Objektiv-Dreiklang der 1960er/70er Jahre, leicht modifiziert 30/50/135 mm – "Ganz-schnell-Check" ;-)

Bevor es mit den Zoomobjektiven losging, kaufte der Hobbyfotograf zum obligatorischen Normalobjektiv ein gemäßigtes 35 mm Weitwinkel und ein 135 mm Tele. Wie dieses (leicht modifizierte) Amateur-Setup der 1960er/70er Jahre: Meyer-Optik Görlitz Lydith 3.5/30, COSINON AUTO f=2.8 f=55 und HANIMEX TELE-LENS 1:3.5 f=135mm. Wobei das Normalobjektiv gewöhnlich mit f/1,7-2 lichtstärker war.

Warum einmal das Dreier-Setup auf der Fuji X-T10 und dann reduziert als Zweier-Setup auf der Olympus OM-D E-M5?

Antwort: Manuelles Fokussieren!

Nach meinen beiden Vollformatern Nikon Z6 und Z7 kommt die Olympus OM-D E-M5/E-M1 an zweiter Stelle, was das manuelle Fokussieren betrifft. Nachdem ich die Fuji X-T10 von der völlig unbrauchbaren Kantenanhebung (Fokus-Peaking) auf den elektronischen Schnittbildentfernungsmesser ungestellt habe, tritt ein weiteres Problem auf. Der E-Schnittbildentfernungsmesser hat die gleiche schlechte Eigenschaft, wie sein analoger Vorgänger. "Spaß" machen, eine sichere manuelle Fokussierung bieten nur Objektive mit Lichtstärke f/2 und besser. Bereits bei Lichtstärke f/2,8 dunkelt der Fuji E-Messer soweit ab, dass ich zumindest mit meinen Augen nicht sicher fokussieren kann. Die exakte Motiventfernungseinstellung wird zur Glückssache. Natürlich fängt die Schärfentiefe noch einiges ein. Wenn man denn abblendet …

Das 30 mm Lydith habe ich noch "mit Hängen und Würgen" auf der Fuji X-T10 durchbekommen, aber dann war Schluss!

Zum Lydith gibt es diese drei Beiträge:

Zum COSINON AUTO F=2.8 f=55mm "Mauerblümchen"

Im Beitrag "Nikon Z5 M42-Normalobjektive" hat Christian Zahn das COSINON AUTO F=2.8 f=55mm vorgestellt und damit ein paar Beispielfotos aufgenommen. Ich habe damit noch gar nichts gemacht und wollte es auf die 16 Megapixel Halbformat Fuji X-T10 adaptieren. Wovon ich dann schnell Abstand genommen habe – siehe Erklärung oben!

Spezifikation

Lens-db.com listet dise baugleichen Klone des Cosina Auto Cosinon 55mm F/2.8

  • Auto Revuetar 55mm F/2.8
  • Edixa Auto 55mm F/2.8
  • Porst Color Reflex Auto 55mm F/2.8
  • Super Carenar 55mm F/2.8
  • Vivitar 55mm F/2.8 Auto
  • Abmessungen/Gewicht: ø = 62 mm, l = 42 mm, Filtergewinde 49 mm, 180 g
  • Der optische Aufbau aus 4 Linsen in 3 Gruppen dürfte dem klassischen Tessar entsprechen
  • Die Blende besteht aus 5 Blättern, kleinste Blende f/22
  • Nahdistanz 90 cm

Den gleichen Aufbau hat auch das bis auf die unterschiedliche Brennweite unlängst ausprobierte AUTO REVUETAR 1:2.8 f=50mm. Jetzt das Ganze mit 5 mm mehr Brennweite.

Spezifikation des 135ers

Das sind Unterschiede!

Wie unterschiedlich die 135 mm "Piraten"-Tele in den vermutl. 1970er Jahren waren

Als "Piraten" bezeichneten die schwedischen Fotomagazine die Objektive unabgängiger Hersteller. Hier in Deutschland sprach man abwertend von "Fremdobjektiven", um bewusst Minderwertigkeit zu suggerieren.

Interessant der Hersteller des voluminöseren 135ers: SESNON. Dahinter steckt mit großer Wahrscheinlichkeit nur wieder Tokina oder SUN.

Über die HANIMEX TELE-LENS 1:3.5 f=135mm sind kaum Daten bekannt, aber: Mit Sicherheit sind das HANIMEX, das Tokyo Koki TOKINA 1:3.5 f=135mm und das LENTAR 135mm f/3.5 (im Prospekt!) so gut wie identisch! Gemeinsamer Hersteller? Möglicherweise SUN …

  • Vorstellungsjahr unbekannt – vermutlich Ende 1960er, Anfang 1970er
  • Abmessungen/Gewicht: ø = 57 mm, l = 94 mm, Gewicht 350 g, Filtergewinde 49 mm
  • Optischer Aufbau 4 einzeln stehende Linsen
  • Die Blende besteht aus 12 Elementen – Stichwort Bokeh –, kleinste Blende f/22
  • Nahdistanz 1,8 m

Zum Thema gleiche Objektive mit unterschiedichen Labels gibt es in "Armee" der Klon-Objektive einiges zu lesen.

Wenn ich mir dieses zierliche 135er ansehe, könnte es möglicherweise eins der kleinsten, wenn nicht das kleinste je für Spiegelreflexkameras gebaute 135er der Welt sein! Wenn man genau hinsieht, ist mein Hanimex in nicht besonders gutem Zustand. Ich werde/muss mein vorhandenes und praktisch identisches Tokyo Koki TOKINA 1:3.5 f=135mm suchen und finden ;-) Und auch damit ein paar Bildchen knipsen …

Beispielfotos COSINON AUTO F=2.8 f=55mm, 1. Runde bei Offenblende auf der Olympus OM-D E-M5

Das ist jetzt eine Geschmacks- oder Glaubensfrage ;-) Die Offenblende taugt nichts, oder man deklariert das COSINON zur Traum-Linse ;-) Linkes Foto ohne EBV, rechtes Foto mit Ausschnitsswahl und Kontrasterhöhung. Kein Extra-Nachschärfen! Offenblende, weil mein M42-/mFT-Adapter falsch ausgelegt ist. Der Pin, der hinten aus dem Objektiv ragt, wird nicht gedrückt, womit kein Abblenden möglich ist. Da mich das schon öfter gestört hat, ist ein passender Adapter unterwegs. Um zu sehen, ob/wie die Schärfe bei Abblenden von f/4 bis f/8 zunimmt – oder auch nicht …

1:1 Crop aus 16 Megapixel, unbearbeitet, Offenblende f/2,8

Ist das COSINON nun einfach "nur" unscharf, schlecht, oder "weich". Was sich ja unter Umständen/bei Bedarf nutzen lässt. Wenn ein Weichzeichner gewünscht ist. Etwas Entrauschen hätte vielleicht gutgetan. Ich habe es so belassen.

Jetzt wollte ich es aber wissen! 1:1 Crops, 16:8, Offenblende f/2,8

Die beiden Fotos der LEGO-Narzissen, die der kleine Sohn der Mutter zum Geburtstag geschenkt hatte, wurden aus der gleichen Stativ-Position abgelichtet. Oberes Foto mit dem COSINON AUTO F=2.8 f=55, das Foto dadrunter mit dem AUTO REVUETAR 1:2.8 f=50mm. An den Ausschnitten ist die unterschiedliche Brennweite gut zu erkennen: 55 vs. 50 mm. Für mich ist das REVUTAR Sieger. Sicher nicht mit Riesenvorsprung, aber an der Offenblendschärfe zu erkennen.

Finale COSINON 55mm vs. REVUETAR 50mm auf der Olympus OM-D E-M5, 1:1 Crops, f/2,8 - f/4 - f/5,6 - f/8

Nachdem der "richtige" M42-/mFT-Adapter eingetroffen ist, der das Abblenden bestimmter M42 Objektive gestattet, habe ich mich doch noch zu einem 1:1 Blendenreihen-Vergleich aufgerafft ;-) Vom Stativ, mit geringfügigen Unterschieden im Bildausschnitt, hervorgerufen durch die unterschiedlichen Brennweiten 55 und 50 mm.

Noch nie benutzt! HANIMEX TELE-LENS 1:3.5 f=135mm 1.800 x 1.200 Pixel

Das ist doch mal eine saubere Hintergrundunschärfe, ein Spitzen-Bokeh. Aufnahme aus Nahdistanz, Offenblende f/3,5

HANIMEX auf der Olympus OM-D E-M5

Linkes Foto out-of-the-cam, keine EBV, Offenbelnde f/3,5. Rechts f/8 EVB

12 Megapixel 1:1

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Die Tulpen in der Vase und die Fotos aus unserem Gojibeeren-Busch genügen einstweilen. Für den nicht guten Zustand hat das HANIMEX TELE-LENS 1:3.5 f=135mm prima "geliefert"! Einziger Nachteil des Hanimex – die große Nahdistanz von 1,8 m. Um die Ostertage rum werde ich das baugleiche Tokyo Koki TOKINA 1:3.5 f=135mm einsetzen. Auf jeden Fall liegen zwischen dem 55 mm COSINON und dem 135 mm HANIMEX Welten! Sowohl das 2,8/55 mm Cosinon noch das etwas bessere 2,8/50 mm Revuetar werde ich nicht nochmal benutzen. Dafür sind zu viele Normalobjektive im Bestand, die nicht nur lichtstärker, sondern deutlich besser sind!

Ralf Jannke, Februar 2024

 

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