Quick and dirty – Schnell und schmutzig, sagt man bei so einer Arbeitsweise ;-)
Das 50 mm Zeiss Sonnar wurde provisorisch mit vier Heißkleberpunkten in einer so genannten Nikon Z-/M42-Makro-Schnecke oder auch Helicoid fixiert. Dieser Helicoid – ich konnte nur eine direkte englische Wikipedia-Erklärung finden – enthält eine Art Schnecke, die eine Vor- und Zurückbewegung eines Objektivs ermöglicht. Man kann dazu auch Fokussierung sagen ;-) Das Fachmagazin "DOCMA" hat einen schönen Bericht zum Thema Helicoid: Helicoid-Adapter für komfortables Fokussieren. Wozu das Ganze? Nur mit diesem Helicoid können Objektive, die eine Entfernungeinstellmöglichkeit haben, fokussiert werden. Natürlich kann man auch die Kombination Kamera/Objektiv zum Motiv hin oder von Motiv weg bewegen. Was natürlich keine exakte Ausschnittsbestimmung ermöglicht. Das ginge auch von einem Stativ aus mit einem Einstellschlitten oder mit einem Balgen. Es gibt so genannte starre Balgenobjektive, die nur mit Hilfe des Balgens bewegt und fokussiert werden können. Zurück zum 50 mm Zeiss Sonnar. Durch seine Bauweise – ich gehe gleich darauf ein – kann dieses Objektiv nur in einer entsprechenden Messsucherkamera oder eben mit Hilfe eines Helicoid fokussiert werden.
Problem: Die bisher eingesetzte Makroschnecke ist schlicht zu dick. Sie wirkt wie ein Zwischenring. Ich komme nah ans Motiv, aber nach ca. 1,5 m wird alles unscharf. Gewönliche 50 mm Normalojektive können in einem Bereich von ca. 0,5 m bis Unendlich fokussiert werden! Man kann so fotografieren, was seinen Reiz hat, aber es bleibt auf Dauer unbefriedigend. Perfekt funktioniert dieses Verfahren auf meinem "selbstgebauten" Meyer-Optik Görlitz Trioplan 2,8/100. Ausführliche Beschreibung im Praxisbericht!
Trotz zahlreicher Quellen ist es mir nicht gelungen den Unterschied zwischen Zeiss Sonnar und Zeiss-Opton Sonnar herauszufinden. Vielleicht habe ich auch etwas überlesen. Auch was das Alter angeht, wird die 6-stellige Seriennummer meines Exemplars 712.986 mal zwischen 1923-1926: 500.000 - 750.000 eingeordnet, was ich nicht glaube. Realistischer erscheinen mir die Baujahre 1951-1953.
Quellen
- Sonnar Wikipedia. Die Idee für die Namensgebung des Sonnars geht auf das Sonnensymbol im Wappen der Stadt Son(theim) am N(eck)ar zurück.
- Die schweizer Seite artaphot über die Sonnare
- Die Sonnare – Ludwig Berteles Pioniertat und Lebenswerk zugleich
- ZEISS TIPO SONNAR, ED IL GENIALE FILO CONDUTTORE, CHE COLLEGA TUTTE LE VERSIONI, DEL CAPOLAVORO DI LUDWIG BERTELE“, Google Translate: „ZEISS SONNAR-TYP und der brillante Faden, der alle Versionen von Ludwig Berteles Meisterwerk verbindet“
Dieses simple Beispielbildchen ist so vielversprechend, dass ich nicht aufgebe! Auch wenn es sich in meinem "Linsen-Park"nur um ein einziges Objektiv vom Flohmarkt handelt. Aber es ist eben ein hochlichtstarkes Zeiss-Glas, das einst auf einer Contax-Messsucherkamera saß.
Zu den Abbildungen
1. Reihe linkes Foto: Sowohl das auf der Nikon Z6 adaptierte JUPITER-12 2,8/35, die russische Kopie des 35 mm Zeiss Biogons als auch das rechts im Foto zu sehende Original NIKKOR-QC 1:3.5 f=13,5 cm Nippon Kogaku mit Contax-Messsucherkamera-Anschluss haben eine Gemeinsamkeit: Beide Objektive besitzen ein so genanntes Außenbajonett UND eine Fokussiereinrichtung! Rechtes Foto aus der Bedienungsanleitung der Nikon Messssucherkamera S2: Auch da wird gerade ein Objektiv mit Außenbajonett abgenommen bzw. montiert. Gut erkennbar das "Loch", die Öffnung auf der Kamerafrontseite. In dieses "Loch", was innen ein entsprechendes Bajonett enthält, wird das jeweilige 50 mm Normalobjektiv montiert und verriegelt.
Die Fokussierung erfolgt dann durch Drehen des kompletten Objektivs mit dem geriffelten Abschnitt. Oder komfortabel mit dem kleinen, mit dem roten Kreis markierten Zahnrad auf der Kameraoberseite der Contax- (inkl. Nachbauten) und Nikon Messsucherkamera. 2. Reihe.
Das ist aber nur mit den kompakten und rel. leichten Normalobjektiven möglich. Weitwinkel, 85, 105 und 135 mm Messssucher-Tele besitzen alle ein Außenbajonett. Für die 50 mm Objektive muss also eine Fokussiermöglichkeit vorhanden sein!
Entnimmt man das Contax-Zeiss-/Jupiter- oder Nikon-Objektiv, um es auf eine moderne spiegellosen Systemkamera zu adaptieren, ist eine Fokussierung ohne Klimmzüge nicht möglich. Der "Klimmzug" besteht in der beschriebenen Makro-Schnecke, dem Helicoid. Leider ist mein Nikon Z-/M42-Makro-Helicoid wie oben bereits beschrieben zu dick, dass die Fokussierung irgendwo bei ca. 1,5 m endet.
Um zu probieren, ob ich mit einer dünneren Makroschnecke Erfolg haben könnte, hatte ich wie oben gezeigt das Zeiss Sonnar lose in einen vorhandenen Nikon Z-/M39-Adapter gelegt und durch den Sucher geschaut. Mit frappierendem Erfolg – alles unscharf. Aber: Sobald das Zeiss vorsichtig aus dem Adapter gezogen wurde, "sprang" einen die Schärfe im E-Sucher an! Von Unendlich bis einem nicht erfassten Nahbereich.
Zusätzlich hatte ich mit zwei Zwischenringen mit Z-Bajonett experimentiert, die bereits bei der Adaptierung von Objektiven mit dem extrem exotischen Petri-Bajonett zum Einsatz kamen. Konsequenz: Eine dünnere Makroschnecke, ein dünnerer Helicoid müsste funktionieren. Und den/die gibt es! Als Nikon Z-/Voigtländer(?)M39-Makroschnecke ist das Teil geordert! Ideal wäre, wenn damit tatsächlich auch Unendlich erreicht würde. Aber ich wäre zum Spielen auch schon mit Größenordnung 5-10 m zufrieden.
Wenn das da links in dem chinesischen 75 Euro-Adapter ein Original "Ernst Leitz GmbH Wetzlar Germany DBP 28-90" ist, fress ich einen Besen ;-) Und rechts die Annonce zum 50mm ZUNOW f/1.1? Einfach lesen …
Wichtigste Zutat zur erfolgreichen Adaptierung des Zeiss Sonnars, der LAINA ADAPTER LM-Z MACRO. Kameraseitig Nikon Z-Bajonett, Objektivseitig Leica Messsucherkamera M-Bajonett mit montiertem M-Bajonett/M39 Adapter. UND Einstellschnecke/Helicoid! Was jetzt noch fehlt, aber bereits in der Post: ein M39/M42-Adapter. In den wird am Ende ein kurzer Zwischenring mit M42 geschraubt. Das Zeiss Sonnar passt problemlos und mit wenig Spiel in den Zwischenring. Es sollte zum Schluss mit Silikonkleber gegen Herausfallen gesichert werden. Ich habe es einstweilen bei Sekundenkleber und schwarzem Panzerklebeband belassen. Damit ist das Zeiss vom Nahbereich – ich muss es noch messen – bis unendlich probemlos einsetztbar! Es soll übrigens auch noch einen Leica M-/Contax Messsucherkamerabajonett-Adapter geben. Damit könnte man das Zeiss dann direkt in den LAINA ADAPTER LM-Z MACRO montieren. Ich weiß aber nicht, ob das Zeiss dann ohne den Zwischenring von Nahbereich bis Unendlich einsetzbar wäre!
Um die Adaptierung abzuschließen. Dieses Verfahren muss auch mit den 50 mm Normalobjektiven mit Innenbajonett – Erklärung siehe oben im Text – zur Nikon S Messsucherkamerserie – englisch Rangefinder, kurz RF – funktionieren! Eine tolle Möglichkeit mit den historischen Objektiven nach über 70 Jahren digital zu fotografieren!
Neben dem hier vorgestellten Zeiss Opton Sonnar 1:1.5 f=50 mm gab es noch eine Variante mit Lichtstärke f/2. Dazu gesellen sich noch die russischen Contax/Zeiss Jupiter-8(M) 50mm f/2 Nachbauten und ein etwas lichtstärkeres Helios-103 1.8/53 mm mit dem Innenbajonett. Nikon hatte diese mit Nippon Kogaku gravierten Nikkore mit Innenbajonett im Programm:
- 1:1.1 f=5cm (Dieses ultralichtstarke 50er gab es auch mit Außenbajonett)
- 1:1.4 f=5cm ("Tokyo")
- 1:1.5 f=5cm (wie das Zeiss Sonnar!)
- 1:2 f=5cm ("Collapsible")
- 1:2 f=5cm
- 1:3.5 f=5cm Mikro (Makro) Nikkor
An ein 2/50 mm RF Nikkor dürfte mit einiger Geduld ranzukommen sein. Aber wie toll wäre es, 2024 mal ein adaptiertes ultralichtstarkes 1,1/50 mm zu sehen. Genauer damit bei Offenblende aufgenommene Fotos. Alternativ zu diesem RF-Nikkor gab es ein gleichlichtstarkes 1,1/50 mm des Herstellers Zunow. Dieses Zunow, angeboten für Mess-Sucherkameras mit Contax-, Leica- und Nikon-Bajonett sowie Canon-, Leica- und andere M39 Schraubanschluss, wurde aggressiv beworben: Man könne/solle sein vorhandenes 1,4/1,5/2,0/50 mm Canon-, Contax-, Leica-, Nikon RF Objektiv mit einem Preisaufschlag doch gegen das mit 450 US Dollar ausgezeichnete Zunow tauschen. 450 Dollar entsprachen um 1960 1800 D-Mark. Unter Berücksichtigung der Kaufkraft heute etwa 5940 DM oder etwas über 3000 Euro, wenn ich die Umrechnungstabellen richtig verstanden habe. Dem Treiben sah Nikon nicht lange zu und offerierte sein gleich lichtstarkes 1,1/50 mm Nikkor kurzerhand für 299,50 US Dollar. Noch ins Bild montiert der nie produzierte Prototyp eines EINS-KOMMA-NULL 50 mm Nikkors für die Nikon Mess-Sucherkamerareihe.
The World's Fastest Camera Lens aus der Zunow-Annonce hatte natürlich nur so lange Bedeutung, wie es das Leitz Noctilux noch nicht gab
- 1966 wurde das Noctilux 50 mm f/1.2
- 1976 das Noctilux-M 50 mm f/1
- 2008 das Noctilux-M 50 mm f/0.95
- Und nicht zu vergessen, die Canon 50mm f/0.95 ‘Dream Lens’ über die es einen netten Youtube-Film gibt
Bevor ich von so etwas aber sinnlos träume, muss ich erstmal meine beiden Lichtriesen
- Nikon NIKKOR 55mm 1:1,2
- REVUENON (Chinon, Cosina, Tomioka) 55mm 1:1.2
beherrschen, meistern — bei Offenblende, versteht sich.
Und sollte ich je meinen, Lichtstärke f/0,95 zu "brauchen", da können die chinesischen Objektivbauer zu überschaubar Geld „aushelfen“ ;-)
Aktuell werden zwei Exemplare des 1,1/50 mm Zunows für (Gebraucht)Kleinwagenpreise zwischen 5000 und knapp 10.000 Euro angeboten. Um sich dann wie die Nikon Originale in Sammlervitrinen unbenutzt zu Tode zu liegen. Da lob' ich mir doch mein 5 (oder waren es 10) Euro ZEISS OPTON SONNAR 1:1.5 f=50mm vom Flohmarkt!
Bislang wird das Sonnar nur durch Cyanacrylat-Sekundenkleber und schwarzes Gewebeband (nicht auf dem Foto) fixiert. Es wird wohl doch auf 2-Komponentenkleber hinauslaufen …
Für kackscharf bräuchte ich das Sonnar nur auf f/5,6 abzublenden oder ein anderes Normalobjektiv aus dem Arsenal nehmen. Aber diese Duftigkeit ;-)
Das passt ja von Motiv und Stil nach SW konvertiert perfekt in die Zeit des Zeiss Sonnars auf der Messsucher-Contax! Das muss mal ein Laden gewesen sein, der speziell dekoriert bis heute an bekannte Stelle am Urlaubsort steht … Sonnar sicher etwas abgeblendet.
Übrigens …
Die beiden Fotos der Schalttafel wurden ohne Stativ aus der Hand mit Blende f/4 oder war es sogar f/5,6 aufgenommen. Mit ISO 20.000! Das stellt für eine moderne Systemkamera heute keine unüberwindbare Hürde mehr dar.
In der Scheune war's so dunkel, dass ich die Sensor-Empfindlichkeit erneut hochgezogen habe — auf ISO 10.000 …
Qualitäts- und sonstiger Eindruck
Mir geht die überhöhte Schlagzahl, das Dauerfeuer der Vorstellung neuer Objektive "gerne" im vierstelligen Eurobereich mittlerweile so auf die Nerven, dass ich mich nur noch auf Flohmärkten und in den Online-Auktionen nach interessantem "Alt-Glas" umsehe. O.K. meine modernen "Basketball"-Objektve und das Naturfoto-Telezoom mit Autofokus wurden mit Bedacht ausgewählt, sind aber außerhalb der Halle, und wenn es nicht um flüchtige Tiere geht, fast unnötig.
Dieses Zeiss Sonnar vom Flohmarkt dürfte trotz des hohen Alters mit oder gar allein an der Spitze stehen, was Preis-/Abbildungsleistung betrifft. Natürlich ist es umständlich mit f/1,5 oder f/2 auf den Punkt zu fokussieren, um dann die Kameraposition nach Abblenden exakt zu halten. Aber was da auf dem Vollformatsensor ankommt: phänomenal! Und gar nicht hoch genug zu bewerten, der Erziehungsprozess mit dem "langweiligen" 50 mm Normalobjektiv Fotos machen zu "müssen" ;-) Unglaublich wie diese Festbrennweite trainiert und erzieht.
Ralf Jannke, Mai/Juni/Juli 2024
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 9.08.2024 |
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