Olympus E-300 Kurzbericht

Hier stelle ich eine frühe digitale Spiegelreflexkamera von Olympus mit FourThirds-Bajonett vor.

Ralf hat sie ebenfalls vorgestellt, auch Boris zeigt hier die E-300.

Spezifikationen

  • Die 2004 vorgestellte Olympus E-300 ist 147 x 85 x 64 mm groß und wiegt 580 g.
  • Der FT LiveMOS-Sensor 4/3“ (17,3 x 13 mm) löst maximal 3264 x 2448  = 8 Megapixel auf (8,88 Megapixel Rohdaten). Der Pixelpitch beträgt 5,3µm. Mit der ISO-Automatik oder manuell sind 100 bis 1600 ASA einstellbar. Videos sind nicht möglich, LiveView ist ebenfalls nicht möglich. Bilder werden als JPEG, TIFF oder ORF (RAW-Format) auf CompactFlash-Karten (Typ I oder II, max. 32 GB) gespeichert.
  • Das Objektivbajonett ist das FT-Systembajonett, Objektive von Leica/Panasonic und anderen Anbietern sind kompatibel
  • Das Motiv wird über einen Porrospiegel-Prismensucher angezeigt (94% Bildfeldabdeckung), zusätzlich ist ein 1,8“ TFT LCD Monitor mit 134.000 Subpixeln vorhanden, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S) oder kontinuierlicher Autofokus (AF-S) sowie manuelle Scharfstellung mit Fokusunterstützung, 3 AF-Felder, Ermittlung durch Phasenerkennung-Sensor, durch teilreflektierenden Hauptspiegel und Hilfsspiegel abgegriffen.
  • Belichtungssteuerung durch Vollautomatik, Programmautomatik, Blendenautomatik, Zeitautomatik oder manuellen Modus, Motivprogramme, Matrixmessung, mittenbetont integrale Messung oder Spotmessung, Belichtungszeiten 60s bis 1/4000 sek. und „B“, Selbstauslöser mit 2 oder 10 s Vorlaufzeit
  • manuell entriegelbarer Blitz mit Leitzahl 11, zusätzlich Norm-Blitzschuh inkl. TTL-Kontakten
  • Weißabgleich automatisch oder manuell
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch Lithium-Ionen-Akku

Besonderheiten

Die E-300 ist die zweite digitale Spiegelreflexkamera von Olympus nach der Profikamera E-1 von 2003. Im Gegensatz zu dieser ist die E-300 eine Einsteiger-Amateurkamera.

Das „E“ in der Typenbezeichnung steht für „Evolt“, möglicherweise einer Abkürzung von „Evolution“. Bei späteren FT-Kameras schrieb Olympus das nicht mehr auf das Gehäuse bzw. die Anleitung, nur das „eckige“ E wurde beibehalten.

Der verwendete Akku BLM-1 paßt in etliche andere Olympus Spiegelreflexkameras, aber auch in Prosumerkameras wie die C-7070 oder C-8080. Optional war ein Batteriehalter nachzukaufen, der die Kamera mit 3 Lithiumbatterien CR123A benutzbar macht. Einen Hochformatauslöser mit Einsatzmöglichkeit von zwei Akkus gibt es zur E-500 nicht.

Als Speichermedium dienen CompactFlash-Karten bis 32 GB, wobei auch die etwas dickeren Karten des Typs II passen, also auch Microdrive oder Adapter CF-auf-SD. Die Speichergeschwindigkeit ist aus heutiger Sicht recht langsam, da der CF-Controller nicht die damals neuen schnellen CF 2.0-Standards beherrscht.

Der Gehäuseblitz ist eingebaut, er klappt je nach Modus selbsttätig oder durch Druck auf einen Knopf aus. Der Klappmechanismus arbeitet scherenartig, so daß der Blitz recht weit aus dem Gehäuse herauskommt, aber trotzdem an der vorderen Kamerakante bleibt. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL mittels Vorblitz. Zusätzlich ist ein Norm-Blitzschuh mit TTL-Zusatzkontakten vorhanden (kompatibel zu allen Systemblitzen des Olympus/Panasonic/Leica mFT-Systems). Mit einem geeigneten Aufsteckblitz ist auch die FP-Synchronisation bis herab zur 1/4000s möglich (der Blitz feuert dann während des gesamten Verschlußablaufes schwache Stroboskop-Blitzimpulse ab). Drahtlose Steuerung entfesselt betriebener Systemblitze ist nicht möglich, dieses Feature baute Olympus erst in später erschienenen Kameras ein.

Die Kamera hat aus Gewichts- und Kosten- und Designgründen eine Porrospiegelkonstruktion aus verspiegelten Kunststoff-Elementen. Es ist kein übliches Pentaprisma-System, sondern die Mattscheibe sitzt seitlich neben dem Verschluss und die Umlenkungen erfolgen seitlich nach oben. Darum ist eine Gehäuse-Ecke auch abgeschrägt, weil dort einer der Umlenkspiegel sitzt. Der Suchereinblick ist recht klein und düster, da Sensor und Mattscheibe nur ein Viertel der Fläche von Kleinbild haben. Es gab für 50 EUR einen Okularvorsatz ME-1, er vergrößert den Suchereinblick um den Faktor 1.2.

Prinzipbedingt ist der Suchereinblick auch nicht in der optischen Achse, sondern eher wie bei einer Sucherkamera seitlich angebracht. Das hilft zwar dagegen, das die Fotografennase mit dem Display in Berührung kommt, aber nur, wenn das rechte Auge benutzt wird.

Das Spiegelsystem ermöglicht auch eine „billige“ Art, die drei AF-Sensoren im Sucher einzublenden. Hinter einem der Spiegel sind einfach drei normale 3mm-LEDs montiert, die als AF-Bestätigung durch den Spiegel hindurch leuchten und somit vom Fotografen gesehen werden. „Virtuell“ liegen sie in der Mattscheibenebene.

Der seitlich wegklappende Spiegel irritiert anfangs etwas, da die meisten Fotografen den nach oben klappenden Spiegel der üblichen dSLRs gewöhnt sind. Nach einer Weile hat man sich daran aber gewöhnt.

Die AF-Sensoren befinden sich im Spiegelkasten; klappt man den teilreflektierenden Hauptspiegel vorsichtig zur Seite, sieht man dahinter den Hilfsspiegel, der die Objektivstrahlen auf die AF-Sensoren lenkt. Dieser Hilfsspiegel wird bei jeder Auslösung nach unten bewegt, damit er den Bildsensor nicht mehr abdeckt. Nach der Bildaufzeichnung wird er wieder zurückbewegt. Eine recht umständliche Konstruktion, die einen weiteren Antrieb erfordert. Bei fast allen anderen analogen bzw. digitalen AF-Spiegelreflex-Kameras ist der Hilfsspiegel am Hauptspiegel beweglich befestigt, die Klappmechanik schwenkt beide Spiegel gleichzeitig aus dem Strahlengang.

Die Kamera hat relativ viele Tasten und Knöpfe. Es gibt ein Moduswahlrad und ein Daumenrad. Viele Funktionen haben einen eigenen Knopf, vier andere werden durch Doppelbelegung des Steuerkreuzes aufgerufen. In allen Fällen erscheint nach Druck auf einen Knopf eine Auswahl auf dem Display und per Drehrad wird die Funktion umgeschaltet bzw. ausgewählt. Dafür muß die Kamera immer abgesetzt werden, „blinde“ Bedienung mit Blick durch den Sucher ist nicht möglich.

Das Objektivbajonett ist das FT-Systembajonett, Objektive von Leica/Panasonic und anderen Anbietern sind kompatibel. Man kann auch ohne angesetztes FT-Objektiv fotografieren, um mit  Adaptern ohne eingebaute Elektronik etliche alte Manuellfokusobjektive zu verwenden. Die Belichtungsmessung ist dabei aktiv, die Objektivblende muß von Hand vor jeder Aufnahme auf den gewünschten Wert geschlossen werden. Von Olympus gab es einen Adapter für die alten Zuikos des OM-Systems.

Das Bajonett ist für die Sensordiagonale recht groß dimensioniert, dadurch können die das Objektiv verlassenden Lichtstrahlen sehr parallel sein, was insbesondere bei Weitwinkelobjektiven die Bildqualität im Randbereich entscheidend verbessert.

Die Kommunikation zwischen Objektiv und Kamera findet rein elektrisch statt, in jedem Objektiv ist je ein Antrieb für die Fokussierung und die Blendansteuerung vorhanden. Manuelles Fokussieren ist auch nur elektrisch möglich, an jedem Objektiv git es einen Encoderring, bei dessen Drehung der Fokusmotor entsprechend das Objektiv verstellt.

Das Tiefpaßfilter vor dem Bildsensor kann durch einen Ultraschall-Mechanismus in Bewegung versetzt werden, um am Sensor anhaftenden Staub „abzuschütteln“, dies kann entweder manuell im Menu ausgelöst werden oder auf Wunsch auch automatisch bei jedem Ein- und Ausschalten geschehen. Bei jedem Reinigungsvorgang leuchtet eine blaue LED auf der Kameraoberseite auf.

Das Display ist vor mechanischer Beschädigung durch eine Kunststoffscheibe geschützt, diese sollte durch eine weitere Folie vor Kratzern geschützt werden.

Das Kamera-Menu ist noch recht überschaubar, weil nicht allzuviele Parameter verstellt werden können.

Wie bei vielen Olympus-Digitalkameras gibt es im System-Menu einen Eintrag „Pixelkorrektur“, damit werden Hotpixel (dauerhaft leuchtende Bildpunkte) und Deadpixel („tote“ = defekte Pixel) erkannt und zukünftig herausgerechnet.

Der Sensor wurde von Kodak hergestellt und auch in der E-500 eingebaut.

Wer sich wundert, weil die Kamera nach Druck auf den Auslöser eine Pause macht, bis der Verschluss abläuft: Dann ist „Verwackelung“ im Systemmenü eingeschaltet, die Olympus-Bezeichnung bei der E-300 für die Spiegelvorauslösung, deren Zeit von 1 bis 30 Sekunden eingestellt werden kann.

Die ISO-Automatik erhöht merkwürdigerweise die Empfindlichkeit in der „P“, „A“ und „S“ - Betriebsart nur beim Blitzeinsatz, ohne Blitz bleibt die Kamera stoisch bei 100 ASA, höhere ASA-Zahlen müssen manuell angewählt werden. Lediglich in den Motivprogrammen funktioniert die automatische Empfindlichkeitsanpassung.

Die Kamera speichert in den MakerNotes der ORF-EXIFs viele interessante Dinge, darunter die Kameraseriennummer, die Objektivseriennummer, die Seriennummer des Aufsteckblitzes (sofern von Olympus), die Firmware-Version von Kamera, Objektiv und Blitz, die Sensordiagonale, die Bittiefe des Bildes, viele Angaben zur Belichtung und weiteren Bildparametern, die Objektivkorrekturdaten für Verzeichnung, Vignettierung, chromatische Aberration usw,, den Status der Gesichtserkennung, die Anzahl der Zoomstufen des Objektivs, die Anzahl der Fokusstufen des Objektivs usw.

Laut Olympus sind die Parameter zur Korrektur von Verzeichnung, chromatischer Aberration und Vignettiereung nicht bei jedem Exemplar eines Objektivtyps gleich, sondern während der Herstellung wird jedes Objektiv einzeln vermessen und die Korrekturdaten in seinen „Chip“ einprogrammiert, womit winzige Abweichungen vom errechneten Ideal (hervorgerufen durch Herstelltoleranzen) ausgeglichen werden.

Die Zahl der Auslösungen ist nicht in jedem Bild enthalten, sie läßt sich aber im Servicemenü ablesen, dieses muß jedoch durch eine recht umständliche Tastensequenz eingeschaltet werden.

Im ORF (Olympus Raw Format) werden die Sensordaten immer leicht verlustbehaftet komprimiert abgespeichert, wobei fast die gesamten Sensorpixel aufgezeichnet werden. Sowohl Olympus View als auch Adobe Lightroom/Camera RAW nutzen die Randpixel zur Korrektur der Objektiv-Verzeichnungen und geben nur 3264 x 2448 Pixel aus. Freie RAW-Konverter wie DarkTable, Raw Photo Converter usw. können 3340 x 2504 Pixel ausgeben.

Die UVP der Olympus E-300 betrug etwa 1000 Euro. Es gab auch verschiedene Sets mit Kit-Objektiven. Ich erwarb mein Exemplar 2021 für etwa 50 Euro mit einem 14-45 Zoom, die Kamera hatte nur etwa 5000 Auslösungen beim Vorbesitzer machen müssen.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden bei 100 ASA, gespeichert als ORF, gewandelt mit Olympus Viewer 3, bearbeitet mit Photoshop CS6. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde bearbeitet, Aufnahmeparameter und 100%-Ausschnitte habe ich nicht eingebettet, da die Bildqualität stark vom verwendeten Objektiv abhängt.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der Olympus E-300 ist fast komplett aus Kunststoff, aus Metall ist das Stativgewinde, das Objektivbajonett und der Blitzschuh. Die Kamera ist „Made in China“, was nicht auf dem Typenschild, sondern auf einem Extra-Aufkleber am Kameraboden steht (möglicherweise wurden die ersten Exemplar in einem anderen Werk bzw. Land gefertigt).

Die Kamera gehört zur Klasse der digitalen Einsteiger-Spiegelreflexkameras im FT-System. Der Autofokus mit nur drei AF-Feldern war nicht mehr zeitgemäß, damals waren auch in Einsteigerkameras längst 5 Sensoren üblich. Die AF-Geschwindigkeit ist aus heutiger Sicht langsam, für Sportaufnahmen oder die Verfolgung schneller Autos ist sie nicht geeignet.

Die objektivseitigen vorhandenen Bildfehler wie Verzeichnung und Vignettierung werden bei JPEGs und TIFFs durch den Bildprozessor weggerechnet. Die Objektivkorrekturparameter werden in die EXIFs der RAWs eingebettet, die meisten Konverter wie AdobeCameraRaw, Lightroom usw. wenden diese automatisch an. Lediglich „freie“ Konverter wie Darktable lassen sich auf Wunsch ohne Objektivkorrekturen benutzen, die je nach Objektiv enormen Verzeichnungen (besonders in der Weitwinkelstellung) werden dann schonungslos sichtbar.

Bei höheren ASA-Zahlen rauscht der Sensor, worunter die Bildschärfe aufgrund des Kameraprozessoreingriffs leidet. 1600 ASA ist eigentlich nur ein Notbehelf. Olympus wußte das, darum müssen Empfindlichkeiten oberhalb von 400 ASA erst im Systemmenü „freigeschaltet“ werden, bevor sie benutzt werden können, ab Werk ist die Kamera auf die manuelle und automatische ASA-Wahl von 100 bis 400 begrenzt.

Die Bildqualität der E-300 ist heutzutage gerade noch als gut zu bezeichnen, Bei kritischen Gegenlichtsituationen neigen helle Bildpartien zum „Ausbrennen“. Bei „Schönwetter“ ISO 100 gibt es an den Bildern nichts auszusetzen. 8 Megapixel sind für etliche Anwendungen noch ausreichend. Trotz des recht kleinen Sensors (FT entspricht in etwa der Negativfläche des analogen Pocket-Systems) sind die Bilder ansprechend, die Olympus-typische Farbabstimmung überzeugt mich immer wieder.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch nicht uninteressante Kamera (aufgrund des besonderen Suchersystems), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen bei niedrigen ASA-Zahlen noch gut geeignet.

Christian Zahn

 

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