Nikon 1 V1 und Nikkor - 1 - Objektive

Hier stelle ich die erste spiegellose Systemkamera von Nikon vor, die zum beim Schreiben dieses Berichts ziemlich genau 10 Jahre alt geworden ist. Auch Ralf Jannke beschreibt ein Exemplar dieses Modells in mehreren Berichten.

Spezifikationen

  • Die 2011 vorgestellte Nikon 1 V1 ist 132 x 103 x 77 mm groß und wiegt 620 g.
  • Der 1 Zoll große CMOS-Sensor in CX-Format (13,2x8,8 mm) löst maximal 3872 x 2592 Pixel  = 10 Megapixel auf. Der Pixelpitch beträgt 3,4µm. Automatisch oder manuell sind 100 bis 6400 ASA einstellbar. Videos sind mit 1920x1080 Pixeln möglich. Bilder werden als JPEG oder NEF (RAW) auf SD/SDHC-Karten (max. 32 GB) gespeichert.
  • Das Objektiv-Bajonett ist das Nikon-1-Bajonett
  • Das Motiv wird über einen Videosucher mit 1,44 Millionen Subpixeln angezeigt, zusätzlich ist ein 3“ TFT LCD Monitor mit 921.000 Subpixeln vorhanden, der auch die Menüsteuerung übernimmt. Die Umschaltung zwischen beiden kann manuell oder automatisch per Augensensor erfolgen.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S), kontinuierlicher Autofokus (AF-C), automatischer Autofokus (AF-A, schaltet selbst zwischen AF-S und AF-C um) oder manuelle Scharfstellung, Ermittlung durch 73 Phasenkontrastsensor-Felder auf dem Bildsensor, zusätzlich 135 Kontrast-AF-Punkte.
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder manuelle Nachführmessung, Matrixmessung, mittenbetont integrale oder an aktiven AF-Punkt gekoppelte Spotmessung. Belichtungszeiten 30s bis 1/16000 sek., Belichtungskorrektur +/-3 Blenden, Selbstauslöser mit 2, 5, 10 oder 20 s Vorlaufzeit
  • Spezial-Blitzschuh mit TTL-Zusatzkontakten und Stromversorgung für spezielle Nikonblitze, der Schuh kann auch einen Nikon-GPS-Empfänger aufnehmen
  • Weißabgleich automatisch oder manuell
  • Bildstabilisierung nicht im Gehäuse, Objektive mit eingebauter eigener Bildstabilisation werden unterstützt
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku

Besonderheiten

Der Kameraname wird offiziell „Nikon One V One“ ausgesprochen, die V1 war zusammen mit der J1 die erste spiegellose Systemkamera von Nikon.

Panasonic hatte 2008 mit der G1Olympus 2009 mit der Pen E-P1 und Sony 2010 mit der NEX 3 dieses Kamerasegment schon länger im Angebot, so daß Nikon recht spät auf den Markt kam. Außerdem ist der Sensor der Nikon-1-Kameralinie kleiner als die der etablierten Systemkameras (Sony NEX hat APS-C, Olympus/Panasonic mFT), was der Bildqualität nicht allzu förderlich war, Nikon hat darum die Auflösung mit 10 Megapixel recht klein gewählt, üblich waren damals bereits APS-C-Sensoren mit 16 bis 24 Megapixel und mFT-Sensoren mit 12 bis 16 Megapixeln.

Die 1 V1 hat einen CMOS-Sensor von Aptina Imaging, der zwei Besonderheiten gegenüber der Konkurrenz aufweist:

  • zwischen den Bildpixeln sind etliche Phasen-AF-Sensoren eingebettet, so daß die Kamera den damals schnellsten Autofokus hatte, weil sie nicht per Kontrast-AF „Herumprobieren“ muß, bis das Bild maximale Schärfe hat, sondern der Phasen-AF kann meist in nur zwei bis drei Fokusvorgängen die Schärfe ermitteln.
  • Die 1 V1 kann bis zu 60 Bilder pro Sekunde aufnehmen, allerdings nur für 0,5 Sekunden Dauer, dann ist der Kameraspeicher gefüllt und die Sequenz wird gestoppt. Bei 30 Bildern/s hält die Kamera diese Bildrate eine Sekunde durch.

Nikon nannte das neue Sensorformat „CX“, wobei bekanntlich die APS-C-Sensoren bei Nikon als „DX“ und Vollformatsensoren als „FX“ bezeichnet werden.

Der elektronische Verschluss des Sensors hat als kürzeste Belichtungszeit 1/16.000s, allerdings nur 1/60s Blitzsynchronzeit. Der ebenfalls vorhandene mechanische Verschluss hat eine Synczeit von 1/250s und 1/4000s als kürzeste Belichtungszeit.

Vor dem Bildsensor liegt eine bewegliche Staubschutzscheibe, die Kamera kann diese „schütteln“, um den Staub zu beseitigen. Dabei ist sie sehr effektiv.

Die Stromversorgung der 1 V1 erfolgt durch den mit ihr zusammen eingeführten Lithium-Akku EN-EL 15. Er wird auch in etlichen anderen Nikon-dSLRs benutzt, z. B. der D800, der D750, der D7100 oder der D7000. Mechanisch und elektrisch kompatibel, aber mit erhöhter Kapazität wird er in der aktuellen Nikon-Z-Kameralinie verwendet.

Der im EN-EL 15 eingebaute Chip gibt eine Aussage über dessen Allgemeinzustand (Skala von 0 bis 4, wobei 0 „Neu“ bedeutet und 4 „Akku nicht mehr benutzbar“). Im Laufe der Alterung sowie durch jedes Laden und Entladen sinkt bekanntlich die Kapazität von Lithium-Akkus, die Statusanzeige des im Akku eingebauten Ladecontrollers soll das widerspiegeln. Er kann auch die Zahl der mit ihm gemachten Auslösungen speichern, in der 1 V1 wird das aber nicht ausgewertet.

Die Kamera hat recht wenige Tasten und Bedienelemente, die 1 V1 ist vom Bedienkonzept her näher an einer Kompaktkamera als an einer Systemkamera. An der Oberseite gibt es den Hauptschalter, den Film- und den Fotoauslöser. Die Rückseite hat eine Zoomwippe (wird auch teilweise als Daumenrad-Ersatz benutzt), ein Steuerkreuz mit Mitteltaste und drehbarem Ring, das Moduswahlrad mit nur vier Stellungen: Bewegter Schnappschuss (dazu weiter unten Näheres), Smart Photo Selektor (darunter verbergen sich die automatisch gewählten Motivprogramme), Fotomodus und Videomodus sowie fünf weitere Tasten. Für alle weiteren Einstellung muß das Kameramenü aufgerufen werden, z. B. für die Umschaltung zwischen Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik und manuellem Modus oder der Umschaltung zwischen mechanischem und elektronischem Verschluss.

Die meisten Nikon 1 - Objektive können in eine kompaktere Transportstellung zusammengeschoben werden, indem der Zoomring über die kleinste Brennweite nach Drücken einer Entriegeltaste weitergedreht wird. In der Transportposition rastet der Knopf erneut ein. Ist die Kamera abgeschaltet und der Fotograf drückt den Entriegelknopf, um das Objektiv auszufahren, schaltet sich die Kamera automatisch ein.

Der Videosucher löst für das Erscheinungsjahr 2011 sehr hoch auf, die 1 V1 war eine der ersten Systemkameras mit 1,44 Millionen Farbtripeln (800x600x3 Bildpunkten). Die Umschaltung zwischen Sucher und Display kann automatisch oder manuell erfolgen. Bei eingeschalteter Kamera und abgeschaltetem Display leuchtet neben dem Kamerahauptschalter eine grüne LED auf, bei zugeschaltetem Display erlischt sie.

Es gibt zwei verschiedene Modi der Umschaltung: Display immer aus mit automatischer Suchereinschaltung (stromsparend für Wanderungen, bei Bildwiedergabe bzw. für das Menu wird das Display trotzdem eingeschaltet) oder automatische Umschaltung zwischen Display und Sucher. Auf dem Bild der Kamerarückseite mit dem beleuchteten Display erkennt man neben dem Sucher einen violetten Punkt, das ist die Infrarotsende-Diode des Augensensors. Er erkennt, ob das IR-Licht reflektiert wird, das kann nicht nur die Stirn des Fotografen sein, sondern prinzipbedingt auch die Brust, wenn die Kamera mi dem Schultergurt getragen wird. Um unnötiges Einschalten des Suchers zu vermeiden, sollte die Kamera so getragen werden, daß der Sensor nicht bedeckt ist, z. B. Kamerarückseite nach oben, Objektiv nach unten.

Der Augensensor sitzt recht nah am Sucherokular, zwar ist er etwas vertieft, er neigt aber dazu, Staub anzuziehen. Wenn die Kamera nicht mehr auf das rückseitige Display umschalten will, muß der Sensor mit einem Wattestäbchen vorsichtig gereinigt werden, dann sollte die Umschaltung wieder funktionieren.

Die Anzeigen orientieren sich am Erscheinungsbild der LCD-Displays der Nikon-dSLRs, die Bildparameter werden in grüner Schrift bzw. mit grünen Symbolen am unteren Bildrand eingeblendet und der verwendete Zeichensatz ist „eckig“, obwohl der Sucher sehr hoch auflöst.

Auf Wunsch kann im Sucher auch ein Gitterlinien-Netz eingeblendet werden, ideal zum Gerade-Ausrichten der Kamera bei Architektur-Fotos. Leider gibt es keine elektronische Wasserwaage. Das Sucherokular ist mit einem winzigen und leider nicht verriegeltem Drehrad zur Dioptrienkorrektur versehen.

Die Speicherung erfolgt auf SD/SDHC-Karten bis 32 GB. Das kombinierte Akku- und Kartenfach sitzt recht nach am Stativgewinde, so daß der Zugriff bei der Verwendung eines Statives nur möglich ist, wenn die Kamera vom Stativ abgenommen wird.

Die ISO-Automatik hat drei verschiedene Stellungen: 100-400, 100-800 und 100-3200 ASA. Ist sie aktiv, wählt die Kamera beim Blitzeinsatz immer die höchstmögliche Empfindlichkeit. Das sorgt zwar für eine gute Reichweite des leistungsschwachen Aufsteckblitzes, aber auch für mehr oder minder heftige „Überblitzungen“ im Nahbereich bei 3200 ASA und für oft eigentlich nicht notwendiges Bildrauschen.

Kamera und Objektiv werden rein elektrisch verbunden, eine mechanische Blendenverstellung wie bei den Nikon-F-Spiegelreflexkameras gibt es nicht, sondern wie beim Canon EOS-System erfolgt die Blendenverstellung des Objektivs elektrisch im Objektiv. Die Objektivfirmware kann der Anwender selbst aktualisieren, in dem eine Datei auf eine Speicherkarte geschrieben wird und diese in die Kamera eingelegt wird. Im Systemmenü ist dann der Eintrag „Update“ aktiv.

In der Kamera ist kein Bildstabilisator eingebaut, sondern in den meisten Objektiven. Interessanterweise hat sich Nikon dafür entschieden, die Restfehler der Objektive (z. B. Verzeichnung oder Vignettierung) nicht per Software bereits im Sucher und in den aufgenommenen JPEGs zu korrigeren, allerdings ist die Verzeichnung z. B. des Setzooms 10-30 bei 10mm mit „nur“ 2,5% relativ gut. RAW-Aufnahmen können am Computer mit der herstellereigenen Konvertersoftware Nikon Capture NX bzw. mit Fremdherstellerprogrammen wie Lightroom oder Darktable auf Wunsch korrigiert werden.

Die optische Bildstabilisierung ist für das Jahr 2011 extrem gut, sie ist auch im Videomodus aktiv. Freihandaufnahmen sind bei ruhiger Kamerahaltung kein Problem, auch nicht, wenn das 30-110 mm-Objektiv in maximaler Telestellung benutzt wird (entsprechend 297mm bei KB!). Videos werden mit Stereoton aufgenommen, mittels einer 2,5mm-Buchse kann auch ein besseres externes Mikrofon Verwendung finden.

Während der Filmaufnahme können jederzeit Einzelbilder mit voller Auflösung aufgenommen werden, allerdings sollte dann ein externes Mikrofon benutzt werden, da ansonsten das „Auslösergeklapper“ auf der Tonspur hörbar wird. Während des Filmes kann gezoomt werden und die 1 V1 fokussiert laufend nach, dabei ist sie sehr treffsicher (dank Phasen-AF-Sensoren gibt es fast keinen von Kontrast-AF-Kameras her bekanntem „Pump“-Effekt).

Kein Nikkor 1 - Objektiv hat einen Fokusring, die manuelle Scharfstellung erfolgt durch Betätigen der „Zoomwippe“ an der Kamera.

Es ist kein Gehäuseblitz eingebaut, auch kein normaler Blitzschuh, sondern ein nur in der Nikon-1-Serie verwendeter Spezialschuh. Deshalb können lediglich Nikonblitze benutzt werden, von Fremdanbietern wurden keine Geräte angeboten. In den Blitzschuh kann auch ein spezieller Nikon-GPS-Empfänger eingesteckt werden (GP-N100 für 150 Euro), dieser paßt ebenfalls nur in Nikon 1 Kameras.

Der gezeigte kleine Nikonblitz SB-N5 kam kurz nach der 1 V1 auf den Markt, er kostete 149 Euro und hat Leitzahl 8,5. Sein Reflektor kann gedreht und geschwenkt werden, als AF-Hilfslicht und für Videoaufnahmen ist eine helle weiße LED eingebaut. Die Stromversorgung des SB-N5 übernimmt die Kamera, auch die Blitzoptionen werden komplett im Kameramenü eingestellt, sein einziges Bedienelement ist ein Schalter zum Ein- und Ausschalten. Die Abdeckung über der Blitzröhre ist ein „Fake“, sie wirkt recht groß, erst bei genauem Hinsehen wird klar, dass die eigentliche Leuchtfläche nur etwa ein Drittel der silbernen Fläche einnimmt.

Ein leistungsstärkerer Blitz SB-N7 mit Leitzahl 14 erschien erst 2012, dieser kann nur nach oben geschwenkt werden und hat eine eigene Stromversorgung durch zwei Mikrozellen.

Ein Anschluß für einen elektrischen Fernauslöser ist nicht vorhanden, aber es kann eine nicht mitgelieferte Infrarot-Fernbedienung benutzt werden (kompatibel zu D70, D80, D3300 usw.).

Das Display kann weder gedreht noch geschwenkt werden. Das eigentliche Display ist durch eine Kratzschutzscheibe vor mechanischer Beschädigung geschützt. Weil eine Systemkamera aber bei Wanderungen die ganze Zeit vor dem Körper herumhängt und dabei mehr oder minder heftig Kontakt zu Jackenknöpfen oder ähnlichem hat, sollte man eine zusätzliche Kratzschutzfolie aufkleben.

Im Systemmenü gibt es einen Eintrag „Pixelkorrektur“, bei dessen Aktivierung die Kamera „tote“ (also immer dunkel angezeigte) Pixel und „Hotpixel“ (also immer hell leuchtende Bildpunkte) erkennt und zukünftig bei den Aufnahmen unterdrückt.

Alle Schnittstellen sind hinter einer unverlierbaren Abdeckung verborgen, alle Buchsen entsprechen der jeweiligen Norm, so daß keine Spezialkabel erforderlich sind.

Die Kamera wurde aus Kostengründen nicht im japanischen Nikon-Kamerawerk hergestellt, sondern stammt wie die Nikon-1-Objektive aus China. Alle Objektive haben einen Bajonettring aus Metall, sind aber ansonsten aus vielen Kunststoffteilen gefertigt.

Neben „nativen“ Nikon 1-Objektiven können mit dem Adapter FT1 (270 Euro) alle Nikon-AF-Objektive mit eingebautem AF-Motor vollumfänglich benutzt werden, die alten Stangen-AF-Objektive jedoch nur mit manueller Fokussierung (mit Fokusunterstützung durch die Kamera). Nikon-F-Objektive mit eingebautem Stabilisator werden unterstützt, aufgrund der scheinbaren Brennweitenverlängerung ist der VR dieser Objektive aber nicht so effektiv wie an APS-C- oder Vollformatkameras.

„FT1“ bedeutet übrigens schlicht „ F to 1“, also Adaptierung Nikon F-Bajonett zu Nikon 1 - Bajonett. Die viel später erschienene Adapter für das Nikon Z-System heißt konsequenterweise „FTZ“.

Die NEF-Dateien enthalten etwas mehr Pixel, als die meisten Konverter ausgeben, um Reservepixel des Randbereichs zur Korrektur der Objektiv-Verzeichnung nutzen zu können. Freie Konverter geben bis zu 3904x2604 Pixeln aus. Die NEFs werden immer leicht verlustbehaftet komprimiert.

Die Kamera schreibt viele interessante Details in den MakerNotes-Teil der EXIFs, ich zähle hier nicht alle auf:

den Weißabgleich, die Belichtungskorrektur, die Kamera-Seriennummer, den VR-Status, alle Bildparameter, die Zahl der Verschlußauslösungen, den Objektivnamen, die RAW-Kompressionsart, die wahre Blende und Brennweite des Objektivs (interessant vor allem bei „langem“ und „kurzem“ Ende von Zooms und bei Festbrennweiten), Daten der Blitzsteuerung, die aktiven bzw. alle im Fokus liegenden AF-Punkte uvm.

Daten zur Korrektur der Objektivfehler wie Vignettierung, chromatischen Aberrationen oder der Verzeichnung sind nicht in den EXIFs der RAWs enthalten, alle RAW-Konverter auf dem Computer haben dazu ihre eigene Datenbank.

Zum Verkaufsstart waren 4 Objektive verfügbar: 10-30mm (27-81mm @KB, 200 Euro), 30-110mm (81-397mm, 250 Euro), Poweruzoom 10-100mm (27-270mm, 760 Euro) und eine 10mm-Pancake-Festbrennweite (27mm, 250 Euro). Zur Photokina im Herbst 2012 wurden ein 6,7-13mm (18-35mm @KB, 520 Euro), ein 11-27,5mm, ein 70-300 (189-810mm), ein 18,5mm, ein 32mm-Objektiv und ein 10-100 (ohne Powerzoom, 540 Euro) vorgestellt.

Fremdanbieter haben keine Objektive für das System entwickelt bzw. angeboten. Lediglich etliche rein mechanische Adapter für alte Manuellfokusobjektive bot der Zubehörhandel an, bei deren Verwendung die Kamera keinerlei Hilfestellungen gibt, da weder Fokuskontrolle noch Belichtungsmessung aktiv sind. Somit muß die Zeit-/Blendenkombination erraten und per Histogramm der aufgenommenen Bilder kontrolliert und ggf. nachgestellt werden. Die Fokussierung gerät zum Glücksspiel, da der Cropfaktor 2,7 und der geringe Pixelpitch große Anforderungen an die Fokussierung stellen.

Das Setobjektiv 10-30 hat einen Designfehler: im Inneren ist ein flexibles Flachbandkabel montiert, das beim Zoomen bewegt wird. Da das Objektiv in der Transportstellung nochmals kleiner eingefahren werden kann, wird das Kabel dann besonders stark gebogen. Nach kürzerer oder längerer Benutzung brechen eine oder gar mehrere Leiterbahnen auf diesem Kabel, die Kamera meldet dann einen Objektivfehler. Nikon hat dieses Objektiv auch noch lange nach Ablauf der Garantiezeit kostenlos repariert, jedoch nur bis zum Januar 2021. Seitdem dürften 10-30mm-Nikkor 1 Zoom - Exemplare mit diesem Problem ein wirtschaftlicher Totalschaden sein.

Das Nikon 1 - System war nicht besonders erfolgreich, die letzte Kamera erschien 2015 (Nikon 1 J5), offiziell wurde das System 2018 eingestellt, kurz bevor das spiegellose Vollformatsystem mit der Nikon Z6 bzw. Z7 vorgestellt wurde.

Die Gründe für den Misserfolg dürften gewesen sein: zu kleiner Bildsensor (Pentax hat es mit der Q sogar mit noch kleinerem Sensor versucht und ist ebenfalls gescheitert), die Kameras kaum kleiner als mFT-Gehäuse bzw. APS-C-Bodys (mit erheblich größerem Sensor und besserem Rauschverhalten), nur wenige eigene und keinerlei „fremde“ Objektive, keine richtigen Systemblitze und relativ hoher Gesamtpreis. Da half auch die Nikon 1 AW1 nicht, die zusammen mit einem der beiden verfügbaren AW-Objektiven bis 15 Meter tauchfähig ist. Diese Objektive passen aber nicht an die anderen Nikon 1 - Kameras, da sie spezielle Dichtringsitze haben.

Der UVP der Nikon 1 V1 betrug 970 Euro. Es gab sie auch im Kit mit den gezeigten Setobjektiven 1 Nikkor VR 10-30mm und 30-110 für 1030 Euro. Ich erwarb mein Exemplar im November 2011 als „Early Adopter“ zum UVP-Preis, die Streulichtblende zum Normalzoom und einen Zweitakku mußte ich extra bestellen lassen, die sie im Fotogeschäft nicht vorrätig waren. Laut meiner Erinnerung kostete die Plastikblende ca. 25 Euro und der Akku 79 Euro. Den Blitz erwarb ich etwa ein halbes Jahr später, danach das 6,7-13mm Weitwinkelzoom, dessen Streulichtblende im Lieferumfang des Objektivs war.

Von 2011 bis etwa 2014/2015 nutzte ich die 1 V1 recht intensiv, vor allem bei längeren Wanderungen war sie dank geringem Packmaß und Gewicht ideal. Da ich inzwischen für diesen Zweck die kaum schwereren mFT-Kameras und sogar sehr leichte APS-C-Kameras verwende, dient mir die Nikon 1 V1 seit 2015/2016 nur noch zur Aufnahme von Sachaufnahmen im Heimstudio, da dank recht kleinem Sensor die Tiefenschärfe groß ist und die 1 V1 im Gegensatz zu Kompaktkameras gut eingestellt werden kann (z. B. im manuellen Blitzmodus ohne Vorblitze arbeiten kann, so daß optische Zweitzblitzauslöser problemlos mitauslösen können).

Nach inzwischen ca. 33.000 Auslösungen funktioniert meine 1V1 immer noch einwandfrei, jedoch ist mein 10-30 defekt. Es hat nicht den oben beschrieben Fehler der gebrochenen Leiterbahn, sondern die elektrische Blendansteuerung setzt öfters aus, so daß die Blende mal bei der Aufnahme offen bleibt, mal nach der Aufnahme nicht mehr geöffnet wird. In beiden Fällen sind die Aufnahmen dann mehr oder minder falsch belichtet.

Für diesen Bericht habe ich mit der 1 V1 noch einmal einige Fotoausflüge gemacht, es hat Spaß gemacht, die 10 Jahre alte Kamera wieder auszuführen.

Die Nikkor 1 - Objektive

Wie erwähnt, haben ich drei Objektive zur Kamera, das 10-30, das 30-110 und das 6,7-13. Die Festbrennweiten waren mir zu eigeschränkt (teilweise haben sie keinen VR) und die 10-100 - Zooms waren mir zu teuer.

Das Nikkor 1 3,5-5,6 / 10-30mm VR erschien 2011 zusammen mit der Kamera, es wurde einzeln oder als Kitobjektiv zusammen mit der Kamera verkauft. Die Bildwirkung entspricht einem Kleinbild-Objektiv mit 27-81 mm. Das Objektiv hat optische Bildstabilisierung und ein Metallbajonett, der Rest ist aus vielen Kunststoffteilen, auch das beim Scharfstellen nicht mitdrehende Filtergewinde von 40,5 mm. Die Streulichtblende rastet per Bajonett ein und mußte separat erworben werden. Das Objektiv hat einen Durchmesser von 58mm und ist in der Transportstellung nur 42mm lang. Beim Fokussieren wird es dank Innenfokussierung nicht länger. Es wiegt 115 Gramm und ist mit 12 Elementen in 9 Gruppen (3 asphärische Linsen-Flächen) recht aufwendig konstruiert.

Bei 10mm verzeichnet es ca. 2,5%, je nach Motiv ist dieser Fehler in den Bildern störend. Bei Benutzung des RAW-Formates können viele Konvertierprogramme am Computer diesen Fehler jedoch beseitigen.

Das Nikkor 1 3,8-5,6 / 30-110mm VR erschien 2011 zusammen mit der Kamera, es wurde einzeln oder als Kitobjektiv zusammen mit der Kamera verkauft. Die Bildwirkung entspricht einem Kleinbild-Objektiv mit 81-297 mm. Das Objektiv hat optische Bildstabilisierung und ein Metallbajonett, der Rest ist aus vielen Kunststoffteilen, auch das beim Scharfstellen nicht mitdrehende Filtergewinde von 40,5 mm. Die Streulichtblende rastet per Bajonett ein und war im Lieferumfang enthalten. Das Objektiv hat einen Durchmesser von 60mm und ist in der Transportstellung nur 60mm lang. Beim Fokussieren wird es dank Innenfokussierung nicht länger. Es wiegt 183 Gramm und ist mit 18 Elementen in 12 Gruppen (inkl. 2 ED-Linsen) recht aufwendig konstruiert.

Das Nikkor 1 3,5-5,6 / 6,7-13mm VR erschien 2012 zur Photokina. Die Bildwirkung entspricht einem Kleinbild-Objektiv mit 18-35 mm. Das Objektiv hat optische Bildstabilisierung und ein Metallbajonett, der Rest ist aus vielen Kunststoffteilen, auch das beim Scharfstellen nicht mitdrehende Filtergewinde von 52 mm. Die Streulichtblende rastet per Bajonett ein und war im Lieferumfang enthalten. Das Objektiv hat einen Durchmesser von 57mm und ist in der Transportstellung nur 46 mm lang. Beim Fokussieren wird es dank Innenfokussierung nicht länger. Es wiegt 125 Gramm und ist mit 11 Elementen in 7 Gruppen (davon 3 asphärische Linsen-Flächen und 3 ED-Linsen) recht aufwendig konstruiert.

Das äußere Erscheinungsbild hat Nikon gegenüber den ersten vier Objektiven verändert: der Zoomring

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden bei 100-400 ASA, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX, bearbeitet mit mit Photoshop CS4 bzw. 5. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde bearbeitet, die Aufnahmedaten sind eingebettet.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der Nikon 1 V1 ist vorne und oben aus Metall (einer Magnesiumlehierung), der Rest des Gehäuses inkl. der Klappen ist aus Kunststoff. Bajonett und Stativgewinde sind ebenfalls aus Metall. Die Gehäusefarbe war in zwei Varianten erhältlich, neben dem gezeigten Schwarz gab es auch ein helles Weiß. Andere Kameras der Nikon-1-Serie gab es auch in Bunt, z. B. die 1 J1 in Rot.

Die Handhabung ist recht gut, zwar ist der angedeutete „Handgriff“ (eine viel zu kleine Ausbuchtung an der Vorderseite) kaum eine Verbesserung für die recht glatte Front, da aber Kamera und Objektiv zusammen recht leicht sind und die Gewichtsverteilung gut ist, ist die 1 V1 (auch dank exzellenter Bildstabilisierung) gut freihand benutzbar. Die rückseitige „Daumenstütze“ ist zwar ebenfalls viel zu klein, sie schützt aber das Modusrad gut vor ungewolltem Verstellen.

  • Die Handhabung sowie die Menüstruktur erscheint Nikon-Fotografen anfangs nicht vertraut, es ist gegenüber den dSLRs und Kompaktmaeras recht „entschlackt“, aber nach kurzer Einarbeitungszeit verständlich.

Die Kamera gehört zur Klasse der spiegellosen Systemkameraskameras für den anspruchsvolleren Amateur. Die Kamera-interne „JPEG-Engine“ ist sehr gut. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß Nikon wie in fast allen anderen seiner digitalen Spiegelreflexkameras mit dem Schärfen der JPEGs recht zurückhaltend ist, „knackig“ scharfe Bilder erfordern Bildparameter-Einstellungen, die von den Defaultwerten abweichen. Eine automatische Korrektur von „abgesoffenen“ Schatten und „ausbrennenden“ hellen Stellen kann zugeschaltet werden, diese Funktion heißt bei Nikon „D-Lighting“. Man kann diese Funktion sogar nachträglich auf bereits gemachte Aufnahmen anwenden.

Der Sensor schlägt sich bis 400 ASA gut, bis 800 ASA recht gut. 1600 ASA sind noch erträglich, 6400 ASA (von Nikon als „Hi 1“ bezeichnet und nicht in die genormte Stelle der EXIFs eingetragen, sondern nur in die MakerNotes) hingegen sollten wenig benutzt werden. Die Farben werden gut wiedergegeben, wie bei fast allen Nikon-Kameras mag ich die Color-Wiedergabe sehr.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch relativ interessante Kamera (weil erste spiegellose Nikon-Systemkamera), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen durchaus noch gut geeignet, sofern nur 100 bis 400 ASA verwendet werden. Auch die JPEGs sind brauchbar, man muß nicht unbedingt in RAW fotografieren.

Christian Zahn

Von mir – Ralf Jannke – ein kleiner Nachtrag zu Christian Zahns tollem Nikon 1 V1-Praxisbericht

Sind wirklich nicht nur Spielzeuge – die spiegellosen DSLMs der Nikon 1 Serie! Nikon 1 V2 mit FT1 und 70-300 mm AF-P Nikkor. 810 mm Brennweite aus der Hand, Auto-ISO 2200, 1/1600 s.

Christian schreibt:

"Das Setobjektiv 10-30 hat einen Designfehler: im Inneren ist ein flexibles Flachbandkabel montiert, (…) Nach kürzerer oder längerer Benutzung brechen eine oder gar mehrere Leiterbahnen auf diesem Kabel, (…) Nikon hat dieses Objektiv (…) nur bis zum Januar 2021 kostenlos repariert. Seitdem dürften 10-30mm-Nikkor 1 Zoom - Exemplare mit diesem Problem ein wirtschaftlicher Totalschaden sein."

Sind sie, mehr und mehr 10-30 mm Zooms — Totalschaden :-(

Ich hatte das Glück mein rotes Exemplar zur ebenfalls roten J1 noch rechtzeitig repariert zu bekommen. Was aber nicht kostenlos zu haben war. Es könnte sein, dass es mittlerweile keine Ersatzteile mehr gibt. Dadurch aufgeschreckt, hatte ich in das weniger bekannte 3,5-5,6/11-27,5 mm Zoom investiert, um meine V1 zu komplettieren. Ohne zu wissen, ob dieses Zoom ohne Stabilisierung weniger anfällig ist, länger hält. Angeblich soll dieses Zoom mit dem kleineren Brennweitenbereich auch etwas bessere Abbildungseigenschaften haben, was ich nie überprüft habe. Was das 10-30 mm angeht, hat das bei meiner Nikon 1 V2 liegende weiße Exemplar mittlerweile auch den Geist aufgegeben.

Ich halte die Nikon 1 Objektive für das größte Kaufhindernis dieser beim genauen Hinsehen gar nicht so uninteressanten Nikon 1 Serie. Die mir mittlerweile einen echten Nährwert bilden — wenn sie einen E-Sucher haben! Was allerdings nur bei den Modellen V1, V2 und V3 der Fall ist. Die V3 kommt für mich aber nicht in Frage, da der aufsteckbare E-Sucher für viel Geld extra dazugekauft werden muss.

Meine V1 ist mittlerweile ausgelagert, so dass für reichlich Tele im Urlaub zum 70-300 mm AF-P Nikkor zusätzlich nur der kompakte FT1 Adapter mit ins Gepäck muss. Dank Cropfaktor 2,7 des Nikon 1 Sensors 810 mm Supertelebrennweite sind ein Argument. Zu Hause in Bonn übernimmt die höher auflösendere und etwas besser in der Hand liegende Nikon 1 V2 diesen Job.

Also mein Tipp: Wenn eine Nikon 1, dann gleich „Jagd“ auf den Adapter FT1 machen! Und dazu braucht es große Geduld des Jägers, denn die FT1-Adapter werden gewöhnlich zum "Goldpreis" angeboten … Aber mit einem FT1 hat man mit einer Nikon 1 lange Freude! Ein braves und bezahlbares 3,5-5,6/18-55 mm AF-S VR Nikkor wird dann auf der Nikon 1 zum nicht so uninteressanten 49-149 mm Zoom. Klar, dass dabei die Kompaktheit und der Charme des Nikon 1-Systems in die Knie geht ;-)

Ralf Jannke

 

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