KMZ Zenit Normalobjektive mit M39 und M42-Schraubanschluss an Nikon Z5

In diesem Erfahrungsbericht geht es um drei etwa 40-60 Jahre alte Manuellfokusobjektive adaptiert an die spiegellose 24-Megapixel-Systemkamera Nikon Z5.

KMZ bedeutet Krasnogorski Mekhanicheskii Savod, Krasnogorsk südlich von Moskau, UdsSR (die Firma ist auch bekannt als Zenit). 1945 hatte die Sowjetunion große Teile des Jenaer Zeiss-Werkes als Reparationsleistung demontiert und somit sowohl die Konstruktionsunterlagen als auch die Fertigungsanlagen im Besitz.

Bei KMZ/Zenit-Objektiven ist die Feststellung des Baujahrs einfach, es sind die ersten beiden Stellen der Seriennummer.

KMZ Industar-50-2 3,5/50

Das KMZ 3,5/50mm gab es neben der M42-Version auch als versenkbares M39-Objektiv. Dieses hat Ralf Jannke bereits vorgestellt. Ich habe das hier vorgestellte Exemplar bereits an der Fuji X-E2 (APS-C-Crop) getestet. Einen weiteren Praxisbericht von Ralf Jannke zum Industar-50 (1) 3,5/50 gibt es hier.

Das Industar ist eine Kopie des entsprechenden Kleinbild-Tessars und wurde ab 1947 gebaut, zunächst in einer versenkbaren M39-Fassung für Meßsucherkameras. Später wurde es auch als M42-Version gebaut und sogar teilweise vergütet. Mein Exemplar hat merkwürdigerweise eine deutlich sichtbare Vergütung der Hinterlinse, während die Frontlinse nur schwach erkennbar vergütet ist. Das gezeigte Exemplar ist sehr spät gebaut worden, laut Seriennummer stammt es aus dem Jahr 1972.

Der geriffelte und sehr schmale Entfernungsring läuft inzwischen zu leicht und kratzig, da das Schmiermittel völlig verschwunden ist, außerdem wackelt er etwas. Der Einstellweg ist mit etwa 330° erfreulich lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,85 zu lang. Der Blendenring hat keine Rastungen, es sind 6 Lamellen eingebaut. Da der Ring beim Fokussieren mitgedreht wird, hat er zwei Skalen, so daß immer eine im Blickbereich des Fotografen ist. Die Streulichtblende wird in das ebenfalls mitdrehende Filtergewinde 33mm eingeschraubt.

Das Objektiv hat einen Durchmesser von 50 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 20 mm und wiegt 70 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 5mm langer. Das Objektiv ist so klein und leicht, daß es an der Z5 kaum auffällt, der Objektiv-Adapter ist größer und länger!

Das gesamte Objektiv macht keinen sehr hochwertigen Eindruck, es ist zwar vollständig aus Metall hergestellt, aber zu leicht und zu „fimschig“. An der Entfernungs-Skala sind Tiefenschärfemarkierungen vorhanden, ein Index für die Infrarotfotografie fehlt. Da es keine M42-Springblende hat und auch keine Vorwahlblende, kann es an Spiegelreflexkameras für Film nur sehr umständlich benutzt werden, für jedes Bild muß manuell abgeblendet und nach der Aufnahme wieder aufgeblendet werden, was ohne Blendenrastungen sehr umständlich ist.

An spiegellosen Systemkameras entfällt dieser Nachteil, da bei diesen abgeblendet scharfgestellt werden kann. Allerdings muß beim Fokussieren darauf geachtet werden, den leichtgängigen Blendenring nicht zu verstellen, was allzugleich passiert, da er das Filtergewinde trägt und somit dort die Streulichtblende eingeschraubt ist. Diese sollte aber verwendet werden, da das Industar extrem streulichtempfindlich ist und heftig zu Überstrahlungen neigt.

Beispielfotos KMZ Industar-50-2 3,5/50

Das Objektiv verzeichnet nur gering, in den Bildern ist dieser Bildfehler praktisch nicht sichtbar.

Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende unscharf und vignettiert sichtbar, Abblenden auf 8-11 steigert die Schärfe nur etwas, das Objektiv bildet immer „traumhaft“ weich ab. Die bei Offenblende vorhandenen sehr geringen chromatischen Aberrationen verschwinden ab Blende 4,5 vollständig. Das Objektiv ist heutzutage sehr günstig zu bekommen, je nach Zustand und Zubehör liegt es zwischen 10 und 30 Euro.

Helios 44 2/58

Das Helios-44 2/58 ist ein Nachbau des Carl Zeiss Biotar mit 6 Elementen in 4 Gruppen, eine klassische Doppelgauß-Rechnung, ähnelt also im optischen Aufbau allen guten 1,6 - 2/50mm-Normalobjekiven aus Europa und Fernost.  Laut Seriennummer wurde es 1960 hergestellt und ist nicht vergütet.

Meine Version wurde zusammen mit der Zenit 3M verkauft, diese Kamera hat einen sehr exotischen Objektivanschluß: Leica-Gewinde M39, jedoch mit Auflagemaß 45,2 mm, um Platz für den Spiegel zu bekommen. Ein Adapterring von M39 auf M42 ermöglicht die Benutzung an M42-Kameras bzw. M42-Adaptern. Dabei ist zu beachten, daß M42 ein Auflagemaß von 45,46 mm hat (kein Tippfehler, wirklich so ein krummer Wert!). Das gezeigte Objektiv kann also nicht auf Unendlich fokussiert werden, sondern nur etliche Meter davor. Abblenden auf 8 wird dringend empfohlen für gute Aufnahmen bei Unendlich.

Das Objektiv hat keine Springblende, sondern nur eine manuelle Blendenverstellung, immerhin mit Vorwahlring für die gewünschte Blende, so daß zwischen Offenblende und gewählter Blende gewechselt werden kann, ohne das Auge vom Sucher nehmen zu müssen.

Mein Exemplar hatte leider eine auf der Innenseite „beschlagene“ Frontlinse, vermutlich die Ausdünstungen des verharzten Schmiermittels aus dem Schneckengang, was die Bilder extrem flau und kontrastarm werden ließ. Darum hat mich die Objektivleistung nicht begeistert. Sowohl war es sehr streulichtempfindlich, auch die internen Überstrahlungen waren enorm. Insgesamt war der Bildeindruck extrem „weich“ und „traumhaft“, auch bei Blende 5,6-8. Ich habe es zerlegt und gereinigt, allerdings ist der Schneckengang leider weiterhin völlig unbeweglich, aber immerhin bei „Unendlich“ und nicht bei irgendeiner Naheinstellung. Die Reinigung des Objektivs habe ich hier beschrieben.

Der geriffelte und mit Berg-und-Tal-Einbuchtungen unterbrochenen Entfernungsring läßt sich bei meinem Exemplar leider inzwischen nicht mehr bewegen, auch nicht mit mehr oder minder „sanfter“ Gewalt. Der Einstellweg ist mit etwa 250° erfreulich lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,50 Metern in Ordnung. Die Blende rastet ganzstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Das Objektiv hat keine Springblendenfunktion, sondern einen manuellen Blendenschließring, der bis zur vorgewählten Blende gedreht wird. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 49mm eingeschraubt.

Das Objektiv hat einen Durchmesser von 60 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 47 mm und wiegt 220 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es möglicherweise 8mm langer.

Das gesamte Objektiv macht einen relativ wertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall hergestellt. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.

Beispielfotos Helios 44 2/58

Das Objektiv verzeichnet nur gering, bei den meisten Motiven dürfte es nicht stören.

Mein Exemplar ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende sehr unscharf (was an dem oben beschriebenen „falschen“ Auflagemaß liegt und nicht dem Objektiv angekreidet werden darf), außerdem vignettiert es. Abblenden auf 8 steigert die Schärfe und verringert die Vignettierung. Die bei Offenblende vorhandenen chromatischen sehr geringen Aberrationen verschwinden ab Blende 4 vollständig.

Das Objektiv ist heutzutage teilweise nicht mehr preiswert zu bekommen, je nach Zustand und Lieferumfang liegt es zwischen 20 und 80 Euro. Ich erwarb das Objektiv 2020 zusammen mit einer passenden Spiegelreflexkamera für 10 Euro inkl. Versand (es war als defekt beschrieben wurden).

Zenit Helios-44M-4 58mm/2

Das gezeigte 58mm stammt aus der letzten Herstellphase dieses Objektivs und ist einfachvergütet, es wurde laut Seriennummer im Jahre 1989 gebaut und zusammen mit der M42-Kamera Zenit 12XP verkauft.

Das 44-M4 ist die vermutlich beste Version dieses Objektivtyps und eine jüngere und vergütete Variante des älteren Helios. Auch dieses Objektiv ist eine Kopie des legendären Carl Zeiss Biotars. Ralf Jannke hat hier eine etwas ältere Variante vorgestellt.

Der  geriffelte Entfernungsring läuft weder zu leicht noch zu schwergängig, der Einstellweg ist mit 220° recht groß, die Naheinstellgrenze von 0,5 Metern ist in Ordnung.

Der Blendenring rastet ganzstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Eine Umschaltung zwischen automatischer und manueller Blendenbetätigung ist nicht eingebaut.

Das nicht mitdrehende Filtergewinde beträgt 52 mm, das Objektiv hat einen Durchmesser von 63 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 43 mm und wiegt 245 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 8 mm länger. Die Streulichtblende wird in das Filtergewinde eingeschraubt.

An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.

Das gesamte Objektiv macht einen recht hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall (vermutlich jedoch nur Aluminium, kein Messing, darum relativ leicht), aber nur einfach vergütet, obwohl es aus den 1980er Jahren stammt und Mehrfachvergütung eigentlich längst üblich war.

Beispielfotos Zenit Helios-44M-4 58mm/2

Das Objektiv verzeichnet nur gering, bei den meisten Motiven nicht sichtbar.

Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende etwas unscharf und vignettiert deutlich, Abblenden auf 8-11 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die chromatischen Aberrationen sind bereits bei Offenblende kaum sichtbar.

Das Objektiv ist heutzutage nicht mehr preiswert zu bekommen, es liegt meist zwischen 40 und 60 Euro. Bevor es spiegellose digitale Systemkameras mit Vollformatsensor gab, wurde es zwischen 2000 und 2010 hingegen wesentlich billiger angeboten. Ich erwarb mein Exemplar zusammen mit der abgebildeten Zenit 12XP im Jahr 2018 auf einem Flohmarkt, laut Erinnerung zusammen mit einer Fototasche für etwa 25-30 Euro.

Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.

Fazit

Von den drei gezeigten Objektiven werde ich zukünftig wohl keines mehr benutzen. Das Industar ist nur für „traumhafte“ Aufnahmen geeignet, somit für meine dokumentarischen Motive ungeeignet. Das M39-Helios ist aufgrund des defekten Schneckenganges unbrauchbar und statt des funktionsfähigen 2/58mm Helios nehme ich lieber ein optisch besseres 1,7-1,8/50 Normalobjektiv von Nikon oder Minolta.

Christian Zahn

 

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben