Als Ersatzteil/defekt

So lautet tatsächlich eine Digitalkamera-Rubrik in eBay! 

Was da an Elektronikschrott zu allzuoft unmöglichen Preisvorstellungen angeboten wird, lässt mir die Nackenhaare kräuseln. Nur ein Beispieltext:

"Zum Verkauf steht eine xyz. Die Kamera lässt sich ohne Probleme einschalten. Leider scheint der Sensor jedoch kaputt zu sein, da auf dem Display zwar das Menü angezeigt wird und sich die Kamera auch bedienen lässt, aber das Sensor Bild eigenartig aussieht. Daher eher für Bastler und Liebhaber."

Bastler und Liebhaber?

Zu gefühlt 80+ Prozent sind das Fälle für die örtliche Müllsammelstelle und die dort gewöhnlich vorhandene Gitterschrottbox für Elektrokleingeräte. Bei selbst hochwertigeren Kameras neueren Vorstellungsdatums dürften Kostenvoranschläge der autorisierten Herstellerwerkstätten gleichbedeutend mit wirtschaftlichen Totalschäden sein. Wer soll solche Kameras, wo schon der Profi-Service abgewunken hat, ernsthaft reparieren?

Steigern lassen sich die Angebote defekter Kameras noch mit dem Prädikat "Ersatzteilspender". Um zu erkennen, was davon zu halten ist, genügt ein Blick in die Digicammuseum.de-Rubrik: "Technik/Reparatur/Sensordefekte"

Dort sind über 50 Digitalkameramodelle gelistet, deren Bildsensoren aus gleicher Quelle (Sony) hinüber sind. Was nützen mir da 5 "Ersatzteilspender", bei denen allesamt die Sensoren defekt sind?

Der Begriff "Ersatzteilspender" suggeriert, dass es viele versierte Schrauber zu geben scheint, die neben entsprechenden Kenntnissen auch über das notwendige Werkzeug verfügen müssen, um aus zwei defekten Kameras eine funktionierende zusammenbauen. Was sich allenfalls bei höherwertigen Systemkameras lohnen könnte.

Ja, und jetzt?

Um einen kleinen Eindruck zu geben, auf was man sich da einlässt, habe ich aus Neugier meine im Lauf der letzten beiden Jahre "gestorbene" Kodak DCS Pro 14n(x) geöffnet. Einfach, um da mal reinzuschauen. Weiter als gezeigt, werde ich sie nicht zerlegen. Wozu?

Ich hatte für die Kodak aus heutiger Sicht gerade noch vertretbare 70 Euro gegeben. Der nicht mehr 100 Prozent intakte Bildsensor wurde beim Verkauf nicht verschwiegen. Ich war froh, damit noch einen Fototrip zustande gebracht zu haben: "Mit der "verrotteten" Kamera zu meinem geliebten "Rotten Place", dem Autoschrottplatz im Wald..." Die Fotos ließen die ursprüngliche Qualität erahnen.

Kaputtmachen kann man/ich jetzt nichts mehr. Die analoge Nikon F80 Basis-SLR funktioniert noch, die Elektronik des Kodak-Rückteils mit Sensor, Speicherkarten-, Batterieeinschub und so weiter ist hinüber. Nach  Einschalten der Kamera und Einschieben einer CompactFlash-Speicherkarte blinkt eine rote Leuchtdiode, und das war's. Die DCS Pro 14nx bootet nicht mehr. Und woher sollte ich Ersatz-Platinen bekommen? Die könnten doch nur aus einem weiteren Exemplar kommen. Ein Risiko, das ich nur eingehen würde, wenn es Ersatz im 20 Euro Bereich gäbe. Unlängst ist eine Kodak DCS ProSLR/n ­verkauft worden. Mit der Bemerkung: “Works but one side of the sensor is slightly sticking out due to broken glue” – "Funktioniert, aber eine Seite des Sensors steht aufgrund von nicht mehr haltendem Kleber leicht hervor". Dafür 114 Euro inkl. Porto? Eine Summe, die ich niemals investiert hätte!

Abgesehen davon: Liegt da noch eine Kodak ProSLRc bereit. Auf Basis einer Sigma SD9/10 mit Canon EOS Bajonett, die sich bester Gesundheit erfreut:

Freude an (teil)defekten Kameras

Geht das? Ja, wenn der Fehler präzise beschrieben wird, und man bereit ist ein bezahlbares (!) Risiko einzugehen. Was bei diesen drei Kameras da oben der Fall war.

Bei einer glaubhaft als teil-defekt, aber als noch funktionierend beschriebenen Olympus PEN E-P1 habe ich für 33 Euro zugegriffen. Immerhin Olympus erste spiegellose Systemkamera! Diese PEN ist schwer benutzt worden und dabei ganz klar aus genügender Höhe auf einen harten Boden runtergefallen. Dabei wurde die Sensorstabilisierung zerstört und das Batteriefach deformiert. Als Belegexemplar wäre die PEN E-P1 für 33 Euro zu teuer gewesen. Ich hatte aber Hoffnung und wurde nicht enttäuscht Ungeachtet des Schadens läuft diese PEN bis auf die defekte/fehlende Sensorstabilisierung sonst einwandfrei!

Zu dieser Olympus gesellt sich noch eine schicke, rote Panasonic Lumix DMC-G2. Für 25 Euro auch korrekt als defekt beschrieben. Der große Monitor ist "tot". Ob ich es wage mal nachzusehen, ob das offen liegende Flachkabel schlicht gerissen oder "nur" aus der Steckfassung gerutscht ist, weiß ich noch nicht. Denn dazu müsste die G2 geöffnet werden… Da sie aber über den E-Sucher komplett einstellbar ist, habe ich einen Öffnungsversuch unterlassen. Denn auch diese G2 läuft!

Dem Fass den Boden raushauen tut aber diese Sony cyber-shot DSC H3 – ganz rechts –, deren Praxisbericht diese passende Überschrift hat: "Denn sie wissen nicht was sie tun“... "Spielen wir halt blinde Kuh, machen wir Lomografie pur. Garantiert ohne Sucherbenutzung!" Einfach mal reinklicken, viel Spaß damit ;-)

Viel Spaß – bei Reparaturversuchen …

Ich hatte es tatsächlich mal probiert, aber gewusst, wann ich trotz Reparaturanleitung die Reissleine ziehen musste…

Ausführlich erläutert im Beitrag: "Minolta Dimâge RD 3000 zum Zweiten – oder: Die unfreiwillige FourThirds (FT) Minolta..."

Canon ION 260 — gelungene Reparatur

Von einer gelungenen Reparatur kann hier berichtet werden: "Reparatur Canon ION RC-260, Fehlerbehebung des zugehörigen AC-Couplers AC-260, ION-Akku (Zellentausch)"

Und wer jetzt noch nicht genug hat, sollte sich das Innenleben der AGFA Actioncam/Minolta RD-175 in bewegten Bildern anschauen. Es gibt drei nette Youtube-Filme. Es lohnt sich:

Kann jemand aus der Leserschaft von einer gelungenen Digitalkamera Selbst-Reparatur berichten?

Ralf Jannke, Februar 2023

 

Kommentare (2)

  • Volker
    Volker
    am 19.02.2023
    Kann jemand aus der Leserschaft von einer gelungenen Digitalkamera Selbst-Reparatur berichten?
    Ja, kann ich, es war der Schiebeschalter an der alten Sony W350 meiner Frau. Gehäuse aufgeschraubt, Zweikomponentenkleber, der Schalter funktioniert nun wie neu. Aber eben nur eine sehr, sehr kleine Operation, seufz. Ich stimme zu, in der Regel sind erntshafte Reparaturversuche zwecklos. Wie schön war es da in Analogzeiten! Ein vertrauenswürdiger Sammler verkaufte mir eine Vorkriegsleica in Einzelteilen im Plastikbeutel. Ich bin Hardcorebastler, der Zusammenbau hat richtig Spaß gemacht. Aber Digitalkameras machen nur Spaß, solange sie einwandfrei funtkionieren.
  • Jürgen Schanz
    Jürgen Schanz
    am 11.02.2024
    Ich sammele einstellige Nikon DSLRs (z.B. D1x, D2xs, D3s …). An elektronische Defekte würde ich mich hier zwar nicht dran trauen, aber ich habe bereits öfters Kameras mit ausgelutschter Belederung/Gummierung für wenig Geld gekauft und wieder hergerichtet. Die Gummigriffe von Nikon lassen sich leider nicht aufarbeiten. Wenn der Zersetzungsprozess mal eingesetzt hat, hält das Gummi mit keinem Kleber der Welt mehr zuverlässig. Für einige der Modelle konnte ich noch neuen Originalersatz bei Nikon Service Points irgendwo auf der Welt als Restbestand auftreiben. Einige Gummiteile habe ich mir mittlerweile selbst auf Halde gelegt, falls mir die passende Kamera auf eBay in die Hände fällt. Der Austausch ist eine recht einfache Reparatur. Kleine Lackreparaturen an Nikons lassen sich mit einer Mischung aus Revel Schwarz 7 und Mattschwarz 9 fast unsichtbar realisieren. Nikkor Objektive kaufe ich aber teilweise mit Defekten, sofern diese gut beschrieben sind. Bei vielen Nikkoren ist es oft das gleiche, was kaputt geht und oft sind es behebbare Kontaktprobleme.

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