Dass sich aus diesem putzig aussehenden Vorsatz, der da auf dem Sucherteil der zweiäugigen 6x6 Mittelformat Spiegelreflex OLYMPUSFLEX steckt …

… eine ganz andere Geschichte entwickeln sollte, wurde mir erst im Verlauf von Recherchen und Bildersuche klar.

Die Vorstellung der ersten, revolutionären, extrem ausbaubaren und robusten Kleinbild Spiegelreflexkamera Nikon F läutete 1959 das Ende der zuvor von Reporter-Heerscharen und Modefotografen eingesetzten zweiäugigen Rollfilm 6x6 Mittelformat Spiegelreflexkamera ein. Trotz des kleineren Negativformats!

Synonym für zweiäugigen Rollfilm 6x6 Mittelformat Spiegelreflexkamera im englischen auch TwinLensReflex – TLR – genannt: die deutsche Rolleiflex. Der Reihe nach

So warb der Filmhersteller Gevaert in den 1950er Jahren für seinen GEVAPAN 30!

Im Hintergund der Annonce die Reporterschar, fast alle mit einer Rolleiflex im Einsatz!

Rolleiflex, Rolleicord

Traum, Wunsch und Arbeitsgerät unzähliger Fotografinnen und Fotografen der 1950er Jahre. Im Werbetext "fehlt" aber ein Begriff ;-) Richtig wäre gewesen: "für jeden — Geldbeutel — die richtige Rollei"

Die Rolleiflex war vor der Nikon F so begehrt, dass sie ein Muss für Reportage- und Modefotografen war. Neben der Rolleiflex gab es noch die einfachere = preiswertere Rolleicord und dazu eine nicht zählbare Menge an teilweise minderwertigen, sogar Fake-TLRs, die gar keine Spiegelreflexkameras waren! Aber es gab auch hochwertige Nachahmer, Nachbauten, Klone diverser Hersteller aus Asien, auch den USA und Europa.

Hochwertige Rolleiflex-"Kopien", Klone von Yashica und Minolta

Allen gemein war/ist aber ein entscheidender Nachteil gegenüber der Nikon F. Das Objektiv der Rolleiflex/Rolleicord und ihrer Klone konnte nicht gewechselt werden.

Schwacher Versuch …

Ein allenfalls alberner oder schon verzweifelter Versuch, die Rolleiflex zur "Miniatur-Kamera" zu deklarieren… Als ahnte man das kommende Unheil. Mit der zweiäugigen, behäbigen und vergleichsweise unflexiblen 6x6 Rollfilm (12 Aufnahmen pro Film) Spiegelreflex gegen die nur mühsam kaschierte/"getarnte" extrem ausbaufähige System Kleinbild-Spiegelreflexkamera Nikon F antreten zu wollen.

Die Reportage-Profis begannen in den 1960er Jahren die Antwort zu geben…

Fürs Demo-Foto meine Nikon F Photomic FTN, versehen mit einem 28 mm Nikkor und daneben das superlichtstarke 1,4/35 mm Nikkor. Die Rolleiflex-Rolle wird von der japanischen AIRES Automat gespielt, basierend auf der Rolleiflex 3,5. Gut zu erkennen am rot markierten Hebel, der für Filmtransport und Verschluss-Spannen zuständig ist.

Teure Alternativen

Als Rolleiflex gab es deshalb im Lauf der Firmengeschichte neben der Standardversion mit einem 75/80 mm Objektiv eine Weitwinkelrollei mit 55 mm Objektiv und eine Telerollei mit 135 mm Objektiv. Für eine kleine Ahnung soll die Montage über diesem Text sorgen … Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich Ende der 1970er Jahre eine Telerolleiflex zu einem Spottpreis von 250 DM erworben hatte. Die ich natürlich – LEIDER – nicht mehr habe. :-( Aber man kann nicht alles aufheben, sammeln ;-)

Tele- und Weitwinkel-Rolleiflex sind heute gesuchte und sündhaft teure Sammlerobjekte!

Keine Regel ohne Ausnahme – TLR-Objektive können nicht gewechselt werden? Doch …

Für für seine TELE KONIFLEX aus den 1950er Jahren schrieb Konica: "World's only twin lens reflex with interchangeable lenses." "Die einzige TLR der Welt mit Wechselobjektiven." Wobei sich die "Wechselobjektive" auf genau zwei Stück bezogen. Das 85 mm Normalobjektiv und ein 135 mm Tele. Immerhin!

 

 

Und auf keinen Fall zu vergessen die zweiäugigen 6x6 SLRs von Mamiya, die Objektivwechselmöglichkeit boten!

Für die sieben Mamiya TLRs gab es 7 Wechselobjektive

  • 2 Weitwinkelobjektive 4,5/55 mm und 3,5/65 mm
  • 2 Normalobjektive 2,8/80 mm und 3,5/105 mm
  • 3 Teleobjektive 4,5/135 mm, 4,5/180 mm und 6,3/250 mm

Übrigens: Vor den Mamiya TLRs mit Wechselobjektivem gab es fünf Modelle OHNE Objektivwechselmöglichkeit im einfacheren Rolleicord-Stil 

Zu starres Rollei-Konzept?

Da wollte sich Rollei dann doch nicht lumpen lassen und bot noch zwei speziell gerechnete und optisch hochwertige "Mutare 0,7 und 1,5, die die Brennweite der Standard-Rolleiflex von 80 mm auf 56 mm verkürzten oder zum 120 mm Tele verlängerten. Die sündteuren Rollei-Mutare — Stückpreise aktuell jenseits 500 Euro — riefen andere Anbieter aus Asien auf den Plan, um ungleich preiswertere, dafür optisch weniger hochwertige Weitwinkel- und Televorsätze anzubieten.

Preiswerte, Billig-Objektiv-Vorsätze

Und da hatte es im Herbst "Klick" gemacht!

Der japanische Hersteller SUN baute nicht nur im Auftrag für andere diverse Festbrennweiten und Zoom-Objektive

Diese Anzeige von oben hatte ich immer im Hinterkopf! Also nicht nur KB-Objektive von SUN, sondern auch einen Televorsatz für zweiäugige 6x6 Spiegelreflexkameras Modell/Klon Rolleicord/Rolleiflex. Damit geht es fast auf Anfang. Der wirklich komische Part, der "Winzling", der aufs Bajonett des  Sucherteils der jeweiligen TLR montiert wird, war bei mir hängengeblieben!

Als ein Set jetzt für umgerechnet 10 Euro zu haben war, habe ich blind zugegriffen!

Zurück auf Anfang

Leider, leider kann ich den fürs Objektiv des Aufnahmeteil der zweiäugigen 6x6 Spiegelreflexkamera bestimmten Vorsatz so nicht verwenden.

Warum?

Es gibt zwei Möglichkeiten oder besser Erklärungen, warum es erstmal nicht funktioniert

Der winzige Tele-Vorsatz fürs Sucher-Objektiv der TLR passt vom Bajonett her und rastet sauber. Der untere Teil ist entweder nicht komplett – es fehlt das Rollei-Bajonett oder ein entsprechender Adapter –, oder es wurden für den Verkauf einfach Ausrüstungsreste zusammengeworfen, die gar nicht zusammengehören. Es sieht schwer nach Letzterem aus. Die Bezeichnung TELEPHOTO ist O.K. Nicht aber die Lichtstärke: F:1.9. Die passt überhaupt nicht zu einer Mittelformat TLR! Auch die Hinweise auf die Entfernungseinstellung ∞ deuten für mich eher auf Verwendung auf einer japanischen Sucherkamera mit fest eingebautem Objektiv hin. Wie die Yashica Electro 35 GT!

In Japan nichts Neues: Objektiv-Vorsätze

Es sieht also nach einer Bastelarbeit für 2023 aus. Das Gewinde des Televorsatz' misst 43-44 mm. Ob das wirklich ein Objektivfiltergewinde ist? So ein krummes Maß. Mal sehen, was es für Filter-Adapter gibt. Und dann fehlt ja noch das genormte Rolleiflex Außenbajonett. Das kann letztlich nur von einem kaputten (zerkratzten) Filter kommen, und darf nichts kosten. Wobei ich eine Alternative schon gefunden habe. Die Original Gegenlichtblende zur Rolleiflex wird ab 35 Euro angeboten. Zu viel, um die gleich zu zerlegen, zu zersägen … Es gibt aber einen 10 Euro Nachbau aus dem 3D-Drucker. Der könnte die Grundlage für einen selbstgebauten Tele-Adapter bieten! Aber wie gesagt – für 2023.

Und wenn das nichts wird?

Auch egal, denn da liegen noch fast ein Dutzend "vorschriftsmäßig Jahrzehnte überlagerte" ;-)) Rollfilme. Den Rekord hält der Kodak Vericolor II von 1983. Da muss ich erstmal nachschauen, ob der heute, 2022 überhaupt noch zu entwickeln ist. Verfahren C41? Das gibt ein Fest – 2023! Und "Kunscht" ;-) Ich werde beim Verfotografieren der Uraltfilme die jeweiligen Empfindlichkeiten halbieren. Und sehen, was passiert ... Beim Kodak Vericolor II sollte ich eher vierteln, meinte ein befreundeter Fotograf.

Im Bericht: "Ein absolutes Raritäten-Trio zweiäugiger analoger Rollfilm 6x6 Spiegelreflexkameras" gab es unter anderem das Kapitel: "Mittelformat-Rollfilme (6x6, 6x7, 6x8, 6x9 cm) und 4x5 Inch Planfilme digitalisieren?" Davon werde ich in der dort beschriebenen Form trotz der vorhandenen Hilfsmittel erstmal kein Gebrauch machen. Denn das können andere besser!

Im Beitrag: "Analog-Kameras in einem DIGITALKAMERA-Museum? MONTANUS SUPER REFLEX CAMERA/ROCCA: Die zweiäugige Spiegelreflexkamera des heute vergessenen Herstellers Montanus aus Solingen" gab es selbst und per Dienstleister digitalisierte Mittelformat SW-Negative und jede Menge dazu Lesenswertes!

Die noch vorhandenen 6x6 Colorfilme werde ich entwickeln und nur digitalisieren lassen. Wie im Sommer 2022 die KB-Colorfilme meiner Topcon RE-2. Die wurden nach Wahl mit 2K, 4K oder 6K digitalisiert. Heißt Kantenlänge ca. 2000, 4000 oder 6000 Pixel. Vermutlich waren die 6000 Pixel für den KB-Film unnötig, 4000 Pixel hätten's auch getan. Was soll's: manchmal funktioniert's ja nach dem Motto: "Viel hilft viel". Was für Kantenlängen bei Mittelformat 6x6 Rollfilm angeboten werden, muss ich noch erfragen. Ich werde zum Start mal einen Rollfilm verschießen und dann sehen, was rauskommt. Entwickeln, Negative digitalisieren und dann ggf. direkt entsorgen. Die Scans werden auf einen Server abgelegt, zu dem ich per Email Zugang bekomme. Zumindest werde ich keine CD mehr ordern!

Und in welchen Kameras?

Da herrscht nun wirklich kein Mangel!

Wobei ich dazu tendiere, zum experiementellen Spielen die OLYMPUSFLEX oder bevorzugt die AIRES Automat mit den Nikon-Augen und Rolleiflex-Filterbajonett zu nehmen. Wenn es nur um die Experimente mit den abgelaufenen Filmen geht, gerne auch die noch schnell dazumontierte chinesische "Rolleiflex" Seagull 4A103. Die sich mit Blitzschuh und X-Kontakt und einer einigermaßen hellen Mattscheibe mit gewagtem ;-) Schnittbild als recht modern gezeigt hat. 

Aber bis 2023 ist ja noch etwas Zeit. Natürlich kommt auch die 6x7 Mittelformat SLR Pentax 6x7 in Frage, die ist aber "eigentlich" mit Sofortbildfotografie belegt ;-) Und mich schreckt die irre Schlepperei dieses Monstrums. Mit den TLRs bleibt man beweglich!

Das war es dann über die Feiertage, den  Jahreswechsel. Boris Jakubaschk, Ralf Jannke und Christian Zahn wünschen allen Lesern ein entspanntes, gesundes neues Jahr 2023

 

 

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