Sony NEX-3 mit Nikon Ai-Zoom 4,5/80-200mm und Soligor 2,8/200

In diesem Kurzbericht geht es um die Benutzung von zwei etwa 40 Jahre alten Manuellfokus-Objektiven an der Sony NEX-3, einer spiegellosen Systemkamera mit 14 Megapixeln und eingebautem Bildstabilisator. Das Nikkor 80-200 hat Ralf Jannke hier bereits vorgestellt, ebenfalls an einer Kamera mit APS-C-Cropsensor.

Ich habe beide Objektive bereits an der Vollformat-Kamera Nikon Z5 getestet und wollte sie an einer Cropkamera nochmals ausprobieren:

Soligor 2,8/200 Ai

Die deutsche Soligor GmbH war das deutsche Tochterunternehmen der amerikanischen Allied Impex Corporation (AIC), die im Jahr 1968 die japanische Miranda Camera K.K. übernahmen und Soligor gründeten. In der Folge wurden anfangs von verschiedenen japanischen Herstellern gebaute Objektive als „Soligor“ in Europa vertrieben,  später koreanische und vermutlich auch chinesische Objektive. Das hier gezeigte Tele Auto MC 2,8/200 Soligor dürfte aus den 1970er sein, es wurde mit diversen Bajonett-Anschlüssen gebaut. Interessanterweise ist es ein Ai-Objektiv, hat aber trotzdem noch das Nikon-„Hasenohr“ für die älteren Kameras und obwohl die Ais-Vertiefung fehlt, anhand derer z. B. die Nikon FA die Objektive für Programmautomatik erkennt, hat es am Blendenring die zweite Nocke, mit der vielen Nikon-Kameras den auf kleinste Blende gestellten Blendenring erkennen.

Laut Vorbesitzer wurde das Objektiv von Tokina gefertigt. Mein Exemplar hat zwei Probleme, die er trotz mehrfacher Versuche nicht endgültig reparieren konnte, darum bekam ich es geschenkt:

- Die Blende ist verölt, an einer SLR arbeitet sie nur bis Blende 5,6 halbwegs einwandfrei, kleinere Blendenwerte schließen sich so langsam, daß kurze Belichtungszeiten immer überbelichtet werden. Beim Einsatz an einer spiegellosen Systemkamera ist das jedoch unwichtig, da die Springblende nicht benutzt wird. Die Blende ist bis etwa 4,0 nicht rund, sondern sägezahnartig, was zu einem unruhigen Bokeh führen dürfte.

- Die Entfernungseinstellungskala ist verschoben, für „Unendlich“ ist auf der Skala etwa 40 Meter einzustellen.

Das Objektiv ist ca. 133mm lang, hat einen Durchmesser von etwa 78mm und wiegt 790 Gramm. Das gesamte Objektiv ist aus Metall gefertigt.

Das Filtergewinde hat 72mm, die Streulichtblende ist eingebaut, sie kann ausgezogen werden. Das Gewinde rotiert beim Fokussieren nicht mit.

Der Fokusring ist sehr breit und mit geriffeltem Gummi überzogen, er läuft seidenweich mit geringfügig zu starker Friktion (evtl. durch Schmiermittelalterung verursacht). Mit ca. 220° Einstellweg ist der Fokus feinfühlig einstellbar, die Naheinstellgrenze von 2,5 Metern ist für ein 200mm-Objektiv ausreichend. Eine Markierung für die Infrarotfotografie ist vorhanden.

Der Blendenring rastet in ganzen Blendenstufen. Das Objektiv ist sichtbar mehrschichtvergütet.

Beispielfotos Soligor

Alle Aufnahmen entstanden freihand bzw. mit aufgelegtem Objektiv auf einem geeignetem Untergrund, mit Zeit- sowie ASA-Automatik, gewählt wurde Blende 5,6, gespeichert wurde als ARW, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben sowie Lichter / Schatten wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.

Das Objektiv liefert ab ca. Blende 5,6-8 eine noch gute Schärfe, es kann den 14-Megapixel-Sensor der NEX-3 allerdings nicht ausreizen, obwohl dieser nur die bessere Bildmitte ausnutzt. Bei Offenblende ist es deutlich unscharf, chromatische Aberrationen treten bei allen Blenden sichtbar auf.

Nikkor 4,5/80-200 Ai

Das gezeigte Objektiv ist die letzte Bauform dieses Objektivs, der Herstellzeitraum war von 1977 bis ca. 1980. Diese Version ist an der eckigen Lichtfalle vor der Hinterlinse erkennbar und gilt als optisch beste Variante, die älteren Versionen wurden ab 1970 gebaut und sind optisch bis auf die Vergütung baugleich.

Das beim Fokussieren mitdrehende Filtergewinde hat Nikontypisch 52mm, die Streulichtblende wird eingeschraubt. Da mir die originale fehlt, habe ich eine Gummi-Teleblende aus den China-Zubehörhandel erworben.

Der kombinierte Fokus und Zoomring ist sehr groß und mit einer gummierten Riffelung versehen. Bei diesem Objektivtyp neigt die Friktion im Lauf der Zeit nachzulassen, der Ring läuft dann viel zu leicht und er verstellt sich selbsttätig. Früher konnte eine Nikon-Werkstatt das Spiel nachstellen, inzwischen dürften die Ersatzteile aufgebraucht sein. Mit ca. 180° Einstellweg ist der Fokus sehr präzise einstellbar, die Naheinstellgrenze von 1,8 Metern ist aber leider bei 80mm recht lang. Eine Markierung für die Infrarotfotografie ist für alle Brennweiten vorhanden, ebenso Tiefenschärfen-Linien.

Das Objektiv ist ab Bajonett ca. 160mm lang, der Durchmesser beträgt 72mm, das Gewicht 740 Gramm. Die Baulänge ändert sich beim Zoomen nicht, beim Nahfokussieren nur gering, da nicht die gesamte Optik verschoben wird, sondern nur die vorderen Elemente.

Der Blendenring rastet in ganzen Blendenstufen. Er trägt das „Hasenohr“ als Mitnehmer für die älteren Nikon-Spiegelreflexkameras, die das 1977 eingeführte Offenblendmeßsystem „Ai“ noch nicht hatten.

Alle Aufnahmen entstanden wie oben beschrieben.

Beispielfotos Nikkor

Das Objektiv wurde bereits in zeitgenössischen Tests als einer Festbrennweite ebenbürtig bezeichnet, es galt längere Zeit als Nikons bestes Zoom. Auch heute noch gilt es als sehr scharfzeichnendes Objektiv, es liefert erwartungsgemäß ab Offenblende eine sehr gute Schärfe, es kann den 14-Megapixel-Sensor der NEX-3 ausreizen. Chromatische Aberrationen treten nur gering auf.

Der aktuelle Gebrauchtpreis ist darum erstaunlich hoch für ein altes und recht lichtschwaches Zoom, meist muß man für Objektive in gutem Zustand mehr als 60 Euro bezahlen, im Zustand „Mint“ und mit OVP werden auch dreistellige Beträge aufgerufen.

Fazit

Bei beiden Objektiven macht sich bei Verwendung an der NEX-3 der fehlenden Bildstabilisator sowohl beim Fokussieren als auch beim Fotografieren deutlich störend bemerkbar. 200mm freihand sind nur schwer beherrschbar, ich habe mit aufgelegten Objektiven gearbeitet, um von jedem Motiv ein unverwackeltes Bild zu bekommen. Einen Stativeinsatz habe ich verworfen, da das schwere Soligor kräftig am Bajonett der Kamera „zerrt“ und die Kombination aus Objektiv und Kamera nur mit der Kamera am Stativ befestigt werden kann, so daß die Kamera immer noch kräftig „schwingt“. Da die NEX-3 keine Möglichkeit für eine Fernauslösung bietet, reicht die Selbstauslöser-Ablaufzeit nicht aus, um das Schwingen nach Auslöserdruck restlos zu beseitigen. Darum nutze ich die  Serienbildaufnahme der NEX, um das Kameraverwackeln durch den Auslöser bei der ersten Aufnahme zu umgehen. Bei der dritten oder vierten Aufnahme  ist die Schärfe dann besser als bei der ersten bzw. zweiten.

Das Soligor ist zwar sehr lichtstark, darum aber auch sehr schwer. In Verbindung mit der recht schwachen Abbildungsleistung werde ich es zukünftig wohl nicht mehr an digitalen Kameras verwenden.

Das Nikkor ist optisch erheblich besser, es hatte sich auch an der Vollformat-Kamera Nikon Z5 bewährt. Trotzdem werde ich es an der NEX-3 zukünftig nicht mehr benutzen, sondern Festbrennweiten verwenden. Der Scharfstellvorgang des Schiebezooms ist nur recht schwierig möglich, da die NEX-3 keine Möglichkeit hat, einen Auftsteck-Videosucher zu verwenden; somit muß die Kamera „in Vorhalte“ benutzt werden. Das ist mir mit einem Schiebezoom zu umständlich.

Christian Zahn

 

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