2020) mit etwa 180 Euro Neupreis sündhaft teuren Nikon ES-2, den ich 2018 für ca. 150 Euro erworben habe. Inzwischen ist er ausverkauft (Stand Februar 2021), selbst Nikon hat keine mehr (es könnte sein, daß er noch einmal aufgelegt wird, die Nikon-Webseite zählt ihn nicht unter „ehemalige Produkte“, sondern im normalen Shop mit „Benachrichtigen, sobald verfügbar“).

Nikon ES-2 Film Digitizing Adapter

Der Nikon ES-2 besteht aus mehreren Teilen, einem klappbaren Halter für einen Filmstreifen mit maximal 6 Aufnahmen, einem Haltering mit opaker Streuscheibe, zwei Adaptern mit verschiedenen Längen und Filtergewindedurchmessern und einem Halter für zwei gerahmte Dias. Er wurde mit der D850 zusammen vorgestellt, in deren Menüs sogar eine Einstellung für das farbrichtige Abfotografieren von maskierten Colornegativ-Filmen vorhanden ist.

Den Originalpreis von etwa 160 Euro für „die paar Plastikteile“ finde ich eigentlich völlig überzogen (zumal der ES-28 noch größtenteils aus Metall war), jedoch sind die als Alternative in Betracht gezogenen von Soligor und Co. vertriebenen T2-Filmhalter aufgrund der „eingebauten“ Optik bzw. Nahlinse auch keine gute Wahl.

Allerdings gibt es ein gravierendes Problem beim Einsatz von D200, Micro-Nikkor 40mm und ES-2: Der ES-2 „baumelt“ am Filtergewinde des Nikkors, der Filmstreifenhalter hat in der Aufnahme relativ viel Spiel (was zu „verdrehten“ „Scans“ führt) und die ganze Angelegenheit ist arg wackelig. Auf Dauer wollte ich so nicht arbeiten, zumal ich die Fokusverstellung des Nikkors nicht mit dem Gewicht belasten wollte.

Nikon ES-2 „Pimpen“

Ich habe mir einen Halter mit einem CAD-Programm erstellt und in 3D gedruckt, damit die D200 und der Halter auf einer Ebene aufliegen und die Filmhalterführung wesentlich verbreitert ist.

Das 3D-Objekt wurde mit SolidWorks modelliert, als STEP exportiert und auf einem Dremel 3D Idea Builder aus PLA-Filament gedruckt. Damit der Halter am ES-2 gut hält, habe ich zwei Bohrungen vorgesehen, die mittels Gewindebohrer mit Gewinde versehen wurden. Damit die Schraube nach dem Eindrehen den ES-2 nicht beschädigt, habe ich zusätzlich zwei Scheibchen mitgedruckt.

Allerdings war das nicht erforderlich, der ES-2 sitzt in meinem Halter so stramm, daß eine Klemmfixierung nicht erforderlich ist.

Die Rändelschraube des ES-2 hat Platz in einer Aussparung meines Halters.

Aufgebaut sieht die Kombination aus ES-2, Halter, Micro-Nikkor und D200 so aus

Da der SB-800 bei jeder Aufnahme blitzen muß, nehme ich auch gerne die zusätzliche Stromversorgung SD-8a mit 6 weiteren Mignonzellen.

Da das Kabel SC-17 inzwischen nur noch gebraucht und meist recht teuer erhältlich ist, kann es auch durch jedes TTL-Chinakabel für Nikon-TTL ersetzt werden und der SB-800 durch jeden Nikon-TTL-fähigen Aufsteckblitz.

Beleuchtung

Als Beleuchtung soll eine gleichmäßige Lichtquelle benutzt werden, Nikon empfiehlt trotz eingebauter opaker Streuscheibe ein Leuchtpult in einiger Entfernung oder eine diffuse Flächenleuchte.

Anfangs habe ich es einmal mit einer LED-Taschenlampe mit dazwischengeschobener Zusatzstreuscheibe probiert, die Ausleuchtung war aber zu ungleichmäßig. Zwar spielt die Farbtemperatur bei SW-Negativdigitalisierung keine Rolle, aber unterschiedlich helle Stellen sind in der Bildbearbeitung nur aufwendig zu korrigieren.

Ich nutze einen SB-800-Blitz mit Kabel SC-17, somit ist entfesselte TTL-Blitzbelichtung möglich. Am SB-800 ist sowohl die Weitwinkelstreuscheibe ausgeklappt als auch der mitgelieferte Diffusor aufgesetzt. Zusätzlich nutze ich einen „Snoot“, also eine Pappröhre um den Blitz bis zur Streuscheibe des ES-2, zur Verdeutlichung ist die Röhre allerdings nicht mit abgebildet. Sie verhindert, daß ich bei jeder Aufnahme ins helle Blitzlicht sehe.

Filmeinlegen

Der Filmstreifenhalter wird aufgeklappt, ein Negativstreifen eingelegt, die Bilder zwischen den Stegen ausgerichtet und der Halter wieder zugeklappt. Sollte der Filmtransport der Kamera Probleme gehabt haben, sieht man das sofort, dann muß evtl. nach jeder Aufnahme der Filmstreifen etwas nachgerichtet werden. Der „Maskenrahmen“ des ES-2 ist mit seinen Ausschnitten von 36,2 x 24,2 mm großzügig bemessen.

Nun wird der Filmstreifen in den ES-2 geschoben. Handelt es sich um den ersten Streifen eines Filmes, mache ich zur späteren Filmtrennung eine Leeraufnahme.

Digitalisierung

Ich habe die D200 auf Autofokus mit allen AF-Punkten geschaltet, wobei die Kamera auf das dem Sensor nächstliegende scharfe AF-Feld fokussiert, so kann eine evtl. Negativwölbung gut ausgeglichen werden. Als Blende nutze ich 8 bzw. 11, je nachdem, wie gewölbt der Film ist. Die Kamera steht dazu in Zeitautomatik, die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL.

Jetzt einfach den Auslöser durchdrücken und danach das nächste Bild positionieren. Am Nikon-Filmstreifenhalter sind dafür kleine Aussparungen vorhanden, die nächste Bildposition kann also ohne durch den Sucher sehen zu müssen „erfühlt“ werden.

Nach 6 Aufnahmen Filmstreifen wechseln und wie oben weitermachen. Ein Film mit 36 - 40 Aufnahmen sollte in 5 Minuten „im Kasten“ sein. Ist der Film stark gewölbt, wie es gerne bei Agfa APX-400 auftritt, dann dauert es länger, weil das Zuklappen des Filmhalters „fummeliger“ wird.

Meine Akkus zur D200 sind nicht mehr neu, nach etwa 500 Aufnahmen muß ich trotz nur sehr seltener Displaybetrachtung einen frischen Akku einlegen.

Bildbearbeitung

Ich nehme im NEF-RAW-Format auf, gewandelt wird mit Nikon Capture NX in TIFFs, die Bildbearbeitung erfolgt mit Photoshop CS6, wobei ich mir zwei Aktionen zusammengestellt habe, so daß die meisten Arbeitsschritte nach Druck auf eine Funktionstaste automatisiert nacheinander ablaufen.

Zunächst ziehe ich einen Rahmen auf und schneide das Bild zu, da ich immer etwas Luft um die Aufnahme lasse. Danach die Bilddrehung bei Hochformataufnahmen. Nun wird das Bild invertiert (also ins Positiv gewandelt).

Anschließend erfolgt die Korrektur der Gradationskurve im Automatikmodus mit ggf. manueller Kurvenanpassung. Je nach Motiv ist dann eine Korrektur von stürzenden Linien oder der Schattenaufhellung erforderlich.

Abschließend erfolgt eine Reduktion der Bildgröße auf ca. 6 Megapixel mit bikubischer Interpolation und abschließenden Nachschärfen sowie das Speichern als TIFF. Die Wandlung in JPEGs übernimmt nach Bearbeitung aller Bilder der GraphicConverter in der Mehrfachkonvertierung.

Was kommt heraus?

Das Ergebnis ist natürlich stark von der Aufnahmesituation abhängig, unscharf fokussierte oder verwackelte Negative können nicht „gerettet“ werden, ebensowenig wie eine Änderung der Schärfentiefe. Aufnahme-Objektiv-Verzerrungen hingegen können korrigiert werden.

Das 40mm-Micro-Nikkor ist sehr gut, somit kommt es nur zu geringen Auflösungsverlusten bei der Abfotografiererei. Limitierender Faktor ist das Filmkorn bzw. die Auflösung des ursprünglichen Aufnahmeobjektivs.

Einen gravierenden Nachteil hat die Sache allerdings: In den EXIFs der Bilder steht immer das Digitalisierungsdatum, nicht das eigentliche Aufnahmedatum, auch ist die D200 nicht die eigentliche Kamera. Wer will, kann das mit EXIF-Editoren „nachbehandeln“.

Die Bildbeispiele entstanden mit verschiedenen Kameras und Objektiven aus meiner Sammlung, auf eine detaillierte Beschreibung habe ich verzichtet. Damit ich auch nach Jahren noch weiß, mit welcher Kamera und mit welchem Objektiv ich fotografiert habe, stelle ich mich zuhause für das erste Bild eines Films immer mit der Kamera vor einen Spiegel und fotografiere Objektiv und Kamera. Dieses erste Bild wird dann in der Bildbearbeitung ebenfalls gespiegelt, dann ist die seitenrichtige Darstellung wiederhergestellt.

Christian Zahn, Februar 2021

Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias

 

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