Vor ein paar Tagen wurde dem Kamerasteckbrief der Kodak C300 folgender Kommentar hinzugefügt:
„Super Kamera, die Bilder sind 1A. […] Über PC […] beste Qualität in Farbe und Schärfe.“
Ich habe kurz gezögert, diesen Kommentar freizugeben, weil ich da gänzlich anderer Ansicht bin. Allein aufgrund der technischen Rahmenbedingungen (Fixfokus, kleiner Sensor, lichtschwaches Objektiv, einfachste Bauart) ist die Kamera selbst den meisten Kompaktkameras deutlich unterlegen. Am Ende habe ich den Kommentar dann doch veröffentlicht, möchte aber hier kurz ein paar Sätze dazu loswerden.
Was sagt uns dieser Kommentar? Naheliegend wäre: „Die C300 ist eine großartige Kamera. Völlig unverständlich, warum jemand Tausende von Euros für so ein schwarz-professionelles Kameramonster ausgibt, wenn er auch mit der tollen und viel billigeren C300 losziehen könnte!“.
Eine andere Interpretation wäre: „Der Kommentierende hat keine Ahnung. Sieht doch jeder, dass die C300 eine furchtbare Kamera ist!“
Ich halte beides für falsch. Da ich nicht davon ausgehe, dass hier ein bezahlter Werbe-Troll für die längst ausverkaufte Kamera eines verblichenen Herstellers trommelt, dürfte die Wahrheit sein: Hier hat jemand geschrieben, der beim Fotografieren Wünsche und Vorstellungen hat, die die C300 ziemlich exakt erfüllt. Offenbar fotografiert er oder sie in Situationen, in denen die Kamera gut funktioniert und nutzt die Bilder auf eine Art, wo sie gut aussehen. Ich finde, es steht niemandem zu, das zu verurteilen oder lächerlich zu machen. Jeder soll sein Hobby so ausüben, wie er oder sie am meisten Spaß daran hat.
Was aber sind solche Bewertungen dann wert? Meiner Meinung nach so gut wie nichts, solange man zu wenig über denjenigen weiß, der da kommentiert. Wenn jemand eine technisch eher schwache Kamera (wie die C300) gut findet, kann es ein Einsteiger sein, der noch nichts Besseres kennt. Oder ein Senior, der sich nicht intensiver mit der Technik herumschlagen möchte und mit dem Gebotenen zufrieden ist. Oder ein Profi-Fotograf, der die Limitierungen genau kennt und sie bewusst zur Bildgestaltung einsetzt. Umgekehrt kann eine mäßige Beurteilung einer teuren Kamera tatsächlich darauf hindeuten, dass das Produkt Mängel hat. Es kann aber auch das Geschreibsel eines Wichtigtuers sein, der sich für besonders kompetent hält, wenn er etwas in die Pfanne haut, was alle anderen toll finden. Oder jemand, der sich mit der Kamera bös vergriffen hat und nun zu seiner großen Verärgerung feststellen muss, dass gutes Equipment noch keine guten Bilder macht.
Was ich damit sagen möchte: In den meisten Fällen wissen wir fast nichts über die Menschen, die ein Produkt bewerten. Meist wissen wir auch nichts über die Motivation, warum jemand ein Produkt bewertet. Und weil das so ist, sind die meisten Rezensionen isoliert betrachtet nur wenig hilfreich. Liest man viele Bewertungen durch, entsteht dann allerdings doch meist ein halbwegs differenziertes Bild – man muss sich die Mühe nur auch machen.
Das gilt nicht nur für die Leserkommentare auf digicammuseum.de, sondern selbstverständlich auch für das, was Ralf und ich hier so von uns geben. Wir schreiben frei weg von der Leber, was uns an den von uns beschriebenen Kameras so auffällt. Und das ist ohne Frage eingefärbt durch unsere jeweiligen Interessen, Erfahrungen und Vorlieben. Wer anderer Ansicht ist, ist jederzeit eingeladen, uns das über die Kommentarfunktion oder per Mail mitzuteilen. Wir freuen uns darauf.