Jetzt geht's lo-hos – Digitalisieren des kompletten Analog-Bildarchivs

lautete die Überschrifft des dazugehörigen Blog-Beitrags.

Dem Thema Dias und Negative digitalisieren haben wir hier mehrere Praxisbeiträge gewidmet

Nach über 2000 digitalisierten Dias und
einigen Dutzend Negativen jetzt der finale Praxisbericht

Angereichert mit etwas Philosophie, Erfahrungen und meinem Fazit oder: 2400 vs. 3600 dpi – Flachbettscanner mit Durchlichtaufsatz vs. Filmscanner

An dieser Stelle gleich Entwarnung: Es geht auch mit einem guten Flachbesttscanner plus Durchlichtaufsatz!

2007 hatte ich mich das erste Mal aufgerafft, mein Dia-Archiv zu digitalisieren – aber nur teilweise. Zum Einsatz kam dabei der Flachbettscanner CanoScan 9950F mit Durchlichtaufsatz. Die da investierte Zeit und Arbeit war aus zwei Gründen nicht umsonst! Der CanoScan 9950F hat ordentliche Scans geliefert, die auch 2021 mehr als brauchbar sind! Aber von 2007 bis 2021 haben die Dias trotz dunkler und trockener Lagerung von Kontrast und Farbe weiter gelitten! Dazu dürften sicher auch heisse Sommer beigetragen haben, wo es trotz Isolation des ausgebauten Dachbodens an die 30 Grad bekam. OK, seitens Schimmel gab es keinen einzigen Ausfall. Was auch an der komplett glaslosen Rahmung lag.

Nachdem ich jetzt mein komplettes Dia-Archiv digitalisiert habe, kann ich berichten, dass von den Dias im Zeitraum Anfang der 1980er Jahre bis 1997 kein Dia mechanisch so beschädigt war, dass ich eine automatische Staub- und Kratzererkennung und -entfernung ernsthaft benötigt hätte. Denn Scanner- und Scannerhersteller gebärden sich mitunter so so, als würden nur Dias digitalisiert, deren Farben nicht nur verblasst oder stichig sind, sondern die total verstaubt und noch mehr zerkratzt sind. Was bei Keller- (feucht) oder ungesicherten Dachbodenfunden (verstaubt), die wertvoll sein könnten, eher zutrifft.

Eine eine automatische Staub- und Kratzererkennung und -entfernung wurde nur von der damaligen Software des CanoScan 9950F geboten. Um bei Aktivierung der Automatik festzustellen, dass sie besser deaktiviert blieb. Weil sie zu oft nicht zwischen Kratzer und wichtigem feinen Motivdetail unterscheiden konnte!

Die wichtigste, "automatische" Staubentfernung besteht nach wie vor in einem guten, "analogen" Objektivpinsel und einem starken Blasebalg!

Dafür, dass der CanoScan 9950F nur ein Flachbettscanner mit Durchlichteinheit ist, hat er mit realistischen 2400 dpi Auflösung passable Scans der Kleinbilddias produziert! Auch wenn für Filmvorlagen die 2400 dpi lt. ScanDig/Canon Scanner CanoScan 9900F gar nicht erreicht werden. Es sollen echte 1600 dpi sein. CanoScan 9900F und CanoScan 9950F sind weitgehend identisch.

Das Vorhaben, den CanoScan 9950F mit möglichen physikalischen 4800 dpi digitalisieren zu lassen, wurde 2007 schnell aufgegeben. Es stand in keinem Verhältnis zum Zeitaufwand! Und ob das dann vielleicht 1600 x 2 = 3200 dpi echte Auflösung gewesen wären, ist heute müßig.

Jetzt bei zweiten finalen Digitalisieren kam der reine Filmscanner Plustek 7400 zum Einsatz

Vorweg: Ich habe mich nicht mit einer Auswahl Dia für Dia aufgehalten. Die hätte bald mehr Zeit gekostet als das spätere Scannen! Der Plustek lag so lange unbenutzt rum, weil er nur unter Windows zu betreiben war. Ich bin Macianer ;-) Was ich deshalb auch nur gelegentlich genutzt habe. Auf dem Mac unter einem virtuellen Windows 7. Um dabei an der dem Plustek beiligenden Lightversion von Silverfast wenig Gefallen zu finden. Vielleicht war ich dafür auch einfach zu ungeduldig und zu unfähig.

In dem Augenblick, wo Hamrick Software www.hamrick.com seinem VueScan beibrachte, auch den Plustek anzusteuern, kam der Filmscanner rund drei Wochen zum Dauereinsatz! Ohne Staub- und Kratzererkennung und -entfernung, weil die von VueScan nicht geboten wird. Gerne wiederhole ich nochmal:

Die wichtigste "automatische" Staubentfernung besteht nach wie vor in einem guten, "analogen" Objektivpinsel und einem starken Blasebalg!

Wie schon der Versuch, den CanoScan 9950F mit 4800 dpi digitalisieren zu lassen, wurden auch beim Plustek nur versuchsweise vielleicht zwei Handvoll Dias statt mit 3600 mit 7200 dpi gescannt. Das sind die benötigten Scanzeiten pro Farbnegativ/Dia je nach Auflösung:

  • 7200 dpi ca 4 min 30 s
  • 3600 dpi ca. 2 min 15 s
  • 1800 dpi ca. 1 min 07 s

Von der verlockenden Einstellung 1800dpi/nur 1 min Scanzeit habe ich nach zwei, drei Versuchen gleich Abstand genommen. 

Die Einstellungen der VueScan-Software zeige ich weiter unten.

Grundvoraussetzung beim CanoScan 9950F und Plustek 7400: Bei Farbe grundsätzlich 48 bit Farbtiefe, bei SW 16 bit und unkomprimiertes Speicherformat TIFF. Gut belichtete und einwandfrei fokussierte Dias niedriger Empfindlichkeit wie Kodachrome ISO 64/Fujichrome 100 erreichen nach Ausschnittskorrektur und Geradestellen netto 4.000 x 2.667 Bildpunkte, 10,6 Megapixel. Damit lässt sich schon einiges anstellen.

Die Behauptung, ein niedrig empfindlicher Kleinbildfilm erreicht ca. 35 Megapixel, ist in der Realität nicht haltbar. Ich erinnere mich, dass 2002 beim Erscheinen der Canon EOS D60 (nicht 60D!) ein Mac-Magazin geschrieben hatte, dass mit den 6 Megapixel der D60 das Kleinbilddia erreicht wäre. Diese 6 MP oder wenigstens 4 MP geben auch meine ISO 200/400/1000 Dias her. Kodachrome 64 und Fujichrome 100 mit Wohlwollen auch 10,6 MP – siehe Bildbeispiel.

Was sich mit 6, 8 und 10,6 MP anstellen lässt, ist vielen Leuten gar nicht klar, weil sie sich nicht für Druckauflösung, Druckgrößenberechnung, Interpolation und Betrachtungsabstände interessieren. Da geht viel mehr als man denkt! Am schlimmsten sind die Zeitgenossen, die mit der Nase auf der Vergrößerung technische Fehler suchen, statt die Motive als Ganzes auf sich wirken zu lassen.  Das entsprechende Wissen ist auch der Grund, dass ich gelegentlich mit alten Digitalkamera-Schätzen wie einer Nikon D1H fotografiere, die nur 2,7 Megapixel kann, oder der D2Hs mit ihren 4 Megapixel. Der in der Toskana lebende Fotograf und Facebook-Freund Andreas K. hat etliche Reitsportfotos auf 120 x 80 cm Leinwänden an der Wand, die mit den 8 Megapixel der Canon EOS 1D MK II aufgenommen und natürlich noch ein bisschen gerade-gerichtet-zugeschnitten sind. Rein rechnerisch reichen die 3.504 x 2.336 Bildpunkte der EOS 1D MK II nicht für 120 x 80 cm. Und? Wer weiß wie’s geht, dreht an den richtigen Parametern. Und klebt nicht mit der Nase auf der Leinwand.

Dass die erste Digitalisierungsrunde 2007 nicht umsonst war, hatte ich bereits geschrieben. Aber 14 Jahre haben gereicht, die Dias weiter altern = leiden zu lassen. Es war also wirklich an der Zeit den analogen Fotobestand zu sichern!

Plustek 7400 Scanparameter

Wie schon oben erwähnt sind 48 bit/16 bit Farbtiefe bei Color/SW ein Muss. Speichern, was die Software hergibt. Bei VueScan habe ich mich für unkomprimierte TIFF entschieden. Irgendein RAW-Format wird auch angeboten. Damit habe ich nicht experimentiert.

Aktiviert habe ich "Korn reduzieren" Mittel, "Schärfen" stand grundsätzlich auf Nein. Bei den SW-Negativen bin ich auf maximale Kornreduktion gegangen. Die wichtigsten Einstellungen für meine Farbdias waren: "Farben restaurieren" und "Ausbleichung" oder auch nicht! Die extreme Wirkung ist im Sonnenuntergangsbild oben zu studieren. Mit der falschen Grundeinstellung zerstöre ich das Dia unwiederbringlich! Das Gegenteil ist beim Foto neben der Bockspringaufnahme zu besichtigen. Vom Zahn der Zeit doch fast zerstört, hat die Aktivierung von Ausbleichung das Dia gerettet! Zum Thema Farben gab es in Facebook eine kurze Diskussion: "Über das Wegfiltern von "blauem" Schnee, Eis und Raureif hatten wir ja schon mal gesprochen. Ich bin da vorsichtig, denn schnell hast du ein Bild tatsächlich "kaputtgefiltert", die kalte Winterstimmung zerstört." Ich habe Dias mit blaugraubleifarbenem Winterhimmel und Schnee, wo es eine Todsünde wäre diese düstere Stimmung neutral zu filtern. Die Farbwiedergabe ist sicher auch Geschmackssache und bleibt immer subjektiv.

Digitalisierungs-Beispiele in 6 MP Größe

Diese Größe lieferte in den 1990ern die Original Kodak Photo-CD. Bis 100 Dias/Negative passten auf eine CD. Meine einzige echte Kodak Photo-CD enthält 70 von Kodak gescannte Dias vom von Christo und Jeanne-Claude 1995 verhüllten Berliner Reichstag. Auflösung pro Dia 2.048 x 3.072 Bildpunkte. Da muss ich mich mit den 2.000 x 3.000 Pixel nicht verstecken!

Über die Farbe, Filterung der Winterbilder kann man sicher streiten! Da ist vieles möglich. Ganz nach eigenem Geschmack, Gefühl und Erinnerung bei Aufnahme. Die Kunst besteht darin zu lernen, zwischen Farbstich durch Alterung und einem wunderbaren Licht zu unterscheiden. Wenn blauer Schnee von einem rosafarbenen Abendlicht überlagert wird. Die 3.000 x 2.000 Pixel Fotos ließen sich mit 200 ppi knapp 30 x 40 mm (A3) groß drucken oder belichten. Mit guter 150 ppi Posterqualität 34 x 50 cm, etwas über A3+. Es wird sicher nicht die Qualität eines Fotos aus einer Digitalkamera sein. Aber mehr habe ich von meinen alten Dias auch gar nicht erwartet!

Gescannt wurde mit dem Plustek immer mit zwei Durchgängen pro Farb-Dia/SW-Negativ. Ob eine Steigerung auf 3, 4 und mehr Durchgänge eine Qualitätssteigerung gebracht hätte, habe ich nicht weiter untersucht.

Und auch die CanoScan 9950F Dateien von 2007 lassen sich bei Bedarf verwenden! Denn bei der Riesenmenge Dias ist sicher in  der Zwischenzeit das eine oder andere Dia verlorengeganen, was dann aber als 2400 dpi Canon-Scan zur Verfügung steht. Dazu kommt ein Photoshop, das viel mehr kann als die Version von 2007! Ich erwähne dabei besonders „Fläche füllen/Inhaltsbasiert“ für penetrante Staubreste/Fussel und „Scharfzeichnungsfilter/Selektiver Scharfzeichner“. Und die "Geheimwaffe" "Filter/sonstige Filter/Hochpass" in Kombination mit einer duplizierten Ebene …

Einwandfrei scharfe und gut belichtete ISO 64/100 Dias ermöglichen 10.6 Megapixel

Plustek 7400 Filmscanner vs. Nikon Coolpix 4500 (4 MP) plus Kopiervorsatz ES-E28, speziell für SchwarzWeiss

Wer da gewinnt, ist schon bei den 2.000 x 1.333 Pixel Bildern offensichtlich! Ich will auf keinen Fall ausschließen, dass Christian Zahns 10 Megapixel Nikon D200 bei einem vergleichbaren Verfahren ein deutlich besseres Ergebnis erzeugt! 

10,6 Megapixel SW

Dafür – eine selbst zu druckende 32,9 x 48,3 cm A3+ (Plus) Vergrößerung – würde ich nie mehr anfangen einen Vergrößerer samt Zubehör und die entsprechend riesigen Entwicklungs-/Fixierschalen zu erwerben! SW-Filme werde ich immer mal wieder verwenden, wenn ich Lust auf eine schöne Analogkamera habe! Nicht umsonst ist ein Minolta Dimage Scan Dual II AF-2820U am Ferienort ausgelagert! Um vor Ort belichtete und selbst entwickelte SW-Negativfilme gleich zu digitalisieren. Wobei der Plustek 7400 dem Minolta Dimage Scan Dual II AF-2820 U überlegen zu sein scheint. Nicht wegen der Auflösung, aber beim Durchdringen der silberdichten Schichten des SW-Negativfilms!

Zum Schluss noch eine nur vermeintliche Alternative …

Man beachte die "automatische Staubentfernung" des Plustek 7400 ;-) Und daneben? Digital unbrauchbar :-(

Diese Diaduplikatoren tauchen immer wieder auf. Nicht nur von Soligor. FINGER WEG davon! 

Die alte Idee ist prinzipiell OK, um vorhandene Dias in Analogzeiten (!) abzufotografieren, um Duplikate zu haben. Aber: Es wird enorm viel Licht benötigt. Soviel Licht, dass ich beim Blitzen mit der Nikon Z6 den Blitz auf +3 EV Überbelichtung stellen musste, um durch Anblitzen einer nicht mal 1 m entfernten weißen Wand Licht auf den Sensor zu bekommen. Dem könnte man problemlos mit einem TTL-Kabel abhelfen – was ich nicht habe und benötige. Dazu musste die Z6 auf ISO 2000 hochgedreht werden. Die Anordnung wäre sicher deutlich zu verbessern, aber: 

Das zweite und entscheidende "Aber" 

Die im Duplikator fest eingebaute Optik dürfte eine Lichtstärke der vermuteten/geschätzen Größe f/64 haben. Absolut tödlich für die Bildschärfe. Die Z6 hat einen Pixelpitch/Pixelabstand von ca. 6 Mikrometer. Diesen Wert verdoppelt ergibt die Blende, bei der noch keine Unschärfe durch Beugung auftritt. Also 6 x 2 = f/12. Blende 16 geht sicher auch noch. Aber Blende f/64? Ich hatte mich über die Unschärfe gewundert. Beugung war/ist der Grund! Statt zu diesem Soligor-Teil kann man selbstverständlich professionell zu Balgengerät samt Dia-/Negativhalter und Makro-Objektiv greifen, um seine Negative/Dias 1:1 mit Blende f/8 zu duplizieren. Mir viel zu fummelig und aufwändig. Ich wollte ja irgendwann mal fertig werden mit dem Digitalisieren. Mit Kamera und Balgengerät wäre ich heute noch dran, das Archiv zu scannen.

Dia-Vorauswahl?

Bis auf einwandfrei zuordbare Jahrgänge (Beschriftung der Diarahmen) gab es keine! Einmal im Rhythmus, wurde ein Dia nach dem anderen gescannt. Gesichert wurde das Ganze auf drei verschiedene externe Festplatten. Sämtliche Dias inklusive der Magazine und Durchsicht-Schuber (ca. A4 Größe) wurden nach Rücksprache mit der örtlichen Müllverbrennung im Hausmüss entsorgt.

Auf den Festplatten liegen jetzt TIFF-Rohscans. Gesichtet, zugeordnet und ausgewählt wird dann nach Bedarf mit dem gerne unterschätzen Adobe Bridge in vertretbaren Zeitrahmen. Nachbearbeitung mit Photoshop und ggf. mit Adobe Lightroom.

Was war am Anfang dieses Beitrags zu lesen: An dieser Stelle gleich Entwarnung: "Es geht auch mit einem guten Flachbesttscanner plus Durchlichtaufsatz!"

Mein CanoScan 9950F geht schon deshalb nicht weg, weil ich neben KB 2022 auch ein bisschen mit 6x6 Rollfilm spielen will ;-) Ein Facebookfreund setzt den Epson Epson V700 ein, der mit ca. 750 Euro aber auch richtig Geld kostet! Aber neben KB eben auch 6x6 kann. Und er fotografiert neben digital auch immer noch von Zeit zu Zeit gerne mit der Hasselblad!

Das war's!

Ralf Jannke

 

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